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ErfurtGeschichte
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Aus der Firmen-Geschichte der Fa. Hagans

Am 1. Juli 1857 gründet Christian Hagans in Erfurt eine Eisengießerei und Maschinenfabrik. Seine erste Werkstätte entsteht auf einem beengten Gelände am Erfurter Pförtchentor (auf dem Gelände Dalbergsweg 15 und Kartäuserstraße 35/36), das später nicht erweitert werden kann, keinerlei Gleisanschluss besitzt und schon bald nach 1872 zum Hemmnis beim Bau größerer Lokomotiven wird.

Das Werk besteht zunächst aus einem Verwaltungsgebäude mit Wohnung, dem Gießhaus mit Drehkran in Holzausführung und einer von der Firma Schüler in Buckau bei Magdeburg gelieferten kleinen Dampfmaschine. Christian Hagans hatte zuvor in Berlin studiert und dann u.a. bei Jacobi, Haniel & Huyssen in Sterkrade, bei den Gebrüdern Cockerill, bei Früchtenicht & Brock (später Vulcan, Stettin) und der Maschinenfabrik von F.A. Egells gearbeitet.

Am 27.10.1857 stellt Hagans gemeinsam mit 6 von der Hauptwerkstatt Erfurt der Thüringischen Eisenbahn (Thomasstraße) übernommenen Arbeitern sein erstes Gussstück her. 1858 entsteht die Ambossschmiede mit zwei Schmiedefeuern, welche 1862 auf vier Feuer erweitert wird. Im gleichen Jahr (1858) kommt eine mechanische Werkstatt hinzu. Sie erhält 1862 zwei Krane eingebaut. 1865 wird ein neues Bürogebäude errichtet, 1867 entsteht die Kesselschmiede und die Rüsthalle als wichtigster Teil des 1872 aufgenommenen Dampflokbaus. Seit 1868 ergänzt eine Eigenbau-Dampfmaschine die Ausstattung.

1863 nimmt Hagans die Produktion von stationären Dampfmaschinen auf, 1868 folgen kleine Lokomobile und auch lose Dampfkessel für mittlere Drücke bis 12 at. Ab 1865 liefert das Unternehmen auch Lokomotivteile wie Kolbenstangen, Steuerungen, Stangenpuffer und Hall?sche Kurbeln. Empfänger dieser Teile ist später vor allem die Maschinenfabrik Krauss in München.

Diese Palette wird alsbald ergänzt durch Kreuzköpfe, Treib- und Kuppelstangen, Kolben, Flachschieber und Kesselarmaturen. Ebenso stehen einige Wasserturbinen und Volldruckturbinen nach dem System Greffrath auf dem Fertigungsprogramm. Seit 1867 liefert Hagans auch komplette stationäre Wärmekraftanlagen. Noch bis weit nach 1872 gehören auch Drehbänke, Schraubenpressen, Gesenke, Fräsmaschinen, Feil- und Hobelmaschinen sowie Waagen für Fuhrwerke zum Lieferumfang. Mit Beginn der Lokomotiv-Fertigung wird eine Ergänzungsproduktion aufgebaut, die u.a. Kleineisen für den Gleisbau, Gleisjoche, Feldbahnausrüstungen, Kipploren, kleinere Drehscheiben, Wasserkräne, Weichen und Weichenteile, Schiebebühnen, Achslager, Gleiswaagen aber auch Lokomotivwinden umfasst. Leider sind die Lieferbücher für alle diese Produkte nicht mehr vorhanden. Es muss gesonderte Fabriknummernzählungen gegeben haben.

Im Juni 1872 wird mit dem Bau der ersten Dampflokomotive begonnen. Dem Lieferbuch nach zu urteilen, müssen die ersten (12 oder 13) Lokomotiven nahezu gleichzeitig begonnen worden sein, da sich ihre Liefertage im Gegensatz zu späteren Lieferjahren sehr nahe beieinander befinden.

