Frank Schulz
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Writersblog von Frank Schulz.
26. September 2005
Der Kolk-Rabe No. 52 (Woche 39)
Das flüchtige Online-Magazin
Editorial
Tschüß, Juserin! Tschüß, Juser!
Mein Jahr in der Niemandsbucht, nun hat es ein Ende. Mir hat’s Spaß gemacht, aber auch gehörigen Respekt gegenüber echten Wochenkolumnisten eingeimpft. Ich hab aus gegebenem Anlaß noch mal ein bißchen quergelesen, was ich da so zusammentippste über all die Monate, und bin angesichts einiger Passagen doch heilfroh, daß nicht allzuviele Bäume ihr Leben dafür lassen mußten. Günther „der starke“ Willen meinte tröstlicherweise, ein Blog müsse „schnell und schmutzig“ sein. Na, die Kriterien dürften allemal erfüllt sein. Soweit die Selbstkritik. Zur Selbstverteidigung: Ab Anfang des Jahres war ich zeitweise doch derart in meinem Hauptmanuskript verstrickt, daß die Tastatur am Wochenende nurmehr aus w, ü, r und g zu bestehen schien. Immer wieder schön aber war’s, gab’s von Dir, Juserin und Juser, einen Kommentar: Tausend Dank an Axel Winzer, Sönke, Thomas, Volker, Peter, Sanne, Peter, Dirk Braunstein, Stefan, Till, Frank Ri., Peter Wagner, Dennis Karrasch, Zacharias t Hoddle und insbesondere die formidable, unermüdlich-treue Miß Kolk-Rabe! Ferner Dank an die Damen und Herren Webmasters, Urlaubsvertretung Dr. Kartoffel und all die ausgezeichneten Gesten- und sonstige Ideen-, ja Textlieferanten, allen voran Günther „der starke“ Willen! Und natürlich an Freund Norbert Eberlein, den Coautor von „Bella und das Büro des Grauens“! Danke, danke, danke!
Wochenbericht Und nicht nur der Kolk-Rabe hat damit ein Ende, sondern nun bald auch meine „Hagener Trilogie“, und wieder mal hat sich folgende Binsenweisheit bewahrheitet: Schreiben ist zu zehn Prozent Inspiration und zu neunzig Prozent Transpiration. Seit zwei Wochen fummel’ ich nunmehr am Schluß herum; weitere zwei Wochen brauch ich noch, und dann ist tatsächlich insgesamt Schluß. Gottseidank. Seit ich mit den ersten Überlegungen und Skizzen begann, ist’s dann auch schon wieder gut und gern fünfeinhalb Jahre her. Wenn alles gutgeht, dürfte „Das Ouzo-Orakel“ im nächsten Frühjahr bei Eichborn Berlin erscheinen und auch bei Zweitausendeins zu haben sein. Waren „Kolks blonde Bräute“ eine Art Heimat- und „Morbus fonticuli“ eine Art Schelmen-, so ist „Das Ouzo-Orakel“ eine Art Schäferroman geworden. Er spielt überwiegend an der Westküste Griechenlands, schräg gegenüber von Korfu, in einem Ort namens Kouphála, von dem aus Icherzähler Bodo Morten sich ja schon im Morbus-Epilog meldete. Nach vierzehn Monaten in einem Sanatorium ist er nach dorthin ausgewandert und führt bereits fast vier Jahre lang ein nahezu glückseliges Einsiedlerleben ohne Nikotin, Alkohol und „Linksknöpfer“ (= Frauen), als eine Fremde mit grünen Augen es ins Wackeln bringt. Mit Karin und Manu Kolk (Schwester und Gattin Alfred Kolks, des Namensgebers dieses nunmehr letzten flüchtigen Online-Magazins) bildet sie fortan ein Trio von Bakchen, das Bodo Mortens mönchisches Seelenheil auf eine schwere Probe stellen wird. (Bakchen oder Bacchantinnen = glühende Anhängerinnen des dionysischen Kults der Ausschweifung; vgl. z.B. Euripides’ gleichnamige Tragödie.) Kouphála ist zwar fiktiv, hat aber ein reales Vorbild: Ammoudiá (vgl. Kolk-Rabe No. 42; leicht zu ergugeln). 1987 hab ich da erstmals meinen Urlaub verbracht (und seither immer wieder), und genauso alt ist der Wunsch, eines Tages einen griechischen Roman zu schreiben. Bei einem solchen Vorhaben sitzen einem natürlich 2500 Jahre abendländische Geistesgeschichte im Nacken. Ich hab so gut wie möglich versucht, mich davon nicht einschüchtern, sondern inspirieren zu lassen – hoffentlich ist’s gutgegangen. Allemal sind die Resonanzelemente verlockend: Das Dorf liegt am Acheron, einem der drei mythischen Todesflüsse, die in den Hades fließen, und im Nachbardorf Mesopótamos steht die Ruine des historischen Totenorakels von Ephyra, dessen wohl berühmtester Besucher kein geringerer als Odysseus ist. Für das Ouzo-Orakel hab ich dieses nekromanteíon kurzerhand nach Ammoudiá bzw. Kouphála versetzt und überhaupt alles ein bißchen nach Gutdünken verdichtet. So bange ich wegen des mythologisch, philosophisch, literarisch etc. hochbefrachteten Bodens war und, Zeus sei’s geklagt, immer noch bin: Du, Juserin und Juser bzw. Leserin und Leser, brauchst es nicht zu sein. Man kann den Roman (hoffentlich) mühelos auch ohne all das verstehen, genauso wie man am Acheron ganz hervorragend seine Ferien verbringen kann, ohne täglich über dessen Symbolträchtigkeit nachdenken zu müssen! Übrigens hat der genialische Wolfgang Herrndorf, der die genialischen Coverbilder für Teil I und II gemalt hat, auch ein ebensolches für Teil III schon fertig. Bin wieder mal hingerissen! Hoffentlich vermag der Inhalt zu halten, was der Umschlag verspricht.
Bella und das Büro des Grauens / Preisverleihung Im Kolk-Raben No. 45 war unter anderem das große Schlußfinale des Fortsetzungsromans Bella und das Büro des Grauens von Norbert Eberlein und Frank Schulz aus dem Jahre 1994 zu lesen gewesen. Der Epilog ging fast so wie der Anfang:
Es war eine dunkle und stürmische Nacht, Ende Juni, in Hamburg-City Nord. Der Postschaffner Lui Pfui wandte sich an seine Sekretärin und flüsterte: "…………."
Ja, was flüsterte der Postschaffner? Das war die große Preisfrage, die ich zur Feier des Tages stellte. Und tatsächlich erhielt ich eine Antwort, nämlich von Juser Dennis, und zwar folgende zwingende, hinreißende und grandiose:
"Mein Gott, jetzt habbichs! Urlaubsort mit sechs Buchstaben, der vorletzte ein O: Soddom! – Schreibt man doch mit Doppel-D, oder, hähä?" "Wie bitte, Herr Postschaffner?" raunte Bella mit absichtlich schlecht gespielter Empörung. Sie hatte nur die letzten beiden Wörter deutlich vernommen. "Aber gute Augen ham Sie, das muss man schon sagen. Doppel Dora ist ganz richtig!" schob sie mit schwülem Stolz hinterher und presste ihre Mammutmammae derart gegen ihre Bluse, dass es beinah hupte. "Mamma mia!" Lui Pfui hatte das Missverständnis natürlich sofort erkannt und grinste listig, lustig, lüstern. "Bella, meine Gute, gomorrha bitte hier rüber zum Diktat!"
Tja, besser geht’s nicht. Herzlichen Glückwunsch, Dennis! Dein Preiswunsch sei mir Befehl!
Abschied
„Abschied ist ein scharfes Schwert“! (So sang mal der mit’m Votzenbart…) Davon bleibt niemand unversehrt, der nicht aus Geiz mit Herzblut spart.
(Wie heißt der noch, mit’m Votzenbart? Ich komm nicht drauf. Egal. Erneut:) So’n Abschied, der ist eisenhart! (Mein Gott, was bin ich heut zerstreut…)
Adieu! Tschüß! Ciao! Auf Wiedersehn! Ach Gott, ach je, ’s ist allzu schad! Die Zeit mit Euch war wunderschön! (Wie heißt der noch, der Votzenbart!?
Ich hab’s: Es war der Westernha– nee, Quatsch. Verflixt. Wie heißt der bloß? Ich hab’s doch vorvorgestern… ah, jetzt fällt’s mir wieder in den Schoß:
Er heißt – verdammt, das ist jetzt schlecht: Sein Name paßt metrisch nicht recht. Was mach ich jetzt? – Ich mach mich fort. Ade! (Das ist mein letztes Wort…)
Vorschau Die Kolk-Raben No. 53 bis 530.000 fallen aus.
Vielleicht sieht man sich, auf der einen oder anderen Lesung – spätestens ab Frühjahr, frühestens am 11. Oktober gegen 20.30 Uhr im Frankfurter Café Voltaire bei den Titanic-Jungs! Freuen täte sich Dein, Juserin und Juser, Schulz
19. September 2005
Der Kolk-Rabe No. 51 (Woche 38)
Das flüchtige Online-Magazin
Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser!
Am Freitagabend schaltete ich verspätet die „Tagesschau“ ein und kriegte grad noch jene letzten zwei Sekunden mit, in denen F. K. Waechters Anti-Struwwelkopf auf dem Bildschirm erschien, aber nicht mehr, warum. Waechter in der „Tagesschau“? dachte ich erschrocken. Den Nobelpreis hätte er zwar verdient… In den Internetartikeln steht, er habe bereits im Sommer letzten Jahres erfahren, daß er an Lungenkrebs litt. Also kurz bevor oder kurz nachdem ich ihm zum ersten Mal und einzigen Mal begegnete, am 19. Juni 2004 nämlich. Der gute Bernd Rauschenbach hatte uns zu einem Kulturfest in Eschede eingeladen. Ich war um 15 Uhr mit einer Lesung dran, später der Meister. Ich hatte bereits angefangen, als mir auffiel, daß er im Publikum saß. Ich las aus „Kolks blonde Bräute“, und kurz bevor ich an eine gewisse Stelle kam, wurde ich rot. Es war eine jener Stellen, deren ich mir nach der Veröffentlichung immer unsicher war, ob sie nicht ein bißchen zu albern, zu abgeschmackt oder -droschen oder sonstwas wären. Als ich diesen meinen Erstling schrieb (ca. 1988), waren F. K. Waechter und seine Kombattanten nichts geringeres als Olympische Götter für mich und ein Lieschen-Müller-Traum die Aussicht, auch nur einem von ihnen zu begegnen. Sechzehn Jahre später steuere ich also auf jene Stelle zu, kriege heiße Ohren und den Satz mit Müh und Not heraus: „Gelbe Kahte Ruhdi. Noch sohn schiefm Scherdß und ich vapeddß dich beim Diereggß fonna Neun Frangfuhrta Schuhle.“ Scheel linste ich zu ihm rüber, er aber grinste einfach weiter vor sich hin. Es ist nur das geringste seiner Vermächtnisse, aber seitdem finde ich die Stelle gar nicht mehr so schlimm. Waechters Auftritt war hinreißend – ein magischer Moment nach dem anderen –, und den Rest des Tages verbrachten wir teils gemeinsam. Ein sehr, sehr angenehmer Mensch. Wir waren im selben Gasthof untergebracht und schauten uns das EM-Spiel Deutschland–Lettland an, das 0:0 ausgehen sollte. Ungefähr zehn Minuten vor Schluß sagte er: „Ein lettisches Tor würde dem Spiel jetzt guttun.“ Auf meinem Flur liegt coffeetablebookmäßig ein wunderbarer Sammelband seiner tollsten Sachen, und immer, wenn jemand zu Besuch kommt, prahle ich mit seiner Widmung.
Wahl-Kampf Hast Du, Juserin und Juser, gestern abend auch bei Täßchen Früchtetee und Stückchen Diagrammtorte am Fernseh gesessen? Ich als frischgebackener Wrestling-Fan hab’s jedenfalls genossen, dabei zuzusehen, wie die Raufbolde jeweils mit der einen Hand das Victory-Zeichen zeigten und mit der anderen auf die veritablen Veilchen des Gegners. Unschön allerdings das neoaristokratische Getue Guidos des Viertelvorzwölften. Der hatte mir doch besser gefallen, als er noch mit seinem Spaßmobil durch Fußgängerzonen schrubbte oder mit einem Präsentkorb vor der Tür des Big-Brother-Containers stand, dessen Inhalt sich auf jenen Inhalt stürzte, ohne vom Überbringer übermäßig Notiz zu nehmen. Drinnen angekommen, mußte der sogar noch drum betteln, auch ein Bierchen abzukriegen. Und jetzt kriegt er sie nur so nachgeschmissen, die Prozente. Unschön. Na, Hauptsache, ich habe mein Wahlziel erreicht, was, Juserin und Juser?
Kommafehler der Woche Wie kontinuierlich berichtet, gab’s nach dem Vorbild des Werbespruchs eines Baumarkts („Geht nicht, gibt’s nicht“) schließlich Fernsehsendungen wie „Schmeckt nicht, gibt’s nicht“ und „Fährt nicht, gibt’s nicht.“ Am Donnerstag, Juserin, gab’s um 20.15 Uhr auf Pro 7 einen Film (Kurzbeschreibung: Für einen Versicherungsbetrug vorgetäuschte Impotenz entwickelt sich sehr schnell zum realen Liebeshemmnis) folgenden Titels: „Tote Hose – kann nicht, gibt’s nicht“. Schön wär’s; wurde denn aber eben doch gesendet.
Zum Herbstanfang
Von all den Sommerfesten bleibt Rauhreif nur und Rost. Der Wind jagt nach Südwesten. Der Winzer nippt am Most.
Es riecht nach Laub und Leder, nach Torf und nach Kompost. Eine Fasanenfeder verkündet Abendfrost.
Der Greisin frier’n die Glieder. Der Ofen wird beschickt. Das Kind summt Kinderlieder. Der Hund ist eingenickt.
So herrscht’ in früh’rer Zeit der Herbst, der herbe Mann: mit Ungemütlichkeit. Heut macht man ganz spontan,
ja, schlicht und doch urban, Heizung und Fernseh an!
Witz der Woche Die Hamburger Morgenpost ereiferte sich letzten Donnerstag darüber, daß dem Kölner Express zufolge Köln die Hauptstadt des Lachens sei, und konterte mit einem Dreispalter plus einem Experteninterview („Beim Lachen werden rund 80 unserer 656 Muskeln benötigt“) sowie den Lieblingswitzen einiger hanseatischer Promis, unter anderem dem unseres Bürgermeisters Ole von Beust: „Wie reagieren Hollands Fußballfans, wenn Holland Weltmeister wird? Sie machen die Playstation aus und gehen ins Bett.“ Wohlgemerkt: Lieblingswitz. Nachdem ich ungefähr 1 meiner 656 Muskeln bewegt hatte (ich fürchte, es war ein ringförmiger), wurde ich plötzlich selbst ganz müde, machte die Morgenpost aus und ging ins Bett.
Gedicht der Woche
Gleich gehe ich zu Bett. Da habe ich es nett: Ich mach’ die Augen zu und habe meine Ruh.
Ich träume von Krawall, ganz ohne Schuß und Schall (manchmal sogar von Sex, ganz ohne Schuldkomplex);
ich träume, Fehler zu beheben, und von ’nem etwas leicht’ren Leben; ich träume dies und träume das. Mitunter schwitze ich etwas.
Und morgens steh’ ich wieder auf und leg’ mich abends wieder hin. Ich mach’ die Augen zu und vergesse, wer ich bin.
Vorschau auf den Kolk-Raben No.52
- Preisverleihung an Dennis - Danksagung und Abschied
Aufschwung, Vollbeschäftigung und Weltfrieden wünscht, Juserin und Juser, Dir Schulz
12. September 2005
Der Kolk-Rabe No. 50 (Woche 37)
Das flüchtige Online-Magazin
Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser!
Das Fuffzigerjubiläum mit einer Entschuldigung dessen beginnen, was beim 49er alles schiefgelaufen ist? Keine besonders elegante Konstruktion, aber nützt ja nix. Zunächst mal landete der Kolk-Rabe No. 49 zu spät im Netz, nämlich erst Mittwoch statt Montag. Das schieb ich AOL in die Schuhe (mit einer Begründung will ich Dich, Juserin und Juser, nicht langweilen). Zweitens fehlte bei der Rückantwort an Miß Kolkrabe (sorry, Waltraud; klang dadurch ein bißchen ruppig…!) ein ganzer Absatz, so daß der Siehe-unten -Verweis bei der Rückantwort an dat Sanne einigermaßen sinnlos wirkte. Das schieb ich mir in die Schuhe, weil ich die Schuhgröße von Webmaster Maike nicht kenne. Jener Absatz lautet wie folgt: Dank auch für die Pilawa-Info. Auf ein Geschenk von mir muß er ja nun verzichten (siehe oben), trotzdem kann ich nix auf ihn kommen lassen, schon allein, weil er der NDR3-Talk-Kollege von Julia Westlake ist, auf die ich ganz und gar nichts kommen lasse (vgl. http://www1.ndr.de/ndr_pages_std/0,2570,OID888748,00.html)! So, und jetzt wird gefeiert!
Feier des 50sten Kolk-Rabe. Täterätä!
Wochenbericht Läuse-Urin. Sobald man aus dem Haus geht: überall Läuse-Urin. Versteh mich, Juser und Juserin, nicht falsch: Was für ein phantastischer Spätsommer! Radelt man nachts um die Alster, duftet das Fallaub der Kastanien so wunderbar intensiv süßsauer, daß man am liebsten mit der Nase drin wühlen würde wie ein Köter! Nichtsdestotrotz: dieser verfluchte Läuse-Urin… Die Linden sind’s. Wir haben hier viele Linden. Jeder zweite Parkplatz, wenn man denn hier überhaupt einen findet, ist unter einer Linde. Jeden Spätsommer wieder werden die Linden von Läusen befallen, die dann am Urinieren anfangen. So daß u.a. mein kleines blaues Papamobil ständig voll des klebrigen Läuse-Urins ist. Gut, sagst, Juserin und Juser, Du: „Fahr doch einfach in die Waschanlage, Du Nörgelyogi!“ Das ist aber eben nicht einfach, weil ich mir vor sechs Jahren aufgrund einer Verkettung von unglücklichen Umständen einen Fahrradträger aufs Dach habe montieren lassen, eine Sonderanfertigung, die ich nicht nur nur genau ein einziges Mal benutzt habe, obwohl sie unverhältnismäßig teuer war, sondern nach wie vor ausgesprochen unpraktisch ist: Das Teil abzubauen braucht’s nämlich Kraft, Nerven und einen Schlüssel, der irgendwie abhanden gekommen ist. Und mit dem Teil darf ich nicht in die Waschanlage. Neulich war das Auto dermaßen verklebt, daß der elektronische Fensterheber bzw. -senker nur jaulte, anstatt das Fenster zu senken. Reicht schon für einen mittleren cholerischen Anfall, wenn man aus dem Parkhaus rauswill, wo man ja den Parkzettel in den Parkzettelschlitz stecken muß, damit der Sperrbaum sich hebt, und dann ist man so dicht an den Parkzettelschlitzautomaten rangefahren, daß man, um aussteigen zu können, dahin zurücksetzen muß, wo bereits eine Schlange von drei Autos… Und all das mit klebrigen Fingern, nicht zuletzt von den vier Plastiktüten voll Altpapier, die seit einer Woche unter der Linde gestanden hatten, weil sie vom städtischen Altpapierentsorgungsunternehmen nicht abgeholt worden sind, so daß man sie ins Auto packte, um sie selbst zu entsorgen! Hör bloß auf!
Essay Der Fernseh ist bekanntlich eine Fundgrube für grassierende Wendungen. Zwei davon gehen mir bereits so lange auf die Nerven (und zwar lediglich sonderbar zart), daß man schon gar nicht mehr von „grassieren“ sprechen kann, was ja einen aggressiven Unterton enthält. Vielmehr scheinen sie sich geradezu unauffällig etabliert zu haben. (Was aber, so fragt man sich, sind das für Zeiten, da einem etwas Unauffälliges als auffällig auffällt…?) Wie auch immer: Achte, Juser und Juserin, mal drauf, wie oft irgendjemand, sobald ihm irgendjemand in irgendeiner Sendung fragend ein Mikro unter die Nase hält, mit der Wendung Auf jeden Fall! antwortet. Leg Dir spaßeshalber Papier und Stift auf dem Nierentisch bereit und eine Strichliste an. Innerhalb von vier Wochen hast Du einen veritablen Jägerzaun. Die zweite Wendung, die mir seit einiger Zeit zart auf die Nerven geht, lautet die Menschen. Mit Vorliebe führen Politiker/innen sie im Munde: Die Menschen wollen dies nicht, die Menschen wollen das nicht. Sicher, durchsichtig wie nur was: Ewig das langatmige Gestammel von den „Bürgerinnen und Bürgern“ bzw. „Wählerinnen und Wählern“, das kann einem ja auch zum heiseren Halse heraushängen, und Synonyme wie „das Volk“, „die Masse“, „das Stimmvieh“ verbieten sich von selbst, und „die Leute“? Da fehlten denn wohl ein gewisser Benimm, die gewisse philosophische Ebene, das gewisse humanistische Pathos. Je länger es nun allerdings die Menschen, die Menschen aus dem Fernseh tönt – hört man nicht um so häufiger das Echo einer abgrundtiefen Distanz heraus? Ich meine nicht die banale Tatsache, daß nicht von wir Menschen gesprochen wird (das wäre ja nicht nur haarspalterisch, sondern noch unerträglicher). Sondern: Kann einer, der bei jeder noch so albernen Gelegenheit von den Menschen spricht, sich überhaupt noch als ebensolcher begreifen wollen? Die Antwort der Betroffenen käme allerdings wahrscheinlich wie aus der Pistole geschossen: Auf jeden Fall!
TV-Tip der Woche Sensationsnachricht für Kenner! Und für Novizen: auf gar keinen Fall versäumen! Die ersten beiden Staffeln von Die Sopranos, einst vom ZDF in teils unmöglichen Sendezeiten verheizt, werden wiederholt, ab kommenden Freitag, 23 Uhr 20, auf Kabel 1! Übrigens: Ebenfalls auf Kabel 1, montags bis donnerstags, laufen gegen 2 Uhr nachts derzeit die frühesten Folgen von Cheers, der besten Serie der Welt!
Gedicht der Woche
Schmerzen drücken, Schmerzen zwicken Ob am Scheitel, ob am Zeh Schmerzen schmerzen, Schmerzen knicken Schmerzen sind ’ne Schnapsidee
Ob am Steiße, ob am Kinn Schmerzen nerven eh Schmerzen haben keinen Sinn Schmerzen tun bloß weh
Geh zum Teufel, Schmerzensbrut Ich hab dir nichts getan Ich bin im Grunde herzensgut Und du bist inhuman
Schmerzensdrecksau, Schmerzensdrecksack Dich werd’ ich mir kaufen Du wirst in ein paar Schwenkern Cognac Elendig ersaufen
Da! Nimm dies! Und jenes dort! Ja, da staunst du, wie das brennt! Ach, wie gut tut Schmerzensmord! Schmerztyrann, mach’s Testament!
Oh, wie wohl ist mir’s am Abend Den Schmerzenshund ersäuft (hicks!) habend! Und die Taschen voller Geld! Hei, was kostet (hicks!) die Welt…!
Schmerz, das kostet sie. Am Morgen Macht er kehrt, der Schmerzensdrecksack, Bloß um mir einen Grund zu borgen Für ein paar weit’re Schwenker Cognac
Schmerzen drücken, Schmerzen zwicken Schmerzen schmerzen, Schmerzen knicken Schmerzen sind ’ne Schnapsidee Im Hirn tun sie besonders weh
Vorschau auf den Kolk-Raben No.51
- Entschuldigung für das, was beim Kolk-Raben No. 50 schiefgelaufen ist - Vorschau auf den allerletzten Kolk-Raben
Eine nicht allzu klebrige, schmerzfreie Woche wünscht den Menschen auf jeden Fall Schulz
7. September 2005
Der Kolk-Rabe No. 49 (Woche 36)
Das flüchtige Online-Magazin
Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser!
Neulich hätte ich um ein Haar Horst Tomayer niedergeradelt. War schon vorletzte Woche, aber da war ich noch zu aufgewühlt. Erst jetzt kann ich davon berichten. Wie, so fragst, Juserin und Juser, Du Dich und, weil Du’s schwerlich beantworten kannst, zweifellos sodann mich, konnte es passieren, daß ein gewiefter Sportler wie Du bzw. ich (vorletzten Donnerstag, beim Tischtennis, 0:2 zurückgelegen und noch 3:2 gewonnen – erster Sieg gegen Master of Return seit Jahahaharen! –; letzten Donnerstag dann allerdings Schwamm drüber…) den großen Dichter und „konkret“-Kolumnisten einfach um ein Haar über den Haufen fährst? Dazu muß ich ein bißchen weiter ausholen, am besten mit einem Selbstzitat: Wer seit dreißig Jahren chronisches Muskel- und Bandscheibenaua lindern muß – und das muß ich, und sei’s nur zwecks Erhalt von Arbeitskraft und Lebenslust –, der muß sog. Sport treiben. Der menschliche Organismus ist ja zutiefst anachronistisch, allerspätestens, seit er ein Wildschwein bloß per Mausklick zu bestellen braucht, anstatt es persönlich anpirschen, jagen und erlegen zu müssen. Folglich ist der Homo erectus überhaupt anachronistisch. Für den Homo oeconomicus reichte es ja dicke hin, erschöpfte sich dessen Verkörperung in Finger zum Klicken, Arsch zum Hocken und Kreditkarte; die Umstellung auf Produkte der Ani- und Maniküre würden die Kräfte des Marktes spielend bewältigen – darauf verwette ich meinen vergilbten Kaufmannsgehilfenbrief. Aber das ist Zukunftsmusik in den geknickten Ohren der new economists. Noch verfügen die meisten Zeitgenossinnen und -genossen über eine Wirbelsäule. Meine verfügt allerdings über mich, sofern sie nicht ausgiebig gewartet wird. Dann muß sie mir nämlich, so leid es ihr selber tut, sehr wehtun. „Es gibt“, so steht es geschrieben beim Neuroendokrinologen Jean-Didier Vincent, „keine privatere Manifestation der Wirklichkeit als den Schmerz.“ Nach meiner Schätzung leiden 98,7 Prozent der Deutschen unter dieser privatesten Wirklichkeitsmanifestation, die jedoch eher selten privat, sondern meist in aller Öffentlichkeit bekämpft wird: in sogenannten Well- und Fitneß-Studios, in Massage- und Rehabilitationspraxen, in Schwimm- und Turnhallen, auf Trimm¬pfaden und Fahrradwegen. Auch ich war da schon überall.
Was da so los ist, Juser und Juserin, kann ich Dir demnächst mal erzählen; für heute nur so viel: Seit einiger Zeit ziehe ich es vor, zum Schwitzen einmal um die Alster zu radeln, und zwar möglichst spät abends, wenn’s nicht mehr so voll ist. Ich komm’ also neulich mit Schmackes die Grindelallee runtergekachelt und seh’: Da ist Grün! Schaff’ ich noch! Muß ich nicht lange warten! Kann weiterschwitzen! Und nagel’ über die Kreuzung, die jedoch auch der große Dichter, Kolumnist und Radfahrer Horst Tomayer in aller Gemütsruhe frequentiert. Daß er es ist, seh ich aber erst, als ich, vollgepumpt mit Adrenalin bis an den Helmriemen, links an ihm vorbeiziehen will, er aber gleichzeitig immer weiter links ausschert, wie’s so seine Art und Überzeugung ist, so daß wir beide eine mächtige Beule in unsere Route malen. Na, ich schaff’s grad noch so eben; der große Tomayer aber, dem Kräsch grad noch so eben entronnen, hebt zur posttraumatischen Klage an: „Langsam! Langsam!“, sowie, beschwörend: „Engelchen!“, um sich sogar noch auf „Gottchen! Gottchen!“ zu steigern bzw. mich zu befördern. Ich hingegen, unfähig, meine vermummte Identität zu lüften, weil cocktailkirschenrot vor lauter Tempo und Scham, begehe winkend Fahrerflucht… Juser! Juserin! Horst! Es soll nicht wieder vorkommen! Nichtsdestotrotz: Falls Ihr mir auf der Datenautobahn begegnet: defensiv jusen!
Nachbericht vom Casting zu „Das Quiz mit Jörg Pilawa“ Tja. Na ja. Schwamm drüber. Um’s von vornherein zu beichten: Hat sich was mit Bahamas. Da fahren Steelnerve und ich doch eigens ins Hotel „Mercure“ Schröderstift- / Ecke Rentzelstraße, tummeln uns mit ca. zwei Dutzend weiteren Paarungen in einem Seminarraum, stellen unseren Partner vor (da die Formulierung „durch dick und dünn“ ca. anderthalbdutzendmal vorkam, verkniff ich mir meine doch an und für sich viel witzigere „durch dick und doof“), wobei wir gefilmt werden, und stellen uns sodann 25 uns gestellten Fragen aus den unterschiedlichsten Wissensbereichen. Und dann wird der Test ausgewertet, und wir dürfen nach einer Zigarettenpause wieder reinkommen, und wer ihn nicht bestanden hat, darf nach Hause gehen. Das haben wir dann gemacht, Steelnerve und ich. Wir spielen sowieso lieber Tischtennis. Und zwar in Eppendorf, auf den Bahamas ist’s uns viel zu heiß.
Lektüre-Tip der Woche Hans Pleschinski, Leichtes Licht.Licht und leicht. Ian McEwan, Saturday.Grandios wie alles von ihm (außer „Schwarze Hunde“ und „Amsterdam“).
Zoo-Gedicht der Woche
Wenn die Affen so stutzig zucken und Giraffen so putzig gucken;
wenn Zwerghühner schmutzig glucken und Berglamas trutzig spucken,
dann – ja, was dann? Na, dann kann man
sich nur doof und nichtsnutzig ducken. Rückantworten Liebe „dat“ Sanne (siehe Kolk-Rabe No. 48)! Tja, mit ’nem Wiedersehn im Fernsehn wird’s ja nu nix (siehe oben), aber auf Pilawa kann ich trotzdem nix kommen lassen (siehe unten). Ebensowenig wie auf gewisse „brünette Bräute aus Deiner Fankurve im Westen“, die angeblich „fuffzig“ werden, „und das schon in diesem Jahr“! Das glaubst Du doch selber nicht!
Liebe Waltraud bzw. Miß Kolkrabe (siehe Kolk-Rabe No. 48)! Vielen Dank für Deinen Kommentar – hat doch grad noch für August geklappt! Exprinzessin Dis und Rocky Marcianos gedachte ich übrigens nicht, weil ich vorher auch noch Baudelaires (gestorben 31.8.1867), Horst Janssens (1995) und Lionel Hamptons (2002) hätte gedenken müssen und wer weiß wessen sonst noch – und der Kolk-Rabe ist nun einmal ein flüchtiges Magazin.
Vorschau auf den Kolk-Raben No.50
- Kolk-Rabe wird 50, dat Sanne 40! Höchstens! - Übliches wirres Geschreibsel.
Sieben Tage ohne deutsche Kopfschmerzen (am 5. September ist / war deutscher Kopfschmerztag!) wünscht Dir Dein Schulz
29. August 2005
Der Kolk-Rabe No. 48 (Woche 35)
Das flüchtige Online-Magazin
Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser!
Jetzt ist der August auch schon so gut wie zu Ende, und ich schwöre, Juserin und Juser, ich hab’s nicht bemerkt. Gefühlte Saison war, trotz des unverschämten Wetters, immer noch Hochsommer. Mittwoch aber schaute ich vom Balkon auf die große Linde, und da dachte ich: Was das denn! Gelb und Braun? Unterminiert die Miniermotte jetzt auch schon unsere Linden? Hatte Freund, Chef und Pauerjuser Saalo neulich nicht so was läuten hören? Ein Blick auf den Kalender belehrte mich, daß der August schon so gut wie zu Ende ist, folglich der September vor der Tür steht. Er nun wieder. Vor der nun wieder. Die Roßkastanie im Hinterhof sieht auch schon wieder schwer angerostet aus. Gut, dafür ist die Miniermotte verantwortlich, dieses unnütze Mistvieh. Aber hatte ich mein Loblied auf die Hinterhofkkastanie nicht erst letzte Woche angestimmt, hier im Kolk-Raben? oder meinetwegen vorletzte? Gleich mal nachschlagen. Na, so ungefähr: vor achtzehn Wochen war’s. Ende April. Gottegott. Eines Tages wird die Ganz Große Miniermotte vor der Tür stehen, und dann wird man sagen: Was das denn! Aua, Juser, Juser - bitte um Verzeihung, aber nächstes Jahr wird mein bester, längstjähriger Freund Steelnerve fuffzig. Fuffzig! Wird dann praktisch auf halbem Weg zur Hundert sein! Haben wir nicht erst letzte Woche seinen dreißigsten gefeiert? Na, so ungefähr. Vor 997 Wochen war’s.
Vorbericht zum Nachbericht vom Casting zu „Das Quiz mit Jörg Pilawa“ Jedenfalls sind wir zwei zu einem Casting zu „Das Quiz mit Jörg Pilawa“ eingeladen. Steelnerves Idee, von mir in einer Mischung aus Trotz, Trash-Lust und Großspurigkeit sowie unter Adrenalineinfluß nach’m Tischtennis forciert, per Internetbewerbung schon vor Monaten angeleiert und gleich wieder vergessen, und letzte Woche kam die Einladung. Und jetzt zieh’n wir’s durch. Eigentlich bin ich ja, wie Max Goldt mal seinerseits gesagt haben soll, „tendentiell visuell verewigungsunwillig“. Wird wahrscheinlich ’ne Blamage (und deswegen werden wir den etwaigen Sendetermin natürlich streng geheimhalten), aber ich kann ja nun auch nicht in jedem Kolk-Raben immer nur die Vergänglichkeit beweinen. Außerdem steht die Chance, daß wir’s „auf den Stuhl“, wie wir Ratefüchse sagen, schaffen, auch nicht eben famos. Kennst Du es überhaupt, Juser und Juserin, „Das Quiz mit Jörg Pilawa“? Ist quasi die Prolo-Version von Günther Jauchs Klassiker. Quasi „Wer wird Millionär“ für Arme. Also genau die richtige Adresse für uns beiden Dorfis. Ich hab’s mir jetzt erst mal richtig angeguckt, und mir scheint, über die Fragen da kann man ganz leicht stolpern. Wer zum Kuckuck weiß schon, ob man als Finder auf das beim Fundbüro abgegebene Fundstück nach anderthalb, drei, sechs oder zwölf Monaten Anspruch hat? Eigentlich hab ich gar keine Zeit für so einen Unfug. Der Abgabetermin fürs Manuskript rückt mir mit Achtmeilenstiefeln auf den gesträubten Pelz, und ich stecke grad mitten in jener Endphase, in der man es zu hassen beginnt, weil völlig betriebsblind, überdrüssig und alphabetophob. Aber das ist es ja gerade: Wer A sagt, muß auch B sagen. Falls wir’s bis, wie wir Ratefüchse sagen, „auf den Stuhl“ schaffen: Hoffentlich sprech’ ich Herrn Pilawa nicht ständig mit Herrn Pilavas an. So heißt nämlich der beste Ouzo, den ich kenne, und da ich in Gedanken ja höchstwahrscheinlich beim Manuskript („Das Ouzo-Orakel“) sein werde… Außerdem darf ich nicht vergessen, ihn von seinem Exnachbarn bzw. unserem Tischtenniskollegen Bierchen zu grüßen, den Herrn Pilavas.
In eigener Sache Günther „der starke“ Willen schickte mir kürzlich ein Kärtchen („mit besten Grüßen aus der Vogelperspektive“), drauf klebte der Ausriß eines Vorschautexts zu einer ARD-Sendung vom Donnerstag (16.15 Uhr) wie folgt: Um den Kolkraben ranken sich zahlreiche Mythen und Sagen. Das Verhältnis des Menschen zum Kolkraben war stets zwiespältig: Faszination und Abscheu gegenüber den schwarzen Vögeln hielten sich stets die Waage. Einst hemmungslos verfolgt, sind die Kolkraben in weiten Teilen Deutschlands verschwunden. Die Filmautoren ergründen die Faszination und gehen der Frage nach, ob die schwarzen Gesellen wirklich intelligent sind. Hast Du’s, Juserin und Juser, gesehn? Wer, jedenfalls, hat’s verpaßt (aus Angst vor unangenehmen Wahrheiten?)? Richtig: Dein schwarzer Webgeselle Kolk-Rabe.
Zitat der Woche Gedächtnisprotokoll eines RTL2-Trailers für „Deadzone“: Eine finstere Figur, die Sachen sieht, die kein anderer sieht, sagt: „Sie sollten sehen, was ich sehe.“ Stimme aus dem Off: „Doch was er sieht, muß er verhindern.“ Was denn nun.
Termin der Woche 31. August:Van Morrison wird sechzig. War’s nicht erst letzte oder meinetwegen vorletzte Woche, daß er „It’s all over now, Baby Blue“…? Ich hör ja schon auf.
Tote sterben nie Der beinharte Eso-Thriller, 13. und letzte Folge „Ein bißchen Respekt!“ kreischte der Lieutenant. „Ein bißchen Freude, Herrgottnochmal!“ Hornblower war überaus verwirrt. Abrupt fiel ihm alles wieder ein: der Schwitzkasten, die gräßliche nackige Person… Ihm wurde schlecht. „Ich habe das Grauen gesehn…!“ stöhnte er. Der Lieutenant stutzte für eine halbe Sekunde. „Wen?“ „Meine… meine Frau…!“ Des Leitenden Lieutenants Miene verzog sich schmerzlich. „Meine Frau, meine Frau! Sie sind ja ein Ausbund an Charme, Hornblower! Ich brezel' mich hier auf wie 'ne Nutte, und Sie denken an Ihre Frau! Ach, ich hab keinen Bock mehr!“ Der Lieutenant trat Sugarhand aufs Spitzenschürzchen – „Hau ab, Arschficker!“ –, stieg von seinem Damensattel und verließ das Zimmer. Sugarhand band Hornblower los und befreite ihn von seinem Los. „Was ist denn mit dir los!“ flüsterte er. „Los, los, los!“ äffte ihn Hornblower nach. „Nichts ist 'los'! Sag mir lieber, wie ich hierhergekommen bin!“ „Na, wie wir alle“, flüsterte Sugarhand. „Du hast deine Frau umgebracht. Hättest ja im Bau bleiben können. Ich hasse dich!“ „Jaja“, raunzte Hornblower, „du mich auch.“ Dann schmiß er Sugarhand raus, packte seinen Werkzeugkoffer und machte sich erneut auf den Weg zum „Om“. „Vielleicht einfach nur / ein ganz schlechtes Karma…“ versuchte er sich an einem letzten Haiku, aber dann wußte er auch nicht weiter. Doch plötzlich und abrupt… Fortsetzung folgt im nächsten Leben (Warnung: Der Eso-Thriller Tote sterben war nichts für schwache Nerven. Der Kolk-Rabe entschuldigt sich für die Urinalmetaphorik. Aber nützt ja nix! Wie sagte doch Robert Gernhardt? Die haben angefangen!)
Vorschau auf den Kolk-Raben No.49
- Evtl. Nachbericht vom Casting zu „Das Quiz mit Jörg Pilawa“ - Evtl. Vorbericht zum Urlaub auf den Bahamas
Eine schöne Woche ohne gräßliche nackige Personen, Minier- und sonstige Motten, dafür aber evtl. mit Pilawa und Pilavas wünscht Dir Dein Schulz
22. August 2005
Der Kolk-Rabe No. 47 (Woche 34)
Das flüchtige Online-Magazin
Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser!
Die dieswöchige Ausgabe ist mit je einem Madonna- und einem Marilyn-Manson-Gedicht, einer P.-Diddy- (bzw. Diddy-)Meldung und einer CD-Empfehlung einerseits ziemlich poppig (und, übrigens, besonders schmuddelig) geraten. Seltsam, weil doch allmählich eher elegisch-würdevolle Töne vorherrschen müßten, denn andererseits neigt sich der Kolk-Rabe ja allmählich seinem Ende zu: Neulich lief die letzte Folge von „Bella und das Büro des Grauens“, heute der zwölfte (also letzte) „Astro-Tip für Girls“ und im nächsten die dreizehnte und letzte Folge des beinharten Eso-Thrillers „Tote sterben nie“. Tja, alles hat ein Ende. Nur die Wurst hat zwei. Und um die geht’s gerade bei meinem Hauptjob: dem Manuskript mit dem Arbeitstitel „Das Ouzo-Orakel“. Juserin, Juser, auch da liege ich in den letzten Zügen. Zufällig ziemlich genau dann, wenn der letzte Kolk-Rabe (No. 52) erscheint, werde ich auch damit fertig sein müssen, wenn der Abschlußband der „Hagener Trilogie“ im Frühjahr erscheinen soll. Und das soll er um Himmels willen, in Gottes Namen und wiederum mit einem Coverbild des genialischen Wolfgang Herrndorf. Hat er versprochen. Bin jetzt schon ganz tatterig. Und dann? Dann ist Herbst. Schon wieder. Aktenordner auf den Staubboden, Arbeitswohnung kündigen, „letzte Zigarette“ (Italo Svevo)…
Pop I: Meldung der Woche P. Diddy (= früher Puff Daddy) will ab sofort nur noch unter Diddy firmieren. Ende der poppigen Meldung.
Pop II: CD-Tip der Woche Audioslave, „Out of Exile“. Super.
TV-Tip der Woche SmackDown! Freitags, ab 22 Uhr, auf Tele5 (www.tele5.de). War schon vorletzte Woche, glaub ich; da bin ich beim von des Tages harrrten Arrrbeit halb bewußtlosen Powerzapping auf Tele5 hängengeblieben: Wrestling. (Früher hieß das Catchen, oder?) Platzte mitten in die Szene, wie Eddie Guerrero Rey Mysterio damit droht, Dominic, dessen Ziehsohn, darüber aufzuklären, wer sein leiblicher Vater ist – nämlich kein geringerer als ausgerechnet er, Eddie Guerrero, selbst. Juser, Juserin! Die leidenden Augen unter Rey Mysterios Maske hättest du sehen sollen! Herzzerfleischend! Am besten gefielen mir allerdings die deutschen Experten (zwei an der Zahl), die ja aus dem Off nicht nur alles aufgeregt kommentieren, sondern auch teilweise übersetzen, was die aufgepumpten Ami-Heroen da so an Schmierentheater von sich geben, und als Mr. Guerrero Mr. Mysterio durch seine aparte Rechtsanwältin einen Brief unter die von der Maske so rührend plattgedrückte Nase halten ließ, geriet der eine der Kommentatoren völlig aus dem Häuschen: „Was?! Eine Sorgerechtsurkunde?!?“ Das ist Sport vom feinsten! Bin schwer am Überlegen, ob ich nicht die fuffzig bis hundert Euro investieren und mir das Spektakel in der Color Line Arena im November mal ankucken sollte…
Pop III: Madonnas geheime Bilanz (Tourneedaten/Statistik, erhoben unter je 1000 Fans)
In jeder 10. Wienerin hast du ruck, zuck 3 Finger drin, und jeder 7. Tokioter kann’s nur im silbernen Toyota. Noch die trägste Kölnerin bumst flinker als ’ne Möllnerin, und jeder 2. Pinneberger macht sofort schlapp und/oder Ärger. 811 der Madrilenen sind durchaus lobend zu erwähnen, und 1005 Pekingerinnen schon beim Petting wie von Sinnen. Dunkelziffer: Wolgaschiffer. 26,13 der Pariser reiß– äh, reizen.
PS: Jeder 1000. Idiot ist ein Formel-1-Pilot.
Videoclip
Auf MTV hab ich gehört Wie Markus Kavka meint, ja schwört Aus USA dringe die Mär Der Gothic-Rocker Manson wär Auf folgende Idee verfallen
Er läßt die untersten zwei Rippen Sich aus dem Thorax operiern Um mit den Gothic-Rocker-Lippen Sich selber zu fellationiern (Und dabei „Marilyn…“ zu lallen?)
Das nenn ich cool, das nenn ich hip Bin weder schwul noch sonstwie VIP Doch das säh ich nur allzu gern – als Videoclip
Tote sterben nie Der beinharte Eso-Thriller, Folge 12 Ganz allmählich kam Hornblower wieder zu sich. „Was bin ich?“ murmelte er, noch ziemlich benebelt. „Das kann ich dir sagen!“ kreischte eine jähzornige Stimme. „Blöd wie 'n Blinddarm! Und frigid dazu! Frigid wie 'n Einzeller! Herrgott, man ist doch kein Unmensch! Ein bißchen Erotik im beruflichen Alltag, ist denn das zuviel verlangt, verdammtnochmal!“ Hornblower öffnete abrupt die Augen. Der Leitende Lieutenant. Und er fuchtelte schon wieder mit seinen langen Organen herum. 'Es ist die Hölle', dachte Hornblower, soviel war sicher, aber ganz war er noch nicht wieder im Bilde. Er lag auf seiner Hartgummipritsche, in der Dienstbaracke. Allerdings war er an Händen, Füßen und Pfosten gefesselt. 'Ach, das wieder', dachte Hornblower verdrossen. Ihm gegenüber hockte der Lieutenant im Damensattel auf seinem gepanzerten Schaukelpferd und präsentierte sich in vollem Geschirr (mit Tülle). Außerdem trug er das Wappen vom „Okkulten Blut Im Heiligen Stuhl“, das Bundesmalteserkreuz „Aquavit“ sowie den Orden wider den tierischen Ernst. Wild hieb er mit seinem Haken und einer neunschwänzigen Katze abwechselnd in der Luft umher, während ihm Schütze Sugarhand die Stiefel wichste.
(Warnung: Der Eso-Thriller Tote sterben nie ist nichts für schwache Nerven. Der Kolk-Rabe entschuldigt sich für die Urinalmetaphorik. Aber nützt ja nix! Wie sagte doch Robert Gernhardt? Die haben angefangen!)
Rückantwort
Lieber Dennis (sieheKolk-Raben No. 46)! Ich bin begeistert! Da hätte ich doch schon fast nicht mehr zu hoffen gewagt, daß sich überhaupt noch jemand rührte auf die große Bella-und-das-Büro- des-Grauens-Abschlußpreisfrage „Was flüsterte der Postschaffner?“ – und nun eine solche große Preisantwort! Schon allein wegen des Begriffs „Mammutmammae“ bist Du da schätzungsweise ganz weit vorne! Tausend Dank! In ein paar Wochen hören wir voneinander!
