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Neuwerkskirche (St.-Crucius-Kirche)
Pfarrei St. Wigbert Regierungsstraße 74 99096 Erfurt

Die St.-Crucis-Kirche am Ausgang der Neuwerkstraße - über 600 Jahre lang mit dem Schicksal eines Klosters eng verbunden - war ursprünglich selbständige Pfarrkirche. Ihre Gründung erfolgte vermutlich mit der Errichtung der Stadtmauer im Jahre 1168, als man mit dem Bau einer Neustadt begann. Es ist anzunehmen, dass die Kreuzkirche bereits 1182 bei der Einteilung Erfurts in Pfarreien zur Pfarrkirche erhoben wurde, denn in diesem Jahr wurde eine Gemeinde nach ihrem Patrozinium benannt. Hierher wurde zwischen 1194-1196 das Augustinerinnenkloster vom Hospital zum Heiligen Geist? (am Krämpfertor) verlegt, wobei man die bereits vorhandene Kirche in die Klosteranlage einbezog. In einer Urkunde von Erzbischof Konrad von Mainz, 1196 ausgestellt, wird diese Verlegung bestätigt und die neue Klosteranlage neben der Cruciskirche » St. Maria ad novum opus« (» St. Maria zum neuen Werk«) genannt. Wegen der durch Kriegsunruhen gefährdeten Lage des Klosters war die Ortsveränderung nötig geworden.

Ein 1291 im Kloster ausgebrochener Brand vernichtete die gesamte Anlage und fast den dritten Teil der Stadt. Tettau nimmt an, dass eine Wiederherstellung sehr bald erfolgt sein muss, denn eine im Jahre 1295 von Papst Bonifatius VIII. ausgestellte Bulle ermächtigt das Neuwerkskloster zu Erfurt, auch während eines Interdiktes Gottesdienst zu halten, was den Wiederaufbau der Kirche zur Voraussetzung hatte. Die Pfarrer und Vikare unterstanden dem Propst und Konvent des Klosters. 1329 werden ein Kaplan und zwei Vikare erwähnt.

In den Jahren 1466-1473 wurde der romanische Kirchenbau durch einen spätgotischen ersetzt. Die Chronisten sprechen von einem reichen Kirchenschatz des Gotteshauses und Klosters, der 1525 während der Bauernaufstände gründlich geplündert wurde - den Rest beschlagnahmten die Schweden 1631. Aber die Augustinerinnen blieben während der Reformationszeit im Besitz ihres Klosters. Schon 1525 wurde in der Neuwerkkirche wieder katholischer Gottesdienst gefeiert.

Bereits Ende des 17. Jahrhunderts hatte sich der bauliche Zustand von Kloster und Kirche wiederum so verschlechtert, dass mit umfangreichen Erneuerungsarbeiten begonnen werden musste. Von 1710 bis 1731 wurden die Klostergebäude vollständig erneuert. Danach erfolgte am 8. Mai 1731 die feierliche Grundsteinlegung der heute noch vorhandenen Kirche, die unter Verwendung der gotischen Mauern (auch am Turmschaft) errichtet wurde. Die Wiedereinweihung nahm am 25. September 1735 Weihbischof Gudenus vor.

Am 11. März 1819 wurde das Kloster zusammen mit anderen Klöstern der Stadt aufgehoben und 1881 abgebrochen. Das Gotteshaus blieb als Pfarrkirche bestehen.

Eine umfassende Restaurierung erfolgte zwischen 1978 und 1985.

Das Äußere
Die Gliederung des Außenbaues, in der die Vertikale besonders durch die Strebepfeiler und die hohen schmalen Fenster betont wird, verrät den gotischen Ursprung, was auch noch durch die östliche Lage des Turmes unterstrichen wird. Jedoch stammen die segmentbogigen Fenster aus der Barockzeit.
Das fensterlose fünfte Joch der Kirche (Westseite) lässt erkennen, dass hier Klostergebäude (bis 1881) angebaut waren. Der im Verband mit dem Mauerwerk des Chores stehende Turm ist sicher zwischen 1466-1473 entstanden, doch erhielt er beim Umbau der Kirche (1731-1735) ein neues Glockengeschoß mit einer barocken Haube. Während der Baumeister der Kirche nicht bekannt ist, stammt vermutlich das ehemalige Hauptportal im dritten Joch der Nordseite von Gottfried Gröninger (geb. 1680 in Münster). Schon 1706 war dieser angesehene Bildhauer in Erfurt ansässig und hat nachweislich an bedeutenden Barockbauten der Stadt (Packhof - jetzt Angermuseum, Statthalterei am Hirschgarten) mitgewirkt. Stilistische Übereinstimmungen mit den Schmuckformen der Neuwerkkirche erhärten die Vermutung.
Über dem Portal sehen wir eine Pieta aus Sandstein, die von Heiligen und Engeln umgeben ist. An den Seiten stehen die hl. Helena und der hl. Augustinus, während darüber zwei schwebende Engel aus Holz angebracht sind, die Kreuznägel und Kelch halten. Die übrigen aus Eisen angefertigten Leidenswerkzeuge sind Kreuz, Leiter, Speer, Schwamm, Schweißtuch, Säule und Hahn.