Zur Lokomotiv-Fertigung hat sich Hagans ab Mitte 1871 handwerklich geschickte Arbeitskräfte aus dem so genannten Franzosenlager am Erfurter Johannesplatz gesucht. Er kauft jetzt auch neue Biege- und Abkantmaschinen, eine Rundmaschine für Kesselschüsse und eine Nietmaschine für Stehbolzen ein. Die äußerst beengten Platzverhältnisse zwingen zu einer besonderen Inbetriebnahmeprozedur der hergestellten Lok. Zunächst erfolgt eine Wasserdruckprobe (kalt) des Kessels, anschließend eine stationäre Dampfprobe (warm). Erst dann wird der Kessel mit dem Fahrwerk verbunden. Diese hat zuvor eine Zylinderdruckprüfung erhalten. Eine Werkprobefahrt nach Endmontage ist aufgrund der sehr beengten Verhältnisse im Fabrikhof kaum möglich. Auf nur wenig mehr als 30 Meter kann nur eine provisorische Funktionsprüfung auf so genannten fliegenden Gleisen erfolgen.

Oft werden Lokomotiven aufgebockt und bei frei drehenden Rädern geprüft. Die Lokomotiven werden anschließend mit einem Transportwagen per Pferdekraft zum Güterbahnhof in Erfurt gebracht. Dieser Wagen hat eine Tragfähigkeit von lediglich 35 Tonnen und entstand in seiner ersten Ausführung 1872 im Eigenbau. Die Lokomotive wird mittels Seilwinde von den provisorisch verlegten Gleisjochen (fliegende Gleise) auf den Transportwagen gezogen.

Das neue Werk, flächenmäßig großzügig angelegt und erweiterungsfähig, entsteht unter Leitung von Hermann Hagans ab Anfang 1903. Zunächst werden 1904 die Härterei, die Werkzeugmacherei, die Materialvorbereitung und eine 900mm-Schmalspurbahn für den innerbetrieblichen Transport gebaut. Die Kesselschmiede und auch die Montagehalle mit Schiebebühne sind ab 1904 betriebsbereit. Kurz zuvor, nämlich 1902 entsteht auch die heute noch vorhandene und von Familie Hagans genutzte Fabrikantenvilla in der Kartäuserstraße unweit des alten Standortes.

Erst mit der Errichtung neuer Werkshallen in Ilversgehofen erhält das Unternehmen 1904 einen Gleisanschluss in Regelspur. Es dauert noch bis 1913 bis die Produktion vollständig in das neue Werk verlagert ist, nachdem bis 1909 alle Werkzeugmaschinen zum neuen Standort umgesetzt waren. Im April 1904 beginnt mit Fabriknummer 514 die Fertigung von Lokomotivrahmen in Ilversgehofen. Diese Rahmen - allesamt für preußische T 3 - werden bis einschließlich Fabriknummer 529 mittels des Transportwagens und Pferdekraft gar noch quer durch die ganze Stadt zum alten Standort gebracht, wo sich die Kesselfertigung und Endmontage befindet.

Von Juli bis Ende November 1905 werden keine Lokomotiven ausgeliefert. Die Hauptproduktion verlagert man in einer Fertigungspause zum neuen Standort. Mit Fabriknummer 530 verlässt am 29.11.1905 die erste preußische T9.3 das neue Werk Ilversgehofen. Der alte Standort Am Pförtchen wird erst zum 01.07.1915 endgültig und vollständig aufgegeben. Typisch für das Werk in Ilversgehofen ist, dass bei der Endmontage zunächst der Rahmen auf die Radsätze gebracht und erst anschließend der Kessel auf den Rahmen aufgebaut wird. Ob diese Praxis auch schon im alten Werk üblich war, hat sich nicht ermitteln lassen.

Wachsende Aufträge infolge des Krieges erfordern einen Ausbau des Werkes. 1917 entsteht die Tenderwerkstatt, die Rüsthalle wird von 9 auf 25 Stände erweitert. Bis 1919 kommt es zu neuen Erweiterungen: Blechschlosserei, Lackiererei, Kesselschmiede. Letztere wird auf 16 Stände aufgestockt.

