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Pressemitteilung des Bundes Naturschutz in Bayern e.V.

27.08.2007
PN 11707/LFGS
Kategorie: Landwirtschaft

Massentierhaltung in Wachenroth seit Jahren in der Kritik

Bund Naturschutz fordert schärfere Gesetze und Prüfung, ob Vogelgrippeinfektionswege mit der Massentierhaltung zusammenhängen

Am letzten Samstag wurden im Rahmen der größten bisher in Deutschland durchgeführten Tierkeulung 160.000 Enten in Wachenroth getötet.

 

Der Ausbruch der Vogelgrippe in der größten bayerischen Entenhaltung wirft zwangsläufig die Frage auf, ob neben einer Verbreitung durch Zugvögel ganz andere Ausbreitungsmöglichkeiten des Virus bestehen. Immerhin findet mitten im Sommer kaum Vogelzug statt!

 

Der Betrieb wirbt zwar mit kleinen Backsteinställen für seine Produkte, tatsächlich handelt es sich aber um eine Anlage im großindustriellen Maßstab.

 

"Die Tierställe wurden seit Monaten mittels Sperrbezirk abgeschottet, seit über einem Jahr bestand dort eine Hygieneschleuse. Trotzdem sind 400 Enten am H5N1-Virus erkrankt. Wir müssen davon ausgehen, dass die industrielle Massentierhaltung ein weit höheres Verbreitungsrisiko birgt als es bei den Zugvögeln nachgewiesen ist", so Doris Tropper, stellvertretende Landesvorsitzende des Bundes Naturschutz in Bayern e.V. "Auch Tiertransporte müssen als Quelle von Virusinfektionen in Betracht gezogen werden, auch wenn das hier nicht der Fall sein muss."

 

Die Massentierhaltung der Familie Wichmann hat in der Vergangenheit schon öfter zu Kritik durch den Bund Naturschutz geführt. "Diese Form der Massentierhaltung ist nicht nur tierquälerisch, sie ist auch ethisch nicht zu verantworten", so Elisabeth Bahr, stellvertretende Vorsitzende der Kreisgruppe Höchstadt-Herzogenaurach des BN.

 

Selbst das Landgericht Nürnberg bestätigte 2001, dass der Bund Naturschutz die "gepro-Geflügelproduktion", den Vorläuferbetrieb der Fa. Wichmann Enten GMBH eine 'tierquälerische Massentierhaltung'" nennen durfte. 1998 starben zwei Mitarbeiter der Geflügelschlachterei Wichmann an der Papageienkrankheit. "Die lokalen Behörden sind hier offenbar mit der Überwachung der Auflagen überfordert," so Bahr.

 

"Wir fordern Bundesminister Horst Seehofer und den für den Gesundheitsschutz zuständigen Landesminister Dr. Werner Schnappauf auf, endlich statt Zugvögeln auch andere - menschengemachte - Übertragungswege zu untersuchen und gegen die Massentierhaltung vorzugehen", so Richard Mergner, Landesbeauftragter des BN.

 

Die Vogelgrippeverseuchung in Wachenroth ist nach Angaben des Bundesamtes für Verbraucherschutz der "bislang mit Abstand gravierendste Fall in Deutschland". Im sächsischen Wernsdorf waren im April 20.000 Hühner und Puten bei der größten sächsischen Geflügeltierhaltung gekeult worden.

 

Die in den letzten Jahren in Südostasien aufgetretenen Fälle zeigen, dass Zugwege und Flugrouten der Wildvögel nicht mit den Ausbreitungswegen der Seuche übereinstimmten. Weder innerhalb Asiens noch von Asien nach Europa gibt es Zugrouten zwischen den betroffenen Gebieten. Andere Übertragungswege wie der Handel mit Geflügel und Wildvögeln, aber auch mit Geflügelprodukten und die Nutzung von Geflügelkot als Dünger, können den Verlauf der Seuchenausbreitung besser erklären als die Zugvogelhypothese, zumal im Sommer kaum Vogelzug erfolgt.