Astro-Tip für Girls
Jungfrau (23.8.–22.9.) Die Jungfrau, hach, ist meist ’ne Fee, mal geile Sau, mal scheues Reh. Den Hintern gründlich voll Gelee, hält die von Girls schon gar nix. Nee.
Vorschau auf den Kolk-Raben No.48
- 13. und letzte Folge des beinharten Eso-Thrillers „Tote sterben nie“ - evtl. Vorbericht zum Nachbericht vom Casting zu „Das Quiz mit Jörg Pilawa“
Eine poppige Woche wünscht F. Schulz (künftig nur noch Schulz)
15. August 2005
Der Kolk-Rabe No. 46 (Woche 33)
Das flüchtige Online-Magazin
Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser!
Wie findest Du eigentlich Nena? Ich furchtbar. Allein dieses affektierte Atmen; das schneiden die ja nie raus aus ihren Platten, weil’s ihr Markenzeichen ist oder was und ihre Emotionalität so geil rüberbringt oder wie. Wenn ich Nena höre, krieg ich sofort schlechte Laune. Ach was, war nur Spaß. So schlimm ist’s auch wieder nicht. Nun hat die „Queen Mom der ambitionierten Pop-Musik“ in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom vorletzten Sonntag aber „ihre Welt buchstabiert“, von „A wie ,Achtziger’ bis Z wie ,Zeppelin’“. Und da hört der Spaß auf. G wie Gefühle: „Spüre ich sehr viele und sehr intensiv in mir. Ich frage mich immer wieder: Wo kommen die her? Was ist das eigentlich? Ich weiß es nicht, aber ich versuche, damit klarzukommen.“ I wie Ich: „Ich stelle mich in den Mittelpunkt meines Lebens, denn am Ende des Tages geht es immer nur darum, wie ich mich fühle mit all dem, was ich gemacht habe. (…)“ K wie Kritik: „Finde ich blöd. Total unnötig. Was ich nicht unnötig finde, ist Austausch. (…) Kritik finde ich völlig bekloppt. Die Menschen, die andere kritisieren, sollen erst einmal alle bei sich selbst anfangen.“ M wie Mutter: „Mutter Erde fällt mir dazu ein. Unsere Mutter Erde, die uns trägt, ernährt und uns nur Gutes will. Und wir können dieses Geschenk einfach nicht annehmen.“ P wie Politik: „Ist etwas ganz Schlimmes. Da sind Menschen, die nennen sich Politiker, und ich spüre keinen einzigen von denen.“ T wie Tiefe: „Wird oft überbewertet. Ein Mensch, der nicht jeden Tag den ,Spiegel’ liest, hat wahrscheinlich mehr Tiefe als einer, der das Abo hat. Es geht nicht um Bildung, es geht um Zusammenhänge und Menschlichkeit. (…)“ Z wie Zeppeline: „Langweilen mich. (…) der Zeppelin an sich ist meiner Meinung nach ein unnötiges Flugobjekt.“ Meiner Meinung nach ist die Nena an sich ein unnötiges Schwafelsubjekt. Aber das soll keine Kritik sein. Nur Austausch – mit Dir, Juserin und Juser! Allerdings hat sie mich auf eine Idee gebracht: Ich werde auch einfach mal meine Welt buchstabieren, von A wie Arschloch bis Z wie Zahlemann & Söhne.
Meine Welt von A bis Z A wie Arschloch: iiih! B wie Brötchen: lecker! Mit Wurst drauf! Muß man sich aber verdienen! C wie Cäsar: völlig bekloppt. Völlig unnötiger Kaiser. D wie Damen: flashen mich derbe (außer Nena). E wie Essen: wichtig, sonst verhungert man am Ende noch. F wie Frieden: am wichtigsten, sonst wird man am Ende noch totgeschossen. G wie Grinsen: gern! Am liebsten in der Badewanne. H wie Holzkopf: selber! I wie Imkern: wozu? Gibt doch Wurst! J wie Jan Delay, Rapper: hat neulich im Fernseh 1a Jugendsprech von sich gegeben: Um zum Ausdruck zu bringen, daß es ihm gefällt, wenn Independent-Labels im Vergleich zu den Major-Labels mal richtig absahnen, hat er gesagt: Das flasht mich derbe. K wie Kritik: find ich total super. Da soll Nena erst einmal bei sich selber anfangen, bevor sie Menschen kritisiert, die andere kritisieren. L wie Labskaus: ab und zu. M wie Muhkuh: meinetwegen. N wie Norden: hat was. Aber was? O wie Opel: oder Ford. P wie Parken: verboten. Q wie Q: mein Lieblingsbuchstabe. R wie Rad: Wenn es das nicht schon gäbe, man müßte es erfinden. S wie Spaten: völlig unnötiges Umgrabobjekt. T wie Tee: ist alle. U wie Uhu: auch. V wie VW: oder Opel. X wie XY: ungelöst. Z wie Zahlemann & Söhne: Opfer unfreundlicher Übernahme durch Pleitegeier GmbH & Co. KG.
Lyrischer Beitrag zum aktuellen Thema (Heute: Zwangsproletarisierung)
Chantal Koslowskis Erleuchtung
Ken-Kevin kifft. Sven-Marvin snifft. Ben (11) schifft noch ins Bettchen.
Marina boxt. Alina kokst. Sabrina bumst wie ’n Frettchen.
Der Kater kackt im Stundentakt unter die Kommode.
Der Fernseh läuft. Der Alte säuft. Der Wahnsinn hat Metholde…
Tote sterben nie Der beinharte Eso-Thriller, Folge 11 Plötzlich stieß er mit dem Po gegen etwas Großes, Dunkles, Schwitzkastenähnliches. Das mußte der Schwitzkasten sein! Hornblower wirbelte abrupt herum, die Wasserpistole im Anschlag. Wabernder Dampf quoll aus einem großen, dunklen Schwitzkasten. ‚Wußt ich's doch’, murmelte Hornblower. Er faßte sich ein Herz und – vorsichtshalber noch ein Herz. Er hatte immer eine kleine Batterie von .12er Messingherzen dabei. Das gab ihm ein Gefühl der Sicherheit. Dann klopfte er an die Tür. Das winselnde Wimmern wurde stärker, ja es schwoll zu einem jaulenden Wimmern an, und plötzlich, mit einem pneumatischen Zischen, öffnete sich abrupt die Tür, dampf dampf, waber waber, und eine gräßliche Person mit wirren, langen, schweißverklebten Schamhaaren stieg nackig heraus. ’ne Fresse zum Reinschlagen’, dachte Hornblower. Aber hatte er das nicht schon einmal in seinem Leben gedacht…? „Hallöchen Johnny, altes Haus!“ trällerte die Person verschlagen. „Villa!“ keuchte Hornblower abrupt. „Ich dachte, du bist…“ „Kaputt?“ Die nackige Person lachte höhnisch. „Noch nie was vom Verein der Immortalisten gehört, was?“ Sie zupfte geil an Hornblowers Sarong. „Ich bin zum Orthodoxen Nudismus übergetreten“, flüsterte sie. Hornblower spürte einen Blaseninfarkt herannahen. Dann wurde ihm gelb vor Augen.
(Warnung: Der Eso-Thriller Tote sterben nie ist nichts für schwache Nerven. Der Kolk-Rabe entschuldigt sich für die Urinalmetaphorik. Aber nützt ja nix! Wie sagte doch Robert Gernhardt? Die haben angefangen!)
Bella und das Büro des Grauens
Im Kolk-Raben No. 45 habe ich Dir, Juserin und Juser, gewitzt wie ich bin, die letzte Folge des obigen großen kleinen Fortsetzungromans betreffend, der nun fast ein ganzes Jahr lang auf diesem Sendeplatz lief, eine Fangfrage gestellt, getarnt als „große Preisfrage“:
WAS FLÜSTERTE DER POSTSCHAFFNER?
Ferner hatte ich folgendes in Aussicht gestellt: „In den kommenden Kolk-Raben werden die originellsten Lösungen vorgestellt und ggfs. diskutiert. Im letzten Kolk-Raben (No. 52) wird das Ergebnis der Jury, bestehend aus den Autoren, bekanntgegeben. Es gibt viele schöne Sachpreise im Werte von 1 € zu gewinnen! Halt, falsch; umgekehrt: 1 schönen Sachpreis im Werte von vielen € (ca. 10 oder so, plus Porto und Verpackung).“ Juserin, Juser: Du bist voll hineingetappt. Ich habe es geahnt: Du hast das bahnbrechende Werk überhaupt nicht gelesen! Denn warum sonst, angesichts derart lukrativer Gewinnchancen, besteht die originellste Lösung auf obige große Preisfrage bisher in nonchalantem Schweigen? Ja, sind denn Norbert Eberlein und ich die einzigen, die sich seit zehn Jahren über „Bella und das Büro des Grauens“ amüsieren? Sag, Juser, Juserin, die Wahrheit! „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar.“ (Ingeborg Bachmann)
Vorschau auf den Kolk-Raben No.47
- Gibt’s nicht, gibt’s nicht - Je 1 Madonna- und 1 Marilyn-Manson-Gedicht
Eine Woche, die Dich, Juserin und Juser, derbe flasht, wünscht Dir Dein Schulz
1. August 2005
Der Kolk-Rabe No. 44 (Woche 31)
Das flüchtige Online-Magazin
Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! In medias res:
TV-Kritik I
Conny Andre’s Musikbox auf „Tide“, dem ehemaligen Hamburger „Offenen Kanal“ (wie im Kolk-Raben No. 43 angekündigt): Die hat mir doch eine hübsch gruselig-amüsante Stunde beschert, Juserin und Juser, diese Musikbox jenes Dicken mit dem Zwirbelbart… Es handelt sich offensichtlich um eine sog. Schlagersendung. Conny Andre (gemeint ist wahrscheinlich André) stellt u.a. selbstgebastelte „Videos“ von Hobby- und nebenberuflichen Schlagersängern vor. Eines davon (mit dem Titel „Licht“) hat mich schier aus dem Sofa gehauen: Da sitzt ein Typ (Name vergessen) haareraufend vor einer Flasche Whisky und weint lauthals: „Das sind Gefüüüühle…“ Und bei jedem neuen Das des Refrains haut er verzweifelt gegen eine Wand. Am schönsten aber ist, wie der Refrain weitergeht: „Das sind Gefühle… Dimensionen… In meinen Dunkel bringst du Licht…“ Ungläubig hab ich ganz genau hingehört und auf seine Lippen gestarrt: Doch! Ganz deutlich! „In meinen Dunkel bringst du Licht…“ Ich war völlig verzückt. Außerdem hatte Conny zwei Schlagersänger zu Gast, die er interviewte. (Obligatorisch: Hemd über der Hose, die beiden oberen Knöpfe offen und die Zipfel der großen Hemdkragen bis an die Schulter gezupft.) Der eine war auch dick, von Hauptberuf Tiefbaumeister und „hundemüde“ (Selbstauskunft). Der andere war dünn und halbwegs munter. Sascha Berger hieß er – und heißt er, jede Wette, immer noch. Sein derzeitiger Smash-Hit lautet „Gerne mal von hinten“ (Refrain, so weit ich mich entsinne: „Wir wollen alle / gerne mal von hinten / und nicht immer nur von vorne / in die Disko rein“) und ist, wie ich bei der aufgeregten Nachrecherche auf seiner website www.berger-on-tour.de rauskriegte, in vier Versionen erhältlich: „Gerne mal von hinten“ Disco Version, „Gerne mal von hinten“ Maxi Version, „Gerne mal von hinten“ Mallorca Party Mix und „Gerne mal von hinten“ Karaoke Version. Juserin! Juser! Juse! Dann ist der nächste Grillabend gerettet!
TV-Kritik II Sog. „Rankings“ haben ja Konjunktur, auch und gerade im Fernseh, und Freitag, fix und fertig nach eines harrrrten Tages Arbeit, sah ich versehentlich „Die zehn größten Comedians“ auf RTL. Schlimm, natürlich, das alles. Allein diese reingeschnittenen Kommentare! Dabei sollte man sich gar nicht mehr wundern, daß nicht nur die kleine Ohoven-Schlampe ihr Karpfenmaul aufreißt, sondern in ein und derselben Sendung tatsächlich auch und niemand geringerer als Oscar Lafontaine, der so Sachen zum besten gibt wie, daß er als Kind versucht hat, Charlie Chaplin nachzumachen oder Dick und Doof oder… ich hab’s vergessen. Und ein Faxenmacher wie Michael Mittermaier steht drei Plätze über Götter wie Monty Python. Am atemberaubendsten aber: In einem der unsäglichen Off-Kommentare wird Heinz Erhardt als was bezeichnet? Als „Olli Pocher des Nachkriegsdeutschlands“. Ganz ruhig, Juser; ich weiß, das ist selbst für abgebrühte Zapper wie unsereins nicht leicht zu verkraften: der große Heinz Erhardt „ein Olli Pocher des Nachkriegsdeutschlands“. Du sagst: Der Heinz Erhardt? Der mit den Gedichten „ein Olli Pocher des Nachkriegsdeutschlands“? HEINZ ERHARDT und der nervenaufreibendste Flegel des gesamten deutschen Fernsehens nicht nur in einem Atemzug, sondern direkt miteinander verglichen? Ja, Juser. Das sind Gefühle. Dimensionen. Danke, RTL, du hast mal wieder tiefstes Dunkel in unseren Licht gebracht.
Mein viertschönstes Ferienerlebnis Die Boule-Partien zwischen Steelnerve, Master of Return und mir. Wir spielten immer zur „Rosigen Stunde“, wenn die Sonne unterging und die Gräser heideartig einfärbte, und zwar im Eukalyptuswald, direkt am kurzen Weg zum Strand. Sehr abwechslungsreiches Terrain dort; es gibt harte, steinige Passagen und versteppte Areale, in dessen trockenkrautiger Botanik das sog. Schweinchen kaum noch zu erkennen ist, und darüber hinaus vor allem das sog. Buff-Terrain (Wortschöpfung: Steelnerve): tiefer, strandsandiger Boden, in dem die Boule-Kugel mit einem trockenen „Buff“ umstandslos steckenbleibt. Reibungsverluste, einzukalkulierende Hügelchen und Hindernisse, folglich auch ein Quentchen Glück spielen dabei also eine geringe Rolle: Es kommt vor allem auf präzisen Wurf an. Wir haben so einige Partien gespielt, doch der Meister des Buff-Terrains blieb ungeschlagen: Steelnerve. Unglaublich, mit welcher traumwandlerischen Sicherheit der Mann aber auch jedesmal siegte. Und die ganze Zeit mußten Master of Return und ich uns Geraune anhören, Süffisanz vorgeblich bescheiden unterdrückendes, doch unverhohlen selbstzufriedenes – ungefähr derart: „Mm, das ist so befriiiedigend, wenn man bloß auf seine eigene Kraft zu vertrauen braucht“ etc. pp. Na warte. Es ist noch nicht aller Urlaubstage Abend.
Tote sterben nie Der beinharte Eso-Thriller, Folge 9 Seit er diesen verdammten Job hatte, war Hornblowers einziger Freund der abgewetzte Dudelsack aus Villas musischem Nachlaß. Zum Feierabend, in seiner Dienstbaracke, blies er darauf eine wehmütige Weise, und wenn er sich auf seine Hartgummipritsche haute, kuschelte er sich an den Bauch des Instruments. Meist stülpte er das Mundstück über seine Vorhaut. Außer samstags. Dann umgekehrt. Heute aber war Montag. Endlich kehrte Ruhe ein in der Unterkunft des Esoterischen Geheimdiensts. Nachdem das Quietschen von den Heizkörperrippen, die der Leitende Lieutenant stundenlang penetriert hatte, verstummt war, stellte Hornblower seufzend seinen Wecker, und zwar neben den Nachttopf. Aber er konnte nicht einschlafen. Es war so schwül in der Dienstbaracke… Gegen vier in der Nacht stand Hornblower auf. Die Luft war immer noch dick vom allgegenwärtigen Dunst aufgeheizten Ejakulats. 'Dieser verdammte Job', dachte der Esodetektiv, koppelte seinen Dudelsack ab, reinigte die Pfeife von den Pollutionsspuren und schlurfte schlaftrunken in die Gemeinschaftskche. Er hatte gerade mal zwei Minuten gepennt. Er brühte den Kaffeesatz von gestern auf. Ein cleverer Kniff, denn dadurch wirkte das Aphrodisiakum nicht mehr, das der Lieutenant immer hineinmixte. Dann machte er sich gierig über eine ranzige Oblate her. Erst beim Schlucken merkte er, daß ihn wieder mal jemand angeführt hatte: Es war dreilagiges Klopapier, noch ganz backig vom Samen des Leitenden Lieutenants. 'Cocksucker!' dachte Hornblower. 'Verdammte bunte Schwuchtel!' Während ihm leise weinend eine Harnschliere am Bein hinunterrann, kotzte Hornblower dezent in den Eimer für organschen Abfall, damit er den Lieutenant nicht wecken mußte – das Gemeinschafts-WC befand sich inmitten dessen Stube. Dann trank er sein Täßchen Eigenurin, firnißte die Krempe des Mützchens frisch, lud seine Wasserpistole mit neuer Salzsäure, steckte sie in das Juteholster unterm Sarong und machte sich mit seinem Werkzeugkoffer auf den Weg. (Warnung: Der Eso-Thriller Tote sterben nie ist nichts für schwache Nerven. Der Kolk-Rabe entschuldigt sich für die Urinalmetaphorik. Aber nützt ja nix! Wie sagte doch Robert Gernhardt? Die haben angefangen!)
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Folge 39 (FS). Chtnnnnnng!“ meldete sich plötzlich Rita, die paramilitärische Nymphomanin zu Wort…
Vorschau auf den Kolk-Raben No.45
- ein Gedicht - noch ein Gedicht
Daß Du die ganze Woche auf Platz 1 stehest, damit Licht in Deinen Dunkel gebracht werde, wünscht, Juserin und Juser, Dir Dein Dir Dein Schulz
25. Juli 2005
Der Kolk-Rabe No. 43 (Woche 30)
Das flüchtige Online-Magazin
Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser!
Letzte Woche beim Pausen-Zapping gefielen mir zwei Sachen besonders: zum einen Conny Andre’s (gemeint wahrscheinlich: „Andrés“) Musikbox auf „Tide“, dem ehemaligen Offenen Kanal Hamburgs (s.u.); zum anderen ein Film über Hühner. Erinnerte mich an die in Ammoudiá. Herrje, seit vierzehn Tagen schon bin ich wieder zurück! Anfangs dachte ich noch, ich könnte locker die nächsten fünf Kolk-Raben mit Urlaubsreminiszenzen füllen; jetzt stelle ich einmal mehr fest, daß die Erinnerung sich geradezu schwindsüchtig benimmt. Man möchte fast ’ne Existenzkrise kriegen: Wozu lebt man eigentlich so überaus „bewußt“, wenn man nach vierzehn Tagen sowieso alles wieder vergessen hat? Ein großes Thema, ich weiß; zu groß für den kleinen Kolk-Raben. Bleiben wir bei Hühnern. In Ammoudiá wohnten wir im Appartement-Haus der charmanten Anna, und zwar im zweiten Stock (mit Fahrstuhl! Soweit ich weiß, ein absolutes Novum in Ammoudiá! Und noch bahnbrechender: Im Fahrstuhl gab’s Musik! Herrlich! Zum Wahnsinnigwerden! Kaum stieg man ein, ging dasselbe Gedudel wie gestern, vorgestern und letzte Woche los! Verfolgte einen bis in den Traum!). Nach Südwesten raus hatten wir von den Balkonen aus einen hübschen Blick auf Bucht und Strand – die Schneise zwischen Eukalyptus- und Pappelwäldchen war wie für uns gemacht –; nach Nordosten raus gab’s einen galerieartigen Gang zu den anderen Appartements des Stockwerks, und von dort aus fütterten wir täglich die Hühner da unten mit Brotresten. Durch die Architektur war die Perspektive auf die Brache nach rechts und links ein bißchen eingeschränkt, und manchmal warf man die ersten Bröckchen quasi ins Blaue. Dann gingen zwei, drei Sekunden ins warme Land; sodann vernahm man, noch aus dem Off, ein flattriges Rauschen und das eine oder andere panische Glucksen, und dann… Was für ein herzerwärmender Anblick, wenn die Viecher halbsternförmig ins Blickfeld geprescht kamen, die Hälse waagerecht, und über dem Bröckchen miteinander kollidierten, daß die Federn flogen! Master of Return lobte einen Hühner-mit-Bröckchen-bewerfen-Wettbewerb aus: „Zehn Punkte für ein Huhn, zwanzig für den Hahn und fünfzig für ein Küken!“ Apropos Hahn. Der schien zu doof, sich auch mal den einen oder anderen Brocken zu schnappen. Zwar rannte er immerhin hin, aber anstatt zuzupacken, ließ er sich von den Hühnern einfach über den Haufen trampeln. Der machte mir ein wenig Sorgen. Als ich aber jetzt den Film über Hühner sah, lernte ich, daß der das mit voller Absicht machte! Der zeigte seinen Hühnern, wo’s was zu futtern gibt! Klar, er will auch was dafür, aber nett fand ich’s trotzdem. (Übrigens sprechen die Hähne in Ammoudiá Griechisch. Die rufen nicht „Kikerikiii!“, sondern „Kikerikiii!“, manchmal sogar nur „Kikiii!“ oder schlicht und einfach „Kiii!“)
Mein zweitschönstes Ferienerlebnis Nach vierzehn Tagen war, vier Tage nach Steelnerves, auch Master of Returns Urlaub zu Ende. Ich fuhr ihn von Ammoudiá nach Igoumenítsa. Von dort sollte es per Fähre nach Korfu gehen, wo eine Übernachtung anstand, auf daß er am nächsten Morgen um 8.05 Uhr sein Flugzeug bekäme. Auf der Fahrt dahin ließen wir die gemeinsam verbrachte Zeit noch ein bißchen Revue passieren, und Master of Return versicherte einmal mehr: Kaum zu toppen sei der Ausdruck, den er und Steelnerve auf meinem Gesicht erblicken durften, als ich ihrer überraschenden Anwesenheit gewahr wurde (vgl. Kolk-Rabe No. 42). Am Hafen verabschiedeten wir uns. „Bis bald in Hamburg!“ Am nächsten Morgen gegen elf klopfte es an der Tür, und ich toppte meinen Gesichtsausdruck von vor vierzehn Tagen: Dort stand nämlich kein geringerer als Master of Return. Das abends zuvor bestellte Taxi war einfach nicht gekommen, der Bus hielt an jedem Ziegenstall, und als er schweißüberströmt am Flughafen ankam, war es acht Uhr. „No way“, hieß es am Schalter Nach fünf bis zehn Minuten Ärger beschloß er, das gut zu finden und hängte noch ’ne Woche dran.
Mein drittschönstes Ferienerlebnis Master of Returns Referat seines anschließenden Telefonats mit Steelnerve (welcher, unleidlich, weil eben bereits längst wieder in Hamburg, Master of Returns Telefonat hinsichtlich Rückmeldung in Hamburg erwartete. Zwei Minuten zuvor hatte Master of Return ihm eine SMS geschickt: „Tach, Alter! Bin zurück – in Ammoudiá. Gruß Master of Return.“): „WAS SOLL DAS! KOMM SOFORT HIERHER! (ETC. ETC.)“
TV-Tip Kurt Krömer (Berlin). Wo und wann dessen ulkige Show momentan zu sehen ist, weiß ich nicht; bin auch zu faul zum Recherchieren (bitte, Juserin und Juser, ggfs. auf eigene Faust bzw. Maus zu gugeln). Jedenfalls gefällt mir der meist ziemlich gut. Schön war zum Beispiel, als er den Vorzeigemacho Burkhard Driest zu Gast hatte, ihn zum Abschluß fragte, ob er dem Publikum noch was sagen wolle, der sagte „I love you all“, und Krömer sagte: „Ach nee komm, noch wat anderet!“ Eine schöne Formel, die sich, Juserin und Juser, gut und gern auch bei anderen Gelegenheiten einsetzen läßt: bei Deinem Stammitaliener, der Dir sein heutiges Stammessen präsentiert; bei Deinem Ex, der Dir seine neue Freundin vorstellt; an der Losbude, die Dir als Hauptgewinn einen rosa Riesen-Plüsch-Schabrackentapir überreicht etc.
Rückantwort
Hallo, Danni! Nun noch mal fairerweise in aller Öffentlichkeit: „Krawallschachteln“ (vgl. Kolk-Rabe No. 42) ist ein Zitat aus der unvergessenen Erzählung „Frau Rettich, die Czerni und ich“ von Simone Borowiak und NATÜRLICH nichts als äußerst liebevoll gemeint, gedacht und hingeschrieben!
Tote sterben nie Der beinharte Eso-Thriller, Folge 8 Inzwischen war der ätzende Mönch an den Sanften Stammtisch zurückgekehrt, tuschelte mit den Tarockern und drehte seinen untersetzten Daumen in Hornblowers Richtung, woraufhin der fromme Mob in hechelndes Gelächter ausbrach. Ungerührt, mit nur leichtem Harndrang, sah sich Hornblower weiterhin um. Eine Gruppe von Reiki-Meistern, die mit verbundenen Augen Rebirthing-Roulette spielten, pendelte gerade aus, wer als nächstes gewindelt würde – ohne Narkose. Mittendrin, vor bärtigen Büsten kauernd, malten minderjährige Mädchen Mandalas nach Zahlen. Es war die Hölle. Als der Keeper Hornblower den Drink rüberschob – durch reine Willenskraft –, schob Hornblower dem Keeper das fünffache Entgelt rüber. Mißtrauisch starrte der auf das Rupienbündel. „Was soll das, Mann?“ Hornblower räusperte sich mit beißender Ironie. „Darf man fragen“, fragte er, „was in diesem Schwitzkasten vor sich geht, da unten im Keller?“ „Klar darf man das“, versetzte der Keeper mit ätzendem Sarkasmus, steckte abrupt die Scheine ein und verschwand in der Küche. Mieser Trick. 'Dieser verdammte Job', dachte Hornblower. Beim Esoterischen Geheimdienst mußte etwaiges Schmiergeld aus eigener Tasche gezahlt werden. Insgeheim schwor er Rache. (Warnung: Der Eso-Thriller Tote sterben nie ist nichts für schwache Nerven. Der Kolk-Rabe entschuldigt sich für die Urinalmetaphorik. Aber nützt ja nix! Wie sagte doch Robert Gernhardt? Die haben angefangen!)
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge und Anfang des fünften Kapitels: 38 (FS). „Arschloch!“ schrie Ratzlaff, und sogleich war ein weiteres pink-zink-farbenes Zäpfchen unterwegs und…
Vorschau auf den Kolk-Raben No.44
- Mein viertschönstes Ferienerlebnis („Das Buff-Terrain“) - „Kurzbericht über Conny Andre’s Musikbox auf „Tide“ (s.o.)
Eine Woche voller schöner (Ferien-)Erlebnisse wünscht, Juserin und Juser, Dir Dein Schulz
18. Juli 2005
Der Kolk-Rabe No.42 (Woche 28)
Das flüchtige Online-Magazin
Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser!
Da bin ich wieder, mental recht erfrischt. Das kommt, weil’s sehr, sehr schön war. Physisch hab ich allerdings ein bißchen abgebaut. Das wiederum kommt, weil die Körperertüchtigung, derer ich mich in Hamburg mit gußeiserner Disziplin zu befleißigen habe, um körperlich tüchtig zu bleiben, stark litt. Jagutäääh, drei- bis fünfhundert Schwimmzüge täglich im herrlichen Ionischen Meere, doch die ersetzen weder Rückenmuckibude noch Radeln, noch Tischtennis – das mußt Du einsehen, Juserin und Juser. Ein bißchen Jammern (Urlaubsjargon: „Nörgelyoga“) will, soll und darf erlaubt sein, wenn man wieder in Hamburg ist – anstatt immer noch in Ammoudiá, was übersetzt schließlich nichts anderes bedeutet als „Strand“. Ach, der Strand! Und das Wetter! Die ganze Gegend und alles! Oder jedenfalls fast alles. Denn der Griech, der liebt bekanntlich den Lärm. Er ist geradezu vernarrt in Lärm. Dem Griech, dem reicht das Gurren der Ringeltaube nicht, nicht das Rauschen des Meeres noch das Rascheln des Pappelwäldchens, durch das der Meltemi streicht. Oh nein, das langt ihm gar nicht, dem Griech. Der Griech, der muß zur Bouzoukimucke aus dem Sehrlautsprecher auch noch den Fernseh plappern haben; er muß den Auspuff seines Mopeds aufbohren und mit einem Bagger den Strand bebaggern, die Straße teeren und walzen, Nägel in seinen Dachstuhl hauen, sonntagmorgens um sieben die Kirchglocke läuten und alles, und vor allem muß er jeden Grashalm im Eukalyptuswald einzeln umsägen. Das kann er jetzt nämlich endlich, der Griech; denn dieses Jahr hat er die Motorsense entdeckt. Schafft zwar nur ein Zehntel dessen weg, was eine herkömmliche könnte, dafür aber hundertmal so laut. So, das sollte fürs erste reichen als Beweis, daß ich fünf Wochen lang sehr wohl in Griechenland war – und keineswegs Dr. Kartoffels Gefangener. Dazu folgendes. In Wahrheit heißt Hans Kantereit weder Hermann, noch ist er 67 Jahre alt, geschweige Rentner (wär’ er wohl gern!), wie er in einer seiner leider nicht seltenen Mischungen aus Wunsch- und Alptraum im Kolk-Raben No. 41 delirierte. Allerdings heißt er tatsächlich ebensowenig „Hans Kantereit“. Dabei handelt es sich lediglich um ein Pseudonym. (Ein ziemlich zickiges zudem, wie ich finde: „Kantereit“! Der auf der Kante reitet, vulgo auf dem Drahtseil tanzt oder auf dem Grat wandert! Herrje, noch ’ne Nummer hypochondrischer ging’s wohl nicht.) Nein, getauft wurde er, und zwar zu Recht, auf die Bezeichnung Dr. Kartoffel, und er hat sehr wohl Freunde, lustige Arbeitskollegen und höchstwahrscheinlich auch eine Geliebte mit geheimnisvoll schönen Augen. Aber nicht er hat mich, sondern ich habe ihn fünf Wochen lang eingeschlossen. In meiner Arbeitswohnung nämlich, zwecks PC-Wartung, Silberputzen und Blumengießen. Drei von fünfen immerhin haben überlebt. (Ich hatte alles so schön vorbereitet, pro Pflänzchen eine Karteikarte mit individuellen Vorlieben und so, und was finde ich, nachdem ich Dr. Kartoffel wieder freigelassen hatte, an der Stelle, wo sonst immer der Weihnachtsstern stand? Eine Karteikarte mit dem Text: „Bin für 2, 3 Tage auf dem Balkon. Pflanze Nummer 3.“ Entsprechend sah sie aus. Ein Weihnachtsstern im Volljuli auf dem Balkon! Zugegeben, Dr. Kartoffel sieht nach fünf Wochen Zwangsarbeit nicht viel besser aus… Gerechte Strafe dafür, daß er mich mit meiner (kleinen!) Schwäche für gegrillte Krakauer Würste aufzieht! Andererseits interessantes Beispiel, zu welchen Spitzenleistungen an Galgenhumor der Mann fähig ist – stimmt’s, Juserin und Juser? –, wenn er mal ein paar Wochen einsitzt, anstatt in der Weltgeschichte umherzugondeln, Rotweine in- und auswendig zu lernen, den Beistrich zu vergewaltigen oder SMSe zu verschicken mit Texten wie: „Hallo Urlauber! In Venedig grundsätzlich links halten und Vorfahrt gewähren! Aber jetzt Schiff ahoi! Backbord ist links, der Backenbart gehört dem Kapitän, und der kleine rosa Zipfel vorne am Zahlmeister… tja, der dient dem Navigieren. Weiterhin gute Fahrt funkt Euer Kartoffel“.
Mein schönstes Ferienerlebnis Ammoudiá, gelegen auf der Hälfte der Strecke entlang der E55 vom Fährhafen Igoumenitsa (gegenüber von Korfu) Richtung Süden nach Preveza, zeichnet sich u.a. durch ein gewisses Kontingent an Stammurlaubern aus. Dazu gehören seit bald zwanzig Jahren mein Weib und ich – sowie, seit auch schon etlichen Jahren, ein wenig sporadischer, aber allemal regelmäßig, unsere Freundinnen Danni und Linde (vgl. Kolk-Rabe No. 21 zum Schulzschen Orange-Grau-Paradox) und z.B. die besten alten Freunde und Tischtenniskameraden Master of Return und Steelnerve (vgl. div. Kolk-Raben). Oft genug waren wir kaum nach Hamburg zurückgekehrt, als wir schon schon den nächsten Ammoudiá-Aufenthalt planten. In diesem Frühjahr ergab es sich, daß Danni und Linde ihre Flüge buchten, Master of Return und Steelnerve aber andere Pläne geltend machten. Mein Weib und ich fahren traditionell mit dem Auto (in jener Gegend ist man besser motorisiert, zumal bei längerem Aufenthalt); die anderen fliegen gewöhnlich nach Korfu und setzen in rund anderthalb Stunden mit der Fähre nach Igoumenitsa über, wo wir sie dann abzuholen pflegen. So auch dieses Jahr. Diesmal blieb ich allerdings zwecks Arbeit im Appartement, und mein Weib holte die beiden Krawallschachteln allein. Ich begrüßte sie, zeigte ihnen ihr Appartement, und als wir gemeinsam in das unsrige zurückkehrten, sitzt auf dem Balkon mit völlig ungerührten Mienen wer? Master of Return und Steelnerve. Und wer war eingeweiht? Mein Weib! Drei Wochen lang hatte es dichtgehalten! Kann ich doch keinen Meter weit mehr trauen, oder? Mit Abstand mein schönstes Ferienerlebnis. Weitere folgten aber.
Tote sterben nie Der beinharte Eso-Thriller
(Was bisher geschah: Der Hafen von Goa. Der wegen Mordes an seiner Frau Villa Müllermeier verurteilte, mit der Legende des Haikugurus Ayoga Hornblower ausgestattete, indolent inkontinente Johann Müllermeier ermittelt als unfreiwilliger Undercoveragent des Esoterischen Geheimdiensts unter der stählern-schwulen Knute des Leitenden Lieutenants im Esoterikmilieu. Am holzfreien Tresen der Tao-Kneipe „Zum Om“ hat er grad ein Wasser bei dem unsympathischen Barkeeper bestellt, der unter den Achseln stark transzendiert…)
Folge 7 Angeekelt rümpfte Hornblower die Vorhaut. Während er unauffällig das Treiben im Gastraum der Tao-Kneipe beobachtete, rief er sich seinen Tagesbefehl ins Gedächtnis. 'Horchen Sie erst mal, was in diesem Schwitzkasten, da unten im Keller, vor sich geht, Sie Null! Sie Nullnull, präzis gesagt', lautete der Einsatzbefehl des Lieutenants. Hornblower wußte genau, weshalb ihn der Lieutentant ständig hänselte: gekränkte Eitelkeit. Er, Hornblower, hatte sich im Trainingscamp einmal geweigert, bei seinem Sparringspartner "endlich mal richtig hinzulangen, verdammt noch mal!" Und wer war sein Sparringspartner? Der Lieutenant natürlich. "Dann eben Fellatio!" kreischte der, wieder einmal nervlich total zerrüttet. Konnte man so einem ans Bein pinkeln? Einem solch zähen Haudegen, spitz wie 'n Prothesenhaken, scharf wie Leder und hart wie 'n kalter Bauer? Einem solch fiesen Funktionär mit Einfluß bis in die höchsten politischen Gremien und Ausfluß bis in die untersten Chargen; einem solch offiziösen Offizier, der zudem hochdekoriert war: gelackte Latexpumps, Blechhöschen (mit Tülle) und Drahtstrapse? "Wozu, glauben Sie wohl", kreischte er cholerisch, "hab ich Ihnen den Decknamen 'Hornblower' verpaßt? Aus Daffke? Oh nein, Sir!!" Hornblower blieb verstockt, angesichts des steil gereckten Horns seines Leitenden Lieutenants, welches da schillerte wie vergammelter Schinken. Höchst zerrüttet tänzelte der tyrannische Chef im Ring umher und ließ seinen linken Haken sprechen. "Das ist Arbeitsverweigerung!" kreischte er. Und dann mußten zwei von Hornblowers Kollegen für seine Zimperlichkeit büßen: "Detective Cocksucker und Schütze Sugarhand! Zum Appell, ihr Rotärsche! Und zwar ein bißchen lasziv, wenn ich bitten darf!" (Warnung: Der Eso-Thriller Tote sterben nie ist nichts für schwache Nerven. Der Kolk-Rabe entschuldigt sich für die Urinalmetaphorik. Aber nützt ja nix! Wie sagte doch Robert Gernhardt? Die haben angefangen!)
Überschrift der Woche gesehen auf der AOL-Startseite vom vergangenen Sonntag zum ARD-Rausschmiß von Pastor Jürgen Fliege „Klatsche für Fliege“
Astro-Info für Girls Löwe (23.7.–22.8.) Des Löwen Lust ist erst gestillt und dessen Soll erst dann erfüllt, wenn er aus voller Brust bebrüllt, was aus ihm in die Löwin quillt.
Bella und das Büro des Grauens Zusammenfassung von Kapitel IV Endlich ist er eingeströmt, um unserer Heldin Bella aus dem Ewigen Kreislauf des Kamilleinhalierens herauszuhelfen, er, Walter Ego, der Agent der Conföderativen intelligenten Ästhetikfeuerwehr (CIÄ). Mitgebracht hat er ein ganzes Waffenarsenal, von AKT bis ZAR. Mit deren Hilfe werden ihre Kollegen zunächst einmal in die Zweidimensionalität versetzt, damit sie nicht im Weg rumstehen. Doch gerade, als Walter Ego den Kontakt zur Erzählebene aufnehmen will, knallt einmal mehr ein knallharter Schuß: Ratzlaff, der wohlbekannte, berüchtigte Dienstförster, übernimmt durch einen Putsch die Rejierung! Als erste Amtshandlung erschießt er den verehrten Chef Lui Pfui… Wie geht es weiter?! Herrhottnernochmal, wie um der Großen Ze-Ze-Fliege, der Chefin aller Zen-Zentralen, willen geht es weiter!? Wird es im Kapitel V, dem definitiv letzten, ein Happy end geben? Lies, Juserin; oh Juser: Lies!
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge und Anfang des fünften Kapitels: 37 (FS). Bella fuhr ihm mit der flachen Hand über die starren Augen. Für einen Moment meinte sie, Luis Seele aus seinem Körper austreten zu sehen. Oder war das nur der Pulverdampf?…
Vorschau auf den Kolk-Raben No.43
- Mein zweitschönstes Ferienerlebnis - „Ach nee komm, noch wat anderet!“ (Kurt Krömer)
Eine Woche in alter (Sommer-)Frische wünscht, Juserin und Juser, Dir Dein Schulz
11. Juli 2005
Der Kolk-Rabe No.41 (Woche 28)
Das flüchtige Online-Magazin
Alles hat ein Ende nur die Wurst hat zwei. Volksmund
Wer Lügen tut trinkt auch Likör! Tippfehler
Wie, liebe Leser, startet man schlecht in eine Kolumne? Ungelogen: Ich weiß es nicht, denn ich bin berühmt für meine Anfänge! Wie im sehr, sehr guten Lehrbuch schlage ich stets einen eleganten Bogen ums angepeilte Thema, überrasche mit einer launig gesetzten Pointe und entlasse meine Millionen von Lesern nach den ersten drei, vier Zeilen schmunzelnd und bereichert ins eigentliche Thema. Und das seit nunmehr 75 Jahren jede Woche! So lernt man das, so macht man das und so gehört es sich! Nur hier und heute, exklusiv im Kolk-Raben Nummer 4100, habe ich mal eine Ausnahme gemacht. Mir fiel kein besserer Anfang ein. Vielleicht, weil ich etwas traurig bin. Aus verschiedenen Gründen. Einer davon: Frank Schulz hat seinen „Urlaub“ beendet und übernimmt es ab nächster Woche an dieser Stelle wieder, euch mit pfiffigen Einfällen und urkomischen Anekdoten direkt aus dem Leben die Zeit zu vertreiben. Für mich bedeutet es das AUS. Das wäre nicht weiter schlimm, hätte ich mich nicht schon so sehr daran gewöhnt, allsonntäglich meine Weisheiten der Woche in die Maschine zu hacken und sie euch vor die Füße zu legen. Es ist nämlich so.... ich sag es ungern... ich habe sonst keine Freunde! Meine lustigen Arbeitskollegen, meine Geliebte mit den geheimnisvoll schönen Augen, meine angeblichen Erlebnisse auf der Straße: alles erfunden! Alles aus den Fingern gesaugt, um mich einmal im Leben interessant zu machen. Für euch. Und nun soll es mit einem Schlag vorbei sein!? Ich höre schon die ersten Klugscheißer: Aber du bist doch wer! Hans Kantereit! Besinn’ dich doch auf dich selber! Damit wären wir beim Problem Nummer 2. Ich bin noch nicht mal dieser Hans Kantereit! In Wahrheit heiße ich Hermann, bin 67 Jahre alt und Rentner. Und in Wahrheit hat auch der Wettbewerb „Wie heißt das Ding an der Ladenkasse?“ nie stattgefunden. Bleiben wir bei der Wahrheit: Frank Schulz ist auch nicht in Urlaub. Er sitzt seit nunmehr 5 Wochen bei mir im Wohnzimmer und trinkt grünen Tee. Meßmer, Beutelware, Euro 1,75 in allen Schlecker Filialen. Morgens bekommt er zwei halbe Brötchen mit Butter und Marmelade, jeden zweiten Tag gibt es ein Ei (viereinhalb Minuten) dazu. Mittags kommt Essen auf Rädern. (Genau genommen schon gegen 10 Uhr, aber es wird in Styroporschalen geliefert und bleibt warm) Dazu nehme ich ihm dann die Handschellen ab, schließe aber die Tür zu und behalte den Schlüssel in der Hosentasche. Abends machen wir uns Schnittchen, und ich brühe wieder eine große Kanne grünen Tee auf. Und jeden Sonntag schreibe ich seine Kolumne. Ihm sind ja leider die Hände gebunden! Aber ich stehe zu dem, was ich tue. Denn auch wir Pensionäre brauchen mal ein Forum. Die Welt weiß einfach zu wenig über uns. Ständig wird uns, zum Beispiel, vorgeworfen, wir hätten es immer eilig. Keiner macht sich die Mühe mal zu überlegen warum? Wollen Sie es wissen? Hier hab ich versucht, es mal kurz zu erklären. Wenn es sich gelegentlich etwas seltsam liest, dann liegt das an diesem Schulz. Mit dem Mann in der Wohnung kann kein Mensch richtig arbeiten. Dauernd will er was. Zurück zu seinen Arbeitskollegen, heim zu seiner Geliebten, Zigaretten, Pinkeln, neue Schnittchen, nie wieder grünen Tee, und all so was. Ständig verlangt er nach ‘Brühwürsten auf Krakauer Art gewürzt’, und wenn ich mal den Nachtisch vergesse sitzt er den ganzen Abend mit dem Gesicht zur Wand. Ich habs trotzdem versucht.
Der Rentner Warum haben ausgerechnet unsre Rentner es denn immerfort so eilig? Das kommt noch aus der Tierwelt, denn da stammen sie ja her. Die Lebensuhr ist nämlich analog, das heißt mit Zifferblatt und Zeigern. Die Spannung, die die Zeiger antreibt wird, genau wie bei ner echten Uhr fürs Handgelenk, von einem Ding erzeugt, das Unruh heißt. Unruh. Logisch, da ist mal wieder Nomen Omen. Gäb es die Unruh nicht, dann wären wir ganz ruhig. Zu ruhig. Alles ruhig. Man stelle sich das vor: Im Flugzeug nach New York, da steht die Stewardess im Mittelgang und schläft. Kein Lunch. Wir greifen halt ins Handgepäck und suchen unsre Lunchbox. Keine da, wir sind ja selber immer ruhig und haben uns naturgemäß kein Brot geschmiert. Oder zu Hause: Wir schalten unser Fernsehn ein und siehe da: nix läuft. Wie auch? Kein Schwein dreht irgendeinen Film, die sind ganz ruhig zu Haus im Bett und pennen lieber. Mit etwas Glück sitzt da - als Bildschirmschoner quasi - Professor Brinkmann in seim Liegestuhl, säuft Grappa und will den Text aus einem Drehbuch lernen. Jedoch: Das Buch ist leer, Autoren schlafen auch, und folgerichtig gibt es keine Bücher! Drauf zieht der alte Schwarzwaldklinikbock die Konsequenz, säuft seine Grappaflasch auf einmal leer und schläft auch ein. Das ist kein schöner Anblick, dann kann die Kiste gleich ausbleiben. Genug ex tempore geschrieben, wir warn beim Thema Unruh, Rentner, drängeln. Es kommt, wenn eine Lebensuhr allmählich abläuft, der Unruhbogen dicht ans Ende seiner Spannung. Bald ist’s vorbei, das bisschen Leben, und (zum Beispiel) Marta Paschke macht - samt ihrem Einkaufsshopper, denn ohne den, da geht sie keinen Meter - sich auf den Weg zum Hauptfriedhof und legt sich neben ihren Mann im Sarg ins kühle, dunkle Grab. Als nun die Evolution, der Herrgott, die Natur oder wer gerade Dienst tat, beschlossen hat, dass es mit Marta P. zu Ende gehen soll, geschah kurz vorher etwas Tolles: Die Unruh - vulgo Lebensuhr - die Marta in der Seele hat, wird für den nächsten User schon heimlich wieder aufgezogen. Damit, wenn lovely Marta sich denn ihrem Herrn empfiehlt, und ihre schöne, edle Seele hoch hinauf zum Schöpfer fährt, wo sie dann Manna trinkt im Seidenhemd, wo sie im Lichte wohnt, pochierte Wachteleier frisst und nackig Flöte spielt (oder ganz ordinär im Himmels-Aldi an der Kasse sitzt, das weiß man vorher ja nie so genau) dann wird die frisch gespannte Unruh gleich - in so genannter Echtzeit - in die nächste Seele eingesetzt. Drum ist der alte User, dessen Uhr grad abläuft, gelegentlich besonders kurz vorm Ende mächtig überdreht. Und dabei kommt es dann halt manchmal vor, dass wir in Bus und Bahn, im Kaufhaus, an der Kasse, im Café oder auch im Zug, und - ja vor allem - am Büfett mit solcher Wucht nen Gehstock oder Einkaufsshopper in die Hacken kriegen. Mein Tipp: Wenn „es“ mal wieder schubst und drängelt: gar nicht erst erhellende Gespräche hier versuchen. Zu viel der Ehre. Das Lebenslicht von Marta Eilig glimmt nur noch. Im besten Fall ein wenig pusten, manchmal geht’s dann auf der Stelle ganz von selber aus.