Der Innenraum
Eine Erinnerung an das klösterliche Leben ist der Kreuzgang (1731-1733) mit vier Kreuzgratgewölben versehen, durch den wir die Kirche von Westen her betreten.
Gelangen wir in das Innere der einschiffigen Halle, empfängt uns ein im Barockstil reich ausgestattetes Gotteshaus, das seine Gestalt aus den Jahren von 1731 bis 1735 erhalten hat. Die Stuckarbeiten im Stile der Regencezeit sollen von Gröninger in Zusammenarbeit mit italienischen Stukkateuren geschaffen worden sein.
Deckengemälde
Auf weit in den Raum ragenden Gesimsen sitzen große Engelsfiguren, die Musikinstrumente, Bücher, Masken und andere Attribute tragen. Das Gewölbe der Kirche, eine rundbogige Tonne, erhält durch die Fenstereinschnitte seine bestimmende Gliederung, die durch symmetrische Anordnung der Medaillons mit Fresken fortgeführt wird. Das mit Gemälden in lebhaften Farben reich ausgestattete Gewölbe - einmalig in Erfurt - verleiht der Kirche ihren besonderen Reiz. » Inhaltlich und kompositionell erfolgt eine Steigerung von den kleinen Lünetten über den Fenstern zu den großen Achteck- und Sechseckmedaillons im Scheitel der Tonne« (Haetge/Goem).
Während wir an den Seiten hauptsächlich Einzelfiguren mit einfarbigem Hintergrund finden, sind die Szenen in der Mitte mit einer großen Zahl von Figuren und reich gestalteten Hintergründen ausgestattet. Dasselbe trifft auch für die Farbgebung zu : Steigerung von einfarbigen Bildern an den Seiten zu leuchtenden hellblauen, hellroten und goldgelben Farben in der Mitte.
Thema der Deckenmalerei ist die Lebensgeschichte Christi (ohne Passion) in Verbindung mit alttestamentlichen (typologischen) Vorbildern für die Leidensgeschichte. Wie die ganze Kirche, die dem Heiligen Kreuz geweiht ist, auf dieses Heilszeichen hingeordnet ist, so drängt auch die Deckenmalerei inhaltlich zum Altar, der die Verherrlichung des Kreuzes zeigt.
Die Reihenfolge der großen Medaillons in der Mitte beginnt von Westen mit Johannes dem Täufer (im Sechseck), der auf das Lamm, Symbol für Christus, hinweist. Die folgenden Szenen zeigen: Taufe Christi im Jordan; Gastmahl im Hause des Simon und Salbung durch Magdalena; Einzug Jesu in Jerusalem; das Heilige Abendmahl (im Achteck) und am Altarraum Begegnung Abrahams mit Melchisedek. Diese Szenen sind untereinander durch Medaillons mit alttestamentlichen Sinnbildern für das Heilsgeschehen verbunden. Von Osten beginnend: Isaak trägt das Holz auf den Berg - Kreuztragung; Errichtung der ehernen Schlange - Kreuzigung; Jonas vom Walfisch ausgespieen - Auferstehung; Opferaltar mit Lamm sowie Vertreibung aus dem Paradies - Erlösung.
Über den Fenstern sehen wir die vier Evangelisten und vier Kirchenväter, in den Medaillons der Kappen (Gewölbeeinschnitte über den Fenstern) acht Propheten und Erzväter (darunter die Opferung Isaaks) und außerdem den hl. Franz Xaver und einen unbekannten Martyrerbischof. In den Medaillons zwischen den Kappen beginnen die Darstellungen im östlichen Joch der Nordseite mit der Verkündigung, es folgen Heimsuchung, Geburt, Anbetung der Könige, Beschneidung, Darstellung im Tempel, Flucht nach Ägypten und der zwölfjährige Jesus im Tempel.
Nächst dem Triumphbogen finden wir die Wiedergabe des Kampfes zwischen Tibias und dem Erzengel Raphael sowie des Erzengels Michael mit dem Drachen.
Die beeindruckenden Bildwerke sind im Medaillon über der Orgel (Sechseck mit Johannes dem Täufer) mit »1. Belon 1735« signiert.
Weitere Kunstwerke
