Pankower Juden im Widerstand
Angesichts doppelter Verfolgung als Juden und als Antifaschisten unter dem NS-Regime war der jüdische Beitrag im Kampf gegen die Nazibarbarei ein wesentlicher Bestandteil des politischen Widerstandes in Deutschland wie auch außerhalb der Grenzen Deutschlands - im Spanischen Bürgerkrieg oder als Partisan in den Wäldern Osteuropas, in der französischen Résistance oder als Soldat der Alliierten Armeen. In Deutschland war schon ein Sich-Verweigern oder Sich-Widersetzen Ausdruck des Aufbegehrens, das sich steigern konnte zur Flucht vor Verfolgung und Deportation, zum Untertauchen in die Illegalität, bis zum aktiven Mitwirken in einer Widerstandsgruppe. Zu den jüdischen Bürgern, die in Pankow wohnten und wirkten, gehörten Antifaschisten unterschiedlicher sozialer Herkunft wie der Jurist und Journalist Erich Baron, der Arzt Dr. Georg Benjamin und der Arbeiter Siegmund Spieler.
Erich Baron wohnte in der Kavalierstraße 22. Als junger Mann war er in Brandenburg Redakteur einer Zeitung und gehörte zum linken Flügel der SPD.
Mit Frau und Kind 1912 bei einer Wanderung in Brandenburg: Erich Baron rechts neben seinem kleinen Sohn. Als Generalsekretär der 1923 gegründeten "Gesellschaft der Freunde des neuen Rußland" war er den Machthabern ein Dorn im Auge. Noch in der Nacht des Reichstagsbrandes vom 27. auf den 28. Februar 1933 wurde er von der SA in seiner Pankower Wohnung verhaftet. Als Jude und Kommunist ist er am 26. April 1933 als eines der ersten Opfer der gerade zur Macht gelangten Nazis ermordet worden.
Gedenktafel am Haus Kavalierstraße 22, angefertigt von dem Bildhauer Heinz Worner
Dr. Georg Benjamin, hier mit seinem Sohn Mischa, hatte sich als junger Arzt in der Arbeiter-Samariter-Bewegung und im "Verein Sozialistischer Ärzte" aktiv engagiert. Anfang der 30er Jahre verlor er seine Stellung als Schularzt im Wedding und erhielt von den Nazis Berufsverbot. Mit seiner Familie zog er nach Pankow, in die...
...Binzstraße 50.
Haftbefehl
Sterbeurkunde aus dem KZ Mauthausen
Siegmund Spieler. Nach dem frühen Tod seiner Eltern verbrachte er sechs Jahre im jüdischen Waisenhaus Pankow. Noch vor Abschluss seiner Lehre als Steindrucker wurde er vom Direktor wegen "Aufwiegelung der Zöglinge" aus dem Waisenhaus gewiesen. Er hatte sich während der Lehre im Betrieb Pa-Pa-Ge, Hadlichstraße, in der Gewerkschaft und im Arbeiterjugendverband politisch organisiert und wollte auch die Lehrlinge im Waisenhaus zur Durchsetzung von Mitbestimmungsrechten animieren. Als 16jähriger auf sich allein gestellt, wohnte er an unterschiedlichen Orten in Pankow, später wirkte er hier als Illegaler im antifaschistischen Widerstand. "Sigi" Spieler emigrierte nach Prag, von wo aus er zwischen 1936 und 1939 23 Mal zur Aufnahme politischer Verbindungen illegal nach Deutschland einreiste. Nach Besetzung der Tschechoslowakei durch die deutsche Wehrmacht ging er über Frankreich nach England ins Exil und kehrte 1946 nach Deutschland zurück.