So, das wars. Jetzt mach ich dem Schulz noch ein paar Schnittchen und ein Kännchen Tee, nehm ihm die Augenbinde ab und schubs ihn wieder auf die Straße. Ob er allein nach Hause und an die Schreibmaschine findet seht ihr dann ja nächste Woche. Hier. Tschüß, Ahoi und Danke! Euer Hermann
P.S.: Geschrieben, kommts mir vor, hab ich für dieses Jahr genug. Ich fang ne neue Karriere an. Wenn ihr mich ‘wiedersehen’ wollt, dann schaut doch nächste Woche mal bei „Kerner“ rein. In meiner Wäschekammer sitzt seit gestern gut geknebelt ein gewisser Johann Baptist K...
Missing Link der Wochen
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 36 (FS). „Ratzlaff aber grinste, als hätte er eine Überdosis Diabolika geschluckt. „Jefangene werden nich mehr jemacht, Rita…“
4. Juli 2005
Der Kolk-Rabe No.40 (Woche 27)
Das flüchtige Online-Magazin
Liebe Leser, ich hoffe, ihr habt letzte Woche einigermaßen gut geschlafen. Das ist heutzutage leider keine Selbstverständlichkeit mehr, denn wir leben in eiligen, lauten und größtenteils unschönen Zeiten! Der Aufschwung hat sich einen Pony wachsen lassen und lugt nur noch alle paar Quartale mal neckisch dahinter hervor. Feinsinn, Schöngeist und Hoffart sind in Deckung gegangen, stattdessen starren uns Glatzen, Ohrringe, Lastwagenfahrer und Arschgeweihe an, sowie wir auf die Straße treten. Spaß macht das keinen mehr. Sogar die Staatsregierung hat sich vorsorglich aus dem Staub gemacht. Es riecht nach Ärger! Da eilt so mancher Flaneur dann doch lieber in die eigenen vier Wände zurück und versucht ein Stündchen zu schlafen. Hoch lebe der unschuldige Schlummer, den können sie uns erst ganz zuletzt nehmen! 'Morpheus', so will ich meinen erstgeborenen Sohn nennen, und er soll einmal alles erben außer meinem Nachtgewand. Im Schlaf kann man nichts falsch machen! Es sei denn, ...na ja. Kann man doch. Ende letzter Woche gefiel es meiner Geliebten, mich um 5 Uhr früh wach zu rütteln. Sie habe eine dringende Nachricht. Sie setzte ihre Verkündermiene auf. Dazu gehören die Augen weit aufgerissen und die Brauen haben - dort wo die Enden aufeinander zeigen - leicht gekräuselt zu sein. Hätte es diesen geheimnisvoll schönen Blick schon vor ein paar hundert Jahren gegeben, sie hätte Kriege damit verhindern können. Hannibal hätte ihr seine Elefanten geschenkt, statt sie über die Alpen zu treiben. Aber jetzt ruhte er auf mir: Ich sei ihr soeben im Traum erschienen, war die Depesche. "Es" sei jedoch insgesamt ganz lustig gewesen: Ich sei erschienen, habe sie an den Haaren gezogen und sei wieder verschwunden. Das war’s. Dann schlief sie wohl wieder ein. Morgens um 5 läuft meine Auffassungsgabe im Stand-by-Modus, und im Tempel meines Verstandes brennt höchstens eine 5-Watt-Birne. Wenn überhaupt. Nun ist der Mensch aber geboren, um zu reagieren, wenn was vorfällt, auch wenn gar kein Verstand mehr im Häuschen wohnt. Leute wie Hera Lind, die Gräfin von Thurn und Taxis oder Reinhold Beckmann tun den ganzen Tag nix anderes. Ich strengte also mein Notverstandsaggregat an so gut ich konnte, analysierte im Halbschlaf die Situation so gut es ging, leuchtete mit meinen fünf Watt bis in die letzte Ecke der morgendlichen Herausforderung, und mein Denkapparat kam zu dem Schluss: sie will an den Haaren gezogen werden! Seitdem weiß ich: eine 15-minütige Schlägerei um 5 Uhr früh, in deren Rahmen einem im 12-Sekunden-Takt Vorwürfe wg. Fehlverhaltens (vergangenem und zukünftigem!) gemacht werden, untermalt von Püffen, Tritten, brutalen Schlägen und Kratzattacken, beendet die Tiefschlaf-Phase abrupt und zuverlässig. Danach ist man wach. Das kleine Café, in dem ich mich sonst gerne morgens mit einem doppelten Espresso wachrüttle, musste an diesem Tag ohne mich auskommen. Vielleicht gab ihnen ja der Kantereitförmige Kondensstreifen Trost, den ich im Vorbeidüsen zog. Als ich vorhin Hera Lind erwähnte, fiel mir ein, dass ich mir vor ein paar Jahren recht viel Mühe mit einem Nachruf auf sie gegeben habe, den die FAZ dann aber, aus Gründen, die mir heut noch schleierhaft sind, nicht veröffentlichen wollte. In dieser Rubrik bin ich mein eigener Chef! Ich lehne mir nichts ab! Also werdet ihr ihn wohl jetzt lesen müssen:
In memoriam Hera Lind Hand aufs Herz - seit Hera Lind gestorben ist, da geht es uns doch allen etwas besser, oder? Und das kommt so: Es ist, man weiß noch nicht genau wie oft, die Forschung schätzt das Intervall auf circa 1000 Jahre, bei der Evolution ein so genannter Backup fällig. Der Platz reicht nicht, es jetzt genau hier zu erklären, ich fasse eben mal zusammen: Das ganze Evolutionsgeschehen ist letztlich auch nichts anderes als ein großer Stapel Software. Das muss man alle 1000 Jahre ein bisschen putzen, scannen und deleten, sonst sind da bald die Motten drin. Nun gibt es in der Software, die uns Menschheit gestaltet, für jeden einen Gencode-Link (deswegen Lind?). Der von Frau Dr. Hera Lind geht so:"abj7ff?ˆ°jj550föü##.-.-.-&%&%88164165918.--.&&-+#+#´ß191919++}}²²-³³²²,#+cshl+279238f1^°\\´-99-2fjklök lö#goebel²#+**00//klö*oh.weh+ In unsre Sprache übersetzt heißt das: "Bring mir nen Eimer, aber dalli, ich muss kotzen!" Zuständig ist er für die Eigenschaften dumm wie die Nacht, Fresse wie ein Feuermelder, aufdringlich wie der Klassenfeind, und trotzdem so selbstbewusst wie ein Haufen Elefantenscheiße auf der Minigolfbahn. Und zwar wie einer, der noch kräftig dampft. Und dafür, dass man sie nicht übersieht, dafür sorgen diese Dinger ganz von selber, dazu ist denen jedes Mittel recht: Die singen, schreiben, furzen, ja manchmal setzten sie sich sogar mit ner Taschenlampe im Popo ins Fernsehen. Nun gut, hör ich die ersten Leser murmeln, das ist nun mal die Sorte Mensch, nach der die Medien heute förmlich gieren. Wo ist da die Pointe? Es war gar keine geplant. Nur so viel: Einmal in 1000 Jahren kommt all das vorgenannte Schlimme (dann wenn der Link zum Backup hinterm Cache verschwindet und beschädigt wieder auftaucht) in einem einz’gen Menschenkind zusammen. Das muss ab jetzt der Teil der Menschheit, der mit Verstand und echten Hirnen ausgestattet ist, so lang ertragen bis, es einer tottritt, oder bis der Fall - wie bei Frau Dr. Hera Lind - sich mittels eines Föns und einer Badewanne ganz von selbst erledigt. Man kann jetzt einfach nur von Herzen hoffen, dass das auch so bleibt. Denn manchmal stehn die Zombies wieder auf und machen einfach weiter. So ist, zum Beispiel, ne gewisse Mutter Beimer, als sie ihre Langspielplatte mit dem Titel ‘Klausi’ voll gesungen hat, laut dpa und AFP im Studio zwei- dreimal tot umgefallen. Und trotzdem, jeden Sonntagabend, ...na, Sie wissen was ich meine.
Gott schenke Heras Seele Frieden. Und uns natürlich auch. Apropos "uns": Nächste Woche treffen wir uns an der gleichen Stelle zur Auswertung und Preisverleihung im großen Ratespiel "Wie heißt das Ding im Supermarkt...?" Geschätzte zwei- bis dreitausend Blog-Leser haben mir geschrieben. Leider haben mich bisher nur drei bis vier Mails erreicht. Jetzt gehen also bereits E-Mails unterwegs verloren. Wie sagte ich zu Anfang? Wir leben in eiligen, lauten und größtenteils unschönen Zeiten! Die nächste Woche wird besser! Euer Hans Kantereit Kartoffelkino@compuserve.com.
Missing Link der Wochen
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 36 (FS). „Ratzlaff aber grinste, als hätte er eine Überdosis Diabolika geschluckt. „Jefangene werden nich mehr jemacht, Rita…“
27. Juni 2005
Der Kolk-Rabe No.39 (Woche 26)
Das flüchtige Online-Magazin
Aristotel said to Plato “Want another sweet potatoe?” Plato said to Aristotel: “Thank you. I prefer the bottle!” (Von einem respektablen, gutgelaunten irischen Barkeeper in Brüssel beim abendlichen Gläserspülen vor sich hingesungen)
„Good morning Hans! It’s a good Di- Dodi- die- day today, isn’t it?“ (Respektloser Morgengruß desselben Keepers, - die Bar ausfegend - als ich am Tag, nachdem Lady Di und Fürst Dodi sich in einem Pariser Autobahntunnel verewigt hatten, auf eine Tasse Kaffee hereinkam)
Liebe Leser, letzte Woche hab ich euch alles gegeben. Ich habe Optimismus verstreut und Trost gesprochen. Ich habe die Details meiner Autorenkarriere vor euch ausgebreitet. Ich habe mich über Arbeitskollegen lustig gemacht und werde seitdem im Büro geschnitten. Ein Hauch von Hartz IV liegt nunmehr in der Luft. Ich habe viel riskiert, um euch zu unterhalten und zu erheitern. Diese Woche werde ich mal versuchen, etwas von euch zurück zu bekommen. Nicht viel. Nur ein bisschen. Wir machen einen „Deal“: Ich schenke euch die Antwort auf eine große Frage, die ihr euch schon immer gestellt habt. Und ihr beantwortet mir, zum Dank, eine kleine. Auf die ich keine Antwort weiß. Erst die Große: Ihr habt euch doch sicher schon mal gefragt, wie das „Roaming“ funktioniert, also die Überall-Erreichbarkeit mit dem Handy. Nämlich so:
Wie kann das angehen, dass wir in Straubing unser Mobiltelefon in den Rucksack stecken, und von Herrn Vodafone begleitet, über 15 Landesgrenzen fahren. Ganz egal, was kost’ die Welt, Frühstück an der Adria, Mittagessen am Bosporus, 5-Uhr-Tee am Peloponnes, noch vor dem Abendessen holen wir uns in London einen Tripper und nach dem Frühstück in Sankt Moritz haben wir ihn schon dem Zimmermädchen angehängt. Und das alles, ohne einmal die Handykarte zu wechseln. Permanent unter unserer Nummer erreichbar gewesen. Sogar in London. Der Provider ist uns also die ganze Zeit gefolgt. Das muss ja ein toller Hecht sein! Und was jetzt kommt, ist der Hammer! Da steckt kein bisschen moderne Technik dahinter. Die Software ist noch nicht geschrieben, der Chip oder Transistor, die das könnten, sind noch nicht erfunden. Weil kein Schwein weiß, wie’s gehen könnte. Jedoch: Ist euch auf euren Reisen schon mal aufgefallen, dass an jeder Ecke, jeder Säule, an jedem Baum und jeder Tanne, in der Sonne, in der Tonne, im Schatten, im Café, ja sogar im Scheißhaus, also überall wo ihr hinkommt, schon einer steht und grade was ins Handy brabbelt? Allerdings nur so lange, bis endlich die Hotelzimmertür hinter euch ins Schloss fällt. Dann ist endlich Ruhe. Merkt ihr was? Dämmert’s schon? Hallo?! Leserchen! Ist jemand zu Hause? Na also! Genau! Ihr habt es gerade erfasst. Euer Aufenthalt wird „manuell“ verfolgt. Die Leute an den Ecken, an den Tannen in den Tonnen, im Cafe, jetzt endlich wisst ihr, was die da immer - scheinbar nutzlos - ins Gerät zu brabbeln haben. Die geben euren Standort durch, die Richtung, die ihr geht oder fahrt, das Reiseziel, die Reisezeit, den Reisezweck, den Proviant und das Gepäck, in Düsseldorf bei Vodafone, da sitzt ein Praktikant, der hat Erfahrung, der schreibt das alles auf, der weiß schon jetzt, wo ihr in zwei, drei Stunden seid, so geht kein Anruf mehr verloren, es ist doch grad als wärt ihr noch zu Haus! - Von daher auch der Name Roaming, denn wenn ihr einen Roam (Hotelzimmer) betretet, dann kann der ganze Zauber endlich eine Pause machen. Da könnt ihr ja schließlich auch nicht plötzlich unbemerkt verschwinden. Von Vodafone der Mitarbeiter sitzt dann so lange unten in der Bar und starrt stumm in seinen Drink. Kaum geht ihr raus aus eurem Zimmer, weil ihr auch mal in die Bar wollt, da muss er’s auch schon melden und quasselt eifrig in sein Telefon! So - und nicht anders - kommt das ganze öffentliche Durcheinandergebrabbel und Gehupe doch zu Stande! Jetzt wo man’s weiß, möcht man’s kaum glauben! - Für Leute die das gar nicht mögen, weil sie quasi die Kontrolle fürchten, gibt es nur einen Ausweg, oder vielmehr zwei. Der erste: Viele, viele Klamotten mit sich führen, und alle Nas lang einen Kostümwechsel vollziehen. Auch mal Perücke, Ankleb-Koteletten oder falsche Nase ausprobieren. Das hat schon manchen Telefongesellschaftsspionagefachmann derartig verwirrt, dass er seinen Kunden unterwegs verlor. Der zweite: Lasst euer Telefon zu Hause. Dann kann der eine (homebased) Mann, der sonst bei euch Tag und Nacht im Garten in den Büschen sitzt und wartet, bis ihr wieder roamen gehen wollt, getrost auch selber mal paar Tage Urlaub machen.
- Das war die große Antwort. Jetzt kommt die kleine Frage: Wie heißt das Ding, das man an der Supermarktkasse auf dem schwarzen Laufband zwischen seine Waren und die des Nachfolgers legt? Ich weiß es nicht. Aber gemeinsam müssten wir es raus kriegen. Und die Antwort, wo lesen wir die? Genau. Nächste Woche hier. - Aber erst müßt ihr sie natürlich hierherschicken.
An Kartoffelkino@compuserve.com. Dort wartet wie immer ergeben Euer Hans Kantereit
P.S.: Von der Teilnahme an diesem unterhaltsamen und kostenlosen Ratespiel ist niemand ausgeschlossen. Auch nicht meine Webblog-Kollegen Dr. Bröckers und Prof. Kapielski. Nur Mut, meine Herren
Missing Link der Wochen
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 36 (FS). „Ratzlaff aber grinste, als hätte er eine Überdosis Diabolika geschluckt. „Jefangene werden nich mehr jemacht, Rita…“
20. Juni 2005
Der Kolk-Rabe No.38 (Woche 25)
Das flüchtige Online-Magazin
Editorial
„Wer jammert, hat noch Reserven!“ Karen Duve (Wahrscheinlich im Jahr 2004)
Ich bin und weiß nicht wer Ich komm und weiß nicht woher Ich geh und weiß nicht wohin Mich wundert, dass ich so fröhlich bin
Magister Martin von Biberach (Definitiv mehrere Legislaturperioden vor Frau Duve.)
„Sei höflich zu deinem Schicksal: Gehe ihm immer ein paar Schritte voraus!“ Hans Kantereit (Letzte Woche)
Liebe Leser, an den vorgestellten Zitaten werdet ihr schon gemerkt haben, worum es diese Woche gehen soll. Um Höflichkeit und Bescheidenheit in Zeiten der Krise. Ans Werk! Mein Herz ist voll, deswegen will ich es ausschütten! Ich hatte eine schöne Woche! Es war von allem was dabei. Man hat mir die Tür aufgehalten und ich hatte im Bus einen Sitzplatz. Man hat endlich die Ärmel meiner Jacke gekürzt, man hat mir einen Grappa spendiert und ein guter Wirt hat mir 0,5 Liter Beck’s „erlassen“. Zehn Minuten später fiel er um und wurde von einem Rettungswagen des Malteser Hilfsdienstes abgeholt. Ich durfte erleben, wie ein von mir sehr geschätzter Gastro-Journalist aufrecht sitzend, die Zigarettenspitze formvollendet zwischen Zeige- und Mittelfinger, am Kneipentisch einschläft und mit einem Gesichtsausdruck, als hörte er gerade die Matthäus-Passion (und zwar in einer Bearbeitung die Bach ihm persönlich gewidmet hat), vor sich hin schlummert. Man hat Wein und drei Stück Käse für mich eingekauft und in der Küche vor mich hingestellt. Dann hat man mich aus geheimnisvoll schönen Augen angelächelt und mir damit für heute, morgen und wer-weiß-wie-lange das Leben gerettet. Danke, das bekommst du zurück! Ich habe, ohne auf einen offiziellen Auftrag oder den päpstlichen Segen zu warten, die Theorie entwickelt, dass ein in seinem Handwerk perfekter und rundum anbetungswürdiger Künstler wie Dustin Hoffman, hätte er vor 2000 Jahren gelebt, sich ohne Gegenstimmen hätte zu Jesus Christus wählen lassen können Aber auch das war schön: Ich stand mit Kollegen zur Mittagszeit an einer Imbissbude. Während der Wirt unsere kleinen Mahlzeiten auf Pappteller legte, dachte ich über meine „Karriere“ nach. Und kam darauf, was eigentlich das Erstaunliche daran ist: Sie verläuft wie kaum eine andere auf dieser Erde. Sie plätschert so geheimnisvoll in die falsche Richtung wie mein ganzes Leben. Allzu viele Details würden euch nur langweilen, aber eins kann ich mit Fug und Recht behaupten: Ich arbeite mich in jeder Hinsicht von oben nach unten durch. Ich habe die Zeichen der Zeit erkannt, und gehe meinem Schicksal einen Schritt voraus! Ich sinke! Immer tiefer! Leser, versteh mich bitte nicht falsch: Ich jammere nicht! Ich finde es einfach nur bemerkenswert! Es macht Spaß! Auf dem Höhepunkt unserer mittäglichen Konferenz an der Wurstbude stippte meine Chefin ein Stückchen Schaschlik in die rote Soße, betrachtete es von allen Seiten, legte es beiseite, tupfte sich damenhaft die Lippen ab und bot mir eine Gehaltssenkung an. In beliebiger Höhe! Ich denke ernsthaft darüber nach, denn im Sinne meiner ganz persönlichen Karriereplanung wäre das doch gewissermaßen ein echtes Supersonderangebot! Eine unerwartete Protektion! Ein Quantensprung! Vielleicht gelingt es mir ja, sie auf die Hälfte runter zu handeln. Ich persönlich freu mich drauf! Denn Jammern bringt nix! Jammern ist eine Seuche! Ich kann es nicht mehr hören und selber jammern kann ich schon gar nicht. Was wir jetzt brauchen, sind neue Ideen. Hier wäre eine: Wie viel Gejammer und Gesülze und Gemecker und Gekeuche bliebe uns erspart, gäbe es die Arbeitslosigkeit nicht!? Ist es nicht höchste Zeit, dass wir sie abschaffen?! Man müsste einfach nur aufhören, die Leute nach Hause zu schicken. Wenn ein Laden pleite geht, in Gottes Namen, lasst die Leute doch einfach an ihren Arbeitsplätzen, bis die Krise überwunden ist. Die können sich ja so lange mit etwas anderem beschäftigen. In einem Büro kann man tausenderlei Sachen treiben! Fröhlich mobben, zum Beispiel! Hören wir doch mal kurz rein, wenn Herr von Straehlen und Frau Dr. Jaschke, beide ausge- fuchste und mit allen Wassern gewaschene Vertriebsprofis bei einem vor kurzem bankrott gegangenen mittelständischen Autotelektronikzulieferer, sich auf ihrer wöchentlichen Montagskonferenz so zu sagen haben.
- Von Straehlen: „Frau Dr. Jaschke, als sie vorhin bei Herrn Knüll im Büro waren, haben Sie da nur Ihre verwelkten Titten an ihm gerieben, oder auch ein paar neue Zahlen erfahren?“
- Jaschke: „Sie wissen genau so gut wie ich, dass es keine neuen Zahlen gibt, Sie totgeweihter Eiterbeutel! Aber bitte, hier sind ein paar alte: 24 mal Cognac, 11 mal Apfelkorn und 6 mal brauner Rum, das ist die Zahl der leeren Flachmänner, die wir allein letzte Woche in Ihrem Papierkorb gezählt haben! Es wird Zeit, dass Sie auf größere Flaschen umsteigen!“
- Von Straehlen: „Es freut mich, dass Sie das Thema Zeit ansprechen, Kollegin Große Flasche. Alle wissen, dass die Ihre bei uns allmählich abgelaufen ist. Hand aufs Herz: Warum ziehen Sie sich für die letzten Tage Ihrer Karriere nicht mal was Ordentliches an?“
- Jaschke: „Wie schon in der Memo vom Freitag verschriftlicht, Herr von Straehlen, verbietet sich das tragen neuwertiger Kleidung in diesem Hause solange von selbst, wie die Ausdünstungen Ihres aufgeschwemmten, wenig gepflegten Leibes noch durch die Räume wabern. Den Gestank kriegt ja noch nicht mal ein Atomkrieg wieder raus!“
- Von Straehlen: „Verzeihung, das hatte ich wohl überlesen. Sehr umsichtig gedacht, Frau Kollegin. So, ich denke für heute wär’n wir durch.“
- Jaschke: „Ja, das denke ich auch, Herr Kollege. Wir sehen uns dann vielleicht schon nächsten Montag in der Gosse!“
- Von Straehlen: „Genau!“
Leser, jetzt sag doch mal selbst: Wäre so ein gepflegtes Mobbeinander nicht in jedem Fall gesünder und konstruktiver, als zu Hause zu verbittern?!
Eine in diesem Sinne fröhliche und unbeschwerte Woche mit viel Glück und Erfolg im Beruf, in der Liebe und womit ihr euch sonst noch so die Zeit vertreibt wünscht
Hans Kantereit
Kartoffelkino@compuserve.com
Missing Link der Wochen
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 36 (FS). „Ratzlaff aber grinste, als hätte er eine Überdosis Diabolika geschluckt. „Jefangene werden nich mehr jemacht, Rita…“
13. Juni 2005
Der Kolk-Rabe No.37 (Woche 24)
Das flüchtige Online-Magazin
Editorial
Liebe Leser! Für alle, die heute frisch zugeschaltet haben, will ich es noch mal sagen: Kollege Schulz ist im Urlaub! Fünf Wochen. Jetzt gehört ihr mir. 5 Wochen lang. Und ich habe viel mit euch vor. Deswegen will ich mich nicht mit langen Vorreden aufhalten. Sondern auf der Stelle zur Sache kommen. Nach einem kleinen technischen Hinweis: Da ich, was Elektrogeräte angeht, technisch nicht so hochgerüstet bin wie mein Vorgesetzter Oberst von Schulz und mir irgendein Outback Express oder wie die modernen Fürze alle heißen, fehlt, werden in der Zeit meiner Urlaubsvertretung die „Öffentlichen Kommentare“ nicht funktionieren. Tut mir leid! Ich käme da nicht ran und könnte folglich auch nicht reagieren. Deshalb: Wer mir etwas zu sagen hat, etwas kommentieren oder sich ganz einfach nur beschweren möchte, wende sich bitte per E-Mail direkt an mich: Kartoffelkino@compuserve.com Danke.
Also, WAS habe ich mit euch vor? Ganz einfach: Ich will euer Leben verändern! Ich möchte, dass ihr ein wenig werdet wie ich. Also wohlhabend, gut aussehend, erfolgreich und gebildet. Ich wünsche mir, dass ihr alsbald wie ich übers Wasser gehen und die Lottozahlen mit Hilfe ein paar alter Backoblaten voraussagen könnt. Ich wünsche mir, dass auch ihr euch, wenn Ihr euer Flugzeug verpasst, aus eigener Kraft in die Lüfte erheben und 20 Minuten früher landen könnt, als der klapprige Airbus, den ihr verpasst habt. Alles, was ich dafür tun muss, ist euch ein wenig von meinem Wissen abzugeben. Und alles was ihr tun müsst, ist dieses Wissen anzunehmen. Fünf hoffentlich schöne warme Sommerwochen lang will ich euch belehren. Wenn euer Schulz aus dem Urlaub zurückkommt, soll er euch nicht wieder erkennen. Ich habe es geahnt: Spätestens an dieser Stelle werden die Ersten neugierig. Drum will ich euch nicht länger auf die Folter spannen. Die Vorlesung beginnt. In unserer ersten gemeinsamen „Stunde“ wollen wir uns mit dem abendgesellschaftlichen Phänomen des „Schöntrinkens“ eines Gegenübers beschäftigen.
Das Schöntrinken
Wie kommt es eigentlich, und wofür ist es gut, dass wir uns eine(n) (Hand aufs Herz) kriminell- und grottenhässlichen potenziellen Partner(in) nur mittels schnöden Alkohol in null Komma nix zum schönsten Menschen des Universums hochtrinken können? Wie kriegt der Fusel es nur hin, dass aus O.W. Hässlich, Buckelgasse Nr. 7, 0815 Schielendorf (125 Kilo, ein Bein, Glatze, Gebiss, Glasauge, aber wenigstens 3 gesunde Finger an jeder Hand) mit einem Mal Ornella Muti / Richard Gere wird. Und zwar die/der von vor 25 Jahren!? Gemach, mein Leser, denn gleich wissen wir’s, dann kann dir so was dein ganzes Leben lang nicht mehr passieren. Das Saufen ist im Grunde ja ein furchtbar schlichter Vorgang: Man setzt sich auf den Arsch, macht das Maul auf und schüttet Zeug rein. Das wäre leider alles ziemlich nutz- und sinnlos, wenn die ganze Brühe uns sofort wieder unten aus dem Piephahn rauslaufen würde. Deswegen müssen Korn, Burgunder, Cocktails, Schnaps und Bier in jedem Falle erst mal durch die Nieren und später durch die Leber. Und so entsteht beim hastig trinken jener Stau, der dann den so genannten Pegel macht. Was alkoholisch nicht sofort gebraucht, verdaut und abgefiltert werden kann, tritt durch die Blutgefäße wieder aus und sammelt sich im Körper. Wenn wir ganz mächtig auf die Pauke haun, dann wird das zum Problem, dann wird der letzte Zentimeter Körperhohlraum ausgenutzt, die Luft, die sonst den Hohlraum füllt, muss raus, deswegen sind die Bürger in den Kneipen auch permanent am Rülpsen und am Furzen. Wenn jetzt der Pegel gar zu hoch wird, dann steht die Brühe irgendwann im Kopf. Wenn sie auf Augenhöhe ankommt, dann - spätestens - geht uns der Durchblick flöten. Der Sehnerv klappt sich weg, der kann den Fusel nicht vertragen. Die Augen stellen um auf Infrarot und funken nur noch das zum Hirn, was sie durch unsre angesoffene Brühe durch erkennen können. Das muss dann meist im Telegrammstil gehen, denn heute gilts und permanent wird neue Brühe nachgegossen, die Sicht wird immer trüber. (Wenn dunkle Sachen wie zum Beispiel Jägermeister mit im Spiel sind, ist darum oft schon eine Stunde früher zappenduster.) Im Telegrammstil ist kein Platz für Einzelheiten. Drum liest sich die Beschreibung O.W. Hässlichs, die das Aug ans Hirn funkt, beispielsweise so: Frisur, Gesicht, rote Lippen, Busen, Bein, Hände. Ist diese „Skizze“ oben angekommen, dann macht das Hirn (auch dem geht es zu diesem Zeitpunkt ja schon lange nicht mehr richtig gut) eine Frau daraus. In Härtefällen auch mal einen Mann. Schön oder hässlich, alt oder jung, ist der Busen vorne oder hinten, das Bein aus gutem deutschem Holz oder doch nur wieder aus Pappmache, für solch geschmäcklerische Modefragen ist heute Abend wirklich keine Zeit. In zehn Minuten macht ja außerdem die Kneipe zu. Das Ding kommt mit nach Haus, wenn morgen früh die Sonn’ drauf scheint, dann wird’s uns schon gefallen. So kommt’s dann, liebe Leser, dass manchmal, wenn uns nach durchzechter Nacht, des morgens früh die liebe Sonne auf die Kissen und die Beute scheint, wir uns im stillen wünschen, sie wäre über Nacht doch besser aus der Umlaufbahn geraten und ganz weit nach hinten raus ins Universum abgedüst. Und hätte uns gleich mitgenommen. Mein Tipp: Der einzig wirklich gute Rat, den ich hier geben kann: Im Zweifelsfall - am Besten noch bevor ihr in die Kneipe geht - die Jalousien runter lassen.
So, liebe Leser, gern geschehen. Und: wer jetzt noch da ist wird belohnt! Hier kommt nämlich - da es so schön zum Thema passt - noch die Liebesgeschichte der Woche. Ist mir passiert. Am Donnerstag morgen. Und ging so:
Neun Uhr morgens. Ich mache meine Haustür auf und trete auf den Bürgersteig. Da kommt sie von links. Mittelgroß. Mittelschlank. Kurze rötliche Haare, Jeans und abgetragene, weinrote Lederjacke. Hübsche Sonnenbrille mit kleinen, runden, rötlich getönten Gläsern, die die dicht- gewachsenen, berückend schönen Augenbrauen sehen lassen. Sie ist vielleicht Mitte zwanzig, sitzt auf dem Fahrrad und fährt Mitte Dreißig. Sie lenkt mit einer Hand, mit der anderen tippt sie (und das dürfte bei der Geschwindigkeit auf dem holprigen Gehweg nicht einfach sein) eine SMS in ihr Handy. Plötzlich sind wir uns ganz nah! Es ist wie auf der Leinwand. Ich stöhne laut und gebe ihr Tiernamen. Sie stöhnt auch und fasst sich mit beiden Händen (das schnöde Mobiltelefon hat sie längst weit von sich geworfen) an den Kopf, als könne sie irgendwas nicht aushalten. Nach ein paar Sekunden ist alles vorbei. Sie kriecht unter mir hervor, ich gebe ihr zum Abschied noch einmal einen Tiernamen. Sie tut es mir gleich. Es ist viel von milchgebendem Nutzvieh und anderem Stallgetier die Rede. Wir winken uns noch lange nach, beide mit geballter Faust, aus welcher der leicht gekrümmte Mittelfinger nach oben zeigt, um anzudeuten, welche Schweinereien wir miteinander veranstalten werden, wenn wir uns das nächste Mal begegnen. Resümee: Wir sind uns durch Zufall über den Weg gelaufen. Wir sind sofort aufeinander geflogen. Wir waren uns sehr, sehr nahe, aber nur so lange, wie es nötig gewesen, wäre unsere genetischen Merkmale auszutauschen. Als wir wieder zu Atem kamen, begannen wir uns Vorwürfe zu machen, und dann sind wir - beide zum Glück nur leicht beschädigt - im Streit auseinander gegangen. Was ich da erleben durfte, war eine Durchschnittsehe, von einem gütigen Zeitraffer auf zweieinhalb Minuten runtergekürzt. Danke, Schicksal!
Liebe Leser: Augen auf im Straßenverkehr!Das gilt auch für Fußgänger! Bis nächste Woche! Euer Hans Kantereit
Missing Link der Wochen
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 36 (FS). „Ratzlaff aber grinste, als hätte er eine Überdosis Diabolika geschluckt. „Jefangene werden nich mehr jemacht, Rita…“
6. Juni 2005
Der Kolk-Rabe No. 36 (Woche 23)
Das flüchtige Online-Magazin
Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Zwar hat mich das Alltagsgeschick noch mal kurz dahingehend geärgert, daß meine Armbanduhr erneut kaputt-ging (vgl. Kolk-Rabe No. 25ff.), aber ich kaufte mir einfach eine neue – und zwar bei Karstadt. Und nun, hurra, ist es so weit. Das Eierköfferchen (vgl. Kolk-Rabe No. 13) ist gepackt. Außerdem im Gepäck: kurzärmlige Hemden in Orange und Grau (vgl. Kolk-Rabe No. ?? – sorry, zu faul rauszusuchen). Wenn Du dies liest, Juserin und Juser, bin ich bereits auf hoher See.
Wochenbericht / Essay
In dem Letzte-Besorgungen-Streß zuvor allerdings habe ich im Drehständer vorm Copy-Shop meines Vertrauens ein Juxkärtchen folgenden Wortlauts entdeckt: Gutschein über 1x in den Wald scheißen. Und dabei, o Juserin, o Juser, kriegte ich plötzlich ein schlechtes Gewissen. Und zwar, weil ich mich an all die „Gutscheine“ erinnerte, die ich in meinem Leben bereits zur Hochzeit, zum Geburtstag o.ä. verschenkt hatte. Was, wenn z.B. V., J., G. oder womöglich alle zusammen eines Tages auf den Gedanken kämen, einen einzulösen? Zack wär’ ich auf einer Art psychologischen Achterbahn. Vielleicht reagierte ich sogar pi- kiert? Da hatte man sich, wie es hinsichtlich der Sitte des Schenkens in jedem Knigge angeraten wird, Gedanken gemacht, diese in die schöne alte Tradition des selbst gebastelten Geschenk- gutscheins umgesetzt, und dann ignorierte der Beschenkte ihn jahrelang. Ungezogen genug. Aber dann doch noch darauf zu bestehen wäre doch regel- recht dreist, oder? Im Zuge dieser Überlegungen meldete sich mein spießiges Über-Ich, indem es sich eines Grund- satzurteils des OLG Stuttgart von 1998 erinnerte. Demzufolge sind unbefristete Gutscheine unbefristet gültig. Juristisch wäre V., J. oder G. also nicht am Zeug zu flicken. Daraufhin schämte sich mein Ich-Ideal: Handelt es sich bei Geschenkgutscheinen denn wirklich um eine Holschuld? Obliegt es nicht vielmehr dem Schenk- enden, den Beschenkten von ebender peinlichen Aufgabe zu befreien? Andernfalls man gar in den Verdacht gerät, Gutscheine mit Bedacht zu verschenken, indem man auf die Zurückhaltung des Beschenkten spekuliert? Diese reuige Vorstellung wiederum löste bei mir Solidarität mit dem Beschenkten aus – gegen mich selbst: Stellen Geschenkgutscheine nicht an sich eine Unsitte dar? Wenn man derart lieblos damit umgeht, wäre es dann nicht ehrlicher, den all- fälligen Gutschein pauschal über „1 geschenkten Gaul“ auszustellen und direkt bei Übergabe abstempeln, gegenzeichnen und entwerten zu lassen? Wie hoch mag wohl die Dunkelziffer unverwerteter Geschenkgutscheine in Deutschland sein? Welche unguten Auswirkungen mögen sie zeitigen – ethisch, zwischenmenschlich und volkswirtschaftlich? Gehen wir einmal davon aus, nur zu jedem vierten der 80 Millionen Geburtstage würde hierzulande ein Gut-schein verschenkt und davon bliebe auch nur jeder vierte uneingelöst, ergäben sich bereits fünf Millionen brachliegende Gutscheine pro Jahr. Schon bei einer niedrig angesetzten Wertschöpfung von zehn Euro pro Schein staute sich der potenzielle Cashflow auf 50 Millionen Euro! Darüber hinaus stelle man sich den zwischen- menschlichen Schaden vor: Eine durchschnittliche Papierdicke unterstellt, schichtete sich ein Stapel von rund 275 Metern Höhe auf. Ein Teufelsdom der Gleichgültigkeit. Ein Totem der Dekadenz. Ein Schandmal der Freundschaft. Das, beschloß ich, gilt es abzureißen. Was ethisch immer noch besser ist, als die eigentlich doch schöne Sitte in Bausch und Bogen zu ächten. Denn weshalb sollte ein Geschenkgutschein bzw. Gutscheingeschenk verwerflicher sein als bei- spielsweise eine Blumenvase, die zwar ad hoc fällig ist, aber unter Umständen fortan ebenso im Vertiko vor sich hin dämmert? Das ließ mir keine Ruhe. Die Koffer waren noch nicht gepackt, aber als erstes durchforstete ich noch schnell meine Word-Datei „Kramzeug“ und verzeichnete neben den Verbindlichkeiten bei V., J. und G. weitere in Form von insgesamt 2 Fuß- reflexzonenmassagen, 1 bunten Abend, 1 Kiez- bummel sowie 1 Ausflug in den Vogelpark Walsrode. Anschließend räumte ich Schreibtisch, Vitrine, Küchenschubladen auf. Dabei registrierte ich Außenstände von insgesamt 2 Fußreflexzonenmassagen, 2x schick Essengehen und 1 Heißluftballonfahrt. Da wir alle eigentlich alles haben – außer Zeit –, gibt es nur eine Lösung: Generalamnestie. Wir sollten die Fußreflexzonenmassagen gegeneinander wegkürzen, den Heißluftballon gegen den Vogelpark und den bunten Abend samt Kiezbummel gegen 2x schick Essengehen. Und dann scheißen wir alle gemeinsam in den Wald. Einverstanden? Apropos Wald:
Witz der Woche vor Monaten gehört von Dr. Kartoffel:
§ Auch bei den Tieren des Waldes hat der Alkohol Einzug gehalten. Alles geht drunter und drüber: Die Rehe torkeln, die Tauben stürzen ab, die Füchse laufen gegen die Bäume, und morgens reibt sich alles die verkaterten Köpfe. Wochenlang geht das so. Hört überhaupt nicht wieder auf. So, denkt sich der Wolf, geht das nicht weiter – und beruft eine Versammlung ein. „Tiere des Waldes!“ ruft er. „So geht das nicht weiter! Ab sofort herrscht strengstes Alkoholverbot! Verstanden?“ Alles nickt mit den verkaterten Köpfen. Und tatsächlich, am nächsten Morgen: alles frisch und munter. Die Rehe äsen, die Tauben fliegen saubere Achten, und die Füchse pirschen. Nur der Hase… „Hase!“ sagt der Wolf streng. „Wir Tiere des Waldes hatten doch beschlossen…“ „Is richtich“, lallt der Hase, „nee, alles klar. Morgen is Schlus mit lustich.“ Doch am nächsten Morgen: alles wie vorher. Die Rehe äsen, die Tauben fliegen saubere Achten, und die Füchse pirschen. Nur der Hase… „Hase!“ sagt der Wolf streng. „Wir Tiere des Waldes hatten doch beschlossen…“ „Is richtich“, lallt der Hase, „nee, alles klar. Morgen is Schlus mit lustich.“ Doch am nächsten Morgen… Die Rehe äsen, die Tauben fliegen saubere Achten, und die Füchse pirschen – nur der Hase scheint spurlos verschwunden. Der Wolf durchstreift den ganzen Wald, und endlich, nach ein paar Stunden Suche, entdeckt er, wie aus dem Waldsee zwei spitze Löffel und ein Strohhalm ragen. Der Wolf pirscht sich ans Ufer, zieht den Hasen an den Löffelspitzen aus dem Wasser und sagt streng: „Hase! Wir Tiere des Waldes…“ „Wassie Tiere d’s Waldes beschliesen“, lallt der Hase, „is’ uns Fischen egal!“
Tote sterben nie Der beinharte Eso-Thriller, Folge 6
Müllermeier alias Hornblower riß sich brutal aus seinen düsteren Gedanken und schließ- lich die Tür zu den Räumlichkeiten des „Om“ auf. Wieder schlug ihm ohrenbetäubender Räucher- kerzengestank entgegen. Das monotone Gesäusel dieser mondsüchtigen Esoteriker war unerträglich. Oder kam das aus der New-Age-Musik¬Box? Schmutzige Aurafotos wechselten in aller Öffentlichkeit den Besitzer, Klistierspritzen zur „inneren Reinigung“ – angeblich aus zweiter „Hand“ – wurden feil- geboten und für Lotussitzfreaks vorderindische Spoiler und Luchsschwänze. Die Mönche am Tarot¬ Tisch erzählten sich schlüpfrige Mantren. Es war die Hölle. Hornblower setzte sich wieder an den holzfreien Tresen. „Wassermann?“ fragte der Barkeeper. Seine düstere Aura strotzte vor Wetgel. Er blickte Hornblower böse an. 'Hüte dich vor bösen Blicken', hatte Osho Ass- licker, linke Hand des Lieutenants und Waffenschmied des Geheimdienstes, ihn gewarnt und ihm dieses lächerliche Mützchen verpaßt, dessen Krempe mit linksdrehendem Tigerbalsam gefirnißt war. Es hatte nichts genützt. Offenbar hatte der Barkeeper mit einem einzigen bösen Blick erkannt, daß Hornblower Wassermann war, sowohl uro- als auch astrologisch. Hornblower entschloß sich zu einer dreisten Lüge. „Nee, wieso. Krebs!“ „Warme Küche nur bis zwölf“, erwiderte der Bar- keeper gereizt. „Also, Tee oder Wasser, Mann.“ Hornblower atmete auf. „Dann eben eben Wasser, Mann.“ „Sag ich doch“, raunzte der Keeper und begann, Wasser durch ein Sieb zu weihen. Sein Sisalhemd raschelte hinterhältig. Unter den Achseln transzendierte er stark… ACHTUNG! CLIFFHANGER! (Fortsetzung folgt am 18. Juli. Warnung: Der Eso-Thriller Tote sterben nie ist nichts für schwache Nerven. Der Kolk-Rabe entschuldigt sich für die Urinalmetaphorik. Aber nützt ja nix! Wie sagte doch Robert Gernhardt? Die haben angefangen!)
Rückantwort
Lieber Dennis (siehe Kolk-Rabe No. 35)! Vielen Dank für die prima Heizungs- geschichte, das prima Kackgedicht und die nur allzu freundlichen Worte und guten Wünsche. In einem Punkt muß ich Dich allerdings berichtigen bzw. kann Dich beruhigen: Dr. Kartoffel wird sich auf gar keinen Fall die Haxen vertreten. Dieser meriten-übersäte, bis an die Zähne mit Humorgenen bewaffnete, nichtsdestotrotz viel zu bescheiden gebliebene Ex-Titanic- und Ex-Kowalski-Mann gehört zu meinen Idolen. Auf die kommenden fünf Wochen darfst Du Dich freuen!
Vorab-Astro-Info für Girls Krebs (21.6.–22.7.)
Der Krebs krebst meist so vor sich hin, empfindet Sex als Widersinn. Oft fragt er sich: Bin ich schon drin? Der Alptraum jeder Anglerin.
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 36 (FS). „Ratzlaff aber grinste, als hätte er eine Überdosis Diabolika geschluckt. „Jefangene werden nich mehr jemacht, Rita…“
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 37:
- Mein schönstes Ferienerlebnis - Zusammenfassung des vierten Kapitels und Vorschau auf das dramatische Finale von „Bella und das Büro des Grauens“
Es freut sich auf ein virtuelles Wiedersehn: Dein, Juserin, und Dein, Juser, Schulz
30. Mai 2005
Der Kolk-Rabe No. 35 (Woche 22).
Das flüchtige Online-Magazin
Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Wenn Du diesen Kolk-Raben (No. 35) heute in einer Woche lesen solltest, wäre ich bereits auf hoher See (vgl. Kolk-Rabe No. 34). Aber warum solltest Du ihn erst in einer Woche lesen? In einer Woche kommt ja ein frischer Kolk-Rabe (No. 36). Wenn Du den dann lesen solltest, wäre ich allerdings bereits auf hoher See (vgl. Kolk-Rabe No. 34, bzw. siehe oben). Aber warum solltest Du den Kolk-Raben No. 36 in einer Woche lesen? Weil dort endlich der prima Witz erscheint, den ich neulich, bzw. jüngst oder wenigstens halbwegs kürzlich, von Dr. Kartoffel gehört hab.
Urlaubsvertretung
Bei aller Bescheidenheit darf ich wohl behaupten, daß ich Günther „dem starken“ Willen meine Urlaubsvertretung auf diesem Sendeplatz in den süßesten, fettfreiesten Tönen angepriesen habe, zu denen ein schmalziger Sauertopf wie ich nur fähig ist. Doch leider hat Günther „beim besten“ Willen Verpflichtungen – z.B. einen Vollzeitberuf. Deshalb konnte ich ihn denn doch nicht beschwatzen. Sehr schade. Allemal läßt er schön grüßen, der begnadete Powermailer. Aber wie heißt es in christlichen Chreisen doch stets so schön: Für jede Tür, die sich schließt, öffnet der „liebe Jott“ (Harald Juhnke) eine andere. Und wer spaziert hindurch und herein, ja geradezu hinein, frisch, fidel und bombenbibelfest wie eh und je? Kein geringerer als Hans „Dr. Kartoffel“ Kantereit! Jawohl! Der echte Dr. Kartoffel! Ich hab ihn! Bzw., Juserin und Ju-ser, Du! Du hast ihn! Ich nehme an, er war einfach nur zu schwach, sich zu wehren – oder zu vornehm. Zu spät. Jetzt hab ich ihn. Ab übernächste Woche wird, Juserin und Juser, er Dir einen vom Pferd erzählen, der Pferdenarr und Weltumsegler, Schachgroßmeister und Ex-Formel-1-Rennfahrer – oder jedenfalls Drehbuchau-tor und Übersetzer, Operettennachdichter und Schriftsteller von komischsten Gnaden (vgl. „Dr. Kartoffel erklärt uns die Welt“, Greiz 1994; S. 64 ff.). Wie, Juserin und Juser, hab ich das gemacht? Da nicht für. Kleinigkeit für einen in der Wolle gefärbten Türsteher. Allerdings wollte der feine Herr Teilzeitfranzos sich weder durch Geld, Gold noch gute Worte davon überzeugen lassen, den beinharten Eso-Thriller „Tote sterben nicht“ weiterspinnen zu wollen. Jetzt kriegt er seinen täglichen 5-Liter-Demijohn Rotwein aus’m Tropf, trägt seine Schneidezähne an einem Kettchen um den Hals und erzählt jeder zweiten seiner halbseidenen Miezen, sie wären von ’nem Grizzly. Unser Kartoffel! Immer ’n flotten Spruch auf der Bettpfanne. (Aber nichts für ungut. Und: Der Rest geht dann beim Duschen ab. Außerdem: ätsch. Hatte sowieso schon lange vor, mal ’nen fünfwöchigen Cliffhanger einzubauen.)