 

Das Virus ist wochenlang im Kot und anderem organischen Material überlebensfähig - laut Welternährungsorganisation bei niedrigen Temperaturen 30-35 Tage.

 

Richard Mergner, Landesbeauftragterer des BN: „Da von den maßgeblichen Stellen immer wieder Zugvögel als mutmaßliche Überträger genannt wurden, ist offenbar nach anderen, viel wahrscheinlicheren Übertragungswegen kaum gefahndet worden.“

 

Bei der Suche nach Ursachen und Übertragung stehen lediglich Wildvögel im Fokus. Andere bekannte Übertragungswege wie legaler und illegaler Handel, internationale Transporte von Bruteiern und Gülle bleiben jedoch unberücksichtigt. Dabei ist die Ausbreitung der Vogelgrippe nachweislich auch über den Handel erfolgt.

 

Frühstückseier aus Freilandhaltung haben seit der Kennzeichnung aller Eier einen Marktanteil von 23 Prozent erzielt. Bioware hat seit 2004 jährlich um rund 40 Prozent zugelegt (Stand 2006). Die Käfighaltung hat demgegenüber im Jahr 2005 vier Prozent ihres Marktanteils verloren. Durch Freilandverbote hoffen die Käfighalter nun ihre Marktanteile wieder zu erhöhen.

 

Bund Naturschutz (BN) fordert artgerechte Haltung und

verbesserte gesetzliche Regelungen

 

Bereits zwei Jahre, nachdem Großentenmäster Wichmann 1998 mit 120.000 Entenmastplätzen in Wachenroth-Warmersdorf im Landkreis Erlangen-Höchstadt den Konkurs seines Unternehmens angemeldet hatte, wurden dort weiter im großen Stile Enten gemästet und Journalisten bei ihren Recherchen tätlich angegriffen. Der Bund Naturschutz, der seit über einem Jahrzehnt gegen die seit 1963 bestehende Mastanlage kämpft, forderte 2000 neue gesetzliche Grundlagen für die Entenmast. „Vom Gesetzgeber muss endlich geregelt werden,“ so der BN damals, „dass Enten nur noch unter Einhaltung ihrer artgemäßen Bedürfnisse in landwirtschaftlichen Betrieben gemästet werden dürfen, und dies europaweit. Enten sind Wasservögel und müssen daher die Möglichkeit haben, ihr arteigenen Bedürfnisse auszuleben.“

 

Entenmast in Wachenroth-Warmersdorf –

die unendliche Geschichte von Rechtsverstößen

 

Was 1967 mit einer Geflügelzuchtanlage begann, hat sich bis in die 90er Jahre zu einer riesigen Mastfabrik mit Ställen, Schlachtgebäuden, Kühlhaus und Bürogebäuden entwickelt. Die Akten des Bundes Naturschutz belegen seit 1986 eine ununterbrochene Kette von Umweltverstößen, Schwarzbauten, Rechtsverletzungen und tätlichen Angriffen auf Journalisten, Naturschützer und betroffene Bürger. Die „Wildwestgeschichte von Warmersdorf“ zeigt, dass auch 30 Jahre Kampf zum Schutz der Umwelt und der Bevölkerung vor Belästigung und Umweltgefahren den Betrieb nicht zum Aufgeben zwingen konnten. Waren es früher Schlachtabfälle, die tonnenweise im Wald lagerten, Gewässerverschmutzung durch ungeeignete Kläranlagen, Überschreitungen der genehmigten Tierplatzzahlen und immer wieder juristische Winkelzüge, die den Behörden die Kontrolle der Anlagen fast unmöglich machten, so waren es später quälerische Tiertransporte, Verstöße gegen das Arbeitsrecht oder tätliche Angriffe auf Journalisten, mit denen das Imperium von Günther Wichmann auf sich aufmerksam machte.