Ältestes Kunstwerk im Kirchenraum, gegenüber der Kanzel, ist eine Madonnenstatue aus Sandstein (um 1380), die aus dem ehemaligen Benediktinerkloster des Petersberges stammen soll. Entgegen der gewohnten Darstellungsweise trägt hier Maria das Kind nicht auf dem linken, sondern auf dem rechten Arm. In der Linken hält das Kind eine die Flügel ausbreitende Taube (Symbol für den Heiligen Geist). Dass das Haar Marias bis über die Brust herab fällt, ist gleichfalls neu in der Madonnendarstellung der Zeit (Overmann). Die Sichtbarmachung der Fußstellung will ein leichtes Schreiten andeuten. Als weiteres neues Motiv ist die Betonung des Faltenpendels unter dem rechten Arm zu bemerken, das in der Folgezeit immer beliebter wird (Haetge/Goern).
Die Madonna ist ein künstlerisch hoch stehendes Werk, das den » Eindruck der Fülle und Weichheit« vermittelt und »natürliche Anmut und Kraft« (Kunze) ausstrahlt. Das Entfernen der aus jüngster Zeit stammenden Bemalung könnte vorteilhaft für den Ausdruck der Plastik sein.
An dieser Stelle muss der als Neuwerkmadonna bekannten Steinplastik (um 1370) gedacht werden, die ehemals an der Außenwand des Langhauses stand und nun als Leihgabe im Städtischen Angermuseum ausgestellt ist. Der Ausdruck lyrischer Empfindung in der Darstellung erinnert sehr an die Madonna des Meisters Johann Gerhardt? in der St.-Severi-Kirche, ist aber das Werk eines anderen Meisters, dem Kunze die Standfigur Johannes der Täufer in der Severikirche sowie die Sitzfigur des hl. Severus (Südportal derselben Kirche) zuordnet. »Die Madonna ist vielleicht die schönste in der Erfurter Plastik des 14. Jahrhunderts. Bei keiner anderen sind die Beziehungen zwischen Mutter und Kind so herzlich, bei keiner anderen erscheint der Ausdruck innigster Liebe und Mütterlichkeit so vertieft und verinnerlicht wie bei ihr. Dabei ist sie frei von störenden Proportionsfehlern (Overmann).
Ein wertvolles gotisches Kreuz gegenüber dem ehemaligen Hauptportal, neben der Kanzel, stammt aus der Zeit um 1450. An der Südwand der Kirche finden wir unter der Orgelempore einen Taufstein mit der Inschrift 1736. Das achtseitige Taufbecken sitzt auf einem achteckigen Schaft. Von den zwei Beichtstühlen an der nördlichen und südlichen Langhauswand stammen nur noch die Medaillons mit den Bildern der hl. Magdalena und des hl. Petrus aus der Zeit um 1790. Die übrigen Teile entstanden Ende des 19. Jahrhunderts.
Die Kanzel (1739 fertig gestellt) wird in ihrer Form als die bedeutendste unter den Erfurter Kanzeln des 17. und 18. Jahrhunderts bezeichnet. Eine lateinische Inschrift auf der Stirnseite lautet übersetzt: »Wer aus Gott ist, der hört auf Gottes Wort« (Joh. 8,47). Der Schalldeckel über der korbförmig gestalteten Brüstung der Kanzel ist von drei freistehenden Voluten bekrönt, deren obere Enden ein von Wolken und Strahlenkranz umgebenes Auge Gottes tragen. Die Originalfassung der Kanzel konnte 1980 freigelegt werden, da sie glücklicherweise nur einfach übermalt war. Dasselbe gilt für die übrigen barocken Teile des Gotteshauses wie Orgelprospekt, Orgelbrüstung und den gesamten Altarbereich.
Der reich verzierte Orgelprospekt erhebt sich in bedeutenden Ausmaßen bis zur Decke. Die Aufteilung der Prospektpfeifen erfolgte in drei große Hauptbündel, die von je zwei paarweise übereinander geordneten kleineren begleitet werden. Vergoldete Akanthusranken bilden eindrucksvoll die Krönungen der einzelnen Bündel. Auf dem Gebälk sitzen Putten und musizierende Engel. Der Erfurter Orgelbauer Franziskus Volkland hat dieses imponierende Werk in den Jahren 1732-1737 geschaffen.