Trouvaille der Woche Das Handbuch für die gute Ehefrau (aus: Housekeeping Monthly, 13. Mai 1955)
§ 15 Machen Sie es ihm bequem. Lassen Sie ihn in einem gemütlichen Sessel zurücklehnen oder im Schlafzimmer hinlegen. Halten Sie ein kaltes oder warmes Getränk für ihn bereit. § 16 Schieben Sie ihm sein Kissen zurecht und bieten Sie ihm an, seine Schuhe auszuziehen. Sprechen Sie mit leiser, sanfter und freundlicher Stimme. § 17 Fragen Sie ihn nicht darüber aus, was er tagsüber gemacht hat. Zweifeln Sie nicht an seinem Urteilsvermögen oder seiner Rechtschaffenheit. Denken Sie daran: Er ist der Hausherr, und als dieser wird er seinen Willen stets mit Fairneß und Aufrichtigkeit durchsetzen. Sie haben kein Recht, ihn in Frage zu stellen. § 18 Eine gute Ehefrau weiß stets, wo ihr Platz ist. Ende mit Schrecken
Tote sterben nie Der beinharte Eso-Thriller, Folge 5
Und damit hatte alles seinen Lauf genommen. Er war verhaftet worden, und da er als 16jähriger an den großen Demonstrationen gegen Wald und Sterben teilgenommen hatte, waren seine blutjungen Personalien brutal erfaßt, gelocht und in die Akten des Esoterischen Geheimdiensts gesperrt worden. Prompt war eines Tages der Leitende Lieutenant in Müllermeiers Knastzelle aufgetaucht, nervlich zwar ziemlich zerrüttet, aber nach wie vor ein strenger Chef. Und so roch er auch. „Entweder“, sagte er, mit der langen Hand nervös seine Hoden knetend – Müllermeiers Hoden –, „entweder bleiben Sie für den Rest Ihres Lebens im Bau, oder Sie arbeiten für mich!“ Was blieb ihm übrig? „Okay“, sagte Müllermeier. „Ich bleib im Bau.“ Doch er hatte nicht mit der nervlichen Zerrüttung des Leitenden Lieutenants gerechnet. Er besuchte Müllermeier jeden Tag. Nach drei Wochen waren Müllermeiers Hoden total zerrüttet. Seither machte er diesen verdammten Job als Esodetektiv, und seit heute mittag war er als verdeckter Ermittler dem Geheimnis des Schwitzkastens auf der Spur. Einer der großen Drogeriebosse sollte dort angeblich in großen Mengen Parfum strecken. „Aber was hat der Esoterische Geheimdienst damit zu tun?“ hatte Hornblower gefragt. „Es ist esoterisches Parfum“, war die Antwort des Lieutenants, während er versonnen an seinen Testikeln spielte – Müllermeiers Testikeln. „Die Tantrajunkies spritzen es sich. In die Armbeuge, hinter die Ohren, unter die Achseln – abstoßend.“ Der Lieutenant schwor auf körpereigene Duftstoffe. „Aber warum muß ich denn ausgerechnet als Haikuguru… Ich kann doch gar kein Haiku…“ „Papperlapapp“, hatte der Leitende Lieutenant geraunzt. „Das kann doch jeder Japs! Als was wollten Sie denn? Als Experte für Gelbe Magie?“ Das hatte gesessen. (Fortsetzung folgt. Warnung: Der Eso-Thriller Tote sterben nie ist nichts für schwache Nerven. Der Kolk-Rabe entschuldigt sich für die Urinalmetaphorik. Aber nützt ja nix! Wie sagte doch Robert Gernhardt? Die haben angefangen!)
Zitat der Woche
aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 15. Mai, in der Rubrik „Teledialog“, anläßlich eines Interviews mit George Lucas zu „Star Wars: Episode 3“ Reporter: Mr. Lucas, könnten Sie bitte noch einmal den entscheidenden Satz wiederholen? George Lucas: May the force be with you. Simultanübersetzer: Am 4. Mai werden wir bei dir sein.
„Hab ich, glaub ich, nie gesagt!“ (Karl May [„Der Schut“])
Zum Weltnichtrauchertag am 31. Mai
Zigarette, ekles Ding! Taugst mir keinen Pfifferling! Bringst mich bloß – anstatt auf Trab – eines schönen Tags ins Grab;
eines wunderschönen Tags, den ich eben nicht erlebe, weil ich pfeilgerad-schnurstracks meinen Löffel wo abgebe?
In Teufels Küche! („Böse Flüche tuen selten gut“, so Karl May [„Der Schut“]).
Zigarette, ekles Ding! Taugst mir keinen Pfifferling! Ich hust’ dir was! (Jawohl, ich wag’s eines wunderschönen Tags.)
Dreizeiler der Woche zum Christopher Street Day am 11. Juni
Ach, sehr geehrter Herr Gendarm, dein Martinshorn hat irg’ndwie Charme! Kann das auch Vibrationsalarm?
Rückantwort
Mensch, Kolk-Rabe (siehe Kolk-Rabe No. 34)! Wem denn!
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 35 (FS). „Moment mal.“ Walter setzte den PVC vorläufig ab, justierte an einem kleinen daran befindlichen Rädchen herum und betätigte zwei Kippschalter. Dann setzte er den Zylinder wieder auf und gab dem Laptop zwei Befehle. Plötzlich…
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 36:
- Nun aber wirklich: prima Witz, ungefähr neulich gehört vom legendären Dr. Kartoffel - Abschiedsfloskeln
Eine prima und witzige Woche wünscht Schulz
23. Mai 2005
Der Kolk-Rabe No. 34 (Woche 21).
Das flüchtige Online-Magazin
Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Nun ist Griechenland doppelter Europameister: im Fußball und im Trällern. Jawohl, Hellas gewinnt den Eurovision Song Contest – im direkten Vergleich mit Deutschland mit 230 zu 4 Punkten. Das trifft sich gut: Heute in zwei Wochen befinden wir uns eh bereits auf See, irgendwo zwischen Venedig und Igoumenitsa, im Gepäck u.a. den Langenscheidt „Neugriechisch–Deutsch / Deutsch–Neugriechisch“ (dessen Vorwortverfasser übrigens einer Dame mit dem wohl entzückendsten Doppelnamen Europas für ihre Mitarbeit dankt, nämlich „Frau Aphrodite Püschel-Nasopoulou, ehemals vereidigte Dometscherin bei den Berliner Gerichten“), je ein Baum-, Schlangen- und geologisches Bestimmungsbuch (vorausgesetzt, ich finde so was vorher noch; für konkrete Tips wäre ich dankbar!) sowie eine Liste zu recherchierender Beschreibungen in Höhe von ca. zwei Dutzend Positionen wie etwa 1. Fahrt vom Rastplatz bis zur Abfahrt nach Ammoudiá 2. Fußweg von Theo bis zum Strand (inkl. Bar Dionysos) 3. Die „Rosa Stunde“ am Strand 4. Atmo nachts auf Theos Kutter 5. Fahrt nach Aidoniá durch die Berge ca. 22.30 Uhr etc. Du siehst, Juserin und Juser: Mit schnödem, snobistischem, barem „Urlaub“ hat das nichts zu tun, was Dein aus dem vorletzten Loch krächzender Kolk-Rabe da fünf Wochen lang in Nordwestgriechenland treiben wird (immerhin, der jeweilige Feierabend wird denn hoffentlich doch ein bißchen angenehmer gestaltet werden können als hier, wo man ja überwiegend mit dem Wetter um die Wette flennt). Schon aus steuerlichen Gründen nicht. Steuerliche Gründe? Jawohl, Juser und Juserin. Ich werde jene fünf Wochen härrrtester Arrrbeit nämlich rigoros und brutalstmöglich von der Steuer absetzen. Immerhin sind sie eindeutig dem Romanprojekt mit dem Arbeitstitel „Das Ouzo-Orakel“ zuzuordnen, und was der hamburgische Fiskus unserer ehelichen Gemeinschaft letzte Woche angetan hat, schreit nach Blutwurst, und zwar laut und leidenschaftlich.
Wochenbericht
Donnerstag, direkt nach’m Tischtennis, in den neuen „Knust“ zum halboffiziellen ersten Auftritt der Country&Western-Truppe; „Texas Lightning“. Reizende Sängerin. Am Schlagzeug: Olli Dittrich. An der Rhythmusgitarre: Jon Fleming „Ingo“ Olsen. Prima. Daß man Madonnas „Like A Virgin“ und z.B. „Über den Wolken“ so arrangieren kann, daß man sie gern hört, hätte ich nicht für möglich gehalten. – Freitag morgen, in der Arbeitswohnung: Nach drei verfrorenen Arbeitswochen kommt Heizungsmonteur Böhmer endlich mit dem neuen Zünder und baut ihn ein. Funkt zwar, funzt aber nicht. Heizungsmonteur Böhmer trennt den ganzen Gasheizkörper vom Abluftrohr, das durch die Wand nach draußen führt, und sagt: „Aha.“ Verstopft mit allerlei Moos, Gras, Heu und Zeug. Vorsichtig zieht er das Zeug raus, und was haben wir denn da? Ein Nest. Einsitzen drei, vier herzzerreißend nackte, rosige Winzvögel und halten die Luft an. Spült einer, nur um nicht noch zwei Wochen zu frieren, so was im Klo runter? Niemand, der je „Nomaden der Lüfte“ gesehen und eine noch so flüchtige Online-Kolumne mit dem Titel „Der Kolk-Rabe“ hat. (Außerdem wird’s ja anscheinend langsam wärmer. Andererseits darf nun jeder ungestraft behaupten, ich hätte ’ne Meise.)
Trouvaille der Woche
Das Handbuch für die gute Ehefrau (aus: Housekeeping Monthly, 13. Mai 1955) § 11 Der Abend gehört ihm. Beklagen Sie sich nicht, wenn er spät heimkommt oder ohne Sie zum Abendessen oder irgendeiner Veranstaltung ausgeht. Versuchen Sie stattdessen, seine Welt voll Druck und Belastungen zu verstehen. Er brauchte es wirklich, sich zu Hause zu erholen. § 12 Ihr Ziel sollte sein: Sorgen Sie dafür, daß Ihr Zuhause ein Ort voller Frieden, Ordnung und Behaglichkeit ist, wo Ihr Mann Körper und Geist erfrischen kann. § 13 Begrüßen Sie ihn nicht mit Beschwerden und Problemen. § 14 Beklagen Sie sich nicht, selbst wenn er die ganze Nacht ausbleibt. Nehmen Sie dies als kleineres Übel, verglichen mit dem, was er vermutlich tagsüber durchgemacht hat.
Tote sterben nie
Der beinharte Eso-Thriller, Folge 4 Ayoga Hornblower hieß nämlich in Wirklichkeit weder Ayoga Hornblower, noch war er Haikuguru. Beides war lediglich Bestandteil seiner Legende, die von langer Hand vorbereitet worden war. Von sehr langer Hand: der Hand des Leitenden Lieutenants nämlich. Die Hand des Leitenden Lieutenants war so lang, daß der „nervlich total zerüttet“ war von den „ständigen Schwulitäten beim Onanieren“ – so hatte der Lieutenant, der berüchtigte Chef des Esoterischen Geheimdiensts, ihm, Hornblower, mit parasympathischer Offenheit schon am ersten Tag offenbart. Was für ein Karma! Erschüttert hatte Hornblower gefragt: „Und mit links?“ Er hatte es nur gut gemeint. Doch statt einer Antwort hatte ihm der Lieutenant gequält feixend die Hakenprothese am Ende des linken Arms präsentiert. Hornblower seufzte und dachte an sein altes Leben, damals, vor dem Geheimdienstdienst, als er noch Johann Müllermeier hieß. Nachts träumte er manchmal davon, wie seine alten Freunde riefen: „Johnny! Altes Haus!“ Aber er hatte nie Freunde gehabt. Allerdings auch kein altes Haus, sondern vielmehr eine Villa. Bloß war die völlig kaputt. „Ach Villa!“ seufzte Müllermeier. Bevor Villa Müllermeier, seine Frau, gestorben war, hatte sie nämlich monatelang im Hospital vor sich hinvegetiert: das Herz. Das verdammte Messingherz. Er, Müllermeier, hatte es ihr abrupt über die Rübe gezogen – im Affekt. Er hatte ihre Nörgeleien wegen seines Blasenleidens einfach nicht länger ertragen. (Fortsetzung folgt. Warnung: Der Eso-Thriller Tote sterben nie ist nichts für schwache Nerven. Der Kolk-Rabe entschuldigt sich für die Urinalmetaphorik. Aber nützt ja nix! Wie sagte doch Robert Gernhardt? Die haben angefangen!)
Gedicht der Woche
In einer Eiche hohen Krone singt eine Ameise. Die kümmert nicht die Bohne, daß ihre Waheise in Eichenwald und Wiese gar viel zu laheise.
Zwar, in der Abendbrise, grölt eine Bmeise viel lauter in die Flur. Indes die Ameise
bleibt stur.
Rückantwort
Liebe, nichtsdestoweniger zweifellos keusche Jungfer Waltraud (siehe Kolk-Rabe No. 33)! Es tut unendlich gut, die Bemühungen meiner ungeheuer anstrengenden künstlerischen Tätigkeit auf so verständnisinnige Weise gewürdigt zu wissen. Tausend Dank.
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 34 (NE). „Bürobestattung“, wies Walter an. „Falten und ablegen!“ Lulu bückte sich brav, faltete den zweidimensionalen Parade-Akademiker und legte ihn sanft zu Bodo in die gelochte Plastik-Schutzhülle.
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 34:
- grandioses Finale der Trouvaille der Woche - mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit: prima Witz, neulich (noch gar nicht mal allzu lange her) erzählt von Dr. Kartoffel
Eine Woche mit wenigstens FÜNF Punkten wünscht Dir, Juser und Juserin, von ganzem Herzen Schulz
17. Mai 2005
Der Kolk-Rabe No. 33 (Woche 20).
Das flüchtige Online-Magazin
Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser!
Wochenbericht
Dienstag im Hamburger Literaturhaus, zur Lesung von James Salter. Sehr beeindruckend. Ließ mir meine Exemplare von „Lichtjahre“ und „In der Wand“ signieren sowie seinen neuen Erzählungsband „Letzte Nacht“ (grad ausgelesen – meine Herrn!). Mittwoch dritten alkoholfreien Jahrestag begangen (zur Feier des Tages das Wässerchen mit Kohlensäure!), und Donnerstag statt zum Tischtennis (Halle wird renoviert) zum Friseur. Freitag mit feuchten Augen Video von „Nomaden der Lüfte“ geguckt. Samstag Heinrich Igelmanns Geburtstag nachgefeiert, und zwar im Kleingarten an einem Alsterarm; später meinem Lieblingsriesenrussen Nikolai Valuev zugeschaut, wie er einem US-amerikanischen Exknacki von oben auf den Kopf boxt. Das Leben ist schön. Ich sage Dir, Juserin und Juser, wenn man „Letzte Nacht“ gelesen hat, achtet man wieder ein Weilchen besser drauf.
Memoiren der Woche Von Hein Dattel Geboren und aufgewachsen in… ach, scheißegal. Jedenfalls haßte ich von Anfang an zwei Dinge: Anchovis und daß mein Schwager immer meine Buddelschiffe vollpinkelte. Deshalb riß ich mit acht Jahren aus und ging als tauber Passagier an Bord eines rostigen Seelenverkäufers, eines Zwölfmasters, der unter Glenfiddich-Flagge fuhr. Kaptein Kuddel Hornochs zog mir die Stöpsel aus den Ohren und verdonnerte mich zum Leckschrubben. So begann meine Karriere auf den elf Weltmeeren. Ich wurde Smarties-Smutje, Ausguck, Tümmler und schließlich Erster Klabautermann, und zwar auf dem Dingi „Hans-Heidi“. Eines Nachts in der Kubischen Gehrung, knapp 3° C ostwestlich vom Schnoddrigen Haff, vergaß man mich in einer lausigen Spelunke. Zotensüchtig, nautisch zerrüttet und infolge einer üblen Keilerei – angeblich hatte ich die Mau-Mau-Karten gezinkt – nasenamputiert (ersetzt von einem versoffenem Trocken-Doc durch einen rostigen Haken) verschlug es mich schließlich nach… ach, scheißegal. Jedenfalls begegnete ich Jahrzehnte später meinem rostigen Schwager wieder – beim Aluminiumschürfen im monegassischen Busch. Inzwischen hatte er den Namen meines Onkels väterlicherseits angenommen. Als Geschäftsmann gescheitert, war er mit achtundachtzig Jahren von zu Hause ausgerissen und machte nun in Julklapp. Er liebte Anchovis und daß er immer meine Buddelschiffe vollgepinkelt hatte. Nach einer durchblechten Nacht im rostigen Puff von Pirmasens versöhnten wir uns. Scheißegal.
Trouvaille der Woche Das Handbuch für die gute Ehefrau (aus: Housekeeping Monthly, 13. Mai 1955) § 7 Machen Sie die Kinder schick. Nehmen Sie sich ein paar Minuten, um ihre Hände und Gesichter zu waschen (wenn sie noch klein sind). Kämmen Sie ihr Haar und wechseln Sie ggf. ihre Kleidung. Die Kinder sind Ihre „kleinen Schätze“ und so möchte er sie auch erleben. Vermeiden Sie jeden Lärm. Wenn er nach Hause kommt, schalten Sie Spülmaschine, Trockner und Staubsauger aus. Ermahnen Sie die Kinder, leise zu sein. § 8 Seien Sie glücklich, ihn zu sehen. § 9 Begrüßen Sie ihn mit einem warmen Lächeln und zeigen Sie ihm, wie aufrichtig Sie sich wünschen, ihm eine Freude zu bereiten. § 10 Hören Sie ihm zu. Sie mögen ein Dutzend wichtiger Dinge auf dem Herzen haben, aber wenn er heimkommt, ist nicht der geeignete Augenblick, darüber zu sprechen. Lassen Sie ihn zuerst erzählen – und vergessen Sie nicht, daß seine Gesprächsthemen wichtiger sind als Ihre.
Tote sterben nie Der beinharte Eso-Thriller, Folge 3 Leicht eiernd vollführte der schwebende Lotussitz eine Vierteldrehung in Hornblowers Richtung. Hornblower biß sich nachträglich auf die Zunge. Wie gebannt starrte er auf die weiß hervortretenden Faustknöchel seines Widersachers, und als der die geölten Muskeln des Unterarms definierte, quoll eine übelriechende Flüssigkeit aus dem bereits gezückten Glied, das dick und schuppig wie eine Kobra war. Abrupt beobachtete Hornblower das blatternarbige Mondgesicht: Schaum troff von den Lefzen auf die Specktitten. Die blutunterlaufenen Ohren am Glatzkopf zuckten, und die Augäpfel schwollen bis auf die Größe von geschwollenen Eicheln an Phalli – oder hieß der Numerus korrekt „Phallera“? „Arschloch? Hast du ,Arschloch’ gesagt?“ schnaubte der heilige Halunke, und aus den buschigen Nasenhöhlen drang abrupt phosphoreszierender Qualm. Dann, zu Hornblowers allgemeiner Erleichterung, grinste er plötzlich und kicherte irr: „– Angenehm, Schmidtschulze!“ Er wieherte wie ein Eunuch. 'Alte Witze sind/wie alte Weiber…', überlegte Hornblower, aber dann wußte er auch nicht weiter. 'Ein schöner Haikuguru bist du', dachte Hornblower mit beißender Selbstironie. Als hätte der bullige Mönch Hornblowers Gedanken gelesen, wurde seine Miene abrupt wieder böse. „Mann, Mann, Mann“, grunzte er. „Sei froh, daß ich noch auf Bewährung bin, du Kerzenhalter du. Und jetzt dematerialisier dich, bevor ich das vergesse.“ „Ohom“, räusperte sich Hornblower und stieg mit wackligen Knien die Stufen zur Tao-Kneipe hinauf. 'Dieser verdammte Job', dachte der Esodetektiv. (Fortsetzung folgt. Warnung: Der Eso-Thriller Tote sterben nie ist nichts für schwache Nerven. Der Kolk-Rabe entschuldigt sich für die Urinalmetaphorik. Aber nützt ja nix! Wie sagte doch Robert Gernhardt? Die haben angefangen!)
Rückantwort Liebe Miß Kolk-Rabe (siehe Kolk-Rabe No. 32)! Vielen Dank für Deine Trouvaille des Jahrhunderts. Die Ströme und Sturzbäche meines geistigen Lebens laufen derzeit auf Notstrom… aber zum „grundlos Weinen“ reicht’s noch. Herrlich, dieser Herr Müller! Bei meiner Trouvaille wiederum gefällt mir am besten, daß „er“ (bei uns zu Hause hieß es, bei ungehöriger Häufung dieses Personalpronomens oder auch, wenn es in Vatterns Anwesenheit für Vattern benutzt wurde, stets: „,Er’ steht im Stall!“) offensichtlich wie ein Psychopath behandelt werden soll, der jeden Moment durchdrehen könnte… (Vielleicht war’s ja gar so?)
Rezept für die ganze Woche Spaghetti Polonaise
Sommergedicht der Woche Klage einer Dame Würd’ so gerne meine müden Schultern legen in den Sand, der da unten, tief im Süden, liegt zuhauf am Meeresstrand.
Würd’ so gerne meine kalten Finger wärmen in dem Sand, der da unter dem uralten Sonnenschein der Zeit entstand.
Würd’ so gerne meine wehen Füße bohren in den Sand, um in Muße zu vergehen, wie das ganze schöne Land.
Ja, ich würd’ auf der Strandmatte dösen – friedlich, frei, gerecht –, hätt’ nicht mein verfluchter Gatte unser Urlaubsgeld verzecht.
Keine Schwedischen Gardinen würden mein Gesicht verschleiern, und kein Aal könnt’ sich bedienen von des Gatten kalten Eiern.
Astro-Info für Girls Zwillinge (21.5.–20.6.) Der Zwilling vögelt lieber lieb, ja sublimiert oft seinen Trieb. Ach großer Gott, sei gut, vergib dem Zwilling, diesem Tagedieb…
Missing Link der Woche Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 33 (FS). „Aber warum denn nur?“ Bella rang die Hände. „Weil die Banane krumm ist“, grinsten Bodo und Dr. Porschmann dreckig…
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 34:
- Ich habe nicht die geringste Ahnung, aber - eventuell endlich der prima Witz, neulich gehört von Dr. Kartoffel
Vergiß nicht, Juserin und Juser, daß Deine Gesprächsthemen wichtiger sind als meine, wünscht Schulz
9. Mai 2005
Der Kolk-Rabe No. 32 (Woche 19).
Das flüchtige Online-Magazin
Editorial / Wochenbericht / Essay
Hallo, Juserin! Hallo, Juser!
Wochenbericht
Das Thema Lärm (vgl. Kolk-Rabe No. 29) läßt mich nicht los. Wie auch; es verfolgt einen ja, wo man geht und steht. Gestern in der Muckibude des Eimsbütteler Turnvereins schon wieder. (Einmal war ich so gut wie allein da, und es wurde ein leicht angerapter Endlos-Elektrofunkpop oder was gedudelt, daß ich schon ganz zittrig wurde, und also frag ich die Tresenmädels: „Könnt ihr das nicht ein bißchen leiser machen – oder wenigstens was anderes spielen?“ Und die: „Da sind wir relativ festgelegt.“ Echt: Da sind sie „relativ festgelegt“!) Da will man zur Erhaltung seiner Rücken- vulgo Arbeitskraft in Ruhe ein paar Pfunde stemmen (bzw. muß man wollen), aber ohne „Musik“ geht das anscheinend nicht. Das will der Verbraucher angeblich so. Nun hat Musik ja was mit Geschmack zu tun, und meiner war die gestern abend da ganz und gar nicht. Nein. Überhaupt nicht, möchte ich sagen. Das Schlimmste aber war, daß in der Halle über der Mucki-Bude ein Sport getrieben wurde, der es offenbar erforderte, eine „Musik“ zu spielen, die locker mit Preßlufthämmern, landenden Hubschraubern und Panzer-Manövern konkurrieren konnte (wg. 8. Mai?). Also, mich macht das wahnsinnig. Da bin ich relativ festgelegt. Andere offenbar nicht unbedingt. Pauerjuser, Chef und Freund Saalo behauptet ja z.B., er mache einfach die Ohren zu. „Musik“ aber wie die von da oben, die dringt durch die Poren und Nervenfasern ein, fördert sodann Blutarmut und stört den Herzrhythmus. In vier Wochen geht’s gottseipreis nach Hellas. Nur muß man selbst dort allmählich die Orte suchen, wo eine Ruhe herrscht. Der Griech ist ja so was von lärmresistent oder gar -süchtig, daß er in jeder Taverne mindestens zwei Musiken und einen Fernseher laufen läßt. Ich hab mir eine Baseball-Mütze mit Totenkopf-auf-gekreuzten-Knochen-Emblem gekauft (Pirate Style, Eppendorfer Weg). Zur Abschreckung.
Günther Willens Vorschläge zu „Welt-Tagen“
Apropos 8. Mai: Da ist außerdem nämlich, laut Günther „dem starken“ Willen, „Welt-Lach-Tag“ gewesen. Willen weiter: „Neulich erst war internationaler Tag des Pferdekusses. Und den 1. Mai habe ich heimlich zum Tag der Kurzärmligkeit ausgerufen. Ich finde das gut, daß vielen schönen Dingen ein Jubel-Tag eingeräumt wird. Neben einem Welt-Katschinng!-Tag (s.u.) fordere ich deshalb auf der Stelle folgende Feiertage: 1. Welt-Galgenhumor-Tag 2. Welt-Knetgummi-Tag 3. Welt-Waschmaschinenschlauch-Tag 4. Welt-Techtelmechtel-Tag 5. Welt-Rharbarberkuchen-Tag 6. Welt-Mattenschüttlermusik-Tag 7. Welt-Leergutklingel-Tag 8. Welt-Weltpokalsiegerbesieger-Tag Aber einen Welt-Ansaugstutzen-Tag und einen Welt-Unterarmnässe-Tag lehnen wir ab.“
Günther Willens Top 10 der schönsten Geräusche
1. Landregen auf Wellblech 2. Freibad-Getöse aus der Ferne 3. Knistern der Nadel des Plattenspielers vorm ersten Stück 4. Das Plätschern eines Forellenbachs 5. Fahrraddynamo in einer milden Nacht 6. Die glockenhelle Lache meiner Exgattin 7. Das Klacken von Stöckelschuhen im Dunkeln 8. Gläserklirren und leise Barmusik 9. Das Katschinng! der Registrierkasse 10. Segelflugzeug im Sommer
Günther Willens Top 3 der hassenswerten Geräusche
1. Die meckernde Lache von Reinhold Beckmann 2. Die Stimme von Angela Merkel 3. Kreissäge
Die große Kleine-Gesten-Revue nach Günther Willen
Diesmal wieder mal eine Sport-Geste, wieder mal von Günther Willen selbst „Wirklich toll ist die Jubel-Geste von ,kleines dickes Müller’, die kürzlich die SZ noch mal netterweise auf den ominösen Punkt brachte: ,Er lief einige Schritte über den Platz, dann sprang er ab und schwang einen Arm in die Höhe, während seine Füße einen Trippelschritt in der Luft vollführten.’“
Typtip der Woche für Juserinnen, diesmal in Versform
Der NOCKEL
Es war einmal ein Nockel, den juckte es am Steiß. Da packte er sein Zockel und zog ins ew’ge Eis.
Dort fror er wie ein Hampel, doch ’s Jucken ging vorbei. Drum schnappte er sein Zampel und reiste in den Mai.
Im Mai, da fand er’s schön, doch ’s juckte ihn am (piep!). Es juckte sehr obszön. Er zog nach Schabernack.
Dort herrschte täglich Nug und Rag bis in die tiefe Nacht. Der Nockel, er genoß den Phag und ist nie wieder aufgewacht.
Trouvaille der Woche
Das Handbuch für die gute Ehefrau (aus: Housekeeping Monthly, 13. Mai 1955) § 3 Seien Sie fröhlich, machen Sie sich interessant für ihn! Er braucht vielleicht ein wenig Aufmunterung nach einem ermüdenden Tag, und es gehört zu Ihren Pflichten, dafür zu sorgen. § 4 Räumen Sie auf. Machen Sie einen letzten Rundgang durch das Haus, kurz bevor Ihr Mann kommt. § 5 Räumen Sie Schulbücher, Spielsachen, Papiere usw. zusammen und säubern Sie mit einem Staubtuch die Tische. § 6 Während der kälteren Monate sollte Sie für ihn ein Kaminfeuer zum Entspannen vorbereiten. Ihr Mann wird fühlen, daß er in seinem Zuhause eine Insel der Ruhe und Ordnung hat, was auch Sie beflügeln wird. Letztendlich wird es Sie unglaublich zufriedenstellen, für sein Wohlergehen zu sorgen.
Tote sterben nie
Der beinharte Eso-Thriller, Folge 2 Die Schreie aus dem Schwitzkasten verstummten abrupt. Geschickt stolperte Hornblower zur Wand an der strohgedeckten Urinalrinne, nestelte an den Schleifchen seines Sarongs und tat, als habe er sich zufällig gerade entleert. Was ihm verdammtnochmal nicht schwer fiel. Er nestelte und nestelte fast bis zum Samenerguß – doch keine Schritte auf der Treppe. Hatten ihm seine sieben Sinne einen Streich gespielt? Hatte er sich das Türquietschen nur eingebildet? Hornblower wurde abrupt nervös. Doch dann bog er doch noch um die Ecke, jener Jemand, der die quietschende Tür zum Toilettenkeller geöffnet hatte. Und natürlich waren keine Schritte zu hören gewesen, denn er kam zehn Zen-Zentimeter über den Flurfliesen herangeschwebt – im Lotussitz, dessen Chromleisten glänzten –, und zwar in Schlangenlinien. Wahrlich, kein Wunder. Schließlich hatte der Typ reichlich Gänseblümchen-Tee gezecht, oben, am Sanften Stammtisch, das wußte Hornblower. Stundenlang hatte er ihn beim Tarockdreschen observiert, den tätowierten Mönch mit der Quadratglatze. Dümpelnd levitierte der Kerl überm Urinalstroh. „Verpiß dich, Kleiner“, lallte er. „Ich kann nicht, wenn einer gafft!“ Hornblower wurde gelb vor Neid. Das heißt, nur sein Barfuß. „Jungfrau, was?“ hörte sich Hornblower höhnen, im Affekt. „Aber Aszendent Abrißbirne!“ knurrte der Klotz von Mönch. „,Jungfrau’...! Gleich gibt's was aufs Kronenchakra, Freundchen! Sieh zu, daß du Kosmos gewinnst!“ ,Besser isses’, dachte Hornblower. „Arschloch“, sagte Hornblower. (Fortsetzung folgt. Warnung: Der Eso-Thriller Tote sterben nie ist nichts für schwache Nerven. Der Kolk-Rabe entschuldigt sich für die Urinalmetaphorik. Aber nützt ja nix! Wie sagte doch Robert Gernhardt? Die haben angefangen!)
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 32 (NE). Der gute alte Ego knüpfte die Bändselchen auf und lud eine Miniatur-Computer- und Kommunikationsanlage aus. Bella sah ein Laptop, ein Telefonschuhtelefon, eine Laserkanone…
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 33: - Ganz was anderes - Prima Witz, neulich gehört von Dr. Kartoffel
Tschüssing! Schulz
2. Mai 2005
Der Kolk-Rabe No. 31 (Woche 18).
Das flüchtige Online-Magazin
Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser!
Wochenbericht
Mittwoch saß ich im Foyer einer Firma und wartete wie eine Zimmerlinde. (Worauf und in welcher, tut nichts zur Sache.) Am Tresen der Rezeptionistin namens (laut Namensschild) Frau Mittelalt (Name geändert) spielte sich eine merkwürdige kleine Szene ab, die ich wie folgt verarbeitet habe. Ich selbst schlüpfe dabei in die klassische Rolle der wartenden, aber auch beobachtenden und sich einfühlenden Zimmerlinde.
Mittelalt: „Herr Knallkopf (Name geändert)! Telefon!“ Knallkopf: „Ich bin schon weg.“ Zimmerlinde: Aber weil ihn seine eigene Schlagfertigkeit milde stimmt… Knallkopf: „Wer ist es denn.“ Mittelalt: „Ihre Gattin.“ Zimmerlinde: Er gibt ein Ächzen von sich, bevor er den Weg zurück dann aber doch macht. Den sie, und damit meint er nicht die Mittelalt, würde büßen müssen. Da gibt man zuungunsten seines Energieflusses ein einziges Mal der Hoffnung auf irgend etwas Überraschendes nach, und schon zeigt einem einmal mehr der Alltag den Stinkefinger. Knallkopf: (übernimmt das portable Telefon) „Knallkopf.“ Gattin: … Knallkopf: „Ja sicher ,Hellmuth’. Hellmuth Knallkopf.“ Zimmerlinde: Ah, sein verdammter Stolz – er würde was drum geben, die Miene der Mittelalt überprüfen zu können. Wahrscheinlich muß sie ein Prusten unterdrücken. Wenn die Mittelalt wegen seiner Schlagfertigkeit ein Prusten unterdrückt, steigt trotz ihres Alters die Temperatur in seinen Boxershorts. Gattin: … Zimmerlinde: Er wendet sich vom Tresen ab. Plötzlich hört man hier, in der Zimmerlindenecke, deutlich, wie die Gattin spricht, aber man versteht nicht, was. Knallkopf: „… ja, ja. Was gibt’s?“ Gattin: … Knallkopf: „Ich geh gleich auf Ansitz. Auf Sauen, mit Vati und Dr. Büssing. Ich bin schon weg.“ Gattin: … Knallkopf: „Schlechte Laune?“ Gattin: … Knallkopf: (schlimme Grimassen schneidend) „Ja, ja. Ich muß los. Ich muß mich noch umziehn. Dr. Büssing -“ Gattin: … Knallkopf: „Wem.“ Gattin: … Knallkopf: „Wieso. Wieso das denn nicht. Wann kommst du denn nach Hause.“ Gattin: … Knallkopf: „Um neun erst?“ Gattin: … Knallkopf: „Das geht nicht. Vati und Dr. Büssing…“ Zimmerlinde: Dann dringt aus dem Telefonhörer nur noch ein Dauerton. Sie hat offenbar aufgelegt. Jetzt bringt sie ihn sogar noch ums letzte Wort. Sie hat angerufen, will etwas von ihm, und das bedeutet nach den ihm geläufigen Usancen, sie hat zwar das erste, folglich aber er das letzte Wort. – Sie lernt es nie. Indem sie ihm das letzte Wort verweigert, verläßt sie den Boden des guten Willens, und schon ist sie wieder in der Bringschuld. – Die Mittelalt geht das natürlich nichts an. Knallkopf: „Ist recht.“ Zimmerlinde: … brummt er in den tutenden Hörer. Knallkopf: „Jaa… Bis später! Ich dich auch. Ja – Waidmannsdank!“ Zimmerlinde: Daß sein letztes Wort denn doch ein bißchen bitter klingt, kriegt die Mittelalt hoffentlich nicht mit. Treffer: Mit einem anverwandelnden Lächeln – durch das sie dem fremden Glück, Gattin ihres Chefs zu sein, ihre Reverenz erweist – fängt die Mittelalt den hingeworfenen Telefonknochen auf, als Unterpfand für den Seiner Effizienz zustehenden Platz in der Welt. Knallkopf: „Hepp!“ Zimmerlinde: … ruft er schlagfertig, und die Mittelalt unterdrückt ein Prusten. So alt ist die gar nicht, was?
Trouvaille der Woche Das Handbuch für die gute Ehefrau (aus: Housekeeping Monthly, 13. Mai 1955) § 1 Halten Sie das Abendessen bereit. Planen Sie vorausschauend, evtl. schon am Vorabend, damit die köstliche Mahlzeit rechtzeitig fertig ist, wenn er nach Hause kommt. So zeigen Sie ihm, daß Sie an ihn gedacht haben und daß Ihnen seine Bedürfnisse am Herzen liegen. Die meisten Männer sind hungrig, wenn sie heimkommen und die Aussicht auf eine warme Mahlzeit (besonders auf seine Leibspeise) gehört zu einem herzlichen Empfang, so wie man ihn braucht. § 2 Machen Sie sich schick. Gönnen Sie sich 15 Minuten Pause, so daß sie erfrischt sind, wenn er ankommt. Legen Sie Make-up nach, knüpfen Sie ein Band ins Haar, so daß Sie adrett aussehen. Er war ja schließlich mit einer Menge erschöpfter Leute zusammen. (Fortsetzung folgt)
Kommakritik der Woche Der Krampf geht weiter! Wie im Kolk-Raben No. 27 berichtet, wurde der Idiotenslogan eines Heimwerkermarkts – „Geht nicht, gibt’s nicht“ – von Tim Mälzers Kochsendung ultimativ paraphrasengedroschen: „Schmeckt nicht, gibt’s nicht“. Nun zieht, wenn ich mich recht erinnere (hab’s nur halb schlafend beim Halbschlafzapping mitgekriegt), eine Art deutsches „Pimp My Ride“ nach – mit dem Titel „Fährt nicht, gibt’s nicht“. Pferd auch nicht? Gibt’s aber. (Hä?) Und was läuft am Dienstag um 20.15 Uhr auf 3sat für’n Film? „Geht nicht gibt’s nicht“! Geht doch!
Typtip der Woche für Juserinnen Das MUFF Hobby: Hochzeitsgedichte. Liebt Sardellen, Forellen, Schattenmorellen. Außerdem bowlt es gern, das MUFF. Musikalisches Vorbild: Dieter Bowlen. Lieblingsgetränk: Maibowle. An sich passionierter Puffgänger, wirft das MUFF doch hin und wieder auch einen Blick auf ein „Gratisweib“. Dann heißt es: beide Augen zudrücken (seine, natürlich).
Rückantwort Liebe Miß Kolkrabe (siehe Kolk-Rabe No. 30)! Vielen Dank für die Aufklärung in Sachen Flitter und Lametta. In derlei Belangen seid Ihr Anrheiner einfach f(l)itter als wir mißmutiges und trübsinniges Nordgelichter. Vielen Dank ferner fürs Flitterbombenangebot – leider hat meine Frau keine Zeit. Vielleicht in drei Jahren, dann werden wir ein Vierteljahrhundert zusammen sein. (Obwohl: Dann wäre vielleicht doch eher Lametta angesagt, oder?)
Gedicht der Woche Was, glauben Sie, bin ich? Mißmutig? Trübsinnig? Verschmähe ich Speise? In gar keinster Weise. Verabscheu’ ich Wein? Zehntausendmal nein. Versäum’ ich ein Spiel? Bin viel zu viril. Verachte ich Weiber? Nur Schuldeneintreiber. Was, glauben Sie, bin ich? Mißmutig? Trübsinnig? Millionenmal nein! Ich stamme vom Rhein!
Tote sterben nie Der beinharte Eso-Thriller, Folge 1 Im Hafen von Goa gingen grad die Lichter aus. Unweit all dessen, im Toilettenkeller der Tao-Kneipe „Zum Om“, stand mit weichen Knien der Haikuguru Ayoga Hornblower. Er drückte sein Ohr an eins der verriegelten Bambusgatter, die vor langen, dunklen Gängen angebracht waren. Es gab fünf davon – vier vorwärts und einen rückwärts. ,Auto-genes Training’ nannten die Esoteriker so was. Hornblower schnaufte verächtlich. Höchstwahrscheinlich führten sowieso alle zum Schwitzkasten. Der Schwitzkasten! Das war’s, weswegen Hornblower hier war. Hin und wieder drangen orgiastische Schreie an Hornblowers Ohr. ,Oder – Schmerzensschreie’, assoziierte er im Affekt. Ein Schauer lief ihm über den linken Barfuß. Er verfluchte seine schwache Blase. ,Immer wenn man’s grad so gar nicht brauchen kann’, dachte er verbittert und trocknete sich mit einem Tempotuch ab. ,Pah, Tempotuch’, dachte er verächtlich, ,auch nicht schneller als ’n normales!’ Plötzlich blickte er sich abrupt um. War da nicht eben ein Türquietschen gewesen? Ein Quietschen wie von der Tür oben an der Treppe, die vom „Om“ hinunterführte, hier herunter, in den finsteren Toilettenkeller? (Fortsetzung folgt. Warnung.: Der Eso-Thriller Tote sterben nie ist nichts für schwache Nerven. Der Kolk-Rabe entschuldigt sich für die Urinalmetaphorik. Aber nützt ja nix! Wie sagte doch Robert Gernhardt? Die haben angefangen!)
Missing Link der Woche Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 31 (FS). Walter! Walter Ego! Wo hatte sie den Namen schon einmal gehört? D.h. wo, war klar. Hier. Wo sonst. Aber von wem? Hüstelnd wedelte Bella Walters Begleiterscheinungsnebel zur Seite…
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 32: - Das Handbuch für die gute Ehefrau, §3 und 4. - Prima Witz, neulich gehört von Dr. Kartoffel
Tschüß! Schulz
25. April 2005
Kolk-Rabe No. 30 (Woche 17).
Das flüchtige Online-Magazin
Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Heute, Montag, ist eine totale Mondfinsternis, und gleichzeitig beginnt die Spargelsaison. Wenn das mal gut geht. Der Kastanienbaum bei uns im Hinterhof immerhin geht sehr gut.
O Riesenroßkastanienbaum! Wie lieb du mir doch bist! Belebst die Menge tristen Raum,
Den ich nie je vermißt, Hieltst du ihn nicht im Zaum, O Riesenroßkastanienbaum.
(Ward aber auch Zeit – kannst wie ich auch Du, o Juser, o Juserin, den Winter bald nicht mehr…?)
Wochenbericht
Nach drei Tellern veritabler Linsensuppe samt, wie wir Rapper sagen, fetter Einlage fuhr ich Samstagabend unter einem für Hamburger Verhältnisse geradezu, wie wir Romantiker sagen, traumhaften Vollmond einmal mit dem Fahrrad um die Außenalster. War super, wie wir Radfahrer sagen. Dann setzte ich mich vor den Fernseh, um mit Wladimir Klitschko mitzubangen. Erst aber wickerte (zum „Wickern“ vgl. Kolk-Rabe No. 12) Uli was vom „Internationalen Tag des Buches“. Da fiel mir auf, daß ich ebendiesen Samstag im letzten Kolk-Raben als den „Tag des Bieres“ angekündigt hatte! Das kommt davon, wenn man seine Informationen aus der Kundenzeitschrift einer Brauerei bezieht. Trotzdem komisch. Gibt’s, wie beim Boxen, konkurrierende Verbände Internationaler Tage? Wie dem auch sei – als Autor von „Kolks blonden Bräuten“ lag ich ja allemal richtig, hihi. (Eigenwerbung: Taschenbuchausgabe demnächst in diesem Theater.) Bestrebt, zum Sport überzuleiten, erzählte Uli dann was von der „Angst des Tormanns vorm Elfmeter“. Peter Handkes berühmte Erzählung heißt aber, wenn ich mal widerwickern darf, „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ – ein feiner Unterschied, der einem Topwickerer wie uns’ Uli eigentlich nicht unterlaufen dürfte (allenfalls am Tag des Rotweins). Na, Schwamm drüber. Das Wetter. Anschließend ein fünfminütiges Lasergezippel und -gezappel in der Dortmunder Westfalenhalle wie auf dem Jahrmarkt, und dann kam Wladimir in den Ring, angetan mit einer Art Weihnachtsmannmantel. In der vierten Runde bescherte er seinem Gegner einen K.O. So, und nach der Urteilsverkündung wurde der ganze Ring mit Goldflitter aus Lametta-Kanonen beschossen, was Olli Dittrich als Repräsentant der Promi-Gäste zu dem treffenden Kommentar bewog, die größte Gefahr für Klitschko sei davon ausgegangen.
Trailer der Woche
Seit Wochen schon warte ich nur auf einen Anlaß – und, schnipp!, da ist er: die derzeitige Hamburger Esoterikmesse. Erde Dich schon mal, Juserin und Juser! Denn bald kommt er, der neue Fortsetzungskurzroman, ein Eso-Krimi vom Feinstofflichsten – aber ich warne Dich: Nichts für schwache Nerven! Stand ich beim Dichten doch noch schwer unter dem Eindruck der Lektüre des eigenurintherapeutischen Standardwerks „Ein ganz besonderer Saft“ von Carmen Thomas, der ehemaligen Sportreporterin (berühmtester Versprecher, von 1973: „FC Schalke 05“. Eines ihrer weiteren Werke trägt übrigens den – selbstkritischen? – Titel „Berührungsängste?“). Tote sterben nie, so der Titel meines geradezu ins Transzendente dampfenden Eso-Thrillers, ist, zugegeben, ein Nebenwerk. Ursprünglich wollte ich es in meinen dritten Roman mit dem Arbeitstitel Das Ouzo-Orakel einarbeiten, an dem ich gerade mit Volldampf rumdoktere und der überwiegend am Todesfluß Acheron spielt; doch dann fand ich, zwei Flüssigkeitsmetaphern (Ouzo und Wasser) seien mehr als genug.
Juser! Juserin! Mach Dich bereit! So geht’s nächste Woche los: Im Hafen von Goa gingen grad die Lichter aus. Unweit all dessen, im Toilettenkeller der Tao-Kneipe „Zum Om“, stand mit weichen Knien der Haikuguru Ayoga Hornblower… Huah! (Nur so viel noch: Ich werde mich vor jeder neuen Folge entschuldigen, wegen der ganzen penetranten Untenrumgeschichten. Das gehört sich einfach so. Aber nützt ja nix! Wie sagte doch Robert Gernhardt? Die haben angefangen!)
Die TT-Stars vom Hamburger „Sportspaß“, Abt. Donnerstag Zum Ausschneiden und Sammeln
THE ANIMAL. Ein fairer, aber fürchterlicher Gegner. Wenn der hinter der Platte auf deine Angabe wartet, fällt dir nichts mehr ein. Der scheint die gesamte Breite abzudecken. Den kannst du mit nichts foppen. Undüpierbar. Der blockt, säbelt, knallt dir alles weg. Wenn du einmal erlebt hast, wie der selbst relativ flache Bälle mit seiner Elefantenpeitsche niedermäht, hast du einen Schock fürs Leben. Der definitive Angstgegner. Und trotzdem macht’s einen Heidenspaß, gegen ihn zu spielen. Weil’s ihm Spaß macht, gegen dich zu spielen. Wenn ihm unter seinen ohnehin unglaublichen Returns ein noch viel unglaublicherer gelingt, ruft er vor lauter Spielfreude Ausrufe wie „ßaaaaaa!“ oder „Allaaaa!“ aus. Warum gerade „ßaaaaaa!“ oder „Allaaaa!“, man weiß es nicht, aber ist ja auch egal. Als Doppelpartner die Wucht!