Am 30. Juni 1915 verkaufen die Söhne Christian Hagans das Werk an die "R. Wolf AG" in Magdeburg-Buckau. Das gemeinsame Rechnungsjahr beginnt zum 01.01.1916. Das Erfurter Werk wird zur Abteilung Lokomotivfabrik Hagans. Die Gründe für den Verkauf an Wolf sind bis heute unklar. Die strikte Weigerung der Familie Hagans, Rüstungsgüter in die Produktion aufzunehmen dürfte als Ursache unzutreffend sein, zumal ein großer Bedarf an Neubaulokomotiven vorlag. Schließlich werden sogar Mitarbeiter der Firma Wolf aus Buckau nach Erfurt verlegt, um die Fertigung der T13 und G8.1 abzusichern. Laut Werkbuch sollen ab Fabriknummer 828 alle Loks das Lieferschild Wolf tragen. Abweichungen zu Betriebsbüchern sind jedoch nicht ausgeschlossen.

Ab 1915 treten anstelle der kupfernen flusseiserne Feuerbüchsen. Die Fertigungsqualität leidet nicht nur durch diesen Ersatzbaustoff erheblich, sondern auch infolge der Tatsache, dass immer mehr Fremdarbeiter und Kriegsgefangene vor allem aus Frankreich, Belgien und Russland zum Einsatz kommen. Schlechte Verarbeitung der Kessel allgemein, falsche Rohrspiegel in den Langkesselwänden, undichte Kesselnähte, schlecht bearbeitet Stehbolzen und vor allem auch Bodenringe von schlechter Qualität führen zu vielen und gravierenden Reklamationen seitens der Abnahmeämter vor allem in den Fabriknummernbereichen 911 bis 935 (preußische G8.1), 998 bis 1000 und 1039 bis 1047 (preußische P8) als auch 1081 bis 1086 (preußische T13 für die Saarbahnen).

1927 arbeiten in der Erfurter Fabrik rund 1.000 Beschäftigte.

Der starke Rückgang an Lokomotivbestellung ab 1924 führte letztendlich im Jahre 1928 zur Aufgabe des Lokomotivbaus, als letzte Lok wurde am 23.11.1928 die 64 214 ausgeliefert. Schon seit der zweiten Jahreshälfte 1923 werden ersatzweise Zubehörteile produziert und an die Werke Buckau und Aschersleben, aber auch an Henschel & Sohn zugeliefert. Da sich kein Käufer für das Werk fand, wurden die Werksanlagen in Erfurt stillgelegt.

Die Lokomotivquoten der DRG (1,45 %) übernahm Henschel in Kassel, im Gegenzug übernahm die R. Wolf AG den Lokomobilbau von Henschel. Nach Schließung des Standortes Erfurt wechselt ein Teil des Personals zum Hauptwerk Magdeburg-Buckau über oder findet, wie Dr. Kurt Ewald, bei Henschel in Kassel eine neue Anstellung. Ein Teil des Maschinenparkes wird in die Wolf-Werke Aschersleben und Magdeburg-Buckau verlegt, einen kleinen Anteil erwirbt Henschel in Kassel und alle unverkäuflichen Restgegenstände fallen Erfurter Schrotthändlern zu.

Produktionszahlen
Neben zahlreichen Lieferungen an die Staatsbahn (pr. T 3, T 9.3, T 13, G 8.1 etc.) wurden hauptsächlich kleine Baulokomotiven und Kleinbahnloks verschiedenster Spurweiten gebaut. Darunter auch sehr viele interessante Eigenentwicklungen. Die Zahl der gebauten Lokomotiven lässt sich dank der Lieferbücher genau bestimmen:

Stückzahl Bemerkung
1.253 vergebene Fabriknummern von 1872 bis 1928
59 Kessel (weitere 127 mit eigener Kesselnummer)
25 storniert, nicht gliefert
22 Tender
1.147 nachweislich bei Hagans ab 1872 bis 1928 gebaute Lokomotiven