Der Hochaltar (1735) ist dem Heiligen Kreuz geweiht. Sein den ganzen Chorabschluss füllender Aufbau besteht aus einem hochgezogenen Mittelteil und zwei vorspringenden niedrigeren Seitenteilen. Vier gleich hohe Säulen - zwei im Mittelteil, je eine im Seitenteil - liefern das Grundgerüst des Altares. Hinter dem von einem Pelikan gekrönten Tabernakelbau umschließen die beiden Mittelsäulen ein großes Ölgemälde, 1734 von Johann Joseph Scheubel? (1686-1769 in Bamberg) gemalt. Es zeigt St. Helena in Verbindung mit der Ausbreitung des Kreuzes und seine Verherrlichung unter den Völkern, worauf auch die Inschrift darüber hinweist: »Ecce Crucem Domini« - »Seht das Kreuz des Herrn!«.
Neben den vier Hauptsäulen stehen vier überlebensgroße vollplastische Figuren: innen der hl. Josef mit Kind und der hl. Augustinus; von den beiden außen stehenden gekrönten Frauen soll sicher eine die hl. Helena darstellen (welche, ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen), die zweite Heilige konnte bisher überhaupt nicht benannt werden.
Im oberen Abschluss des Altares sehen wir eine vollplastische Darstellung der Krönung Marias mit Christus und Gottvater, das Ganze auf einem von Strahlenbündeln durchzuckten Wolkengrund und von einem Puttenreigen umgeben. » Der sehr geschickt und gut gearbeitete Spätbarockaufbau unterscheidet sich von den übrigen Erfurter Hochaltären jener Zeit dadurch, dass das Gesims des Mittelbaues in der Mitte durchbrochen ist, die Vertikale der Mittelachse also ohne Unterbrechung durch eine Horizontale bleibt und damit stark betont wird« (Overmann).
Die Gestalt der Kaiserin Helena wird von der darstellenden Kunst gern zum Thema gewählt, erst recht an einer Kirche, die dem Heiligen Kreuz geweiht ist, ist doch ihr Leben unauslöschlich mit der Verehrung des Heiligen Kreuzes verbunden, zu der sie den Anstoß gab. Flavia Helena, geboren um 250, war zuerst Magd und Kellnerin zu Drepanum in Bithynien (Landschaft im Nordwesten Kleinasiens), wo sie Konstantius Chlorus, ein vornehmer Illyrier, wegen ihrer außerordentlichen Schönheit trotz aller Standesunterschiede heiratete. Sie schenkte ihm einen Sohn Konstantin, der als der spätere Kaiser Konstantin in die Weltgeschichte eingehen sollte. Mit 64 Jahren wurde sie Christin; das Christentum war inzwischen von ihrem Sohn öffentlich anerkannt worden. Die Kaiserin lebte ganz in ihrem christlichen Glauben, kümmerte sich um die Armen, und die Erbauung vieler Kirchen geht auf sie zurück, so auch in Trier, Bonn, Xanten und Köln. Mit 78 Jahren unternahm Helena noch ihre denkwürdige Fahrt nach Jerusalem, an die Grabstätte Christi. Auf ihre Veranlassung begann man mit dem Bau der Grabeskirche in Jerusalem.
Auf ihrer Reise durch die Heiligen Stätten soll die Kaiserin das echte Kreuz Christi gesucht und gefunden haben. Sie brachte es, so berichtet die Legende weiter, ihrem Sohn nach Konstantinopel, wo sie das Holz vor ihrem Tode teilte und den drei Söhnen Konstantins gab. Diese Stücke des Heiligen Kreuzes werden in S. Croce in Gerusalemme in Rom aufbewahrt. Viele andere Kirchen - so auch St. Crucis in Erfurt - erhielten im Laufe der Zeit Partikel von diesen Kreuzteilen, die überall eine große Verehrung der Gläubigen genießen.
Das Altarblatt des St.-Annen-Altares auf der Südseite zeigt Maria mit ihren Eltern Anna und Joachim, während das Altarblatt des Josef-Altares auf der Nordseite die heilige Familie: Jesus, Maria, Josefund die Heilig-Geist-Taube beinhaltet. Beide Bilder sind vom Meister des Gemäldes am Hochaltar. In den flankierenden Figuren erkennen wir die hl. Katharina von Siena und die hl. Agatha sowie den hl. Johannes Bapt. und den hl. Laurentius.

Siehe auch: Übersicht Kirchen Erfurt