Typtip der Woche für Juserinnen
Das HEIMCHEN Das HEIMCHEN pfuscht manchmal beim Kuscheln. Guckt bloß groß beim Streiten. Guter Verlierer, Koch, Federballer. Treu wie bekloppt. Tritt ihn ordentlich in den flachen Hintern, und du kriegst alles, was du willst (außer Orgasmen).
Rückantwort Liebe Miß Kolkrabe (siehe Kolk-Rabe No. 29)! Vielen Dank für Deine Psst-Solidarität, vielen Dank auch trotz allem an Rüdiger Jadolab für seine anarchische Äußerung, und vor allem vielen Dank für Deine Lieblings- und Haßgeräusche. Da könnten wir doch gleich mal alle anderen geschätzten Juserinnen und Juser aufrufen, die ihrigen aufzulisten! Ein paar von den meinigen: LG 1: das Quietschen von John Bonhams Fußmaschine bei „Baby Since I’ve Been Loving You“ (Led Zeppelin) LG 2: die Plop-Zisch-Pitsch-Triade eines TT-Vorhandschmetterballs bei optimaler Auslastung kinetischer Energie mit Netzberührung HG 1: das Kratzen der Feder eines Montblanc Meisterstück auf Pappe HG 2: das Klötern dahinten in meinem Ford Ka
Gedicht der Woche Femme fatale
All ihre Tricks kennt Kommissar X. Drum: Während des Ficks tut er ihr nix – doch hinterher um so mehr.
Missing Link der Woche Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 30 (NE). Dr. Porschmann und Bodo glotzten plötzlich leicht benebelt und greinten einmütig: „Ganz richtich!“ Bella erschrak…
Bella und das Büro des Grauens - Zusammenfassung von Kapitel III - Vorschau auf Kapitel IV
Was bisher geschah… Ja, was zum Teufel geschah überhaupt bisher? Geschah überhaupt je irgendwas in jenem Dienstbüro der Großen Gelben Post in Hamburg-City Nord in jener dunklen und stürmischen Nacht Ende Juni? Aber hallo! Chef Lui Pfui und seine Sekretärin Bella, Assistenzsekretär Dr. Porschmann und Stenograph Bodo sowie Dienstfußmasseuse Lulu kommen ihm immer näher, dem Geheimnis ihrer Existenz. (Bella jedenfalls, die andern sind ja leider zu dämlich.) Inzwischen hat sich nämlich geklärt, daß a) die mysteriöse Zen-Zentrale, die für ihr langweiliges Eintagsschicksal verantwortlich ist, aus den Herren Hottner A und Hottner B besteht, die sich in einer Kneipe namens „Klett“ einen gehörigen Rausch antrinken, und daß b) Bella und Lulu mit ihren Strapsen die Hottners quasi lenken können wie Marionetten. Während Lulu beginnt zu posieren, um die Hottners in Schach zu halten, arbeitet Bella fieberhaft an einem Putschplan. Und da strömt er endlich ein, ER, Walter Ego, Agent der Conföderativen intelligenten Ästhetikfeuerwehr… Nun, Juserin und Juser – lies, sage ich Dir! Lies das IV. Kapitel! Lies, wie der zwölf Zentimeter große Tausendsassa der CIÄ unserer Heldin Bella zu Hilfe eilt! Lies endlich, wie all seine tollen Tools und Superwaffen zum Einsatz kommen: der AKT (Anti-Kalauer-Tampon), die ZAR (Zoten-Abwehr-Rakete) und der PVC (Prosa-Visualisierungs-Chapeauclaque)! Verfolge den Kampf der geschundenen Forsetzungsroman-Kreaturen um ihre Fortsetzung!
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 31: - Folge 1 von Tote sterben nie - Prima Witz, neulich gehört von Dr. Kartoffel
Einen flotten Tanz in den Mai wünscht Schulz
18. April 2005
Kolk-Rabe No. 29 (Woche 16).
Das flüchtige Online-Magazin
BITTE LEISE LESEN! AM BESTEN FLÜSTERN!
Editorial
Psst, Juserin! Psst, Juser! Bitte glaube mir: Ich habe gelogen (psst!). Im letzten Kolk-Raben kündigte ich für diesen Kolk-Raben eine Zusammenfassung des dritten „Bella“-Kapitels an sowie eine Vorschau aufs vierte – doch wahrlich, ich sage Euch (psst!), das war ein Versehen: Es ist noch gar nicht so weit!
Essay
„Wieder habe ich das Gefühl, daß sich fast alle Menschen leicht an neue Geräusche gewöhnen, nur ich bleibe mit meinen Anpassungsleistungen zurück.“ Wilhelm Genazino, Die Liebesblödigkeit. Seit Wochen schon, Juserin und Juser, nehme ich mir einen kleinen Essay über (psst!) Lärm vor, denn Lärm, Juser und Juserin, ist wahrlich die Pest (psst!) unserer Zeit. Ich kann nämlich auch bald nicht mehr. Von allen Seiten labert’s, palavert’s und krakeelt’s, piept’s, heult’s und jault’s, kracht’s, donnert’s und wummert’s auf einen ein – hätte die menschliche Magenklappe eine Gehörmembran, man watete täglich durch ein Wattenmeer von Kotze. Doch was, Juserin und Juser, entnehme ich grad dem Kalender von Acht°C, dem Gastronomie-Magazin von Carlsberg Deutschland (psst!)? Diese Woche findet der „Tag gegen Lärm“ statt (www.tag-gegen-laerm.de)! Sinnigerweise (psst!) am Geburtstag eines der größten Schreihälse des letzten Jahrtausends. Nach dem Willen der Deutschen Gesellschaft für Akustik e.V. (DEGA) soll am 20. April um 14.15 Uhr für 15 Sekunden Ruhe herrschen. Dein, Juser und Juserin, Kolk-Rabe unterstützt diesen International Noise Awareness Day uneingeschränkt! Bitte logge Dich zum entsprechenden Zeitpunkt ein und flüstere 15 Sekunden lang die folgende Zeile: Psssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssssst! Nicht, daß Du glaubst, Juserin und Juser, Dein alter Kolk-Rabe sei naiv. Selbst ihm ist völlig klar, daß bald danach wiederum alle Welt vor sich hintuten, -hupen und -pupen (apropopo: vgl. Rückantwort 1; vgl. außerdem Web-Tip von Miß Kolkrabe: www.physiologus.de/furz.htm; siehe auch Lieblingsgag) wird. Spätestens am 23. April. Dann ist nämlich, zur Feier des deutschen Reinheitsgebots, der Tag des deutschen Bieres. Prsst!
Lieblingsgag der Woche
Von der „Bullyparade“ kann bzw. konnte man ja halten, was man wollte; aber immerhin gab’s da eine Minifolge einer Minisketchserie, über die ich mich (psst!) noch Tage später beömmeln konnte wie ein 12jähriger. Da parodiert Christian Tramitz den Overalltyp aus der Sendung mit der Maus, der seine Sachgeschichten oft mit der Floskel „Klingt komisch, is’ aber so“ einleitet. Und in besagter Minifolge läßt er nur ganz kurz einen Furz und sagt anschließend, in diesem rauhraunend-saloppen Onkelton: „Klingt komisch, is’ aber so.“ „Is’ aber so!“ Ach Juser (psst!), ich könnt’ mich schon wieder (ganz leise!) beömmeln! (Klingt komisch, is’ aber so.)
Lieblingswitz der Woche
Ein Jäger auf Bärenjagd. Sitzt da und wartet, und Tatsache, da isser, der Bär. Der Jäger legt an, schießt, und als sich der Pulverdampf verzogen hat, geht der Jäger hin und – nix. Kein Bärenbret. Wundert sich, und da tippt ihm jemand auf die Schulter: der Bär. Ach du Schande. „Tja“, sagt der Bär, „eine Chance geb ich dir: Wenn du mir (psst!) einen bläst, laß ich dich laufen.“ Auch das noch, denkt sich der Jäger, aber was bleibt ihm übrig. Enttäuscht und verbittert geht er nach Hause und schwört Rache. Kauft sich ’ne Doppeldrillings-Bockbüchsflinte oder was, geht wieder in den Wald, und Tatsache, da isser wieder, der Bär. Legt an, schießt, und als sich der Pulverdampf verzogen hat, geht der Jäger hin und – nix. Kein Bärenbret. Tippt ihm jemand auf die Schulter. Nicht schon wieder, denkt sich der Jäger. Aber nützt ja nix. Diesmal isses noch ekelhafter, und der Jäger geht wutschnaubend nach Hause, kauft sich ’n Panzergranatwerfer oder was, geht wieder in den Wald, und Tatsache, da isser wieder, der Bär. Jäger zielt, schießt, und als sich der Pulverdampf verzogen hat, tippt ihm der Bär auf die Schulter, schüttelt süffisant den Kopf und sagt: „Du bist auch nicht nur zum Jagen hier, wa?“
Die TT-Stars vom Hamburger „Sportspaß“, Abt. Donnerstag Zum Ausschneiden und Sammeln
DADDY SLOWHAND. „Slowhand“ natürlich in dem Sinn, wie Eric Clapton Slowhand genannt wird! Ausgezeichnete Reflexe, hyperflexibles Handgelenk (Kopfüber-Rückhände, deren Schußbahn zu erahnen unmöglich ist), ausgezeichnetes Stellungsspiel, dennoch ggfs. flink auf den Beinen. Allroundtalent (Unterschnitt, Oberschnitt, Flips, Blocks, Vor- und Rückhandpeitschen usw.). Gefürchtete Angaben: Rückhand, diagonal über die Platte, mit gewaltigem Spin, oft genug nach Kick-drop-Art, so daß das Biest auf dem letztmöglichen Eck-Quadratzentimeter auf- und wie ein Dum-Dum-Geschoß wieder abspringt. Im Einzel kaum zu schlagen, im Doppel (psst!) komischerweise öfter.
TV-Kritik der Woche
„Desparate Housewives“, dienstags 21.15 Uhr, Pro7. Hm. Warst auch Du, Juserin und Juser, ein bißchen enttäuscht (psst!)? War da was drin, das man noch nicht kannte – z.B. von den „Hexen von Eastwick“, Milena Moser oder Celia Fremlin? Na, der Reiz von Serien liegt ja oft im Seriencharakter. Zwei, drei Chancen noch. Hoffentlich geht’s nicht aus wie bei Nip/Tuck.
Typtip der Woche für Juserinnen
Der STOFFEL Reißt der STOFFEL eine auf, die Frotteebettwäsche mag, schwängert er sie unverzüglich. Außerdem ist er einer der wenigen Männer, die erst nach der Goldenen Hochzeit laut pupen (psst!). Kühe, Dalmatiner, Birken entzücken ihn. Passabler Billardspieler; oft Bluter. Schlimmstes Kindheitserlebnis: Wie er einmal einen Pferdeapfel glasierte.
Rückantwort No. 1
Lieber Till (siehe Kolk-Rabe No. 27)! Freut mich zu hören, daß ich mit dem Furz-Rap-Klingelton (psst!) reich werde. Noch bin ich zwar nicht in der GEMA, aber das kann sich ja schnell ändern. Als Künstlernamen für meine Musikerkarriere wähle ich „Dieter Bohlen“.
Rückantwort No. 2
Liebe Miß Kolk-Rabe (siehe Kolk-Rabe No. 28)! Vielen Dank für Deine Anregung, von den Typtip-der-Woche-Typen sowie den TT-Stars Starschnitte hinzuzufügen. Doch bedenke (psst!): Wer A sagt, muß sich auch Oho sagen lassen – und in ihrer Eigenschaft als Miß Kolkrabe ebenfalls einen liefern!
Die Pannen der Mannen
Bill’ger. Mehr. (Psst!) Dicker. Breiter. Alu. Akku. Axt. Asbest. DAX. Fax. Uffz. Karriereleiter. Bier. (Psst!) Skat. Geld. Warentest.
Fußball. Ficken. Formel eins. Brachiale Lösungsformen. Dies ist meines. Jenes deins. Regeln. Uniformen. Normen.
Boxen. Luder. Bruderkuß. Heer. Hecht. Handy. Herrenreiter. Hals- und Beinbruch. Prost. Gut Schuß. Immer gradeaus. Und weiter.
Denkste! sagt die Dame. Schluß!
Astro-Tips für Girls
Stier (21.4.–20.5.) Der Stier! Nomen est omen! Gott! Der Stier, der vögelt dich bankrott. Der bumst dich platt, kaputt, zu Schrott… Paß auf! der (psst!) dich aufs Schafott!
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 29 (FS). Bella verließ mit den anderen die DUK und nahm vor ihren Kollegen eine respektable Körperhaltung ein. „Ihr wißt, worum es geht?“ Ohne auf sie einzugehen, flüsterte (psst!) Dr. Porschmann, der nunmehr wieder Dr. Porschmann war anstatt Stanislaus: „Was sind das alles für Leute?“ Offenbar hatte er nach wie vor die erregende „Klett“-Welt vorm inneren Auge und war vom Drang des ewigen Empirikers beseelt…
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 30
- Zusammenfassung „Bella“ Kap. 3 + Vorschau auf Kap. 4 - Psst!
Eine stille, ruhige, leise Woche wünscht Dir, Juser und Juserin, Dein (psst!) Leisetreter Schulz
Bonustext von Dat Sanne: Zur Ablenkung von Deinem Arbeitsstress mal ein kleines Witzchen + Kommentar (hat mir irgendeine Juserin geschickt) Also, erstmal der Witz im Original: Zu Beginn ihrer Ehe deponierte die Ehefrau unter ihrem Bett eine Schachtel und meinte zu ihrem Mann: "Du musst mir versprechen, dass du nie in diese Schachtel schaust." All die Jahre hielt sich der Mann an sein Versprechen. Nach 40 Jahren Ehe hielt er es nicht langer aus und öffnete die Schachtel. Darin befanden sich 3 Flaschen Bier und 12.035,-- Euro in Münzen und kleinen Scheinen. Voller Verwunderung legte er die Schachtel wieder unters Bett. Am Abend in einem vornehmen Restaurant bei Kerzenschein und romantischer Stimmung brach er sein Schweigen und fragte seine Frau: "40 Jahre habe ich mein Versprechen gehalten. Aber heute habe ich die Schachtel unter dem Bett geöffnet und nachgesehen. Bitte erkläre mir den Inhalt." Sie antwortete: "Jedes mal wenn ich dich betrogen habe, habe ich danach eine Flasche Bier getrunken und die leere Flasche ind die Schachtel gelegt." Der Mann schwieg erstaunt und dachte bei sich: "In all den Jahren war ich sehr oft unterwegs auf Dienstreisen, da sind die 3Mal wirklich nicht so schlimm und ich glaube, ich kann ihr das verzeihen." Etwas später allerdings fiel ihm noch der ominöse Geldbetrag ein und er meinte zu seiner Frau: "Was ist eigentlich mit dem Geld in der Schachtel?" "Na ja, jedes Mal wenn die Schachtel voll war, habe ich die Pfandflaschen zurückgebracht!" So, und nun kommt der eigentliche Gag – Mail darauf hin von einem Mann: Dieser Witz scheint einer weiblichen Feder entsprungen zu sein. Das sieht man an der enthaltenen Logik: 1.) Die Frau hätte Ihren Mann die letzten 40 Jahre jeden Tag 5,5 (Pfandwert/Flasche 15 cent) mal betrügen müssen um auf diese Summe zu kommen. 2.) Sie hätte dann mit insgesamt über 80.000 Männern geschlafen... 3.) Der Genuss von 5,5 Bier am Tag (Mo-So) hätten diese Frau (so schön Sie auch gewesen sein mag) auf Dauer fett und alkoholabhängig gemacht. 4.) Es gibt keine Stadt die 80.000 männliche Einwohner in entsprechendem Alter aufweist, die gleichzeitig auch mit dieser fetten, stinkenden, aufgedunsenen Frau poppen würden. 5.) In der Schachtel können sich keine Scheine befunden haben, sondern nur Hartgeld. Um einen 5 EUR-Schein durch Pfand zu bekommen müsste man 33,3 Flaschen abgeben. Diese passen nicht in eine Schachtel. Höchstens in einen Möbelkarton, den man aber nicht unter ein Bett bekommt, es sei denn es wäre ein Hochbett. Wenn die Frau also die Flaschen weggebracht hat, kann es sich höchstens um 6 Flaschen gehandelt habe. Dies wären 90 Cent Pfand. Also Hartgeld. 6.) Normalerweise wären 0,90 EUR als Hartgeldmenge ein 50.Cent-Stück und zwei 20-Cent-Stücke. Die 12.035 EUR Hartgeld bestehen also aus ca. 4.457 50-Cent-Stücken und doppeltsovielen 20-Cent-Stücken... Ein 50-Cent-Stück wiegt 7,8 Gramm, ein 20-Cent-Stück 5,74 Gramm. Das sind zusammen 86 Kilo. Die Frau will ich sehen, die Ihren dicken aufgequollenen Körper auf den Fussboden plumpsen lässt und mal eben eine Schachtel mit dem Gewicht von 86 Kilo unter dem Bett hervorzuziehen. 7.) Wenn ich das Volumen des Materials der Geldstücke nehme und summiere, dann komme ich auf gut 12 Kubikdezimeter, was etwa 12 Milchtüten entspricht. Darin enthalten ist natürlich noch nicht "Luft", die zwischen den einzelnen Geldstücken ist. Jedenfalls passen keine 12 Milchtüten in eine "Schachtel", geschweige denn noch 3 leere Flaschen. 8.) Es gibt den Euro erst seit gut einem Jahr. Da das Geld in Münzen war, gehe ich nicht von einem Umtausch in die neue Währung aus. Also muss sich die Fremdgehgeschichte ja komplett im letzten Jahr abgespielt haben. 9.) Würde ich die Rechnung also von 40 Jahren auf 12 Monate verkürzen, dann käme ich auf knapp 220 Männer und natürlich auf 220 Bier am Tag. Da der Tag nur 24 Stunden hat und davon der Mann wahrscheinlich die Hälfte zuhause ist, blieben ihr für das Fremdpoppen nur 12 Stunden pro Tag übrig. Davon ziehen wir mal die 36 Gänge zu dem Flaschenladen um die Ecke ab, die ca. 5 Minuten beanspruchen... obwohl natürlich nicht, wenn man hackedicht und superfett ist... also 10 Minuten pro Gang. Sind insgesamt 6 Stunden um das Pfand wegzubringen. Übrig bleiben nun noch 6 Stunden. Wenn man 1 Minute pro Flasche Bier trinken rechnet, dann gehen wieder 3,6 Stunden ab, sind also nur noch 2,4 Stunden um 220 Männer zu vögeln. Aber da bei der Menge Bier auch einige Klogägne einzurechnen sind, müssen wir leider wieder was abziehen... Die weibliche Blase fasst etwa 50ccm, also ca. einen halben Liter. Das wären dann bei 220 Bier (à 330ml!!!!!!!!) 145 Klogänge..... 10.) Ausserdem trinken Frauen kein Bier! Ja ja, die Frauen. Das Witzereissen sollten sie jedenfalls lieber den Männern überlassen...
11. April 2005
Kolk-Rabe No. 28 (Woche 15).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Saul Bellow ist tot. Max von der Grün ist tot. Sollte, Juserin und Juser, auch das letzte Stündlein Deines unbescheidenen Kolk-Raben geschlagen haben, könnte er es immerhin…
Der große Selbständigenreport Lose Folge 3
… von seiner Armbanduhr ablesen. Denn jawohl: Sie ist wieder da (vgl. Kolk-Rabe No. 25 und 26)! Und so kam’s: Anfang der Woche rief ich bei der Frau des Uhrmachers (im folgenden: FdU) an. Er selbst sei immer noch nicht wieder aus dem Krankenhaus zurück, sagte sie. Er brauche ein neues Herz, meine Uhr aber nur ein neues Werk. Das koste ca. 35 €. Nun hat meine Uhr, ein Geschenk meiner Frau, hauptsächlich ideellen Wert. Zwischen sentimental- und ökonomischen Erwägungen hin- und hergerissen, holte ich sie erst mal, so kaputt, wie sie war, bei FdU ab und lief damit zu der Juwelierin meines Vertrauens (im folgenden: JmV). Ihr Gesicht ist inzwischen wieder vollständig verheilt. Ich machte ihr ein entsprechendes Kompliment (= Zuckerbrot), begann dann aber umgehend zu klagen (= Peitsche): Ich hätte ihr diese Uhr auf Treu und Glauben überantwortet, erst x € für eine neue Knopfbatterie bezahlt, dann 15 für eine „Durchsicht“ o.s.ä., und nun, da die Uhr immer noch nicht richtig ticke, würden weitere 35 fällig. Sie müsse doch zugeben, daß dies ein recht unbefriedigendes… Sofort begann sie zurückzuklagen. Anfangs hörte ich aus jenem leidenschaftlichen Lamento nur „Mehrwertsteuer, Mehrwertsteuer“ heraus, und sie könne allenfalls die Hälfte von den 15 € anrechnen, sie könne doch auch nicht für umsonst arbeiten, und sie habe noch einen anderen Uhrmacher, mit dem sie kooperiere, und sie könne einen Gesamtpreis von 35 € anbieten bzw. abzgl. € 7,50, und ich solle doch Mittwoch wiederkommen, und dann würde man weitersehen. Aus Zeitnot gab ich mich geschlagen. Am Mittwochabend hatte ich einen geradezu jubelnden Anruf auf dem AB. „Hallo, Herr Schulz! Hier ist JmV! Die Uhr ist fertig und kostet 10 €!“ Was zum…!? Am Donnerstag, vorm Tischtennis, bin ich hin, und siehe da: Die Batterie sei zwar leer gewesen (???!!!), aber der neue Uhrmacher habe alles gerichtet. 10 € bitte. „Damit Sie sehen, daß ich ein ehrlicher Mensch bin!“ Falls Du, Juserin und Juser, wissen willst, was es geschlagen hat – ab sofort kann es Dir Dein alter Kolk-Rabe wieder zuverlässig sagen. Apropos Donnerstag, apropos Tischtennis:
Die TT-Stars vom Hamburger „Sportspaß“, Abt. Donnerstag Zum Ausschneiden und Sammeln
MASTER OF RETURN (wg. Schulterproblemen leider seit Wochen auf der Ersatzbank). Keiner vollbringt derartig meisterhafte Returns wie Master of Return. Noch 200 km/h schnelle Schmetterschüsse killt er (aus einer Entfernung von drei bis vier Metern), so daß sie in Bogenlampenform zurückkehren und hoch abprallen, oft auch noch mit ekligem Effet: ideale Voraussetzung für den Gegner, ein Luftloch zu schlagen, indes ihm der Ball auf dem Kopf rumtanzt oder hämisch an den schielenden, feuchten Augen vorbeisegelt. Nerven wie STEELNERVE (vgl. Kolk-Rabe No. 27). Ausgezeichnetes Stellungsspiel. Sehr gute Blocks und Flips (Richtungstäuschungen!). Widerlich gezwirbelte Rückhandangaben, die einem wie Flöhe vom Schläger springen. Weitere Spezialität: von tief unter der Platte hervorgeholte Rückhand-Topspins.
Kollegiale Kritik der Woche
Heinz Rudolf Kunze! In der grad erschienenen Anthologie „Mein Song. Texte zum Soundtrack des Lebens“ (hrsg. V. Steffen Radlmaier; ars vivendi Verlag) sind auch Sie mit einem Beitrag vertreten. Dessen erster Absatz besteht aus folgenden zwei Sätzen: 1. Angesichts des Umfangs meiner Tonträgersammlung könnte und müsste ich da sehr weit ausholen, mich an vieles nahezu gleich Intensives erinnern – die Frage hat etwas von der fröhlichen Unbekümmertheit, mit der man Reich-Ranicki nach EINEM Lieblingsbuch ausforschen wollen würde. Und 2. Aber gut, legen wir uns fest, denn EIN Erlebnis überragt tatsächlich majestätisch schimmernd alle anderen Gipfel des Eindrucksgebirges. Ja, was denn nun, 1 oder 2? Bzw. na bitte, es geht doch! Bzw. meinen Sie wirklich, Sie seien der Reich-Ranicki des Musik-Biz? Und brauchten folglich die Kirche keineswegs im Dorf zu lassen? Auch und gerade in Ihrer Eigenschaft als Synodenhymnenlyriker? Sie, Udo Lindenberg (geb. 1946), hingegen beginnen Ihren Beitrag ebd. wie folgt: „Tutti Frutti“ und „Diana“, das sind die Songs, die mich aufgeweckt haben. Elvis Presley und Paul Anka. Es muss 1954 gewesen sein. Ich war acht oder zehn Jahre alt… Unnachahmlich cool, wie Sie – in Ihrer Eigenschaft als der wahre Rockpapst – uns die Wurstegalität irdischer Altersarithmetik vermitteln!
Typtip der Woche für Juserinnen
Der KNILCH
Oft, ja praktisch ständig „charmant“. Gib dem KNILCH einen einzigen, halbwegs einleuchtenden Grund, und er küßt dich auf die noch so gerunzelte Stirn. Körperliche Vorzüge: scharfe Zähne, saubere Fingernägel, Rolex. Haßt Gauben und Pfrieme, liebt Begriffe wie „Humankapital“. Bestes Kunststück: „Wheely“ mit Roller.
Rückantwort No. 1
Lieber Zacharias t Hoddle! Tolles Pseudonym, und vielen Dank für den kürzlichen Kommentar! Da dieser einem älteren Kolk-Raben (No. 18) galt (in dem erwähnt wurde, daß Heinz Strunks Roman „Fleisch ist mein Gemüse“ in einer Buchhandelsabteilung für „Gesundheit / Diät“ auftauchte), zitiere ich ihn hier ausnahmsweise in voller Länge: Zur fachlichen Kompetenz mancher Buchhandelsgehilfen auch eine Anekdote: Auf Anfrage verwies ein solcher den potentiellen Leser der Autobiographie des inzwischen verstorbenen Liedermachers Ulrich Roski, die den schönen Titel „In vollen Zügen“ trägt, auf das Angebot zum Thema ,Hobby / Eisenbahn’.
Rückantwort No. 2
Liebe Miß Kolk-Rabe (siehe Kolk-Rabe No. 27)! Vielen Dank für Deine Kommentare! Zu Deinem „Gesundheitstip der Woche“ für mich: Oh, oh! Zu Deinem „Typtip für Juser“: Ich weiß (ähem), ich weiß! Zu Deiner „unerklärlichen Ballphobie“: Hab ich auch, hab ich auch! (Jedenfalls bzgl. Hand-, Fuß-, Volley-, Basket- und Abtanzball.) Deswegen liebe ich ja so den hellen, kleinen, leichten! Und zum Erhalt Deines Gewinns: viel Vergnügen! (Ist eh garantiert…)
TV-Tip der Woche
„Desparate Housewives“, Dienstag, 21.15 Uhr auf Pro7. Jede Menge Vorschußlorbeeren für diese „Dramedy“. Schau’n wer mal, was, Juserin?
Die Dramen der Damen
Selter; Sekt; Salat; Gegreine: Krähenfüße; Fliegenbeine; Nagelbruch; Spaghettiträger reißt – da feixt der Schürzenjäger;
nix zum Anziehn; nix zu lachen; nix zum Leidenschaftentfachen; Absatz ab; Laufmasche; Spliß; Seitensprung – Gewissensbiß;
Gürtel klemmt und Zwickel kneift; Göre flennt und Gatte keift… Derlei schrill-illustre Dramen sind das täglich Brot der Damen.
Und der Herr sagt ja. Und amen.
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 28 (NE). „Hm“, kratzte sich Hottner A an seinem Brandy und wollte grad am Aschenbecher nippen, da fiel ihm ein: „Langsam verlier’ ich den Überblick…“
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 29
- „Die Pannen der Mannen“ - Zusammenfassung „Bella“ Kap. 3 + Vorschau auf Kap. 4
Eine schrillustre Woche mit reichlich Dramedy und Remmidemmi wünscht
Schulz
4. April 2005
Kolk-Rabe No. 27 (Woche 14).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Harald Juhnke ist tot. Der Papst ist tot. Wie geht’s Dir?
Gesundheitstip der Woche
Nicht so viel trinken, nicht so viel beten!
Wochenbericht
Hast, Juserin und Juser, auch Du am Mittwochabend die Live-Übertragung der Tischtennis-EM verfolgt? Finale Österreich¬–Dänemark? Warum denn nicht! Österreich führte 2:0 und verlor 2:3! Da war vielleicht was los! Übrigens auch nicht unspannend zu verfolgen war, wie lange der Eurosport-Moderator es wohl durchhalten würde, jenes ganz offensichtlich prominente, begeisterte Pärchen, das immer wieder und, je näher Dänemark dem Sieg kam, desto häufiger eingeblendet wurde, aus lauter Desinformiertheit nur um so nonchalanter zu ignorieren. Eisern hielt er bis zum Ende durch. Zwar wußte auch ich nicht, wer das war, aber ich bin ja auch kein Eurosport-Moderator. Ich bin nur Fernseher. Ich will informiert werden! Wurde ich dann in den ZDF-Nachrichten: Prinz Frederik und Prinzessin Mary. Glückliches Dänemark! So ein prima Prinzenpaar! Und interessiert sich auch noch für Tischtennis! An jenem Mittwochabend war’s, da ich den Ehrgeiz entwickelte, auch Dich, Juserin und Juser, für Tischtennis zu interessieren. Da hätten wir dann beide was von: ich meine stille Freude, und Du wirst vielleicht Prinz/essin von Hamburg. Also.
Die TT-Stars vom Hamburger „Sportspaß“, Abt. Donnerstag Zum Ausschneiden und Sammeln
STEELNERVE. Zwingt Dir sein Spiel auf und schupft dich zur Verzweiflung (= Pingpong). Auch beim Ballholen demonstrativ, ja aufreizend ruhig. Lullt Dich mit extrem kontinuierlichem Unterschnitt ein, so daß Du, zu unvorbereitet, versemmelst. Oder schlägt plötzlich selbst unverschämt zu, schmettern kann er auch. Und: Nie auf einem eigenen Schmetterball ausruhen! Denn wehe, Du unterschätzt seine Returns! Angabenvariation: gut. Kondition: gut. Mentale Stärke: sehr gut. Begehrter Doppel-Partner. Erfolgsfrequenz: sehr gut. Unglaublich: Früher (ca. 1975ff.) Angriffsspieler par excellence – nervös bis cholerisch; haderte am lautesten, einfallsreichsten und obszönsten von allen mit sich und dem Schicksal (in schwachen Momenten bis heute). Warf den Schläger schon mal vor Wut quer durch den Saal.
Rückblick
Wir spielten nämlich damals auf’m Tanzsaal der örtlichen Gastwirtschaft. Das kam so: Bei Fiffi Meyer auf’m Küchentisch (Zollstöcke als „Netz) begann’s. Dann regten wir einen TT-Verein an, herauskam der heute noch bestehende Sportverein Hagen (skandalös: gern unterschlagen wird in der offiziellen Geschichtsschreibung die Tatsache, daß die Gründung auf unsere Initiative zurückging). Da es damals noch keine Halle im Dorf gab, wurde ein Abkommen mit Dorfwirt Günter Wiebusch getroffen (dem Sohn des legendären Kneipengründers Fieten Wiebusch). Montagabends rollte man einen riesigen Teppich auf dem Parkett aus, TT-Platten drauf, fertig. Rauchen und Biertrinken während des Trainings war Usus… (Web-Tip: www.pensionshaus-wiebusch.de)
Kommakritik der Woche
Das Glossengewerbe hat den Werbeslogan „Geht nicht, gibt’s nicht“ ja längst als kreischendstes Beispiel für kreischend dämliche Kommasetzung entlarvt. Gäbe die Zielgruppe auch nur einen 6er Dübel auf orthographische Feinheiten, jener Spruch hätte für den Auftraggeber bumerangmäßig fatal sein müssen. Stattdessen scheint er zu boomen: Erst kürzlich fiel mir auf, daß VOX („Cool kochen mit Tim Mälzer“) nachzog und das Bekloppte noch toppte – mit einer Sendung titels „Schmeckt nicht, gibt’s nicht“. Mein Rezept dagegen: Frikadelle. Schmeckt, gibt’s.
Beschwerde der Woche
Im Kolk-Raben No. 19 schlug ich folgendes vor: „Hol Dir meinen Würfelhusten als Klingelton runter!“ Nun kann man sich immerhin, wie ich dem Musikfernseh entnehme, einen Furz-Rap runterladen. Und wer hat’s erfunden? Rudi der Arsch („Farting Rap“; vgl. „Kolks blonde Bräute“; Haffmans, Zürich 1991; S. 102). Die Rechte müßten also seit dreizehn Jahren bei ihm liegen – bzw. bei mir. Hallo Till! Können wir da einschreiten? Ich will mindestens 50%!
Die große Kleine-Gesten-Revue nach Günther Willen Diesmal wieder mal von ihm selbst:
„1. Wenn der großartige, ja phantastische Oliver Hardy Wiiiiiedersehn sagt, könnte ich dahinschmelzen. Seine rechte Hand flattert einem dabei entgegen, wie wenn er Fliegen verscheucht, die sich über seinen Bienenstich hermachen wollen. Alternativ macht er auch gern Winke-Winke mit dem Schlips. Bild für die Götter. 2. Weit verbreitet bei Pomis ist der ausgestreckte Zeigefinger, mit dem sie auf einen x-beliebigen Punkt in der Menschenmenge lachend zeigen beim Foto-Shooting oder wenn sie die Reling runterkommen (welche Reling?) oder ein Bad in der Menge nehmen. Ich glaube, Ronald Reagan hat damit angefangen. Und der schreckliche Schumi macht es auch. Manchmal reckt er gleichzeitig auch noch den Schumi-Daumen hoch. Also ausgestreckter Zeigefinger und hochgereckter Daumen. Ist das denn schön? Schwarzenegger u.a. machen sogar so eine Art Piff-Paff, wie wenn sie eine Pistole betätigen als Geste zur Begrüßung und/oder Abschied. Womöglich auch noch Zeigefinger ,auspusten’, als hätte man grad einen Volltreffer gelandet.“
Typtip der Woche für Juserinnen
Der KLOPS
KLOPSE sind meist lieb, manchmal aber auch nicht. Manchmal können sie sogar böse werden, zumal Montaggeborene. (Am besten einfach weggehen.) Pferdestehlen kein Problem. Schwächen: Rhomben als Sockenmuster, Besserwisserei beim Vorspiel, Lakritzsucht. Lieblingsfarben: Ocker, Vulva, Pik.
Web-Tip der Woche Diesmal von Miß Kolkrabe, als Nachtrag zur Lost-in-Translation-Aktion:
„Mit Hilfe von zu rinnen, im Heimweh der Alten Küche Frankreich sanft, hatte sich diese Launische Forelle vollständig vergessen schließlich gelassen. Mittels einer neuen Mannschaft, also, das in die Oberfläche von XVII. gutem Farbton heute heraufsteigt. Kein Umsturz dafür, fährt (navigiert) „Forelle“ in den klugen Wellen dieser Küche immer, die Tradition sogenannt ist, wo die Sicherheit des Produktes und der Erfüllung ein genauso seltenes wie charmantes Echo schließlich findet, in dieser Reitzeit für die Modernität. Hasenpastete in Armagnac, Törtchen von Haddock in den Artischocken, jungem Rebhuhn, das in den Feigen gebraten ist, spielt Lotte es, was ist matelote, stellen einen volontarisme der klassischen Sache dar, die von Ihnen fast aufhörte, sexy den alten Saal Regency zu machen.“ (http://www.paris-lights.com/deutsch/d_pubs/d_restau/d_truite_vag.html) http://www.paris-lights.com/deutsch/d_pubs/d_restau/d_truite_vag.html
Alternativvorschlag von Miß Kolkrabe: Trimalchios (vlg. Petronius Arbiter: „Satyricon“) Lieblingsrezept nachkochen.
„Rezept Flammenspeiender Pfau nach Apicius
Haut mit dem Gefieder abziehen, die Kopffedern müssen erhalten bleiben. Füsze abhacken, aufheben. Den Vogel mit Gewürzen und Kräutern füllen, am Spieß braten, aber den Kopf mit einem Tuch umhüllen, das ständig angefeuchtet wird, um den Federschmuck zu erhalten. Wenn der Pfau gar und vom Spieß genommen wird, die Füße wieder befestigen, das Kopftuch abnehmen, die Kopffedern arrangieren, den Vogel wieder in seine Federhaut hüllen und den Pfauenschwanz ausbreiten.
In den Schnabel etwas mit Kampfer getränkte Wolle praktizieren und anzünden. So kommt er als ,feuerspeiender Pfau’ auf den Tisch.“
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 27 (FS). „Ja, wer denn?“ fragte der andere Wahnsinnige etwas ratlos. „Und wer sind WIR denn überhaupt?“
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 28
- Typ der Woche: Der KNILCH - Sportspaß-Star der Woche: MASTER OF RETURN
Eine schöne Reitzeit für die Modernität wünscht, Juserin und Juser, um sexy den alten Saal Regency zu machen, Dir Dein um ein ebenso seltenes wie charmantes Echo bittender launischer Kolkrabe
Schulz
28. März 2005
Kolk-Rabe No. 26 (Woche 13).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Bist auch Du abergläubisch (aber nur, wenn’s Dir paßt)? Für mich jedenfalls müßte diese Woche prima werden, denn 13 ist meine Glückszahl. Jedenfalls seit Freitag, den 13. Februar 1987, da bestand ich die letzte Germanistikprüfung. In der darauffolgenden Nacht übrigens (M.A. Schulz nullte zudem) war in meiner Studikerbude aber der Teufel los. Meine mich zu entsinnen, daß der Künstler Ian H. nach schwerem Bommerlunder-Abusus während Wiener-Wurst-Kauens mit vollem Mund einschlief, nach einer Stunde hungrig erwachte und freudig überrascht weiterkaute; daß dessen damaliger Schwager Markus F. gegen fünf Uhr morgens im Bierrausch über die Brüstung meines Balkons stieg und von dem Baugerüst aus, das gerade die gesamte Fassade des Hauses abdeckte, Scheißhausparolen in die umliegenden Wohnungen grölte und daß M.A. Schulz' labiale Lingustik keinen Pfifferling mehr wert war… Tempi passati. Apropos: In der Nacht auf Ostersonntag (als Harry Rowohlt 60 wurde; siehe Feierbericht No. 2) brauchte ich jedenfalls meine Uhr nicht um eine Stunde vorzustellen. Denn die lag (und liegt leider bzw. hoffentlich) immer noch beim Uhrmacher.
Der große Selbständigenreport Lose Folge 2
(Was bisher geschah: Die mit einem Waschbärenhämatom geschlagene Juwelierin meines Vertrauens von schräg gegenüber verweist mich wg. meiner kaputten Uhr auf den mit ihr kooperierenden Uhrmacher; vgl. Kolk-Rabe No. 25…) Tage vergehen. Dann ging ich zum Uhrmacher. Es war aber nur seine Frau da. Sie gab mir einen Abholzettel für Dienstag, und da ich bereits in Donnerstag-Tischtennis-Klamotten steckte, verbummelte ich ihn. Trotzdem ging ich eines Dienstagmorgens hin. Ein Zettel hing an der Tür: „Heute erst ab ca. 15.30 geöffnet.“ Tage vergehen. Dann ging ich wieder hin, wieder morgens, wieder erst ab 15.30 geöffnet. Eines Freitags ging ich wieder hin, vorsichtshalber um 15.30. Es war geöffnet. Ohne Abholzettel, so Frau Uhrmacher, sei das aber ganz schlecht. Gemeinsam kriegten wir raus, welche Problemuhr gemeint war, und sie sagte, das habe ihr Mann nicht mehr geschafft, bevor er ins Krankenhaus gekommen sei, und nächste Woche sei ja Karwoche, und die danach wg. Ostermontag auch recht kurz. Nun fragst Du, Juser und Juserin, Dich zu Recht (und womöglich auch noch mich), warum ich das eigentlich alles erzähle, und zwar unterm Rubrum „Selbständigenreport“. Es begann damit, daß ich meine Frau, selbständige Kauffrau, zu einem „Gespräch“ bei einer Hamburger „Sparkasse“ begleitete (vgl. Kolk-Rabe No. 20). Dieses „Gespräch“ verlief derart, sagen wir aus juristischen Gründen: unerfreulich, daß ich die „Sparkasse“ am liebsten gesprengt hätte (aus juristischen Gründen mit einem Gartenschlauch). Und glaube, Juserin und Juser, bitte Deinem bis zur Blödsinnigkeit zahmen Raben: Das wäre gut brechtisch die einzig mögliche menschliche Reaktion gewesen. Aber glücklicherweise war ich ja nur Begleitung und wird man/frau als selbständige/r Krämer/in hierzulande ja zum Übermenschen gedrillt: Von der Politik moralisch hochgejubelt und faktisch in die Tonne getreten, muß man König Kunde dienen. Der wiederum dreht zusehends durch. Er weiß nichts mehr anzustellen mit seiner „Freizeit“ (Opaschowski). Er weiß nicht mehr, was er will, erinnert sich aber vage, früher eine gewisse „Befriedung“ (Horst-Eberhard Richter) und „Befriedigung“ (Freud) im Shopping gefunden zu haben – jedenfalls bis zum nächsten Shopping. Heute aber hat er kein Geld mehr oder will’s lieber nicht ausgeben, weil er sonst keins mehr hätte, wenn er es denn mal ausgeben müßte. Also macht er Shop-hopping (= Shopping ohne Shopping); schließlich ist er der König und kann ja wohl machen, was er will, auch wenn er nicht mehr weiß, was das noch mal gleich war. Immerhin macht er’s sich anderthalbstundenlang in den Umkleideräumen gemütlich, reißt alles aus den Fächern raus und von den Ständern runter und schwätzt währenddessen vor sich hin. Hier, beim Krämer und bei der Krämerin, hört ihm wenigstens noch eine/r zu (zu Haus ja schon lange nicht mehr, geschweige bei Obi, Aldi, Karstadt). Dann, eine Spur der Verwüstung hinter sich herziehend, geht er, befriedet und befriedigt, wieder nach Hause und hat nicht einen Cent dazubezahlt. Geiz macht geil. Nur die Krämer/innen nicht. Die müssen ja zumindest das einkaufen, was der König dann liegenlassen kann. Dafür brauchen sie Geld, das sie ja nicht haben, solange der König ihnen nichts gibt. Also nehmen sie Kredit. Von den Banken und „Sparkassen“ aber gibt’s nur dann noch einen, sobald man keinen mehr braucht („Basel II“). Mit andern Worten: Die Krämer/innen ziehen sich so lange an den eigenen Haaren aus dem Sumpf, bis nicht mal mehr eines in der Suppe schwimmt.
„Herr Ober, da in meiner Suppe, da schwimmt ja eine Glatze!“ – „Halt’s Maul und friß die Pfütze, Puppe, sonst gibt’s was auf die Fratze!“
Ich jedenfalls lese bis auf weiteres die Uhrzeit aus dem Internet ab und, liebe Sanne (= Rückantwort No. 1, siehe Kolk-Rabe No. 25), danke Dir! (Auch für den Glückwunsch!)
Rückantwort No. 2
Lieber Till (siehe Kolk-Rabe No. 25)! Vielen Dank für die Verlautbarung. Nun ist es also raus. Dann kann ich ja auch den angekündigten Feierbericht No. 1 abgeben: war prima. Das vom allemal hinreißenden Urgestein Frau Krauß geschossene Foto in der Hamburger Morgenpost vom Dienstag samt Text („… seine Eltern Hildegard und Gerhard gratulierten als Erste…“) allerdings gemahnte eher an einen weit, weit, ja hoffnungslos weit zurückgebliebenen Jugend-forscht-Gewinner, der zwar schon allzulange nicht mehr alle sieben Zwetschgen beisammen hat, dafür aber eine Rose und eine leere Kladde, und dessen Mutter jünger aussieht als er selber… Heiliges Herrgottl von Biberach!
Rückantwort No. 3
Liebe Miß Kolk-Rabe (siehe Kolk-Rabe No. 25)! Vielen Dank auch! Woher weißt Du, daß fast alle beschriebenen Wehwehchen mehr oder weniger auf mich zutreffen (bis auf, ähem, „Durchblutungsstörungen“)? Drittes Auge? Bei der Überprüfung des letzten Kolk-Raben fiel mir übrigens auf, daß meine Verleihung des Goldenen Kolk-Raben-Trash-Dichterinnen-Kolk-Raben an Dich miß(sic!)verständlich gewesen sein könnte. Nur für den Fall, daß: Das Attribut „Trash“ bezieht sich selbstverständlich ausschließlich auf die Form (Reiter / Geifer, heben / Tresen und so), nicht etwa auf den Inhalt! Okay-yyy?
Feierbericht No. 2 Harry Rowohlts 60ster
War prima!
Grußadresse Monumentaler, genialer usw., aber eben vor allen Dingen zutiefst seelenvoller, kurzum: lieber Harry,
schon ist’s verfehlt, das Interesse dieser meiner Grußadresse, Dich zu loben und zu preisen, ohne hymnisch zu entgleisen.
(So was geht mir immer schief, wie so mancher Liebesbrief.) Letzter Versuch, das Wort zu nennen: Selig ist es, Dich zu kennen.
Das schwört mit freudig erregtem Puls Dein Dir viel Glück wünschender Frank (Schulz)
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 26 (NE). „Hiermit spreche ich dir feierlich sämtliche akademischen Titel ab. Prost!“ „Was?“ Das blanke Entsetzen stand in Porschmanns Gesicht geschrieben…
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 27
- Kommakritik der Woche - Neue Gesten … - …„und noch ’n Aal dazu“ von Günther Willen
Eine sonnige Woche zum Aalen wünscht
Schulz
21. März 2005
Kolk-Rabe No. 25 (Woche 12).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Hast auch Du ein Faible für Jubiläen? Ich schon. Zünde ich mir zum Beispiel die 25. Zigarette des Tages an, werde ich immer ganz melancholisch. In diesem Sinne:
Goldiges zum Silbernen Kolk-Raben
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, soll’n wir noch ’ne Nummer schieben? 8 zum Beispiel, oder 9? Selbst 10, 11, 12 soll’n uns nicht reu’n! 13, 14, 15, 16 (hörst Du den Raben, Juser, krächzen?), 17, 18, 19, 20 (riecht’s nicht schon ein bißchen ranzig?), 21, 22 (Fehlanzeige: 23!), 24 und – juchhu! Silbern ist der Kaka… äh, Kolk-Rabe.