 

So gibt es Berichte, dass Wichmann einen BI-Sprecher mit dem Fahrzeug in einen Straßengraben abgedrängt haben soll. Ein Kamerateam des Bayerischen Rundfunks hatte 1991 für die Dreharbeiten Polizeischutz angefordert, weil der Jeep von Wichmann den Journalisten gefährlich nahe gerückt war. Diesen „Versuch massiver Einschüchterung“ konnten die Fernsehzuschauer am 29. Dezember 1993 im „Jetzt-red-i“-Rückblick nacherleben. Auch ein ZDF-Fernsehredakteur beklagte im Dezember 1999, dass er während seiner Dreharbeiten in Warmersdorf tätlich angegriffen wurde.

 

Im Frühjahr 1998 starben zwei Arbeiter der Geflügelschlachterei Wichmann an der Papageienkrankheit. Die Gewerbeärzte gehen davon aus, dass die Erreger für diese Krankheit im Staub enthalten sind, der sich beim Schlachten des Geflügels ausbreitet, wenn die Federn fliegen. Das Gewerbeamt forderte damals die Einhaltung einer Reihe von Sicherheitsmaßnahmen, mit denen die Arbeiter vor einer Wiederholung geschützt werden sollten. Unter anderem sollten spezielle Atemmasken getragen werden. Diese Forderungen hatte zu heftigen Reaktionen des Alteigentümers Günter Wichmann geführt. Er lehnte sie als praxisfremd ab. Erst nach zähen Verhandlungen wurden die Forderungen des Gewerbeamtes akzeptiert.

 

Im August 1998 brachte die Polizei einen LKW auf, der mit 5.000 Enten beladen war, die sich in einem erbarmungswürdigen Zustand befanden. Der Tiertransport war für die Entenschlachterei Wichmann bestimmt. 14 Stunden hatten die Tiere trotz größter Hitze weder Wasser noch Futter bekommen. Jeweils zu neunt waren sie in nur 66 x 78 cm großen Transportboxen untergebracht, die der Belastung teilweise nicht standhielten und zerbrachen. Die Tiere verletzten sich an den scharfkantigen Plastiksplittern oder versuchten vergeblich in ihrer Todesangst ihrem Gefängnis zu entrinnen. Überall in den Boxen lagen abgetrennte Entenfüße und zum Teil noch lebende Tiere mit verstümmelten Flügeln und blutigen Schnäbeln.

 

Ab November 1998 wurde öffentlich bekannt, dass die Firma sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand. Die Pleite des Geflügelmästers nahm immer mehr die Züge eines betrügerischen Konkurses an. Geschäftsunterlagen waren nicht mehr auffindbar, das bewegliche Vermögen des Unternehmens schien fortgeschafft worden zu sein. Die Hausbanken hatten der Firma die Kreditlinien gekündigt. Dadurch entstand eine Finanzierungslücke von rund 30 Mio. DM, der Konkurs war unausweichlich. Einen Überblick über die Vermögenswerte des Unternehmens konnte sich selbst der Sequester, der Nürnberger Rechtsanwalt Alexander Bördfeld, nicht mehr verschaffen.

 

Wichmann hatte den Geschäftsbetrieb damals schon seit längerem eingestellt und Verträge mit einer Nachfolgefirma abgeschlossen. Aus dem Fernsehbeitrag des ZDF im Dezember 1999 war zu entnehmen, dass Günter Wichmann wohl auch Drahtzieher der Nachfolgefirma Gepro Geflügel-Produktionsanlage ist. Nachforschungen des BN ergaben, dass es sich auch bei der Gepro wieder um einen Familienbetrieb handelte. Auch die heutige Firma Wichmann Enten GMBH ist eine Nachfolgefirma von gepro. "Die Geschwister Wichmann" führen heute den Betrieb: "Horst Wichmann, Geschäftsleitung, Betriebe Bayern, Dieter Wichmann, Geschäftsleitung, Betr. Westerscheps, Ermke, Anette Wichmann, Geschäftsleitung, Verkauf Marketing." (Homepage der Fa. Wichmann www.enten.de).

 

Für Rückfragen:

Tom Konopka, Regionalreferent,

Tel. 0911-81878-24, Mail: tom.konopka@bund-naturschutz.de

 


 

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