Der große Selbständigenreport Lose Folge 1
Die annoncierte Sparkassengeschichte (vgl. Kolk-Rabe No. 20 und 24) – Juserin und Juser, sie wächst sich bei mir allmählich zu einer Zwangsvorstellung von geradezu epischen Ausmaßen aus. Nähern wir uns dem Problem doch einstweilen von seinen Rändern. Ich weiß, noch spreche ich in Rätseln, aber vertraue, Juserin und Juser, mir – eines Tages werden sie gelöst. Es ist schon etliche Wochen her, da passierte mal wieder alles auf einmal: Mein Kraftfahrzeug ließ es an etlichem fehlen, vor allem an Kraft und street credibility; der Fernseh zappte wieder mal, wie’s ihm paßte; der Anrufaufzeichner fing an, nur noch unverständlich vor sich hinzubrabbeln – und meine Armbanduhr blieb stehen. Tage des ewigen Aufschubs vergehen (immerhin Autoreparatur: €€€). Dann endlich, wie in solchen Fällen üblich, ging ich nach schräg gegenüber, wo eine Juwelierin waltet. Sie setzte eine frische sog. Knopfzelle ein (€€€), und siehe da, sie lief wieder, meine Armbanduhr. Jedenfalls ungefähr bis sechs. Bzw. viertel nach sieben. D.h., es war definitiv viertel nach sieben MEZ, sie zeigte aber sechs. Ungefähr, denn während der Minutenzeiger exakt auf zwölf zeigte, zeigte der Stundenzeiger auf halb sechs. Tage vergehen (Fernseh hat sich besonnen; zappt wieder, wie ich will – ohne Reparatur! 0 €!). Dann ging ich wieder hin. Die Juwelierin meines Vertrauens prüfte die Knopfzelle. Leistungsfähigkeit 99,9 Prozent. Sie leitete meine Uhr an einen Uhrmacher ihres Vertrauens weiter. Nun war es nicht so einfach, unsere beider Geschäftszeiten zu synchronisieren. Sie: 10 bis 18.30 (mit kürzerer Mittagspause). Ich: 9 bis 19.30 (mit längerer Mittagspause). Tage vergehen. Eines Samstagmorgens ging ich wieder hin, und die Juwelierin sagte, die Uhr laufe seit bereits vier Tagen problemlos. Anstatt nachzuschauen, ob das stimmte, zahlte ich (€€€) und schob ab. Es stimmte aber nicht. Ein paar Tage lang versuchte ich, mir einzureden, es sei doch egal, ob’s nun halb fünf, sechs oder sieben sei. Ist es aber nicht, sonst bräuchte man ja überhaupt keine Uhrzeiten. Eines Tages wieder hin. Die Juwelierin entschuldigte sich. Sie habe mich so verstanden, daß die Uhr nach gehe. Sie werde wiederum den Uhrmacher einschalten. Tage vergehen (Anrufaufzeichnerproblem wird nach wie vor ignoriert). Einmal fuhr ich in meiner Mittagspause hin. Es hing ein Zettel an der Tür: „Komme gleich wieder“. Kam sie aber nicht. Einmal verschob ich extra meinen Arbeitsbeginn, damit ich um 10 bei ihr sein konnte. Es hing ein Zettel an der Tür: „Wegen Unfall geschlossen“. Tage vergehen. Dann wieder hin. Meine Juwelierin hatte zwei geschwollene Lippen, zwei Mordsveilchen sowie je ein Mullpflaster auf Nasenrücken, Stirn und Schläfe. Sie sei auf dem unebenen Gehweg direkt vorm Laden gestürzt, nuschelte sie. Stadtverwaltung verklagen gehe aber nicht, weil ja überall Schilder stehen: „Vorsicht! Unebener Gehweg! Die Stadtverwaltung.“ (Das stimmt. Darüber hatte ich mich stets gern lustig gemacht – bisher.) Auch die Berufsgenossenschaft könne sie mal, und überhaupt sei sie seit 18 Jahren selbständig und habe manchmal absolut keine Lust mehr, und ich müsse doch sehr entschuldigen, aber sie habe sich um meine Uhr bisher nicht kümmern können. Ich möge doch persönlich zum Uhrmacher gehen, zahlen werde sie das. Der habe allerdings gerade Mittagspause… (Fortsetzung folgt)
Der dritte Knochenbruch (siehe Kolk-Rabe No. 24)
Seit Jahren bin ich gewohnt, etwaige fallende Gegenstände (wie zum Beispiel Teebecher) vor Bruch und mich vor Lärm zu bewahren, indem ich geistesgegenwärtig den Fuß drunterschiebe (Fußball-Einfluß?). Nun begab es sich vor rund dreizehn Jahren, daß ich noch mal nach Hamburg mußte, nachdem ich den ersten Schwung meiner Arbeitsutensilien im Kloster Cismar bei Grömitz untergebracht hatte, um dort ein Stipendium anzutreten. Als ich mit meinem Auto vom Parkplatz herunterwollte, stellte ich folgendes fest: Solch ein weiß-rot gestreifter Sperrpfahl aus Plastik, der bei meiner Ankunft noch flachgelegen hatte, stand nunmehr aufrecht. Ich gab ihm – eigentlich hoffnungslos – mit links einen Schubs. Überraschenderweise fiel der Pfahl widerstandslos um, und währenddessen schoß mir der Gedanke durch den Kopf, daß man Aufsehen infolge unfeierlichen Klapperns bei dem recht zahlreichen Sonntagsspaziervolk womöglich vermeiden sollte. Also schob ich geistesgegenwärtig den Fuß drunter. Aufsehen infolge Lärms erregte ich persönlich. Die Rückfahrt nach Hamburg erfolgte mit Bleifuß, denn der Plastikpfahl verfügte über einen massiven Kern – vermutlich aus einer Mischung von Gußeisen, Granit und Beton.
Das Zitat der Woche stammt von einem meiner zeitgenössischen Lieblingsautoren: „Die Probleme, das ist eine Binsenweisheit, sind komplexer geworden, und es genügt nicht mehr, daß der Schriftsteller, als säkularisierter Moralprediger, stellvertretend für die Masse die Dinge in Gut und Böse scheide. Die meisten Fragen, die sich stellen, sind Spezialistenfragen, zu deren Beantwortung Kenntnisse benötigt werden. Nichts schlimmer als politisch-gesellschaftliche Einlassungen von Schriftstellern auf Stammtischniveau… Was sind wir in dieser Hinsicht anderes als Citoyens mit ihrer persönlichen Meinung? Unterscheidet uns irgendetwas von einem gebildeten Arzt, Anwalt oder Unternehmer? Und ist es unsereinem nicht hoch anzurechnen, wenn er, statt Banalitäten zu sagen, seine Bücher sprechen läßt?“ (Michael Kleeberg: „Warum nicht wir?“ in Die Welt vom Samstag. Vorspann: „Noch immer geben in unseren Debatten Schriftsteller über 70 den Ton an. M.K. erklärt, warum seine Generation die Allzuständigkeit der Altvorderen nicht anstrebt.“ Und spricht mir aus der Rabenseele.)
Rückantwort
Liebe Miß Kolkrabe (siehe Kolk-Rabe No. 23 und 24)! Hiermit bzw. dafür hättest Du Dir, wenn es ihn nicht zufällig gar nicht geben würde, endgültig den Goldenen Kolk-Raben-Trash-Dichterinnen-Kolk-Raben verdient! Gratuliere trotzdem! Übrigens, lieber Till! Miß Kolkrabes Kolkräbinnen-Gedicht im Kolk-Raben No. 23 ist ausdrücklich an Dich adressiert! Gesehen?
Zum Welttag der Poesie (21. März)
Während Schnaken Klönschnack halten, Bienen ihres Amtes walten. Während Faultiere pennen, Hasen um ihr Leben rennen. Während Karpfen lustvoll baden, tät’s den Katzen tödlich schaden.
Ja, so ist die scheiß Natur! Von Sozialismus keine Spur.
Astro-Tips für Girls
Widder (21.3.–20.4.) Der Widder schlittert willenlos in jeden halbwegs will’gen Schoß. Dort fuhrwerkt er – ’s ist kurios – trotz krummen Horns recht virtuos.
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 25 (FS): Noch leicht benebelt nahm sie eine männliche, versoffene Stimme wahr, die ihr bekannt vorkam. „Es war eine dunkle und stürmische City, Ende Nordnacht, in Hamburg-Juni…“
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 26
- 1–2 Feier-Berichterstattungen - Der große Selbständigenreport, lose Folge 2
Eine schöne Kar- oder wenigstens Kehrwoche mit 1–2 Feiern anstatt Unfällen wünscht, Juserin und Juser, auch Dir
Schulz
14. März 2005
Kolk-Rabe No. 24 (Woche 11).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial / Rückantwort No. 1
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Hallo Till (siehe Kolk-Rabe No. 23)! Vielen Dank für Trost und Rat! Die Sparkassen-Geschichte zieht sich hin und her und ist daher noch nicht spruchreif. Nichtsdestotrotz – eines Tages wird hier geulmt (vgl. weiter unten), daß es nur so rappelt. Was Miß Kolkrabe angeht: Doch, deren geschätzten Kommentare werden stets mit Vergnügen freigeschaltet! Bitte allerdings den Klammerverweis in meiner entsprechenden Rückantwort genau zu beachten: Meist bezieht diese sich auf den jeweils vorletzten Kolk-Raben, denn Miß Kolkrabe hat sich jüngst (vermutlich aus Gewohnheits- oder Termingründen) darauf kapriziert, ihn kurz vor Ablaufdatum zu kommentieren – folglich kurz nach Redaktionsschluß des frischen (Freitagabend). Genauer gesagt: Kaum ist der aktuelle Kolk-Rabe auf dem Flug zum Webmaster, da pflegt Miß Kolkrabe den alten zu kommentieren. So daß ich erst im künftigen drauf eingehen kann. Schad’t ja nix – im Gegenteil: So bleibt auch der alte noch ein bißchen frisch.
Rückantwort No. 2
Liebe Miß Kolkrabe (siehe Kolk-Rabe No. – sic! – 22)! Erstens siehe oben, und zweitens danke schön für Deinen – tja, ist es nun eine Beleidigung, wenn ich „waltraudmäßigen“ Spitzen-Spitznamenkommentar schreibe? Dann nehm’ ich’s sofort zurück!
Rückantwort No. 3
Lieber Dennis Karrasch (siehe Kolk-Rabe No. 23)! Vielen Dank für Ihren höchst intensiven Kommentar! Die „sog. Superschnicke“ finde ich schon allein wg. der Bezeichnung klasse, aber vor allem klasse beobachtet. Wird umgehend in die große Kleine-Gesten-Revue nach Günther Willen aufgenommen (doch, doch – die darf noch als kleine Geste gelten, quasi in, ähem, Lyotardschem Sinne, ähem). Was Ihre Spitznamen-Orgie angeht (mein Favorit: „Fotzenjockey“) – wenn Leute gemein sind (oder sehr unfreundlich), haben sie gemeine (oder mindestens unfreundliche) Spitznamen selbstverständlich verdient, finde ich; auch, wenn sie mit ihrem Stumpfnamen schon genug geschlagen sind. Allerdings: Müßte ich an der Theke eines Fastfood-Betriebes stehen und darüber hinaus ein Namensschild mit der Aufschrift „Scheidenreiter“ auf der sehr, sehr üppigen Brust tragen, wäre ich vermutlich auch sehr unfreundlich. Wenn ich’s mir, wie’s so meine rabenväterliche Art ist, andererseits anders überlege: Vielleicht wäre ich doch gar nicht so unfreundlich gestimmt, weil ich (wie Steve Martin sagt – weiß nicht mehr, in welchem Film) „den ganzen Tag dran rumspielen würde“. Und ich meine nicht die Theke noch das Namensschild.
Rückantwort No. 4
Lieber Thomas (siehe Kolk-Rabe No. 21)! Tatsächlich ist Fußball nicht mein Leben. War von jeher froh, wenn ich mich ohne einigermaßen auf den Beinen hielt. Insofern logisch und komisch zugleich, daß ausgerechnet der Fußball für zwei von meinen bisherigen drei Knochenbrüchen verantwortlich ist (was für den dritten, steht im nächsten Kolk-Raben). Nichtsdestotrotz war ich sogar mal Mitglied einer Freizeitkicker-Mannschaft, die sich einmal die Woche im Stadtpark traf. Da stand ich meist rauchend im Tor – bei gelegentlichen Vorstößen ins Feld: Niemand freute sich königlicher als ich, wenn er mal ein Ding versenkte! Diese ausgesprochen raren Erfolge wühlten mich derart auf, daß ich davon träumte. Einmal, daß ich bloß noch den gegnerischen Torwart überwinden und die Kirsche ins Eck zu donnern brauchte, und – da erwachte ich von meinem eigenen Aufschrei, weil ich mir ausgerechnet den (einst, siehe Kolk-Rabe No. 25, gebrochenen und seither ohnehin sensitiven und wetterfühligen) Zeh am Pfosten des Bücherbretts aufschlug. Oranje-Sympathie fällt als Begründung fürs Schulzsche Orange-Grau-Paradox also aus. Auch zu einer tieferen Bedeutung des Sommers ’74 fällt mir nichts ein. Daß es aber mit einem Pubertätstrauma zu tun haben könnte, daran hab’ ich auch schon gedacht. Mir fielen nämlich meine Frotteesocken von Anno ’69 oder ’70 ein, die damals dringend zu braunen Wildlederschuhen und schwarzen Hochwasser-Röhrenfeincordhosen zu tragen waren: Ich hatte je ein Paar geradezu phosphoreszierende sowie leuchtend orangefarbene. Letztere mochte ich tatsächlich eines Tages nicht mehr leiden, weil seltsamerweise nur bei denen der Frotteeflor immer schütterer wurde. E-kel-haft. Haßt mein Es Orange, während mein Über-Ich es liebt? Oder umgekehrt?
Der goldene Kotzbrocken … geht diese Woche an Graf Alexander von Schönburg. Und zwar für seinen Artikel „Weniger ist mehr“ in der WAMS von gestern, wo Herr Graf (übrigens Gloria v. Th.u.T.’ Bruder) uns erklären, „wie man stilvoll verarmt“. Zu Beginn konstatieren Herr Graf, in „eingeweihten Kreisen“ grassiere bereits „Noveau-Pauvre-Chic“; in der Mitte lügen Herr Graf, „wir“ müßten „alle, wirklich alle“ in Zukunft mit weniger auskommen, hätten jedoch die Alternative, „in Anmut (zu) verarmen“ oder „relativ häßlich“; und gegen Ende trösten Herr Graf: „Wer heute verarmt, muß sich nicht länger als persönlich Scheiternder fühlen – er verarmt als Teil eines übermächtigen Prozesses. Damit bekommt sein Schicksal eine historische Dimension, die tröstlich sein kann, weil man eben nicht mehr allein als ,Versager’ dasteht, sondern Teil von etwas Größerem ist.“ Nur ein Beispiel dafür, wie man auch heute noch als publizistischer Versager, persönlich Scheiternder und geistig Verarmter dastehen kann – und zwar relativ stillos, aber unverhältnismäßig häßlich. Um so herzhaftere Kondolenz zum Goldenen Kotzbrocken!
Spartip der Woche
€ 17,90. Nämlich für Graf Alexander von Schönburgs Die Kunst des stilvollen Verarmens; erscheint demnächst bei Rowohlt Berlin.
Zeitvertreib / Neue Zeitwörter
Diesmal mal so rum: ulmen = geldwillige Leute strafen. Christian ulmt nächsten Donnerstag wieder (Pro7, 23.15 Uhr). Apropos „Mein neuer Freund“:
TV-Kritik der Woche
Vergangenen Donnerstag mußte ich zwar manchmal kichern, fand’s aber insgesamt nicht sooo gut. Mehr so lala. So lala, daß ich sogar den Grund dafür herauszufinden zu unwillig war.
Prima Wort No. 9 aus dem Kommentar von Dennis Karrasch, s.o.: Bratmamsell
Dreizeiler der Woche zum St. Patrick’s Day am Donnerstag Ein Porter auf St. Patrick! (Gleich ist er voll, der Hattrick… Jetzt: Slainte auf die Metrik!)
Einakter der Woche zum Auftakt der Leipziger Buchmesse PROF. UNTAT Sie: Bin ich so schön? Er: Fast schon obszön! Sie: Pumps nicht zu steil? Er: Nimmer! Wohlfeil! Sie: Hemdchen zu klein? Er: Ach, aber nein! Sie: Röckchen zu knapp? Er: Papperlapapp! Sie: Möschen zu eng? Er: Wie meinen, bitte? Sie: „Vulva!“ – zu eng? Beide ab durch die Mitte.
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 24 (NE): Und kurz bevor ihr schwarz vor Augen wurde, hörte sie noch eine Stimme, eine männliche, aufgeweckte Stimme, die von weit her rief: „Halte aus, Bella! Ich werde dir helfen!“ – „Wer bist du?“…
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 25
- Goldiges zum Silbernen Kolk-Raben - Mein dritter Knochenbruch - Astro-Tips für Girls (Widder)
Hals- und Beinbruch (statt stilvoller Verarmung) wünscht, Juserin und Juser, uns
Schulz
7. März 2005
Kolk-Rabe No. 23 (Woche 10).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Das mußte ja mal kommen: Mir fällt nichts ein. Writer’s block. Was nun? …………………………………….. Na, irgendwas muß vergangene Woche doch passiert sein. Also fangen wir mal an mit einem
Wochenbericht
Jeden Tag im Doppelschichtenbetrieb in meiner Arbeitswohnung. Gut vorangekommen. Mittwoch abend vergessen, Altpapier runterzubringen. Donnerstag: Tischtennis; danach zum 50sten „Toten Salon“ (Stargast: Karen Duve), der veritablen literarisch-satirischen Veranstaltungsreihe von Gerhard Henschel und Rayk Wieland im „Nachtasyl“ direkt unterm Dach des Thalia Theaters (meist 1. Donnerstag des Monats). Restlos ausverkauft. Veranstaltung schon begonnen. Wedelte mit meinem Presseausweis. Die Cherubim fragten, ob ich auf der Gästeliste stünde. Ich bedauerte; daraufhin bedauerten die Cherubim. Heimwärts. Vergessen, daß Harald Schmidt lief; dito Christian Ulmen. Freitag doppelt bzw. dreifach drüber geärgert. Danach Anruf Gerd Henschel. Sagte mir, ich hätte auf der Gästeliste gestanden. Noch mal frisch geärgert, daß ich an der Kasse nicht einfach geschwindelt hatte. Wär’ ja die Wahrheit herausgekommen. ……………………. Aufregend, was? Ach, Juser, so wird das nichts… Aufräumen? Genau: Ob Autor, Lagerist oder Politiker: Wenn einem nichts einfällt – Aufräumen ist immer gut.
Aufräum-Aktion der Woche
Das da, zum Beispiel: Seit Monaten liegt mein Tagebuch von 1968/69 im Wege herum. Vielleicht sollte ich mal nachblättern, was am 7. März vor 36 Jahren passiert ist? Vielleicht sauert ja dabei ein Raben-Thema raus? Freitag, den 7.3.1969: Heute ging’s zum Friseur. Samstag, den… …………………………….. Dann eben nicht. Oh Gott, was mach ich denn jetzt? (Das ist ein Zitat von Barbara Schöneber-ger, der besten Blondinen der Welt. Einmal hatte sie das Küblböck zu Gast in ihrer Show „Blondes Gift“, nahm es auseinander und setzte es wieder zusammen und immer hin und her, so wie sie das so schön kann bei so Leuten, und dann fragte sie es, ob es noch folgen könne oder so ähnlich, und das Küblböck meckert, es habe momentan schon ein paar Schwierigkeiten oder so ähnlich, und da sackt Barbara in sich zusammen, rauft kurz ihre hinreißenden Zotteln und murmelt vor sich hin: „Oh Gott, was mach ich denn jetzt? Och, ich mach einfach so weiter.“ In diesem Sinne:) Sichte ich doch mal jene Mappe, in der ich ggfs. brauchbares Zeugs für den Kolk-Raben auf Halde zu legen pflege – u.a. ein inzwischen recht stattliches Dossier meiner Lieblings-Spams, vorwiegend aus westafrikanischen Staaten, überschrieben mit Zeilen wie Business relationship oder Congratulations Congratulations Congratulations. (Mein internes Codewort dafür lautet, nach Bernd Pfarr, „Negerschrubben“.) Stets geht’s darin um herrenlose US-$-Millionen, von denen ich gern einen anständigen Batzen abhaben könne, wenn ich den Unterzeichneten kontaktierte. Diesen Gegenstand wollte ich immer schon mal zum Gegenstand machen. ………………………… Nee. Bißchen zu aufwendig; außerdem drängt sich eine Tabelle auf (Rubriken: Name, Legende, Summe). Geht nicht. …………………………. Nächstgrößerer Posten Papier: tolles Thema; allerdings ebenfalls sehr aufwendig, und geht daher nicht. Kann nicht mal verraten, welches, sonst klaut’s mir jemand. …………………………… Was ist mit dieser handschriftlichen Notiz aus dem Zug nach Jena? Dieses dämliche Zischen der selbsttätigen Tür (wie im Film „Die unglaubliche Reise in einem total verrückten Raumschiff“, wo die Astronauten immer „Pscht“ machen müssen, damit die selbsttätigen Türen mit einem „Pscht“ aufgehen). Macht einen wahnsinnig, weil die auch dann zischend auf und zu gehen, wenn einer, der in der Nähe sitzt, sich bloß am Kopf kratzt. …………………………….. Nee. Und das hier? Zwei ältere Ausrisse, einer aus der taz (… doch trifft das in gleichem Maße auf Bands wie die Toten Hosen oder Die Ärzte zu, die eine ungleich bessere Presse haben…), einer aus der FASoZ (… allerdings hat Greene niemals verheimlicht, daß ihn das leidende Individuum ungleich mehr interessiert als alle Dichtung…). Sollte mal ’ne Indiziensammlung werden zur Verwendung des Umstandworts ungleich, welches ich unästhetisch finde. „Besser“ und „mehr“ müssen ja wohl per definitionem „ungleiches“ nach sich ziehen! Ist aber laut Stil-Duden „verstärkend vor dem Komparativ“ erlaubt. Außerdem hat bestimmt Wolf Schneider das schon irgendwo gegeißelt. Geht also auch nicht. …………………….. Und diese Glosse oder was aus DIE WELT über das aussterbende Wort „Fräulein“? Gut – dazu könnte einem immerhin folgendes einfallen: Wie ruft man heutzutage eigentlich Kellnerinnen? Meistens mit „Hallo“. Das ist doch auch blöd. Aber das Thema ist vermutlich ebenfalls überall und bis zum Abwinken erörtert worden. (Wie auch immer: Ich bin für „Frollein“ – wohlgemerkt, nur als Berufsbezeichnung, nicht als Steuerklasse. Aber wie sollen dann die Kellner gerufen werden? „Herrchen“ geht gar nicht. Apropos geht gar nicht: Diese „Geht-gar-nicht“-Sagerei geht auch nicht mehr. Gar nicht.) …………………….. So. Dies Zitat noch. Hermann Peter Piwitt, aus Steinzeit. Notate zur Nacht 1989 bis 2002: „Wer von Wirtschaft nicht sprechen will, sollte von Politik den Mund halten.“ Mach’ ich. So. Fertig mit Aufräumen. Und nun? Na, immerhin aufgeräumt.
Die große Kleine-Gesten-Revue nach Günther Willen
Nasebohren an Ampeln.
Einzeiler der Woche
Geht nicht, gibt’s nicht.
Zweizeiler der Woche
Der Rabe rudert mit den Schwingen (anstatt um Wort und Sinn zu ringen).
Dreizeiler der Woche
Die Welt ist unermeßlich, doch dies Gedicht recht bläßlich. Drum, Juser: Sei vergeßlich!
Das Schulzsche Orange-Grau-Paradox
Liebe Miß Kolkrabe! Für Deine phantasievolle tiefenpsychologische Erklärung (= Kommentar zu Kolk-Rabe No. 21) danke! Wie heißt es in solchen Fällen doch immer? „Wenn’s auch nicht stimmt, so ist es doch gut ausgedacht.“
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 23 (FS): Lui setzte die frömmste, eifrigste, willfährigste, wohlfeilste, bravste, artigste, liebedienerischste Miene auf, zu der er fähig war…
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 24
- Ende des Writer’s block (hoffentlich) - Fortsetzung des Writer’s blog (hoffentlich)
Eine ungleich interessantere Woche wünscht, Juserin und Juser, Dir
Schulz – und bietet als Bonustracks folgende (aus Qualitäts-, Platz- und sonstigen Gründen) abgelehnten alten „Briefe an die Leser“ der Titanic:
Prahlerische Marsianer! Als Antwort auf Eure plakative Ankündigung Die großen Rätsel dieser Welt ERICH VON DÄNIKEN Musikhalle Hamburg, 28. Oktober, 20 Uhr laßt Euch folgendes gesagt sein: Heutzutage hat unser notorisch blauer Planet an vertrackteren zu knacken – etwa Dieter von Bohlen. Titanic
Mann der geistigen Arbeit! Unter ein Bild in der Hamburger Morgenpost vom 18. Dezember 2002 auf Seite 3, das den ver.di-, also auch Deinen Gewerkschaftsboß Frank Bsirske mit starkem Arm und geballter Faust zeigt, schriebst Du folgendes: „‚Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will!‘ Ob Goethe an Leute wie Frank Bsirske dachte, als er ‚Faust‘ schrieb?“ Weiß der Mephisto. An Leute wie Dich immerhin, Mann der geistigen Arbeit, dachte wahrscheinlich der Nachmärzdichter der von Dir so nonchalant zitierten Zeilen, Ferdinand Freiligrath, als er mit geballter Faust im Grab rotierte.
Ach, das war ein Witz? Geballte Faust = Goethes Faust? Quasi Deine ganz persönliche Form von Bummelstreik?
Dann grüßt solidarisch Titanic
Aber, Mann der geistigen Arbeit, genau drei Seiten später schriebst Du unter das Bild eines Autos: „Sportlich sei das Auto, nachhaltig und spritsparend. Goethe einmal anders, aber passend zum neuen Eco-Speedster (2,5 Liter Diesel auf 100 Kilometer) von Opel.“
Wer hier wohl mit Sprit sparen sollte. 2,5 Liter auf 100 Anschläge sind jedenfalls eindeutig zu viel.
Außer für die Streikbrecher von Titanic
Hallo, Amtsgericht Siegen! Neulich ist laut allwissendem Internet in Deinem Amtsbereich eine frischgebackene Witwe dem Steinmetz rund 1900 Euro schuldig geblieben. Der Gerichtsvollzieher fand es unwürdig, einen Kuckuck auf den Grabstein ihres Exgatten zu kleben. Daraufhin zwangst Du ihn dazu – mit der Begründung, es sei schließlich durchaus üblich, Grabsteine zu pfänden. Und Du meintest wirklich pf? Nicht sch? Frägt interessiert Titanic
Verehrter Herr Dr. Kohl, neulich sahen wir im Fernseh „Apocalypse Now Redux“, ergo Coppolas Director’s Cut, und wie Sie da in den schwierigen Passagen („Das Grauen… Ich habe das Grauen gesehn…“) Marlon Brandos Birnen-Double machten, das war schon ganz großes Kino.
Weiß, wovon sie spricht: Titanic.
Firma Fielmann o.ä.! „An alle Haushalte mit Tagespost“, also auch an unseren, erging kürzlich ein geniales Angebot der Firma GN ReSound über ein Hörgerät namens Canta7. „Unsere akustische Umwelt besteht aus vielfältigen Tönen und Klängen von unterschiedlicher Frequenz und Lautstärke, die aus verschiedenen Richtungen kommen“, analysierte diese den akustischen Verdrängungswettbewerb unserer Umwelt im Prinzip korrekt. „Einige dieser Klänge und Töne möchte man hören – andere, wie z.B. laute Störgeräusche oder Straßenlärm sind unerwünscht. Aus diesem Grund hat GN ReSound Canta7 entwickelt. Canta7 stellt die gewünschten Klänge in den Vordergrund und unterdrückt gleichzeitig alle störenden Geräusche. Somit hören Sie nur das, was Sie auch hören möchten.“ Haben Sie, Firma Fielmann, ein optisches Äquivalent? Somit wir nur das lesen, was wir auch lesen möchten? Angebote bitte per Tagespost an den Haushalt der Titanic
Sehr versehrtes Sachsen! „Ich bin ein Sächsist“, bekennt ein Typ mit Schlips und Kragen, aber ohne Rübe in Zeitschriftenanzeigen Deines Touristikkombinats. „Immer mehr Menschen“, so dessen Sex-, äh: Texter weiter, „bekennen sich zum Sächsismus.“
Um dessen ultimative Frage „Wann werden Sie Sächsist?“ ebenso ultimativ zu beantworten: Sobald Du uns Schlips und Kragen verpaßt und die Rübe abhaust. Aua, aua schreit schon mal vorab Titanic
Chapeau, Delta-Radio! Denn Deine Nachrichtenredaktion erklärte am 9. September via Äther, Bundesminister Clement habe „die Wirtschaftskrise für beendet erklärt“. Das hätte auch von uns kommen können. Hochachtungsvoll: die Erfinder des „Waldsterben-verboten“-Axioms, Titanic
28. Februar 2005
Kolk-Rabe No. 22 (Woche 9).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Fallen Dir nicht auch oft gemeine Spitznamen für Leute ein, die Du gar nicht kennst? Mir zum Beispiel fiel einer für eine Uta ein. Dabei bin ich in meinem ganzen Leben nur einer einzigen begegnet, und die hat’s überhaupt nicht verdient. Nichtsdestotrotz, raus muß es ja. Falls Du also, Juserin oder Juser, noch einen gemeinen Spitznamen für eine Dir bekannte, unliebsame Uta brauchst – nimm „Orang-Uta“. Da nich’ für. Apropos…
Zitat der Woche
„Der Chefökonom der Deutschen Bank in London macht die Menschen für den zurückhaltenden Konsum verantwortlich.“ Inge Kloepfer in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 20. Februar Dann dressiert euch doch ein paar Affen! … Ach so. Andererseits: Wer hat denn dann versagt? Siehste?
Top-Info der Woche
Manchmal bürgern sich ja Wortneuschöpfungen ein, die gar nicht mal so nerven. „Simsen“ für SMS-Verschicken zum Beispiel finde ich sehr klangvoll und treffend. Laut Hamburger Morgenpost gibt es übrigens einen Inder namens Karan Sachdev, der in 66 Sekunden einen 160-Zeichen-Text simsen kann – blind. Die Übersetzung davon (179 Zeichen) lautet: „Piranhas der Art Serrasalmus und Pygocentrus haben rasiermesserscharfe Zähne und sind die blutrünstigsten Süßwasserfische der Welt. In Wirklichkeit greifen sie selten Menschen an.“ Da Karan Sachdev 160 Zeichen in 66 Sekunden schafft (0,4125 Sekunden pro Zeichen), müßtest Du, Juserin und Juser, die 179 Zeichen in 73 Sekunden schaffen, um seinen Rekord um 0,8375 Sekunden zu unterbieten. Hab’ ich eigentlich wirklich nichts besseres zu tun, als so einen Quatsch auszurechnen? Es scheint so. Gut so. Mein Vater wollte immer, daß ich es einmal besser habe als er. Wobei man sich natürlich Verschiedenes fragen kann. Zum Beispiel, ob es wirklich besser ist, so einen Quatsch ausrechnen zu wollen, als so einen Quatsch nicht ausrechnen zu müssen. Oder ob ich es nicht schon allein deshalb besser habe als er, weil ich keinen Sohn habe, der nichts besseres zu tun hat, als so einen Quatsch auszurechnen. Habe ich es folglich schon allein deshalb besser als mein Vater, weil ich keinen Sohn habe, der es besser hat als ich?
Die große Kleine-Gesten-Revue nach Günther Willen
1. Vogelzeigen. Woher kommt eigentlich diese Geste? Wieso heißt es, wenn man sich an die Stirn tippt, man zeige jemandem „den Vogel“, und wieso gilt es als Beleidigung, wenn man einem Widersacher ein Tier zeigt, das fliegen kann und oft hübsch singt und hübsch ist? 2. das Jackson-Herz. Neulich erinnerte ich mich an eine Geste der Popsängerin Janet „Nippelgate“ Jackson. Als die mal bei Anke Engelke in der Show war, drückte sie als Antwort auf das verzückte Publikumsgejaul „bescheiden“ lächelnd die Nägel ihrer Zeigefinger gegeneinander und gleichzeitig die Daumenkuppen. Angeekelt fragte ich meine Frau, was jetzt der Quatsch wieder soll. Das solle, sagte sie, ein Herz darstellen, also „love“. Gestengate.
TV-Kritik der Woche
Hast Du, Juserin und Juser, Deine Hausaufgabe gemacht und „Mein neuer Freund“ gekuckt (Donnerstag, Pro7, 23.15 Uhr)? Christian Ulmen ist spitze, oder? Natürlich sollte man sich – wie bei derlei Shows immer – fragen, ob es wirklich sein muß, Kandidaten € 10.000 unter die Nase zu halten und dann dermaßen fertigmachen zu lassen. Und natürlich sollte man antworten: nein. Aber zum Sichhinschmeißen komisch ist es ja nun mal. Zumal Ulmen nachgerade ein Moment von Dialektik der Aufklärung einbaut: Indem sich nämlich das Opfer – zwar von Pro7 und Ulmen verarscht, aber seinerseits, nur um € 10.000 abzugreifen, tätlich seine Freunde und Familie verarschend – von Ulmen anhören muß, man müsse doch immer ehrlich sein.
Nachtrag zum Wedding Game
Dat Sanne, „wat sich immer Sorgen am Machen is’“ (vgl. Harry Rowohlt, Pooh’s Corner, Bd. I, Zürich 1993, S. 67, 69), fragte mich kürzlich folgendes: „Hattest Du Dich bei Deinen Heirats-Doppelnamen eigentlich gefragt, warum sich Frau Schröder-Köpf so rum nennt und nicht andersrum??“
Das Schulzsche Orange-Grau-Paradox
Kaffkumpel Robert C. hat mich zwar dankenswerterweise auf http://www.knallgrau.at/company/weblog aufmerksam gemacht, denn die dort verwendete Komplementärfarbe ist Orange. Aus meiner Misere (vgl. Kolk-Rabe No. 21) herausgeholfen hat es mir leider nicht. – Hilfe!
Funeralhistorie, Komplettvergrabung und Telefonieren mit Toten
Der Rabe ist ja traditionell ein morbider Vogel. Folglich fühle ich mich verpflichtet, auf obiges Thema einzugehen. Da ich noch mal von der Schippe gesprungen sei (vgl. Kolk-Rabe No. 20), so schrieb mir Frank Schäfer, mache er mich auf einen Artikel in der Frankfurter Rundschau vom 15.2. aufmerksam. Da fragte der Funeralhistoriker Philipp Zitzlsperger, warum die „Komplettvergrabung“ (Amtsdeutsch für Erdbestattung) seit dem 20. Jahrhundert aus der Mode komme – denn die Zahl der Urnenbestattungen steige kontinuierlich. Und antwortete: Verlust der repräsentativen Funktion des Grabmals. „Die gesellschaftliche Konkurrenz wird… nicht mehr über Verwandtschaftsbezüge ausgetragen, vielmehr basiert sie auf dem… Ideal individueller Leistungsfähigkeit“. Wie sich übrigens aufs Herzergreifendste auch heute noch beides verbinden läßt, hat Robert C. entdeckt: Jürgen Bröther aus Osnabrück erfand laut www.stuttgarter-nachrichten.de (3.2.) ein Handy für Tote (21x12x9 cm, Stand-by 1 Jahr, Mindestgesprächsdauer 200 Std., Preis € 1500). Man legt es dem Verwandten in seine Kiste, und so: „,Menschen, die krank sind, keine Zeit haben oder zu weit entfernt wohnen, um ihre Verstorbenen am Grab zu besuchen, können jetzt anrufen’, sagte Bröther.“ Prima. Andererseits tun sich Fragen auf: Wer geht ran? Und was für einen Klingelton stellt man ein? Den bekloppten Frosch? Sollte ich (obwohl seit meiner Lungenuntersuchung Hobbyimmortalist; bitte, Juser, unter dem Stichwort „Immortalisten“ nachgugeln!) eines Tages doch sterben – unter den Radieschen will ich meine Ruhe! Und zwar sanft!
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 22 (NE). ). „Frl. Bella“, hauchte Dr. Porschmann und knibbelte zärtlich an der Willy-Brandt-Sondermarke, „ich bin unverheiratet. Wußten Sie das schon?“
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 23
- Einzeiler der Woche (vielleicht) - Zweizeiler der Woche (eventuell) - Dreizeiler der Woche (bestimmt)
Tschüß!
Schulz
21. Februar 2005
Kolk-Rabe No. 21 (Woche 8).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Trotz unverschämter Überlänge der aktuellen Bella-Folge (ich muß damals, an jenem Tag im Jahre 1994, durchgedreht sein) braucht der aktuelle Kolk-Rabe keine Feder zu lassen. Bitte, Juserin, Juser, um aktuelle Würdigung.
Wochenbericht
Pünktlich zum Valentinstag bin ich 48 Jahre alt geworden. Als mein Vater 48 wurde, war ich 25, aber noch kinderlos (obwohl folglich schon zwei Jahre älter, als mein Vater war, als er Vater wurde). Heute immer noch kinderlos, komme ich mir trotzdem väterlich vor. Irgendwie kindisch. Begangen wurde der Montag in aller Stille, Dienstag bin ich auf einer Lesung des Hamburger MACHT Clubs e.V. mit dem sympathischen John von Düffel und Harry Rowohlt als Ersatz für Harry Rowohlt eingesprungen, der hatte ausfallen sollen, weil er zu einem Lindenstraßendreh mußte, der dann seinerseits ausfiel, so daß wir nun gegenseitig für einander einspringen konnten. Daß ich heilfroh war, versteht sich, denn Harry Rowohlt zu ersetzen ist bekanntlich unmöglich, und wer’s dennoch versucht, muß mit faulen Tomaten rechnen. Außer „mit Betonung“ (HR) vorgelesen haben wir auf offener Bühne Literatenquartett gespielt (http://www.edition-nautilus.de/buecher/quartett/unt_quartett.html). Es ging um eine ausgezeichnete Wurst. Ich hatte die besten Karten, gewann und teilte die Salami mit Harry, weil John von Düffel aus vegetarischen Gründen verzichtete. Keine Ahnung, wie ich jetzt drauf komme, aber eine Visitenkarte mit dem Text John von Düffel, Vegetarier klänge sehr viel cooler als eine mit dem Text Frank Schulz, kinderlos. Ach so, jetzt fällt’s mir wieder ein…
Rätsel der Woche
Neulich passierte nämlich folgendes: Master of Return schickte mir den Entwurf einer Visitenkarte mit der Bitte um Expertise. Da ich in Graphik schwach bin, verwies ich ihn auf wirkliche Experten, ließ mich aber zu der geschmäcklerischen Aussage hinreißen, die Farben Orange und Grau hätten mir noch nie gefallen. Ein paar Wochen später passierte folgendes: Auf ihrer Geburtstagsfeier packte unsere liebe, gute Freundin Linde mein und meiner Frau Geschenk an sie aus, ihrem Wunsch gemäß Handtücher in Orange und Grau. Die nächste Wendung des Gesprächs kannst Du Dir, Juserin und Juser, denken. Daraufhin passierte folgendes: Linde machte ein gewisses Gesicht, und noch bevor sie sagte, was sie sagen mußte, lief ich schon tomatenrot an. Denn da fiel mir ein, was rund ein Jahr zuvor passiert war – nämlich folgendes: Unsere lieben, guten Freundinnen Linde und Danni hatten mir für den nächsten Hellas-Aufenthalt zwei kurzärmlige Hemden zum Geburtstag geschenkt. In Orange und Grau. Am lautesten lachte natürlich Master of Return – der tiefere Witz an der Sache aber ist nun folgender: Sie gefielen und gefallen mir sehr. Im Ernst! Es sind sehr, sehr schöne Hemden, die ich gern getragen habe und gern trage und gern weiterhin tragen werde. Und nicht nur das: In meinem Kleiderschrank finden sich noch gezählte vier weitere Hemden in Grautönen und ein weiteres in Orange, die ich allesamt sehr, sehr gerne trage. Den Ruch als Heuchler werd’ ich bei Linde und Danni natürlich dennoch nie wieder los. Dabei war ich ausgerechnet in dem Fall mal keiner! Und nu’, Juser und Juserin, kommst Du: Wenn Du das psychologische Rätsel des Schulz’schen Orange-Grau-Paradoxons befriedigend löst (Einsendeschluß: Kolk-Rabe No. 25), winkt ein Preis auf VB! (Strikt ausgenommen: Handtücher und Hemden.)
TV der Woche
Die erste Ausgabe von Mein neuer Freund mit Christian Ulmen hatte ich leider verpaßt, und danach war die Serie gleich wieder abgesetzt worden. Nach hohem Lob z.B. von Harald Schmidt sowie Fan-Protesten im Internet entschloß sich Pro 7 zu einem neuen Anlauf – ab Donnerstag, 23.15 Uhr. Bitte, Juserin und Juser (nur ein väterlicher Rat), schau das! Nehmen wir nächste Woche durch! Und Dittsche ist wieder auf Sendung, kregel wie immer. Sonntag, wie immer 22.30 Uhr auf WDR-Fernseh, begann die dritte Staffel von Das wirklich wahre Leben mit Olli Dittrich (Stargast: Wladimir Kliiitschkooo!). Da in meinem Rolling-Stone-Artikel (vgl. Kolk-Rabe No. 15) der Infokasten für Dittsche-Fans nicht mehr reinpaßte, klink’ ich ihn eben hier ein:
Info-Kasten für Dittsche-Fans
Dittsche-Bier: Spezialabfüllung – ein Teil alkoholfrei, ein Teil light. Dittsche-Kollegen: Jan Fleming Olsen („Ingo“), langjähriger Musikerkollege Dittrichs, u.a. bei „Tim“. Mr. Piggi („Schildkröte“), Keyboarder in div. Bands. Dittsche-Gäste: Rainer Heinsohn, Busfahrer; ferner Exroadie und jetzt Vertriebsleiter von CDs, Büchern, Konzertkarten bei „Franny and the Fireballs“, deren Gitarrist und Sänger Ralf Hartmann wiederum (zusammen mit Susi Freese) Olli Dittrich bei der musikalischen Schlussnummer von „Olli, Tiere, Sensationen“ begleitete (sowie bei Bühnenauftritten). Oscar Umpierrez (trat schon bei „Olli, Tiere, Sensationen“ als „Kubas Außenminister Ramirez“ auf), Hausmeister eines Hauses unweit der Eppendorfer Grill-Station, in dem Jon Flemming Olsen („Ingo“) wohnt. (Dittrich: „Wenn du ganz normale Leute vor die Kamera zerrst, fangen die meisten sofort an, sich anders zu benehmen. Ausnahmen: Oscar und Rainer. Echte Originale! Ich sag immer, die sind ,abgeriegelt’. Die sind, wie sie sind, ob da ’ne Kamera steht oder die Linde rauscht.“): Prominente Dittsche-Gäste: 1x Westernhagen, 1x Carrell, 1x Engelke sowie 1x Moritz Bleibtreu (als Zapfanlagenklempner, von den meisten Zuschauern unerkannt)und jüngst, siehe oben, W. Klitschko Dittsche-Fortsetzungen: Die 4. Staffel wird kommen (und die 3. relativ zeitnah in der ARD wiederholt, nach Beckmann oder Maischberger). Dittsche-Kult: im Steppenwolf – Video Musik Kneipe (Metal, Rock, New Metal, Alternative), Schmuckstr. 9 (bei der Großen Freiheit um die Ecke), 20359 Hamburg, Tel. 040/312469. Mi+Do 21–2 Uhr, Fr+Sa 22–5 Uhr, sonntags nur, wenn Dittsche läuft. Dittsche-Imbiss: Eppendorfer Grill-Station, Eppendorfer Weg 172, 20253 Hamburg (hervorragende Spezialität: hausgemachte Frikadellen)
Rückantwort der Woche
Liebe Miß Kolkrabe (siehe Kolk-Rabe No. 19 und 20)! Traumhaft, Dein letzter „Lost-in-Translation“-Tip, danke sehr! Mein Lieblingssatz zum Knize 10 Eau de Toilette: „Der große Autor Hans Habe, sobald besagt das, wenn er weg auf einer Ödlandinsel geworfen wurde, würde er Knize mit ihm nehmen, da, für einen Mann mit einem Toilettewasser, es wirklich nicht soviel eine Angelegenheit des Untergrabens der Moral einer schönen Frau als war, irgendjemandes Selbst aufladend.“ Außerdem danke für die schönen und nützlichen Förster-, Augen- und Laden-Infos – und das Thema Tod. Letzteres (sic!) werde ich im nächsten Kolk-Raben (siehe Vorschau) gnadenlos aufgreifen. Bis dahin: gute Besserung!
Astro-Info für Girls
Fische (19.2.–20.3.) Ein Kerl im Sternbild Fische fickt dich aalglatt, glitschig und geschickt. Doch wenn sein Stint dich auch erquickt – sein Hirn ist eher schlicht gestrickt.
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 21 (FS). „Sammeln?“ Blöde gaffend blaffte Bodo Bella an…
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 22
- Funeralhistorie, Komplettvergrabung und Telefonieren mit Toten - Neue Web-Tips von Kaffkumpel Robert C.
Mögest Du, Juser, auch nächste Woche wieder Dein Selbst mit Toilettenwasser aufladen, und Du, Juserin, Deine Moral dennoch untergraben lassen!
Schulz
14. Februar 2005
Kolk-Rabe No. 20 (Woche 7).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Hast Du Samstag Nikolai Valuev im Fernseh gesehn? Ja, den – den Boxer! Zweieinhalb Meter groß, anderthalb Tonnen schwer; in seiner Freizeit erwürgt er Wildschweine. Allein aufgrund seiner Physiognomie die Imago des Mitschnackers, James-Bond-Gegenspielerhauptgehilfen oder Erstschlagsrussen. Spitze.
Wochenbericht
Wochenlang gibt’s in so einer ganz normalen DIN-Woche so gut wie gar nichts zu berichten – und dann wieder so gut wie wenigstens etwas. Von Donnerstag sogar gleich drei Dinge. Um 10.30 Uhr hatte ich einen Termin beim Radiologen. Wenn nämlich überhaupt was bei mir passiert ist (bzw. grassiert hat) in den Wochen zuvor, dann mein Unmut angesichts der m.E. hohen Wahrscheinlichkeit, daß ich sterben muß, ohne den dritten Teil der Trilogie beendet zu haben. Porzellanpüppchenhaftigkeit? Hypochondrie? Künstlerklischee? Bittere Realität! Jede Nacht auf der Matratze lauschte ich dem Pfeifen, Knistern und Rasseln aus meinem rechten Lungenflügel und versuchte, aus diesen Sensengeräuschen die mir noch verbleibende Zeit herauszulesen. O ja, da rächten sich 35 Jahre Nikotinmißbrauch! „Ich kann nichts Kriminelles entdecken“, sagte der Radiologe. Ich machte ihm einen Knutschfleck, und mein Heimweg glich rein optisch dem einer Dampflokomotive. Um 15 Uhr begleitete ich meine Frau zu einem Termin bei einer Hamburger Sparkasse. Meine Frau ist selbständige Einzelhändlerin, die Hamburger Sparkasse handelt en gros. Mehr berichte ich erst mal lieber nicht. Nicht ohne meinen Anwalt. Unser Heimweg jedenfalls glich rein optisch dem einer Dampflokomotive. Um 20 Uhr begann im rappelvollen Literaturhaus Karen Duves Premierenlesung aus ihrem neuen, bezaubernden (Märchen-)Roman „Die entführte Prinzessin“. Sie hatte Oskar Sodux, Marc Wortmann, Susanne Fischer und mich eingeladen, ausgewählte Passagen mit verteilten Rollen (und kerngesunden Lungen) vorzutragen. Ein Heidenspaß, ein voller Erfolg. (Ganz im Gegensatz zum 15-Uhr-Termin. Aber bevor ich da weiter berichte, muß ich mich erst mal juristisch absichern.) Das Literaturhaus Hamburg hat einen großen, edlen Saal und ein Stockwerk höher ein paar andere Räume. Samstag war ich schon wieder da – zu einem Lesefrühstück mit Hermann Peter Piwitt. Dort traf ich u.a. Marit Hofmann vom Kulturressort der „konkret“, die mich auf folgendes (irgendwie Typisches, mal ganz davon abgesehen, für wen oder was genau) aufmerksam machte: Einer der letzten großen zeitgenössischen Literaten, der so großartige Romane schrieb wie „Die Gärten im März“ und „Der Granatapfel“, liest im I. Stock des Literaturhauses – im großen, edlen Saal des Literaturhauses feiert die ehemalige Leiterin des Literaturhauses. Allerdings eben ihren Abschied, wohingegen Piwitt seinen erst 70. Geburtstag beging – u.a. mit der grandiosen Lesung aus einem neuen Manuskript. So gesehen, wird dann wieder ’n Schuh draus.
Witz der Woche
Wer sind die fröhlichsten Menschen der Welt? Asthmatiker. Die pfeifen schon vor dem Frühstück.
Versprecher der Woche
von Pauerjuser und Freund Saalo, und zwar ganz entgegen seiner Gewohnheit tatsächlich unbeabsichtigt: „Und woher sollen wir den nehmen, den Text? Aus den Lippen reihern?“
Zitat der Woche
aus einer Meldung der Klatschkolumne „VIP-Lounge“ der Hamburger Morgenpost von Freitag, worin es um „Schlagermäuschen Michelle“ (1,56 Meter, 43 Kilo, 500.000 € Schulden) ging: „Die zweifache Mutter fuhr zeitweise drei Autos. ,Irgendwann habe ich dann den Überblick verloren‘, so Michelle weiter“, so die Morgenpost weiter. (Nur allzu naheliegend fragt man sich ja: Wer von beiden kann denn da jetzt nicht bis drei zählen? Andererseits – Hand aufs Herz, Juser: Verlierst nicht auch Du hin und wieder den Überblick, obwohl Du womöglich kein einziges Kind hast, sondern gerade mal ein Auto?)
Vorschlag der Woche
In Hoheluft-West, wo ich lebe, steht ein chices „städtebauliches Mammutprojekt“ rund um das Falkenried-Viertel vor seiner Vollendung, inkl. „Falkenried-Tower“ und allen Schikanen. Genannt werden soll es „My Falkenried“. Mehr als ein Drittel der Gewerbeflächen sei schon vermietet, heißt es in der Hamburger Morgenpost, u.a. an eine Filiale der Bäckereikette „Dat Backhus“ (niederdt. für „das Backhaus“). Schön und gut, aber was ist denn das für eine CI? Umbenennen, aber quickly! In „My Backhus“! Dat is my Vörschlach!
Die große Kleine-Gesten-Revue nach Günther Willen
Rubrik Spocht Urkumpel André (in einem Klappentext stünde so was wie „lebt in Hagen und Hongkong“): „Beim Damen-Volleyball tätscheln sich die Mädchen nach jedem Punktgewinn immer so niedlich die Pos, daß man als Zuschauer vor Rührung in Tränen ausbricht.“ So ist es. Großer Gott, so ist es.
Lost in Translation
Hinweise auf eine halbe Bibel voll herrlichstem Hochbabylonisch (gesammelt aus den Speisekarten Europas) hat mir Kaffkumpel und Pauerjuser Robert C. zukommen lassen (heißesten Dank!) – von ungarischer „panierter Fischmilch“ über tschechischen „Rostbraten Auspuff mit Erbsen und Knoblauch“, „50 g sterilisierter Gurke“ und „Holzteller mit Pommes frites“ bis hin zu „1 Stk.“ dänischem „Weißbrot m/altem Käse“, von slowakischer „Forelle (noch dazu im Rohezustand)“ über kretische „Bindenbrusse“ und brasilianisches „Hackenfleisch“ sowie „Hühnernugetten auf Stecknadeln“ bis hin zu den „beißenden Flügelchen“ Polens und britischer „Weibwurst“. Zugabe? Na gut, aber dann ist Schluß (zumindest hier): „Forelle mit Hemdchen“… „Brühe der Waldfee mit Frikadellen“… „Zwiebelpuffer der Stiefcousine von Indira Gandhi in Curryteig“… „Gekacktes vom Lamb mit Rosinen“… „Napalm-Hähnchen“… „Nazi Goreng“… Wenn Du, Juserin und Juser, unter www.kolumnen.de ein bißchen in Magdi Aboul-Kheirs Kolumnen herumstöberst, findest Du noch leckerere Rezepte (sprich mir, Juserin und Juser, nüchtern nach: leckerere Rezepte)! Miß Kolkrabe wiederum kann ebenfalls mit kulinarischen Translationen dienen (danke sehr!), z.B. im Hinblick auf den guten Comté-Käse, der in dessen Käserei nonchalant mit „Grafschaft“ übersetzt wird: „Man braucht ungefähr 500 Liter Milch, um einen Mühlstein von Grafschaft (40 kg) zu geben.“ Jawohl. Bzw. unglaublich. Und falls Du, Juser, wissen willst, was „Morbier“ bedeutet – das hier: „Kontrollierte Ursprungsbenennung, umsäumter wiedererkennbarer Käse Kuh an ihrer zentralen Vorzeichnung an der Holzasche“. Rahmenprogramm der Käsereibesichtigung: „Abende Erzählungen und Legenden“ sowie „Schlägerausgange“, Unterkunft: „Häuser des Holzes, Apt 6 blaugrünes, 2 Betten 140 – 1 Bett 120 – 1 Klicken clac“. Miß Kolkrabe findet, insbesondere letzteres klinge „mörderisch verführerisch“. Ganz richtig. Umgekehrt, d.h. z.B. v. dt. in engl., geht’s übrigens mitunter auch ganz lustig zu – vgl. Robert C.’s Web-Tip http://www.proz.com/home/20424/deen.html (Bsp.: „Salzburger Festspiele“ = „Salt citizens fixed games“; etc.).
Rückantwort 1
Liebe Miß Kolkrabe (siehe Kolk-Rabe No. 18)! Ein entzückender Vorschlag! Nun bin ich zwar in der Tat über die Maßen schön, aber nicht sonderlich nützlich (Gurkengläser aufmachen, Kartoffelnschälen – o.k. Aber zeitweise drei Autos fahren – Fehlanzeige). Willst Du immer noch die Patenschaft für mich übernehmen?
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 20 (NE). „Geist!“ Bella zog die Kamillendämpfe tief ein. Hier kommen wir nie raus! dachte sie…
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 21
- Essay: Das „Schulz’sche Orange-Grau-Paradox“ - Evtl. juristisch Abgesichertes über eine Filiale einer Hamburger Sparkasse
Erst eine Brühe der Waldfee, dann verführerisches Klicken clac wünscht, Juser und Juserin, Dir
Schulz
7. Februar 2005
Kolk-Rabe No. 19 (Woche 6).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Hast Du Samstag Nikolai Valuev im Fernseh gesehn? Ja, den – den Boxer! Zweieinhalb Meter groß, anderthalb Tonnen schwer; in seiner Freizeit erwürgt er Wildschweine. Allein aufgrund seiner Physiognomie die Imago des Mitschnakers, James-Bond-Gegenspielerhauptgehilfen oder Erstschlagsrussen. Spitze.
Wochenbericht
Wochenlang gibt’s in so einer ganz normalen DIN-Woche so gut wie gar nichts zu berichten – und dann wieder so gut wie wenigstens etwas. Von Donnerstag sogar gleich drei Dinge. Um 10.30 Uhr hatte ich einen Termin beim Radiologen. Wenn nämlich überhaupt was bei mir passiert ist (bzw. grassiert hat) in den Wochen zuvor, dann mein Unmut angesichts der m.E. hohen Wahrscheinlichkeit, daß ich sterben muß, ohne den dritten Teil der Trilogie beendet zu haben. Porzellanpüppchenhaftigkeit? Hypochondrie? Künstlerklischee? Bittere Realität! Jede Nacht auf der Matratze lauschte ich dem Pfeifen, Knistern und Rasseln aus meinem rechten Lungenflügel und versuchte, aus diesen Sensengeräuschen die mir noch verbleibende Zeit herauszulesen. O ja, da rächten sich 35 Jahre Nikotinmißbrauch! „Ich kann nichts Kriminelles entdecken“, sagte der Radiologe. Ich machte ihm einen Knutschfleck, und mein Heimweg glich rein optisch dem einer Dampflokomotive. Um 15 Uhr begleitete ich meine Frau zu einem Termin bei einer Hamburger Sparkasse. Meine Frau ist selbständige Einzelhändlerin, die Hamburger Sparkasse handelt en gros. Mehr berichte ich erst mal lieber nicht. Nicht ohne meinen Anwalt. Unser Heimweg jedenfalls glich rein optisch dem einer Dampflokomotive. Um 20 Uhr begann im rappelvollen Literaturhaus Karen Duves Premierenlesung aus ihrem neuen, bezaubernden (Märchen-)Roman „Die entführte Prinzessin“. Sie hatte Oskar Sodux, Marc Wortmann, Susanne Fischer und mich eingeladen, ausgewählte Passagen mit verteilten Rollen (und kerngesunden Lungen) vorzutragen. Ein Heidenspaß, ein voller Erfolg. (Ganz im Gegensatz zum 15-Uhr-Termin. Aber bevor ich da weiter berichte, muß ich mich erst mal juristisch absichern.) Das Literaturhaus Hamburg hat einen großen, edlen Saal und ein Stockwerk höher ein paar andere Räume. Samstag war ich schon wieder da – zu einem Lesefrühstück mit Hermann Peter Piwitt. Dort traf ich u.a. Marit Hofmann vom Kulturressort der „konkret“, die mich auf folgendes (irgendwie Typisches, mal ganz davon abgesehen, für wen oder was genau) aufmerksam machte: Einer der letzten großen zeitgenössischen Literaten, der so großartige Romane schrieb wie „Die Gärten im März“ und „Der Granatapfel“, liest im I. Stock des Literaturhauses – im großen, edlen Saal des Literaturhauses feiert die ehemalige Leiterin des Literaturhauses. Allerdings eben ihren Abschied, wohingegen Piwitt seinen erst 70. Geburtstag beging – u.a. mit der grandiosen Lesung aus einem neuen Manuskript. So gesehen, wird dann wieder ’n Schuh draus.
Witz der Woche
Wer sind die fröhlichsten Menschen der Welt? Asthmatiker. Die pfeifen schon vor dem Frühstück.
Versprecher der Woche
von Pauerjuser und Freund Saalo, und zwar ganz entgegen seiner Gewohnheit tatsächlich unbeabsichtigt: „Und woher sollen wir den nehmen, den Text? Aus den Lippen reihern?“
Zitat der Woche
aus einer Meldung der Klatschkolumne „VIP-Lounge“ der Hamburger Morgenpost von Freitag, worin es um „Schlagermäuschen Michelle“ (1,56 Meter, 43 Kilo, 500.000 € Schulden) ging: „Die zweifache Mutter fuhr zeitweise drei Autos. ,Irgendwann habe ich dann den Überblick verloren‘, so Michelle weiter“, so die Morgenpost weiter. (Nur allzu naheliegend fragt man sich ja: „Wer von beiden kann denn da jetzt nicht bis drei zählen?“ Andererseits – Hand aufs Herz, Juser: Verlierst Du nicht auch Du hin und wieder den Überblick, obwohl Du womöglich kein einziges Kind hast, sondern gerade mal ein Auto?)
Vorschlag der Woche
In Hoheluft-West, wo ich lebe, steht ein chices „städtebauliches Mammutprojekt“ rund um das Falkenried-Viertel vor seiner Vollendung, inkl. „Falkenried-Tower“ und allen Schikanen. Genannt werden soll es „My Falkenried“. Mehr als ein Drittel der Gewerbeflächen sei schon vermietet, heißt es in der Hamburger Morgenpost, u.a. an eine Filiale der Bäckereikette „Dat Backhus“ (niederdt. für „das Backhaus“). Schön und gut, aber was ist denn das für eine CI? Umbenennen, aber quickly! In „My Backhus“! Dat is my Vörschlach!
Die große Kleine-Gesten-Revue nach Günther Willen
Rubrik Spocht Urkumpel André (in einem Klappentext stünde so was wie „lebt in Hagen und Hongkong“): „Beim Damen-Volleyball tätscheln sich die Mädchen nach jedem Punktgewinn immer so niedlich die Pos, daß man als Zuschauer vor Rührung in Tränen ausbricht.“ So ist es. Großer Gott, so ist es.
Lost in Translation
Hinweise auf eine halbe Bibel voll herrlichstem Hochbabylonisch (gesammelt aus den Speisekarten Europas) hat mir Kaffkumpel und Pauerjuser Robert C. zukommen lassen (heißesten Dank!) – von ungarischer „panierter Fischmilch“ über tschechischen „Rostbraten Auspuff mit Erbsen und Knoblauch“, „50 g sterilisierter Gurke“ und „Holzteller mit Pommes frites“ bis hin zu „1 Stk.“ dänischem „Weißbrot m/altem Käse“, von slowakischer „Forelle (noch dazu im Rohezustand)“ über kretische „Bindenbrusse“ und brasilianisches „Hackenfleisch“ sowie „Hühnernugetten auf Stecknadeln“ bis hin zu den „beißenden Flügelchen“ Polens und britischer „Weibwurst“. Zugabe? Na gut, aber dann ist Schluß (zumindest hier): „Forelle mit Hemdchen“… „Brühe der Waldfee mit Frikadellen“… „Zwiebelpuffer der Stiefcousine von Indira Gandhi in Curryteig“… „Gekacktes vom Lamb mit Rosinen“… „Napalm-Hähnchen“… „Nazi Goreng“… Wenn Du, Juserin und Juser, unter www.kolumnen.de ein bißchen in Magdi Aboul-Kheirs Kolumnen herumstöberst, findest Du noch leckerere Rezepte (sprich mir, Juserin und Juser, nüchtern nach: leckerere Rezepte)! Miß Kolkrabe wiederum kann ebenfalls mit kulinarischen Translationen dienen (danke sehr!), z.B. im Hinblick auf den guten Comté-Käse, der in dessen Käserei nonchalant mit „Grafschaft“ übersetzt wird: „Man braucht ungefähr 500 Liter Milch, um einen Mühlstein von Grafschaft (40 kg) zu geben.“ Jawohl. Bzw. unglaublich. Und falls Du, Juser, wissen willst, was „Morbier“ bedeutet – das hier: „Kontrollierte Ursprungsbenennung, umsäumter wiedererkennbarer Käse Kuh an ihrer zentralen Vorzeichnung an der Holzasche“. Rahmenprogramm der Käsereibesichtigung: „Abende Erzählungen und Legenden“ sowie „Schlägerausgange“, Unterkunft: „Häuser des Holzes, Apt 6 blaugrünes, 2 Betten 140 – 1 Bett 120 – 1 Klicken clac“. Miß Kolkrabe findet, insbesondere letzteres klinge „mörderisch verführerisch“. Ganz richtig. Umgekehrt, d.h. z.B. v. dt. in engl., geht’s übrigens mitunter auch ganz lustig zu – vgl. Robert C.’s Web-Tip http://www.proz.com/home/20424/den.html (Bsp.: „Salzburger Festspiele“ = „Salt citizens fixed games“; etc.).
Rückantwort 1
Liebe Miß Kolkrabe (siehe Kolk-Rabe No. 18)! Ein entzückender Vorschlag! Nun bin ich zwar in der Tat über die Maßen schön, aber nicht sonderlich nützlich (Gurkengläser aufmachen, Kartoffelnschälen – o.k. Aber zeitweise drei Autos fahren – Fehlanzeige). Willst Du immer noch die Patenschaft für mich übernehmen?
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 20 (NE). „Geist!“ Bella zog die Kamillendämpfe tief ein. Hier kommen wir nie raus! dachte sie…
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 21
- Essay: Das „Schulz’sche Orange-Grau-Paradox“ - Evtl. juristisch Abgesichertes über eine Filiale einer Hamburger Sparkasse
Erst eine Brühe der Waldfee, dann verführerisches Klicken clac wünscht, Juser und Juserin, Dir
Schulz
31. Januar 2005
Kolk-Rabe No. 18 (Woche 5).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Es ist 5.17 Uhr. Direkt nach einem Traum bin ich aufgewacht (5.09 Uhr) – mit gräßlichem Reißen im Kreuz. Ich pflege bei offenem Fenster zu schlafen, und heut nacht müssen wohl an die fünf Grad minus herrschen. Nun kauere ich hier vor der Tastatur wie Quasimodo (falls Du, Juserin oder Juser, Dir, Juser oder Juserin, Quasimodo bitte mal vor einer Tastatur vorstellen möchtest). Der Traum handelte übrigens von meinem ältesten Kumpel, den ich hier schon öfter bei seinem Tischtennispseudonym Steelnerve nannte. Steelnerve ist bei mir seit über vierzig Jahren als das verschrien, was man bei uns auf dem Dorf mit „Frostkötel“ bezeichnete. Er hat’s halt seit jeher gern „muckelig“ (Dittsche) – z.B. im Auto. Er trägt Pullover, während unsereins halbnackt an einem Strohhalm saugt, der aus dem genehmigten Fensterschlitz nach draußen ragt. Und so ging er, der Traum: Steelnerve und ich gehen draußen spazieren, und ich ziehe ihn damit auf, daß er über seinen fünf T-Shirts drei Hemden trägt, ein Jackett, eine Jacke und einen Mantel. Ich will’s auch nie wieder tun, und das Fenster bleibt ab sofort zu.
Wochenbericht
„Wochenbericht“? Wenn ich bloß wüßte, wo die „Woche“ geblieben ist, dann wüßte ich auch was zu „berichten“! (Vgl. Douwe Draaisma: Warum das Leben schneller vergeht, wenn man älter wird. Von den Rätseln unserer Erinnerung)
Das Zitat der Woche
stammt von Harald Mühlbeyer. In seinem Beitrag für die Titanic-Rubrik „Vom Fachmann für Kenner“ moniert er „große(n) Mangel in der deutschen Sprache“ in Form einer „Fehlleistung erster Güte“: „Wachs. Eine Kerze darf doch nicht aus Wachs bestehen! Das muß doch eigentlich Schrumpf heißen!“
Die Buchhandlung der Woche
steht in Hamburgs Waitzstraße. Mein zweitältester Kumpel, hier schon öfter bei seinem Tischtennispseudonym Master of Return genannt, hat sie kürzlich aufgesucht, um Heinz Strunks Provinzmucker-Epos Fleisch ist mein Gemüse (siehe Lektüre-Tip im Kolk-Raben No. 7) zu kaufen. Die Buchhändlerin mußte lange danach suchen. „Schließlich“, so Master of Return, „fand sie’s doch noch – in der Abteilung Gesundheit/Diät.“ Vermutlich steht Der Zauberberg gleich neben Harry Potter, Der Schwarm neben den Elvis-Biographien und Der Butt beim Nachbarn, dem Fischhändler.
Die Übersetzung der Woche
findest Du, Juserin und Juser, wenn Du „Koigu“ gugelst (ich gugele, ich gugelte etc.; Konjunktiv I: ich gügele etc., Konjunktiv II: ich gögele etc.), gleich die übersetzte Version wählst und dort den Batten (Batten, der; -s, -s: eingedeutscht für button) „Haupt“ klickst. Wer die „Translation-Polls“ in der Titanic schätzte, dem gefallen auch Sätze, die anfangen wie dieser: „Vor Zwanzig Jahren des Künstlers Maie Landra suchte in den nichtigen durchgehenden Garnspeichern in Toronto, Kanada…“ Oder dieser: „Maie fing an, Wolleschafe anzuheben…“ Oder dieser: „Geführt durch Kundennachfrage nach einer Wolle yarn, die nicht heiß u. scratchy sein würde…“ Oder auch enden wie dieser: „… aber Maie würde nicht das Handsterben abtreten.“ Und Fragen und Antworten wie diese: „Taiu hat sie auch Mütter erarbeitet? Technik.“ Wer hat weitere Translation-Tips? Du, Robert? (Meine Homepage habe ich übrigens ins Torontische über- und anschließend in Koigu-Deutsch rückübersetzen lassen… Ach, was. Gelogen. Siehe unten.)
Juser-Service
Kaffkumpel Robert C.’s Web-Tip http://frank.schulz.hat-gar-keine-homepage.de/
Die große Kleine-Gesten-Revue nach Günther Willen Rubrik Spocht (niedergeschrieben noch vorm Skandal)
- Propeller-Geste (nach GW): „Ein Fußballspieler möchte ausgewechselt werden, weil er nicht mehr kann, und signalisiert das der Trainerbank so: Hände zu einer Faust machen, Arme anwinkeln und damit stürmisch rumpropellern.“ - Kugel-Geste (nach GW): „Fußballspieler hat ein rüdes Foul gemacht im Kampf um den Ball, der gegnerische Spieler krümmt sich vor Schmerzen am Boden, der Schiri eilt hinzu, um die Lage zu checken, wahrscheinlich zückt er gleich die rote Karte für den Treter. Doch der Übeltäter baut sich vor dem Schiri auf, schaut ihn mit großen Kulleraugen an und formt mit beiden Händen eine goße große Kugel. Sehr sehr schöne Geste, die mir astrein gefällt. Heißt so viel wie: Hey Schiri, ich habe nur den Ball gespielt, bin also unschuldig.“ - Wischmop-Geste (nach GW): „Beim Handball geht es hoch her, oft ist der Hallenboden rutschig und für Kreisläufer ein ständiger Gefahrenherd. Deswegen machen fürsorgliche Handballspieler eine kreisende Bewegung mit der ganzen Handfläche und schauen dabei in Richtung Reinigungspersonal am Spielfeldrand. Der Wink wird sofort verstanden, das Spiel unterbrochen, und ein Mann mit einem großen Wischmopp flitzt auf das Spielfeld und wischt die angezeigte Stelle in Nullkommanix wieder tiptop trocken.“
Dissung des Jamiroquai aus gottseidank keinerlei gegebenem Anlaß
Ich fürchte den Jamiroquai. Ich ek’le mich vor seinem Hut. Ich hasse seine Dudelei. Ich find’ den ganzen Kerl nicht gut.
Moment, ich korrigiere mich: Er ist mir eigentlich egal. Er nervt mich nur, gelegentlich. Er ist zugleich zu bunt und schal.
Das heißt, so total einerlei ist mir der Wurschtl wieder nicht, der saub’re Herr Jamiroquai, daß ich nicht nähm’ ihn in die Pflicht:
Er möge mir doch mal erläutern, was er bezweckt mit diesem Hut, diesem Pißpott von Bärenhäutern. Wenn ich den seh’, krieg ich die Wut.
Ach Quatsch. Der Herr Jamiroquai, soll er doch machen, was er will. Mich geht’s nix an; solch’ Narretei gilt mir so viel wie’n Schiß mit Dill.
Wiewohl… er geht mir auf den Sack. Jawohl, er geht mir auf die Eier! Gott, dieser Hut-und-Mützen-Kack und dieses Discofunkgeleier!
Durch seine pure Gegenwart treibt der mich ins Delirium! Der „Hut“, der Lärm, der Ziegenbart – sie bring’n mich eines Tages um!
Na schön, ich reg mich wieder ab. Was soll mir denn „Jamiroquai“. Und doch, sie bringt mich noch ins Grab, jene Jamiroquaierei…
Rückantwort
Reizende Miß Kolkrabe (siehe Kolk-Rabe No. 17)! Tausend Dank für potentielle Heizungsnachzahlung, Kommentar und Kuß! (Darf man sich überhaupt für Küsse bedanken oder bringt das Unglück, so wie wenn man sich für Toi-toi-toi-Wünsche bedankt?) Alles andere, ähem, leite ich weiter.
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 18 (NE). Ein einziges Mal hatte sie Lui Pfui zu wecken gewagt, und das hatte seinerzeit die ganze 4A in Aufruhr versetzt – nur Lui nicht…
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 19
- Vorschau auf den Kolk-Raben No. 20 - Zusammenfassung Bella, Kapitel 2, und Vorschau auf Kapitel 3
Keinesfalls, daß Du Wolleschafe anheben und dabei feststellen müßtest, sie seien heiß und scratchy, geschweige das Handsterben abzutreten, dafür aber jede Menge nichtige durchgehende Garnspeicher wünscht Dir, Juser, mit vitalem Gruß, und Dir, Juserin, mit virtuellem Kuß,
Schulz
24. Januar 2005
Kolk-Rabe No. 17 (Woche 4).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juser! Hallo, Juserin! Ist Dir auch erst neulich beim Jusen aufgefallen, daß im Vorspann zu den beiden Writersblogs folgendes steht? „Klicken Sie einfach auf eines der beiden Porträts, und lesen Sie die aktuellen Einträge.“ Mir aber. Und deshalb weise ich auf folgendes erst jetzt, doch immerhin hin: Bei dem zweiten Bildchen handelt es sich keineswegs um ein Porträt. Noch jedenfalls nicht. Bei dem Stand der Gentechnologie und meinem Händchen für hausgemachte technische Katastrophen würd’s mich allerdings nicht wundern, wenn Du, Juser und Juserin, eines Montags folgendes im „Wochenbericht“ lesen müßtest: „Als ich gestern morgen aus unruhigen Träumen erwachte, fand ich mich in meinem Bett zu einem ungeheueren Kolkraben verwandelt.“
Essay
Zumal der Kolk-Rabe ja Elemente des Tagebuchs in sich trägt und, aua, Tagebücher ungesund sind – so eine „aktuelle englische Studie“ (taz vom allerdings 22. Oktober 2004). Da staunst Du, Juser und vor allem Juserin (die Tagebuchschreiberinnen sind bei weitem in der Überzahl). Denn hast Du nicht immer gewähnt, Tagebuchschreiben sei Selbsttherapie? Kein Wunder: Dieser deiner Ansicht war ja auch die Wissenschaft bisher (vgl. z.B. Günther Willen, „Wer das liest, lebt länger. Ein Lexikon für alle Lebenslagen“, Scherz Verlag, Bern; Stichwort: „Tagebuch“, S. 297). Nun aber stellte die Studienleiterin Elaine Duncan von der Glasgow Caledonian University signifikante Zusammenhänge zwischen Tagebuchführen und Kopfschmerzen, Schlafstörungen sowie Verdauungsproblemen fest. Hypothese: Tagebuchschreiber „wühlen länger in ihren Mißgeschicken als andere und kommen so nicht davon los“. Oops! (Bzw. Poops!) Aber ich will nicht schon wieder am Greinen anfangen…
Anti-Grein-Bericht der Woche
Denn Freund und Pauerjuser Saalo stellte in den letzten drei, vier Folgen des Kolk-Raben „Hang zum Greinen“ fest. Es sei an der Zeit, mal einen Erfolgsbericht abzuliefern. O.k. Neulich schleppte ich ein externes 3.1/2-Zoll-Diskettenlaufwerk an, steckte den USB-Stecker ein, fertig. Es funzte. Praktisch sofort. Null Gezicke, null Nachfragen des sauberen Herrn PC wg. falscher Batterien oder was weiß ich. Ich kann’s immer noch nicht fassen.
Nachruf der Woche
Was mir auch erst neulich auffiel: daß Rudolph Moshammer stets ein bißchen so wirkte, als wäre er als Kind in einen verzauberten Zaubertrank gefallen (samt Idefix, äh, Daisy).
Die große Kleine-Gesten-Revue nach Günther Willen
Der bereits mehrfach zu Recht erwähnte starke Willen (s.o.), u.a. Sammler und Jäger bspw. von Wissenschaftskuriosa (s.o.) sowie Ideenstifter der obigen Online-Raben-Kolumne (s.o. bzw. u.), hat auf folgende neue Gesten aufmerksam gemacht: - die George-W.-Bush-Grußgeste: „Den linken Arm halbhoch ausgestreckt halten – und plötzlich minutenlang mit der Hand wedeln, als ob er einen besonders fiesen Fleck auf der Windschutzscheibe seines Geländewagens mit dem Schwamm bearbeiten müßte, dazu lächelt er grundlos schmallippig und grummelt ,God bless you’.“ (By the way hat Günther anläßlich der zweiten Vereidigung desselben bemerkt: „In seiner Rede kam das Wort ,Fummelbunker’ genau 76mal drin vor. Wie seltsam. Habe ich Fummelbunker gesagt? Ich meine natürlich Freiheit.“) - die Ich-mach-mal-so-Geste: zur Begrüßung einer Gesellschaft (dsgl. zum Abschied) rustikal auf den Tisch klopfen (Leutselige dreimal, Lakoniker zweimal, Spinner ein- oder vier- bis fünfmal) und dazu entschuldigend (sowie Entschuldigung antizipierend) die Formel „Ich mach mal so“ sprechen (vgl. Detlev Buck, „Erst die Arbeit und dann“). Außerdem beschrieb Günther drei Gesten aus der Welt des Hand- und Fußballs. Die stelle ich bei nächster Gelegenheit vor – der „Spocht“ (Olli Dittrich) braucht eine Subrubrik. Und ferner wies Günther ergänzend darauf hin, die Gänsefüßchen-Geste gebräuchten die Gänsefüßchen-Gesten-Leute „als Zeichen ihrer ,Ausgeschlafenheit’“. Genau. Im übrigen seien es dieselben, „die auch gerne ,zum Bleistift’ statt ,zum Beispiel’ sagen, ,Schlepptopp’ statt ,Laptop’ und ,Fickpatrone’ zum Eibrötchen“. (Fickpatrone! Hm, eigentlich so übel nicht. Kannte ich gar nicht. Werd’ ich, glaub’ ich, klammheimlich mal benutzen – als Zeichen meiner Ausgeschlafenheit…)
Rückantwort
Verehrte Miß Kolkrabe (siehe Kolk-Rabe No. 15)! Schön, daß Du nach wie vor mitspielst – obwohl ich Dir angeblich „nicht mal (m)einen mickrigen griechenlandgereisten Salzstreuer leihen würde“ (doch! Würde ich doch! Leihen schon! Aber Dein 2. Preis darf doch keine Leihgabe sein! Wenn Du also das gewünschte Kilo Meersalz nun doch nicht wollen mögen solltest: Soll ich mich mit einem Deiner LA, dem großen Harry Rowohlt, ins Benehmen setzen, auf daß er Dir seinen im Frühjahr erscheinenden, von Anna Mikula herausgegebenen Briefwechsel, den ich Dir dann VB-mäßig anböte – weil schließlich Du’s als Stammkommentatorin bist! –, auf daß er Dir den also signiert, so ausführlich, wie ich’s ihm eben aus dem Kreuz leiern kann?). Und knöllchenmäßig halt’ mich bitte auf dem laufenden. Hoch die nationale Solidarität des Knöllchenproletariats!
Dreizeiler der Woche (weil so geil, ausnahmsweise mit Titel)
Versuch über die Bescheidenheit
Weswegen auf diesen genialen Dreizeiler bisher wohl noch nie wer gekommen? Na, weil er so geil ist! (Ich selbst nur bin noch etwas geiler!)
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 17 (FS). „Du mußt, denn wir wollen es so“, sagte die eine Stimme, und die andere fügte hinzu: „Ja, wir können praktisch gar nicht anders! Sorry! Schlechtes Karma, hehehe!“
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 18
- Gesten im Spocht - Wir dissen den Jamiroquai.
Ich mach mal so.
Schulz
17. Januar 2005
Kolk-Rabe No. 16 (Woche 3).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Hallo, Peter! „Wie geht’s?“ (geschweige „Wie hunzt’s und funzt’s?“) trau’ ich mich allerdings gar nicht mehr zu fragen – nach, Peter, Deinem Kommentar zu „Nummer“ 15… Aber es kann doch nicht immer nur ums „’s“ (= „das Sexual“ nach Dr. Bachstelz / Dr. Kartoffel) gehen. Jedenfalls wandelt sich ’s „’s“ ab einem gewissen Alter „von trieb- zu objektgesteuert“ – jawohl, das bestätigt Dir jeder Herrenarzt. Es gibt doch auch noch anderes als immer bloß Sex, Sex, Sex! (Zum Beispiel Migräne.)
Die große Kleine-Gesten-Revue nach Günther Willen
Nach nur vier Ausgaben des flüchtigen Online-Magazins haben Du, liebe/r Juser/in, Du, lieber Gesten-Pate Günther, und ich, lieber Kolk-Rabe (ein alter Titanic-Witz, ich weiß; aber immer wieder schön), doch schon eine recht hübsche Sammlung beisammen. Vielleicht ergibt sie ja eines Tages gar ein ganzes Lexikon der Non- und paraverbalen Kommunikation? Bisher besteht folgende chronologische Liste: - Heffanan-Geste - Pianisten-Geste - Wischwasch-Geste - Pfirsich-Geste - Umblätterfingerbefeuchtungs-Geste - Kehlkopf-Geste - Gänsefüßchen-Geste - Giraffen-Geste (vgl. Rückantwort 5, siehe unten) Addieren wir, stets um Effizienz bemüht, doch einfach noch die von Morbus-Protagonist Mufti gesammelte - Telefonier-Geste (d.s. aus der Faust herausgespreizter Daumen und kleiner Finger, in Ohrhöhe gehalten) sowie die - Hör-bloß-auf,-du!-Geste (d.i. nach rechts abwenden, nach links abwinken). Außerdem aufnehmen könnten wir Brillen-Gesten, z.B. die - Fünf-Minuten-Brillenpause (bei Jens Förster entdeckt und so benannt m.W. von Marcus „Rattelschneck“ Weimer, im Gedächtnis bewahrt vom starken Willen): Man schiebt die Brille einfach für fünf Minuten gen Haaransatz. Sowie die Mutter dieser Geste, die - Brillenschiebe-Geste. Die kommt zum Einsatz, wenn die Brille von der Nasenwurzel rutscht und mit der Fingerkuppe wieder hinaufgeschoben werden muß. Als ich vor über zehn Jahren in Klagenfurt mitspielte, zeichnete Steelnerve das Spektakel für mich auf, und während der späteren Videobetrachtung fiel mir auf, daß mir die Brille andauernd von der Nasenwurzel gerutscht war, so daß ich sie andauernd mit der Fingerspitze hatte wieder hinaufschieben müssen. Im Micky-Maus-Modus des Videogeräts (= schneller Vorlauf) zählte ich ca. 60 Brilleschiebungen in ca. 30 Minuten Vortragszeit (= ca. alle 30 Sekunden eine). Sah aus, als zeigte ich mir ständig selbst den Vogel. Na, hoffentlich war’s ein Rabe, was?
Juser-Service Kaffkumpel Robert C.’s Web-Tips
Zu den Sternstunden des Sportfernsehens gehört zweifellos die Trappatoni-Philippika (als am schönsten hab’ ich in Erinnerung, wie er, nachdem er eigentlich schon fertig hat, noch mal zurückkehrt und noch unverständlicher drauflosteufelt). Zum Nachlesen und -hören: http://www.jaegers.net/123.0.html?&L;=2) Wer am Wochenende, ich sag mal: über den Floskelflohmarkt bummeln möchte, klicke http://www.gehmirnichaufdensack.de/
Rückantwort No. 1
Hallo Thomas! Hoffentlich hab’ ich Dich mit meinem Gegreine nicht vollends vergrault. Aber nu paß auf: Du erinnerst Dich sicher, daß ich im Kolk-Raben No. 12 unsicher nachfragte, ob es drauf bliebe, falls man einfach so auf eine CD einquatschte. Nun ja, das geht tatsächlich nicht, wie mir Freund und Pauerjuser Saalo bestätigte. Was aber geht, ist folgendes: Man quatscht einfach auf einen Mac-Computer ein (z.B. Saalos)! Das bleibt dann drauf! Sagenhaft. D.h., ich beuge mich Deinem Verhandlungsgeschick bzw. Wunsch nach einer akustischen Hörbuch-Widmung ohne weiteres Gegreine – und wir vertragen uns wieder (Brother-Geste). Einverstanden?
Rückantwort No. 2
Mahlzeit, liebe Miß Kolkrabe bzw. Skorpionin (siehe Kolk-Rabe No. 14; apropos Mahlzeit: Dir steht noch 1 kg Meersalz zu. Wohin damit?)! Wg., ähem, „halterlosen Strümpfen“ und der guten Wünsche für 2005 und so, ähem: vielen Dank auch bzw. siehe oben (Editorial) und unten (Astro-Info).
Rückantwort No. 3
Hallo, Peter (siehe Bella und das Büro des Grauens, Folge 15)! Abwarten. Abwarten. Abwarten.
Rückantwort No. 4
Nochmals hallo, Peter (siehe Kolk-Rabe No. 15)! Vielen Dank für die Blumen. Und zu 1): siehe oben und unten. zu 2) Mich, im Ggs. zu Mufti, prüft immerhin eine Finanzbeamtin! zu 3) Genau. zu 4) Dein Ernst? Den Papst, ähem, nackt…? Ich meine, hallo?! Den Papst? Aber gut, wenn’s denn der Auflagensteigerung dient:
Der Papst hockt nackt im Nonnentrakt des Benediktihinerklosters… (Fromm ist es nicht, dies Papstgedicht… Drum sprech’ ich jetzt drei Paternosters.)
Rückantwort No. 5
Hallo, Till (siehe Kolk-Rabe No. 15)! Bitte entschuldige, daß ich Dich in die Rolle des Versuchskaninchens gedrängt habe. Privat bin ich oft gar nicht so, aber in meiner Eigenschaft als Angeber… Kurzum: Deine Befürchtung, die Antwort auf die Frage, weshalb Dich die Giraffen-Geste so anmacht, könne ins „’s“ abgleiten, könnte auf Umwegen zutreffen (auf Umwegen gleitet ja praktisch alles dahinein ab; siehe oben und unten). Denn ich glaube fest, daß die Giraffen-Geste Dich anmacht eben wegen ihrer – Giraffenhaftigkeit. Beobachtet man an einem Menschen beim Verhalten in seinem sozialen Umfeld eine Geste, die an eine aus dem Tierreich erinnert, dann macht einen die gleiche ungenierte, weil unbewußte Roheit bzw. Anmut an. Weshalb, will man aus demselben Grund nicht wissen. Schließlich ist man – kultiviert. So ungefähr? Nä? Ich glaube das fest. Besonders seit neulich (allerdings in puncto Appetenz- statt Sozialverhalten), als ich auf MTV die chicks der dicken Hosen beim ass-shaken beobachtete und anschließend im ZDF Schimpansen. So, und jetzt steck’ ich mir erst mal ’ne Errungenschaft der Kultur an. „Manchmal ist eine Zigarre eben nur eine Zigarre“ (Bill Clinton).
Astro-Info für Girls Wassermann (20.1.–18.2.)
Äh, nun ist der Verfasser dran. Ähem. (Nicht, daß ein Wassermann, was er puffrot und naß ersann, meist dröge nur und blasser kann…)
Zusatz-Info
… doch and’rerseits, ähem, gibt’s ja auch noch was anderes im Leben als Migräne. Zum Beispiel Mau-Mau.
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 16 (NE). Bella durchfuhr es kalt. Sie riß Ratzlaff das Walkie-Talkie aus der Hand…
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 17
- Großes Federlesen.
Eine subjektive Woche wünscht
Schulz
P.S. (aus gegebenem Anlaß) zum Wochenwunsch im Kolk-Raben No. 15: Daß unser aller GG nach Artikeln sortiert ist, weiß ich wohl. „§ 1,1 GG“ war ironisch auf die §-Reiterei der StVO bezogen. Nun ja – Ironie, Ironimmer, Ironix.
10. Januar 2005
Kolk-Rabe No. 15 (Woche 2).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Wie geht’s?
Wochenbericht
Mich hätten sie fast geschafft. Das kam so: In meiner Eigenschaft als Betrieb werd’ ich derzeit fiskalisch geprüft, und am Donnerstag abend, als ich groggy vom Tischtennis im Sofa lag, rief mich mein Steuerberater an. Das Finanzamt will meine Kontoauszüge 2001 und 2002 sehen. Morgens um acht Uhr begann ich mit der Suche. Um zehn hatte ich die Kontoauszüge 1997–2000 sowie 2002–2004 gefunden. Ich rief die Sparkasse meines Vertrauens an. Vermutlich wird 2001 rekonstruierbar sein – gegen €, versteht sich. Trotzdem: Staublunge und Dreckslaune. Um mich zu erholen, sah ich nach der Post. Drin war u.a. eine „T E R M I N S A C H E“ bzw. „schriftliche Verwarnung mit Verwarnungsgeld/Anhörung“. Mir als „sehr geehrtem“ Verkehrsteilnehmer und Fahrzeughalter werde vorgeworfen, „vom 22.12.2004 um 8.40 Uhr bis 22.12.2004 um 8.45 Uhr“ da und da „folgende Ordnungswidrigkeit begangen zu haben: Sie benutzten die Sperrfläche (Zeichen 298) zum Parken“. Es folgten eine Reihe § und die Festsetzung des Verwarnungsgelds auf € 25,00. 25,00! €! Für 2 Min. Halten (vgl. Rückblende weiter unten)! Noch bis zum Kragen in Gallensaft badend, fuhr ich den PC hoch, um an einem Artikel über Dittsche bzw. Olli Dittrich (für die März-Ausgabe des Rolling Stone) weiterzuarbeiten. Just am Vortag hatte ich fünf Stunden netto (= umgerechnet 1 Schachtel Zigaretten, 2 l Tee und 1 Tatterich) daran gewerkelt. Nun war die Datei weg, oder jedenfalls nicht mehr da, und der Bildschirm schlaganfallfarben gepixelt (oder nur mein Blickfeld?), und mir stieg ein brenzliger Geruch in die Nase – wahrscheinlich von einer meiner eigenen durchgeschmorten Leitungen. Gut, ich hab sie dann doch noch wiedergefunden, die Datei; aber da, wo sie absolut nicht hingehört. Jesus, Juser; fast hätten sie mich geschafft.
Rückblende
Am 22.12.2004 zog ich in meine Arbeitswohnung (vgl. Kolk-Rabe No. 6) ein. Am Vorabend hatte ich alles generalstabsmäßig vorbereitet. Da es sich um nur wenige Teile handelte, hatte ich darauf verzichten können zu dürfen gemeint, ca. € 39,00 polizeiliche Umzugsparkplatzfreihaltegebühren plus einen Betrag zwischen ca. € 35 und 100 für einen Schilderverleihdienst zu zahlen – sondern auf das Glück gebaut, mein Kfz vor der hiesigen und meines Weibes Kfz vor der dortigen Haustür parken zu können, um je einen Platz für den Umzugswagen freizuhalten. Tatsächlich hatte ich Glück. Ein wahres Wunder. Hier, vor Ort, funzte am Morgen des 22. alles bestens. Dann fuhren wir im Zweierkonvoi zu meiner Arbeitswohnung. Gegen 8.40 stellte ich mein Kfz auf die Sperrfläche (Zeichen 298), um meines Weibes Kfz wegfahren zu können, damit der Möbelwagen den Platz würde einnehmen können. Als ich zu meinem eigenen Kfz zurückkehrte, um es von der Sperrfläche (Zeichen 298) zu entfernen, sah ich einen Mann (mit einem Schnauzbart, wie er dem – Obacht: inzwischen ausgestopften – Wappentier des NDR vorbehalten bleiben sollte) ein Knöllchen präparieren. (Wie sich später herausstellen sollte, der „Zeuge/Anzeigende AiA Hoffmann“.) Praktischerweise sowieso bereits schwitzend, joggte ich um 8.42 Uhr (und eben nicht 8.45 Uhr – Zeugen: Möbelpacker) leutselig winkend und lustig „Es ist nicht das, wonach es aussieht!“ rufend auf ihn zu. AiA Hoffmann entgegnete jedoch: „Doch.“ So was Asoziales. Plötzlich war sein Bart schlaganfallfarben gepixelt. Fast hätte ich ihn mit dem Autoschlüssel rasiert. € 25,00! Hoffmann, wir wissen wo dein Auto steht! Bzw. sind wir ja nett, kulant, sozial, kultiviert, zivilisiert etc. Sollten wir also aus psychohygienischen Gründen auf einem (wenngleich schlaganfallfarben gepixelten) Blatt Papier gem. § 55 OwiG unser „Äußerungsrecht“ wahrnehmen und erneut „Gebühren (= € 20,00) sowie Auslagen für die Zustellung des Bescheides nach § 107 OwiG (= € 5,60)“ riskieren? Oder lieber gleich auf € 35,00 aufrunden und diese z.B. der Johanniter Unfall-Hilfe spenden? Dafür erhielten „10 kranke Menschen lebenswichtige Medikamente“. Jawoll, so machen wir’s – und wären’s lauter AiA (Abk. für Esel?). Wir sind ja kulant etc.
Der Goldene Kotzbrocken … geht diese Woche an Pro 7.
Und zwar für folgenden Trailer: Zu verhalten melodramatischer Musik erscheinen drei, vier Bilder, jedes einfühlsam auf- und einen Seufzer später wieder abgeblendet; Bilder von schmerzverzerrten, weinenden, seltsam exaltierten Gesichtern; unmenschliches Leid. Dann, aus dem Off, eine raunende Stimme: „Sie haben – gelitten“, und dann, aufs Stichwort eingeblendet, auf schwarzem Hintergrund in weißer Type (Skelett-im-Dunkeln-Ästhetik), und zwar „Mein-Kampf“-Type!, noch mal schriflich: gelitten. Dann wieder entgleiste Gesichtszüge, verunstaltete Mienen, und wieder die Stimme: „Sie haben alles – geopfert“, und wiederum eingeblendet Weiß auf Schwarz das Wort, und zwar nach wie vor wohlgemerkt in Fraktur: geopfert. Dann wieder Bilder, dann wieder die Stimme: „Sie haben sich – verkauft“, dazu wieder Weiß auf Schwarz das Schlüsselwort in wie gehabter nazitypologischer Manier: verkauft… … und falls Du geglaubt haben solltest, Juserin und Juser, „sie“, die „gelitten“ haben, sich „geopfert“ und „verkauft“, wären Stalingrad-Veteranen o.ä.: nein, nein. Denn der Schlußsatz des raunenden Offsprechers lautet: „Und alles nur für ein Ziel: Dich zu begeistern. Nu Pagadi, das kraftvollste Album des Jahres.“
Zeitvertreib / Neue Zeitwörter
Die taz macht auch mit! Vgl. die vom Donnerstag, auf der Wahrheits-Seite: „Steffen seibert schwiegersohnig, / seibern nämlich ist ein Verb, / das beschreibt, wenn man wie Honig / klebrig glitscht zum Gelderwerb.“
Rückantwort ins Blaue
Hallo, Thomas! Hallo, Waltraud! Spielt Ihr nicht mehr mit mir? Und hallo, Till! Das wirkt ja schon beinah dalailamamäßig nonchalant auf einen wie den Kolk-Raben: erst behauptest Du, nicht zu wissen, weshalb diese Geste da im TV Dich anmacht, und es auch gar nicht wissen zu wollen – und dann willst Du’s tatsächlich nicht wissen, obwohl der Kolk-Rabe behauptet, er wisse es, sage es aber nicht, da Du es ja nicht wissen wolltest. Das kannst Du doch nicht machen!
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 15 (FS). ). Der Dienstförster zog den Riemen seiner Büchflinte stramm, auf dessen Kolben etliche Kerben eingeritzt waren, und anschließend ein Walkie-Talkie aus der Innentasche seines Jacketts…
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 16
- Madonna nackt! - Papst angezogen!
Eine preiswerte Woche nach §1,1 GG wünscht
Schulz
3. Januar 2005
Kolk-Rabe No. 14 (Woche 1).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Gibt’s bei Dir eigentlich Neujahrsbräuche? Früher in Hagen (bei Stade/Unterelbe), wo ich herkomme, rotteten sich am Abend des 1. Januar die Kerle zusammen und zogen, schon wieder oder immer noch besoffen, durchs Dorf, klingelten überall Sturm, wünschten „Prost Neujahr“, drängten auf Korn und kidnappten anschließend den Hausherrn, um schneeballsystematisch weiterzuziehen. Von diesem Brauch her rührt eine meiner eindrucksvollen Kindheitserinnerungen: Wenn mein Vater die johlende und grölende Lawine aufs Haus zurollen hörte, befahl er sofortige Verdunkelung, und dann ließen wir die anschließenden Läut-, Poch- und Schmähgeräusche mit angehaltenem Atem über uns ergehen, bis der Durst (oder was immer das eigentlich genau ist) den Trupp zum Kornbrandschatzen weitertrieb. (Am 2. Januar, wenn eine kreischende und wiehernde Lawine anrollte, war es dann meine Mutter, die Verdunkelung anordnete.) So müssen Bräuche fairerweise gefeiert werden: laut genug, daß man sie kommen hört. PROST NEUJAHR, JUSERIN! PROST NEUJAHR, JUSER! Apropos. Ab sofort sind Wassermänner der dritten Dekade – wie z.B. ich – sämtlicher Geldsorgen ledig. Dies beschwört jedenfalls „Star-Astrologin“ (prima Wort No. 8) Antonia Langsdorf in der Hamburger Morgenpost: „Sprunghaft verlaufen auch Ihre Kontobewegungen. Aber Sie haben Charisma!“ Falls also Dich, Juserin oder Juser der dritten Wassermann-Dekade, oder auch mich der Empfangschef des Adlon, Atlantic oder Vier Jahreszeiten fragt, ob Du bzw. ich das Januar-Logis in der Präsidentensuite bar oder unbar (prima Wort No. 9) zu zahlen wünschen, antworten wir schlicht: „Per Charisma, Sie Wachsesser!“
Schimpfwort der Woche
„Sie Wachsesser!“ (Aufgeschnappt bei Laurel & Hardy: Die Wüstensöhne. Auf Besuch bei Olli nascht Stan mühselig, aber hartnäckig vom Zierobst, woraufhin Ollis Gattin ihn bei späterer, aber passender Gelegenheit mit ebendem Schimpfwort der Woche beschimpft.)
Rutschbericht
1–2 l Wasser, 1/2 Schachtel Zigaretten (auf dem Balkon), 1 Teller ausgezeichnete Suppe, 2 Wiener Würstchen (von Metzger Heinz Böcke, HH-Eimsbüttel, Sieger u.a. des ANUGA-Flönz-Cups 1988) mit ausgezeichnetem Kartoffelsalat, Brettspiele gespielt, parliert, angestoßen, fertig.
Essay
Dieses ominöse „Hallo?“ bzw. „Hallooo?“, das auch schon wieder seit Jahren zu hören ist, wo immer Menschen einander etwas sagen zu haben meinen oder hoffen, ist mir natürlich auch nicht erst gestern aufgefallen. Du weißt, Juserin und Juser, welches ich meine? Ich meine nicht das „Hallo?“ (= „Wer-da?“) am Telefon (ebensowenig, versteht sich, das gute alte blöde Begrüßungshallo mit Ausrufezeichen, wie z.B. „Hallo, Juser!“). Sondern ich meine jenes ironisch-mokant-vorwurfsvolle „Hallo?“, welches wohl (wie so oft in solchen Fällen) zuerst die Jugend und schätzungsweise gleich als nächste (nach einem unmerklichen, äffischen Hiatus) die Werbefuzzis „kommunizierten“, wie wir Werbefuzzis sagen. Längst hat es weite Kreise der Bevölkerung erfaßt. (Wundere Dich also nicht, Juserin und Juser, sollte selbst der Empfangschef des Adlon, Atlantic oder Vier Jahreszeiten Dir folgendes antworten: „,Per Charisma zahlen’ – ich meine, hallooo?“) Bereits z.B. in Jonathan Franzens Die Korrekturen wird dieses „Hallo?“ aufs schönste als grassierend bzw. eben grad schon wieder abgedroschen dokumentiert, und deshalb bzw. sowieso nehme ich natürlich erstens an, daß es aus Amerika kommt und zweitens die Kurzfassung der „Hallo?-Jemand-zu-Hause?“-Formel darstellt, die z.B. Biff Tannen bei Marty McFly (Zurück in die Zukunft) kopfnußbegleitend anzuwenden pflegt. (In Wahrheit ist bekanntlich in Biff Tannens eigenem Kopf nie jemand zu Hause. Allenfalls ein Wachsesser. Aber das nur am Rande.) Jenes „Hallo?“ – mal auf der ersten, mal auf der zweiten Silbe betont (falls letztere, wird das „o“ gern gedehnt) – ist mir, wie gesagt, nicht erst gestern aufgefallen. Was mir aber erst gestern aufgefallen ist, ist die Tatsache, daß es sich oft exakt der gleichen Intonation bedient wie das McKinsey-„Okay-yyy?“ (vgl. Kolk-Rabe No. 2). Na gut: „Okay?“ und „Hallo?“ scheinen zwei Seiten (= Zustimmung und Ablehnung) derselben Medaille (= Modus des modern talking) zu sein. Was aber mag es bedeuten, daß gegensätzliche inhaltliche Aussagen formal einheitlich zum Ausdruck gebracht werden – nämlich im fragenden Tonus? Tja. Bei den immer rarer werdenden Arbeitern und Bauern heißt „Okay-yyy?“ hoffentlich nach wie vor „Aha“. Und „Hallooo?“ so was wie „Wohl bescheuert oder was!“
Rückantwort 1
Liebe Waltraud (siehe Kolk-Rabe No. 12)! Danke sehr für die schöne Kehlkopfgesten-Erzählung sowie die fürchterliche „Finger-klipp-klipp-Geste“ (bzw. „Kille-Kille-Häkchen“, wie sie Mufti in Morbus fonticuli nennt; s. S. 52/53). Jene gestikulierten Gänsefüßchen sind wahrlich seit mehr als zehn Jahren zum Haareraufen; dazu fällt mir nichts mehr ein (auch kein Verb; aber das mit dem Verb ist ja auch ein ganz anderes Spiel! Bitte vgl. Kolk-Rabe No. 12, weiter unten!).
Rückantwort 2
Teurer Thomas (siehe Kolk-Rabe No. 12)! Sei doch nicht so frech zu Deinem alten Vogel! Wenn ich doch aber nun einmal nicht weiß, wie das alles geht, da mit dem PC und CD, MP3 und Scheiß und Brennen oder was! Also, sobald Master of Return aus dem Master-Urlaub returnet, schickt er Dir den Audio-Anhang, jein? Dein Neologismus „greffen“ gefällt mir prima. Wird umgehend nominiert. „Etwas schulen“ gefällt mir allerdings gar nicht, nein. So versteh mich doch: Hätte ich den Einsendeschluß nicht auf den allerletzten der Kolk-Raben gelegt, müßte ich mir womöglich monatlich Vorwürfe anhören, mein treuer Leser müsse immer alles selber machen!
Rückantwort 3
Lieber Till (siehe Kolk-Rabe No. 13)! Vorausgesetzt, wir meinen dieselbe: Ist die von Dir beschriebene Geste nicht eine Art Kotau? Es könnte sogar einer vor der eigenen Größe sein, oder? Denn so wird eigentlich doch nur einem Subalternen zuge-„nickt“, der gerade prima wiederkäut, was man ihm zuvor eingetrichtert hat. Im Grunde vielleicht eine gestische Variante des „Genau“-Phänomens (vgl. insbesondere den Leserbrief von Dr. Ludwig Wirz, Euskirchen, im Epitaph II von Henscheids „Geht in Ordnung – sowieso –– genau –––“). Ich weiß übrigens, warum Dich das Ganze anmacht. Da Du’s nicht wissen willst, sag’ ich’s aber nicht. P.S.: Ein Kolk (Niederdeutsch) ist ja laut Deutschem Wörterbuch der Brüder Grimm ein „erdloch das von wasser ausgespült oder ausgerissen worden ist, z. b. an den ufern und deichen der flüsse“, besonders wenn’s mit Wasser gefüllt sei. Fand ich für meine Debüt-Hauptfigur damals ganz passend, obwohl die ja meist mit Bier gefüllt ist. Jedenfalls dürfte es aus diesem Grund die eine oder andere Kolk-Gasse o.ä. mehr geben, insbesondere im norddeutschen Raum. Ausgerechnet in Berlin aber gibt’s übrigens (oder gab’s zumindest) ein Restaurant „Kolk“. Ich glaube, der starke Willen hat’s entdeckt – oder war’s Gerd Henschel? Einer von beiden hat mir mal eine Streichholzschachtel mit entsprechendem Aufdruck geschenkt, die jetzt unter meinem Lichtschalter im Arbeitszimmer klebt.
Rückantwort 4
Tach Herr Ri. (siehe Kolk-Rabe No. 13)! Ulbrichen, markworen und ausen – supi! Vielen Dank! Werden sofort nominiert.
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 14 (NE). „Janz richtich, nich wahr“, beruhigte sich Ratzlaff grollend, „nochmal anjefangen…“
Dreizeiler Der Woche
Auf den stramm gezurrten Strapsen jeder meiner Hirnsynapsen hör ick, Nachtijall, dir trapsen!
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 15
- Keine Ahnung. Vielleicht weiß es Star-Astrologin Antonia Langsdorf.
Reichlich Charisma wünscht
Schulz
27. Dezember 2004
Kolk-Rabe No. 13 (Woche 53).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Wie war Dein Weihnachten? Meines teils, teils: draußen naßkalt, drinnen warm und trocken.
Die große Kleine-Gesten-Revue nach Günther Willen
Neuerliche Geste, wieder mal individueller Natur, hervorragend beobachtet vom starken Willen, und zwar bei unserem Pauerjuser und Freund Saalo: Wenn der „einen kleinen ,kleben’ hat und sich ,konzentrieren’ muß“, so Günther, „weil er mal eben mit Anlaufzeit eine schöne schnippische Antwort auf irgendeine saublöde Frage geben will, dann, aber auch nur dann fuchtelt er mit dem Zeigefinger ein wenig in der Luft herum, bevor er mit ,traumwandlerischer Sicherheit’ mit dem Zeigefinger genau zwischen die Augen fährt und ihn dort sekundenlang verharren läßt, ja, den Zeigefinger sogar reindrückt (grad so, als ob er prüfen wolle, ob der Pfirsich auch frisch sei oder die Tomate), die Augen spielerisch schließt und dann, den Zeigefinger immer noch supernachdenklich a.a.O., schlaue Sachen sagt wie z.B. ,Kaltes Wasser ist mir zu kalt’ oder ,Freunde sind dafür da, um einen vom Fernsehkucken abzuhalten’.“ Er liebe, so der starke Willen, diese Geste sehr. Ich auch. Genauso wie die meines Sandkastenkumpels und Tischtennis-Angstgegners Steelnerve. Der pflegt beim Zeitschriftenseitenumblättern mit unnachahmlicher Nonchalance die Ober- von der Unterlippe zu lösen, auf daß diese jederzeit lappe, um ggfs. seine Durchblätterfingerkuppe befeuchten zu können. Eigentlich eine allgemeine Geste; müßte aber wohl als individuelle eingestuft werden, weil sie m.E. seit den frühen sechziger Jahren als ausgestorben gelten dürfte. Zusammenfassung: Heffanan-Geste, Pianisten-Geste, Wischwasch-Geste, Pfirsich-Geste, Umblätterfingerbefeuchtungs-Geste. Demnächst mehr.
Xtopia
Runde 3
Mit dreiunddreißig Komma acht Stundenkilometern* kracht des Ukrainers Eisenfaust an das Kinn von Doktor Aust.
Unter einer Endzeitlupe tutet eine Art von Hupe dem recht laut ins rechte Ohr. Zumindest kommt es ihm so vor.
Doktor Klitschko unterdesssen hält es scheint’s für angemessen, auf dem Mundschutz rumzulutschen und den Bizeps abzuknutschen;
seinen eig’nen, wohlgemerkt. Trotzdem eklig. Wie verzwergt hingegen wirkt nun Doktor Aust. Als ob’s ihm vor der Wahrheit graust’,
hält er seine blauen Augen fest geschlossen. Recht viel taugen tun sie ohnehin nicht mehr. Doktor Klitschko spreizt sich sehr.
Doktor Jauch kann es nicht fassen, schneidet mehrere Grimassen: „Der Intellekt – glatt ausgeknockt… Das Publikum – total geschockt…“
Seit jenen denkwürdigen Sachen ließ nie jemand mehr im Land sich ein X für U vormachen. Privatfernsehn wurde verbannt.
Das Elysium zwar vorbei, aber alle waren frei und vor allem furchtbar schlau: Jeder Esel wußt’ genau,
daß Gewalt Geist überlegen. Das Gedicht, das dies bewies – war’s insofern nicht ein Segen, obgleich’s nichts eben Gut’s verhieß?
Hm. Irgendwas an dem Gedicht stimmt doch a priori nicht. Dennoch hast nun du die Pflicht: Find’ die Moral von der Geschicht’!
*recherchiertes Faktum. Stell Dir, Juser, nur mal vor, Du führest, sagen wir auf einem Fahrrad, in dem Tempo ungebremst gegen eine Wand. So ungefähr fühlte sich das dann an.
TV-Kritiken der Woche
Nip / Tuck – Schönheit hat ihren Preis (Dienstag, 21.15 Uhr, Pro 7): Na, mal weitersehn. Harald Schmidt (Donnerstag, 21.45 Uhr, ARD): gut.
Kreuz- und Querworträtsel
Waagerecht: 1) größte europäische Eulenart; 2) engl.: (Zapf-)Hahn, 3) gefrorenes Wasser. Senkrecht: 1) weibl. Vorname; 2) Raubfisch; 3) Paketlieferfirma. Quer: von links unten nach rechts oben: frz.: Wasser; von rechts oben nach links unten: engl. Initialen für „Vereinigte Arabische Emirate“; von rechts unten nach links oben: weibl. Schwein; von links oben nach rechts unten: Abk. für die „urgent actions“ von Amnesty International.
Rückantwort
Liebe Waltraud (siehe Kolk-Rabe No. 12)! Einerseits bin ich energisch geneigt, Deinem Love Calculator zu glauben – im Fall Diekmann / Fettschürze nämlich; 41% hätt’ ich auch geschätzt. Den Fall Gedeck / Niedecken allerdings muß ich erneut kategorisch verneinen. Außerdem empört mich das Ergebnis. Und daß Du Dir eine Mesalliance wie Schneewittchen / Doof Noss überhaupt auszumalen wagst! Und das auch noch so adrett und diskret schlüpfrig („ungedeckter Küchentisch“)! Hanebüchen! Nichtsdestotrotz, Gewinst sei Gewinst. Nichts, liebe Miß Kolkrabe, rein gar nichts gegen unverschämte bzw. intime Ansinnen – leider besitze ich aber nur einen einzigen alten Salzstreuer, den ich so gut wie unmöglich entbehren kann; verfügt er doch über exakt die Maße, daß er ins sechste jener Hohlräume meines Eierköfferchens paßt, die ich zwecks Proviantierung für die alljährliche Hellas-Reise traditionell mit fünf hartgekochten Eiern zu verpropfen liebe. Schon beim Start bin ich ganz wild drauf, das Köfferchen bei der erstbesten Rast zu öffnen, ein bis zwei Eier zu schälen und dann gesalzen zu schlemmen. Bitte sehr um Verständnis! Dir einen fabrikneuen Salzstreuer anzubieten wäre wiederum geschmacklos. Soll’s wirklich bei 1 kg Meersalz bleiben?
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 13 (FS) ). „Det kann ick Ihn’n janz jenau saren, nich wahr“, hob Ratzlaff bedrohlich zackig an…
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 14
- Dreizeiler der Woche - Rutschbericht
Guten Rutsch wünscht
Schulz
20. Dezember 2004
Kolk-Rabe No. 12 (Woche 52).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Alles am Funzen?
Die große Kleine-Gesten-Revue nach Günther Willen
Kürzlich gab mir der starke Willen eine erstklassige Anregung für den Kolk-Raben, indem er folgendes mailte: „Du sammelst doch noch schöne Gesten? Oder nit? Ich halte das Sammeln von Gesten für eine erstklassige Sache. Mein Kollege F. reibt sich immer ganz kurz die Hände wie Doug Heffanan aus King of Queens, wenn er sich freut oder etwas gut findet. Das sehe ich immer recht gerne.“ Außerdem empfahl er „die Spitzengeste aus Die Reise nach Petuschki von Wenedikt Jerofejew. Beispiel: Alle tranken, den Kopf nach hinten geworfen wie Pianisten. Faire Geste. Musik drin.“ Tätä: Hiermit gilt die große Kleine-Gesten-Revue nach Günther Willen als eröffnet. Erlaubt sind individuelle wie allgemeine. Mein erster Beitrag betrifft eine allgemeine: Treffen sich zwei Menschen. Freundliche Mimik. Zur Begrüßung (oft auch zwischendurch oder erst zum Abschied) reibt der eine dem anderen zwei-, dreimal über Arm oder Schulter (= „streicheln“; wirkt allerdings eher wie zweimal feucht überwischen. Grassiert m.E. seit den siebziger Jahren und dürfte den schwülen Hemisphären der Therapieszene entsprossen sein). Das seh ich mitunter recht gerne – vorausgesetzt, aus sicherer Entfernung. Zusammenfassung: Heffanan-Geste, Pianisten-Geste, Wischwasch-Geste. Demnächst mehr.
Wörter der Woche
„Wirkungsträger“ (aufgeschnappt Mittwoch in der Hamburger Fabrik bei Heinz Strunk, Studio Braun)
„Eigenhumor“ (aufgeschnappt bei Ralf Schumacher, neulich im Fernseh)
Rückantwort
Hallo Thomas (siehe Kolk-Rabe No. 10)! Funzt doch mit Deiner Chuzpe auch schon ganz ordentlich! Eine akustische Widmung – herrje. Ehrt mich über die Maßen, daß Du so was einem z.B. nur ganz schwach korrodierten Toaster oder z.B. formschönen, doch nußknackunwilligen Nußknacker vorziehst, aber… herrje. Nun gut, ich will nicht schon wieder mit meiner technischen Kardinalidiotie kokettieren. Also. 1979, als ich noch einen Kassettenrecorder mit Mikro besaß, wär’s ja kein Problem gewesen. Aber heute? Daß man nicht einfach so auf eine CD sprechen kann, weiß selbst ich. (D.h. kann man schon, bleibt bloß nicht drauf. Oder??) Neulich hat mir aber mein alter Freund, Schachpartner und Tischtennis-Angstgegner mit dem Künstlernamen Master of Return einen E-Mail-Anhang geschickt, anhand dessen ich einen auf seinem Anrufaufzeichner aufgezeichneten Anruf abhören konnte. (Der ging übrigens ungefähr so: „Hallo Hans-Jürgen, hier Hans-Jörg. Äh, umgekehrt.“ – Namen v. d. Red. geändert.) Falls mir also nichts Besseres einfällt – und ich wette, daß mir nichts Besseres einfällt –, werde ich meine Widmung auf Master of Returns Anrufaufzeichner sprechen, und der macht dann bestimmt freundlicherweise einen Anhang draus, den ich Dir dann schicke, und Du machst dann einen schönen Datenträger draus. O.K.? Nächste Verhandlungsrunde, bitte!
Neuer Zeitvertreib der Woche / Gewinnspiel
Wegen des großen Erfolgs des letzten Spielchens (Verehrte Miß Kolkrabe! Du hast doch auch was gewonnen! Bitte melden!) habe ich ein weiteres ausgekaspert (auch dieses nicht mehr so ganz innovativ – aber na und?). Es geht um Neuschöpfungen von Zeitwörtern. Nenne, Juserin und Juser, doch zum Beispiel mal ein einziges, präzises Zeitwort für die Tätigkeit, die man ansonsten umständlich mit folgender Formulierung umschreiben müßte: den einerseits profundes Allgemeinwissen ausstrahlenden, seriösen Wirkungsträger verkörpern, zugleich aber auch den rotweintrinkend schmunzelnden Bonvivant. Geht nicht, sagst Du? Geht doch! Wickern. Beispielsatz: Ulrich wickert. Ein weiteres Beispiel: Ein Zeitwort für die Wendung vorzüglich in Anekdoten kommunizieren? – Rowohlen. Beispielsatz: Harry rowohlt. Jury: ich. Gewinn: VB. Einsendeschluß: Kolk-Rabe No. 52. Bin gespannt! Apropos. Harry rowohlt nicht nur, er erzählt auch Witze; z.B. den
Witz der Woche
An wen waren die letzten Worte von Dodi Alfayette gerichtet? An den betrunkenen Chauffeur. Und wie lauteten sie? „Idiot. I said: I'd like fucking Di in the tunnel – not die in the fucking tunnel.”
Xtopia
Runde 2
Endlich ist die Zeit dann reif für die Übertragung, live, direkt aus der Westfalenhalle. „Alle sind gekommen. Alle“,
berichtet fröhlich Doktor Jauch: „Gina Wild, Sybille Rauch, Doktor Schröder, Doktor Becker, Doktor Raab und Doktor Wecker,
Doktor Cordalis, ’s Küblböck, Fischer, Schneider, meck, meck, meck, Doc Bohlens intellektuelle Damenriege, Westerwelle…
… doch nun geht’s los!“ Über die Seile klettert ohne Hast und Eile Doktor Klitschko. Finten hauend und auf seinem Mundschutz kauend,
tänzelt er gekonnt umher. Das Publikum johlt um so mehr, als der haushohe Favorit nun ebenfalls den Ring betritt,
und während dessen Lesebrille Macht, Überlegenheit und Wille kurzum: Geist – zum Ausdruck bringt, das Publikum um Fassung ringt:
„Ste-fan-Ste-fan“-Chöre schallen durch die stark verschwitzten Hallen, Dann endlich schwenkt voll Übermut ein Nummerngirl den Doktorhut:
Ring frei zur ersten Runde. Gong. „Jetzt gibt es was auf den Ballon“, freut sich Herr Aust voll Zuversicht. Wie recht er hat, das ahnt er nicht.
„Wie heißt die Hauptstadt der Ukraine?“ eröffnet Doktor Aust das kleine Intellektualscharmützel und genießt den geilen Kitzel,
der ihn reizt, wenn sein Esprit sich vermählt mit Ironie und folglich diese jenem frommt. Die Antwort allerdings kommt prompt:
… bzw. eben nicht, sondern erst im nächsten Kolk-Raben
Astro-Tips für Girls
Steinbock (22.12.-19.1.) Der Steinbock ist ein geiler Bock. Er jagt dich über Stein und Stock. Sein Motto: Bock around the clock. Sein Fickstil: gotisch bis barock.
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 12 (NE) „Hmpf?“ erkundigte sich Dr. Porschmann zaghaft…
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 13
- Neue prima Gesten - Der große kleine Weihnachtsreport
Geschenk- und/oder Eigenlektüretip in letzter Sekunde:
Klaus Modick, 24 Türen
Weihnachtliche, feierliche, festliche Weihnachts-, Feier- und Festtage wünscht
Schulz
13. Dezember 2004
Kolk-Rabe No. 11 (Woche 51).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Warst Du am Sonntagmorgen zufällig entnervt? Ich ja. Allerdings nicht zufällig. Ich bin nämlich Klitschko-Fan. Klischko-Fan?! Na ja, doch; schon. Die Klitschkos können nicht nur zaubern und Witze erzählen, Schach spielen und Guitarre, sondern verkörpern in ihrer Eigenschaft als promovierte Boxer sowieso mein Ich-Ideal, ungefähr so, wie der Winter Erich das Ich-Ideal Hans Duschkes verkörpert (vgl. Henscheid, Geht in Ordnung – sowieso –– genau –––). Deshalb steht seit Wochen auf meinem Pultkalender unter dem 11. Dezember, rot unterstrichen, die Notiz „Klitschko–Williams, Las Vegas“. Am Samstagmorgen informiere ich mich in der Weltpresse. Der Kampf ist für ca. 4 Uhr MEZ angesetzt; an anderer Stelle heißt es ca. 4.30 Uhr. Eine Tageszeit, zu der ich kampfunfähig bin. Da mein Videorecorder sich als autark betrachtet, schert er sich einen schimmeligen alten Stiefel darum, wenn ich ihn auf eine bestimmte Sendung trimme. Jetzt heißt es rechnen. Angenommen, der Kampf ist auf 12 Runden angesetzt. Eine Runde dauert 3 Minuten, die Pause 1 Minute – macht 12 x 4 = 48 Minuten. Sagen wir 1 Stunde. Eine Videokassette faßt 4 Stunden. Nehmen wir an, erneut eine Sicherheitsmarge einrechnend, der Kampf begönne um 5 Uhr MEZ, dann wäre er spätestens um 6 Uhr MEZ zu Ende. 6 minus 4 macht 2. Ich schaffe es bis 5 vor 2, drücke mit letzter Kraft den Aufnahmeknopf und gehe zu Bett. Sonntagmorgen. Kaum erwacht, setze ich mich in Boxershorts vor den Fernseh. Zunächst bemerke ich, daß die ARD den Kampf gerade in einer Zusammenfassung zeigt. Da hätte ich mir den Schindluder mit meinem Biorhythmus gestern nacht sparen können. Na, ich zappe schnell weg, damit mir die Spannung nicht verdorben wird, und spule die Videokassette vor. Und vor. Und noch weiter vor. Als der Hauptkampf beginnt, sind noch 14 Minuten Band übrig. Ohnehin bis unter „Speckmütze“ (für Glatze, Zitat Borowiak) vollgepumpt mit Adrenalin, muß mein Nervenkostüm außer gegen Williams, den Tyson-Bezwinger (!), auch noch gegen die Zeit kämpfen! Als Dr. Vitali Klitschko seinen Widersacher schon in der 1. Runde tüchtig anditscht, werde ich ein bißchen ruhiger. Doch Williams zeigt Nehmerqualitäten bzw., wie ein Reporter neulich mal ganz richtig sagte: Nehmerfähigkeiten (-qualitäten sind’s ja eben gerade nicht). In der 3. Runde rettet den erneut schwer torkelnden Briten der Gong. Nach der Hälfte der 4. Runde merkt mein Videorekorder, daß die Kassette voll ist. Die ARD zeigt jetzt Skiläufer. Mann, war ich entnervt. Mußte AOL befragen: In der 8. Runde hat Dr. Vitali Klitschko seinen Widersacher dann endgültig (älteres Zitat Bild-Zeitung) „krankgeschrieben“. Nun ja. Feiern wir diesen Sieg, wie im letzten Kolk-Raben angedroht, mit einer Moritat. Ring frei zur 1. Runde:
Xtopia
Runde 1
Wir schreiben zweitausendundzehn. Die Macht hat das Privatfernsehn. Deutschland – ein Elysium, denn alle Menschen sind strohdumm.
Da plötzlich hört man das Gerücht, es existiere ein Gedicht, welches einwandfrei beweist: Gewalt ist stärker als wie Geist!
Das wär’ ’ne Riesensensation. Ja, ’s wär’ die dritte Dimension! So was hat’s noch nicht gegeben. Die Nation durchtost ein Beben.
Sowohl in Talkshows wie Gazetten werden schon im Vorfeld Wetten abgeschlossen, daß den Geist nie etwas wie „Gewalt“ verschleißt.
And’rerseits wird spekuliert – und zwar sogar recht ungeniert –, ob die Moral von dem Gedicht nicht vielleicht dagegenspricht,
daß man’s überhaupt probiert, bevor man sich aufs Blut blamiert. Der greise Grass etwa gemahnt an „schlimm’re Folgen, als man ahnt“.
Doch im Editorial des SPIEGEL heißt es jovial, Doktor Aust erböte sich: „Versuch’s, ,Gewalt’! Los! Töte mich!“
Das hätte er nicht schreiben sollen. Denn daraufhin – mit tück’schem Schmollen – bezichtigt in ’nem off’nen Brief V. Klitschko Aust, der sei „naiv“.
Naiv! Der SPIEGEL-Chef! Hört, hört! Das hat den eminent gestört. Im nächsten Heft vom Magazin wirft er den Fehdehandschuh hin:
„Doktor versus Doktor. Das ist fair.“ Geradezu orgas- misch jubelt schon der Boulevard: „Kampf perfekt! Im Januar!“
(Fortsetzung folgt – noch im Dezember)
Wort der Woche
„klodoof“
(Thomas Gsella in der aktuellen Titanic)
Sucheingabe der Woche
gejust von Pauerjuser Robert C. unter
http://www.karadenzi.de/2004/12/manche-leute-die-suchmaschinen.html Könnte auch ein hübsches Spielchen ergeben: Juse, Juserin oder Juser, jruselige Sucheingaben nach obigem Kombinationsmuster. Vorschläge: Kai Diekmann + Fettschürze; Rudolf Scharping + Pur; Tatjana + Gsell usw.
Rückantwort
Hallo Stefan (siehe Kolk-Rabe No. 10)! Der Kolk-Rabe ist dies hier („Sie baden grade Ihre Hände drin“, falls Du alt genug bist, dieses Reklame-Zitat zu verstehen); und Liza Lauda klänge tatsächlich nett. Ebenso nett aber Niki Minelli, oder?
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 11 (FS) + der Anfang von 12 (NE).
Was bisher geschah… Zusammenfassung des 1. Kapitels:
Ein Büro in Hamburg City-Nord. Eine dunkle, stürmische Nacht Ende Juni. Fünf Figuren, schicksalhaft verstrickt: der Postschaffner Lui Pfui (Hobbys: Briefmarken, Kreuzworträtsel, Pofen); Bella, seine Sekretärin, die vollbusige und intelligente Hauptfigur; deren Assistent Dr. Porschmann (Dienstakademiker); Lulu, die Dienstfußmasseuse sowie Bürostenograph Bodo, der alles abzukürzt, was nicht niet- und nagelfest ist. Bella fiebert dem nächsten Tag entgegen. Auf der Weihnachtsfeier (weshalb sie Ende Juni stattfindet, weiß niemand) will sie mit ihrem Monumental-Poem „Geist!“ reüssieren. Bella fühlt sich durch ein „geist!iges“ Band irgendwie mit irgendwem verbunden. Mit Dr. Porschmann etwa, der ständig in voller Taucherausrüstung herumläuft? Oder eher mit Chef Lui Pfui, der plötzlich „Geist!“ ruft und dann doch gleich wieder einknackt? Und wer war’s, der Lulu im Fotoarchiv brutal von hinten duzte? Irgend etwas geht da vor, verdammt noch mal. Doch was? Bevor all diese Fragen beantwortet werden können, fällt ein Schuß… Vorschau auf das 2. Kapitel: Wer war das!? Schreck, laß nach: der Dienstförster Ratzlaff – angeblich, um die innerbetriebliche Wehrfähigkeit zu überprüfen. Doch auf wessen Befehl? Und wen hat er da bei sich? Etwa seine Assistentin, die „überall für ihre Nymphomanie gerühmt“ wird? Oh mein Gott, ja: Es ist – Rita! Was müssen unsere Freunde noch alles erdulden, bis endlich ER einströmt? – Er, Walter Ego, „ungefähr zwölf Zentimeter groß, schmächtig gebaut“, seines Zeichens CIÄ-Agent mit der „Lizenz zum Löten“…? Lies, o Juserin; o Juser, lies!
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 12
- Die große Kleine-Gesten-Revue nach Günther Willen - Runde 2 der auf 3 Runden à 10 Strophen angesetzten Box-Moritat
Eine blauäugige Woche wünscht
Schulz
6. Dezember 2004
Kolk-Rabe No. 10 (Woche 50).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juserin! Hallo, Juser! Hier kräht er nun jubiläumsmäßig zum zehnten Mal, Dein flatternd flüchtiger Kolk-Rabe. Anlaß genug für ein bißchen Rückbesinnung… So, das muß reichen.
Vierzeiler der Woche
Am 6.12. pinkelt dreist der Nikolaus dir in den Schuh. Drum schnür’ ihn lieber feste zu, damit er nicht zudem reinscheißt.
Essay über die Wahrheit
Apropos Rute: Im Zuge der „Penis-Debatte“ (wurzelnd in der Studie eines Kondomgroßhändlers, die ergeben hatte, „der deutsche Penis“ sei „im Schnitt“ 14,67 Zentimeter lang) war in der Bild am Freitag tüchtig was los. Mit wie üblich kugelsicherem Grinsen verkündete Seite-2-Kolumnist Franz Josef Wagner: „Die Wahrheit über die Liebe steht nicht in BUNTE, Men’s Health, Pro7…“ Die Wahrheit über die Liebe steht nicht in Pro7? Wo denn? In Bild am Freitag vielleicht? Tatsächlich! Auf Seite 15 kann man sie nachmessen: SO MESSE ICH RICHTIG Ist er nur kümmerliche 12,8 oder doch vielleicht stolze 16,4 cm lang? MANN muß sein bestes Stück nur richtig messen – und im richtigen Zustand! Im erregten Zustand mit einem Lineal vom Bauch („Peniswurzel“ über dem Schambein, Tip: leicht andrücken, damit die eventuelle Fettschürze IHN nicht kleiner macht…) bis zur Eichel. (Gemessen an diesem hervorragenden Scherzartikel, übrigens, geht sie voll in Ordnung, die Qualifizierung der Beate-Uhse-Investment-bedingten Spitznamen „Porno-Ralle“ für Berufskraftfahrer Ralf Schumacher, 29, und „Hard-Cora“ für dessen Gattin – geht sie voll in Ordnung, diese Qualifizierung jener Spitznamen, die auf dem Mist Stefan Raabs gewachsen sind – ich sage: geht sie voll in Ordnung, diese Qualifizierung jener Spitznamen als „schlechte Scherze“ auf Seite 4 ein und derselben Bild am Freitag.) Fazit (inkl. Versuch historischer Relativierung): Wenn also die Wahrheit in Bild steht, kann sie natürlich nicht gleichzeitig auf der Wahrheitsseite der taz stehen. Dort hatte Kollege Gerhard Henschel vor geraumer Zeit von einer operativen Penisverlängerung Kai Diekmanns, des Bild-Chefs, berichtet. Irrtümlich, wie wir heute wissen: Eine solche Penisverlängerung kann der Gatte der Gattin Dr. Katja Kessler (Coautorin des Bestsellers Nichts als die – sic! – Wahrheit; vgl. Kolk-Rabe No. 9) ja gar nie nötig gehabt haben, vorausgesetzt, er drückte im richtigen Zustand leicht an, damit die eventuelle Fettschürze IHN nicht kleiner machte. Insofern war die gerichtliche Entscheidung völlig korrekt, Henschel, mit Unterstellungen gegen den armen Diekmann steinreich geworden, dazu zu verknacken, jene Behauptung bei Strafe von zig T€ künftig zu unterlassen.
Wort der Woche
Fettschürze
Bekanntgabe des Gewinnspielgewinners
Der Kolk-Rabe No. 5 hatte ja zwecks „Zeitvertreib der Woche“ ein Gewinnspiel anberaumt. Anhand fiktiver Promi-Hochzeiten sollten lustige Doppelnamen entstehen. (Beispiel: Martina Hingis und Oliver Kahn = Hingis-Kahn.) Es durften sämtliche Namen verwendet werden, bis auf den der großartigen Martina Gedeck. Ausgelobt wurde ein Preis auf VB. Da die Aufgabenstellung recht anspruchsvoll war, drang nur die Elite unter den rund 80 Millionen Juser/inne/n mit ihren Vorschlägen durch, nämlich Thomas und Waltraud. Nach nächtelangen Diskussionen hat sich die Jury nun für den Hauptgewinner entschieden. Es ist… THOMAS! Herzlichen Glückwunsch! Die Doppelpaarung Gisela Marx & Thomas Doll (= Gisela Marx-Doll) Anne Will & Dolly Dollar (= Anne Will-Dollar) hat die Fachjury schließlich überzeugt (aus der Begründung: „Überzeugend!“). Mit hauchdünnem Abstand folgt übrigens die Paarung Ernst Kahl und Barbara Auer (= Ernst Kahl-Auer). Eigens ins Leben gerufen wurde außerdem der Ehrenpreis der Jury, der Große Kolk-Raben-Chuzpe-Award. Er geht an WALTRAUD! Herzlichen Glückwunsch! Mit der Paarung Martina Gedeck & Wolfgang Niedecken (= Martina Gedeck-Niedecken) – die wir nicht gutheißen können, aber müssen – hat die sympathische Stammjuserin elegant die Gewinnspielregeln außer Kraft gesetzt. Trotz Disqualifikation gewinnen, das soll ihr erst mal jemand nachmachen! Hiermit sind die Verhandlungen über die Preise eröffnet.
Rückantwort
Liebe Waltraud resp. Miß Kolkrabe (siehe Kolk-Rabe No. 9)! Als Atheist (wofür der Duden übrigens die Definition „Gottesleugner“ anführt, obwohl doch wohl Gottesbestreiter gefälligst neutral wäre) verstehe ich zwar Deinen Jesus-Nilpferd-Witz nicht. Dafür aber gefällt mir das Poe-Corbeau-Gedicht um so besser. Herzlichen Glückwunsch zum Großen Kolk-Raben-Chuzpe-Award!
Hamburgensie der Woche
Montags gibt das immer Labskaus. (Jette läßt nie nix verkommen.) Fiete supt danach beklommen seinen Vorrat Magenschnaps aus. Fiete hat ’ne neue Mütze, Jette sie gleich eingemottet: „Nützt ja nix, weil drinne rottet doch ja bloß dieselbe Grütze.“ Fiete hat ’n Barsch geholt und in Moltofill gebraten, Jette dafür mit’m Spaten ihm den dürren Arsch versohlt. Jette hat die Kök getüncht, Fiete mit’m Kopp gewackelt, Jette gar nicht lang gefackelt und ihn mit’m Schlips gelyncht.
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 10. „Geist!“ – „Wat?“ fuhr Bodo herum.
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 11
- Kampfkritik Dr. Vitali Klitschko (plus Bonus-Text: Teil I einer dreiteiligen, dreißigstrophigen Box-Moritat) - Bella, Kap. 1: Was bisher geschah (plus Vorschau auf Kap. 2)
Eine maßvolle (oder bitte gern auch -lose) Wünschelrute wünscht Dir, Juser wie Juserin,
Schulz
29. November 2004
Kolk-Rabe No. 9 (Woche 49).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juser! Immer wieder in jüngster Zeit hatte ich beim Zapping durch die TV-Musikkanäle gegrübelt, an wen mich der „bekloppte Frosch“ aus der Klingelton-Werbung erinnert. Neulich fiel der Groschen: an Dieter Bohlen! Man müßte ihm bloß einen Eckzahn ausschlagen, dann hätte er nicht nur intellektuell und akustisch, sondern auch optisch bestürzende Ähnlichkeit mit der grausigsten Trickfigur seit Meister Propper. Stimmt’s, Juser? Bei jener Erkenntnis rieselte es mir wohlig den Rücken runter, und seitdem habe ich nur auf einen Anlaß gewartet, sie Dir unterzujubeln. Nun ist er da, der Anlaß. Nämlich… Am Samstagnachmittag mußte ich, kaum aus Jena zurück (vgl. Wochenbericht), wegen eines Notfalls in der Familie gleich weiterreisen (einer meiner Neffen war jäh volljährig geworden). Andernfalls hätte ich mich wohl bei irgendeiner Hamburger Filiale des sog. Makromarkts eingefunden. Wie Du der gestrigen BamS-Schlagzeile entnehmen konntest, Juser, war Meister Popper in seiner Eigenschaft als Werbeträger dort „abserviert und verhöhnt“ worden: Jeder 13. Kunde, der sich eine Dieter-Bohlen-Maske aufsetzte, hatte für seinen Einkauf nicht zu zahlen brauchen. Das hätt’ ich mir (sagen wir, von der Bratwurstbude aus) evtl. ganz gern angesehn. Denn Deutschlands größter Lärmingenieur gehört seit seinen frühesten Modern-Talking-Tagen zu meinen zeitgenössischen Lieblingsgestalten – aus vielen, verschiedenen Gründen. Naturgemäß ist „Konträrfaszination“ (Roger Willemsen) einer; ein anderer z.B. die Kraft des Exemplarischen, mit der die vielfältigen Wechselwirkungen eines solchen Phänomens zutage treten – etwa bzgl. seiner „Autobiographie“. Am spannendsten bei meiner Pflichtlektüre fand ich z.B. Ghostwriter Dr. Katja Kesslers Dr.-Erich-Kästner-Paraphrase, die sie zwischen den Zeilen verbreitete: Das merkt der Esel nie!/Drum sag ich’s auch ganz offen:/Von dem Kakao, durch den ich ihn zieh,/ist Dieter sternhagelbesoffen! Insofern barg der Titel Nichts als die Wahrheit nichts als die Wahrheit. Sollte folglich bald wirklich von Dieter Bohlens Gesicht nichts mehr übrigbleiben als eine Pappmaske und von seinem OEvre nichts als ein Klingelton, ein Tinnitus aurium des Weltgeists? Und was wird Puschi dazu sagen?
Wochenbericht Der Zugchef des ICE, mit dem ich am Dienstag zu einer netten Lesung nach Frankfurt fuhr, hieß Harald Schmidt. Der des ICE, mit dem ich zurück nach Hamburg fuhr, war aber auch nicht witziger. Was hiermit zu beweisen war. Dafür identifizierte ich den Fahrer des Busses, mit dem ich Freitag zum Dammtor-Bahnhof fuhr (um zu der netten, oben erwähnten Lesung nach Jena aufzubrechen), als einen der Gäste, die in regelmäßigen Abständen sonntagabends ab 22.30 Uhr nebenan in meinem Stammimbiß bzw. live in Dittsches (Olli Dittrichs) Wochenrückblick im WDR-Fernsehen auftauchen. (In der dritten Staffel hoffentlich wieder.) Wie lautet noch dessen Untertitel? Das wirklich wahre Leben!
Rückantwort
Juicy Waltraud (siehe Kolk-Rabe No. 8)! Mit der Titelfigur aus Norberts und meinem Fortsetzungsroman, der guten alten Bella, zu sprechen: „Ach, die Metrik!“ Fiebrig heißen Dank für die wahrlich blümeranten Rumpelreime (d.s. -ogo/-odo, -uff/-uch und -äschchen/-äffchen)! Apropos Äffchen: Rotpeter heißt es von seinem Schöpfer her; weder nach Handke noch nach Rühmkorf/Ustinov (auch ’n prima blümeranter Reim), sondern nach Franz! Kafka nämlich (vgl. Ein Bericht für eine Akademie). Am Freitag las ich übrigens in der Hamburger Morgenpost von einer „Miß Tuning“ (Automesse, Essen) und einer „Miß Knast“ (Butana Gefängnis, Sao Paulo). Warum, dachte ich, nicht einmal eine seriöse Mißwahl!? Und da dieses flüchtige Online-Magazin ohne Dich gar nicht mehr auszudenken wäre, beschloß ich, Dich zur „Miß Kolkrabe“ zu ernennen. Nimmst Du die Wahl an? In derselben Mopo-Ausgabe fand ich außerdem folgenden Witz. Kennst Du den schon? „Wie soll Ihr Sohn denn heißen?“, fragt der Standesbeamte den jungen Vater. „Nelkenheini.“ – „Also, das geht nun wirklich nicht.“ – „Wieso das denn nicht? Meine Nachbarn haben eine Tochter – und die heißt Rosemarie…“ Kannst Du mir sagen, warum ich darüber – der unbeholfenen Konstruktion zum kindischen Trotz – immer noch kichern muß?
Fragen in Schlagzeilen der „Bild“ am Donnerstag
Hat Störtebeker sich eigentlich nie die Zähne geputzt? Haben Kurven-Frauen mehr Appetit auf Sex? Wie schwul war Alexander der Große?
Antworten in Schlagzeilen derselben „Bild“ am Donnerstag
Hier stopft Frau Strunz einen Adventskranz in Effes neuen Porsche Hier fährt ein Pinneberger ins Freudenhaus Onkel Jürgen gibt uns den Festzelt-Hammer
Zwischenruf der Woche (aufgeschnappt und weitergeleitet von Lukas C., Teilnehmer einer gymnasialen Exkursion von Untersekundanern in das Stader Kino „Cinestar“, um den Film Der Untergang zu schauen)
„Am Ende stirbt Hitler!“
(Robert C.: „Nicht zu fassen! Diese Jugend von heute: Wie kann man nur so gemein sein…“)
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 9. … vier, fünf Posen. Angler-Posen. Sie waren hübsch bemalt und hatten obendrauf einen Wimpel mit Posthorn-Emblem…
Gewinnspiel
Letzte Chance! Nur noch fünf Tage (sagen wir mal, bis Sa., 4. Dez., 12 Uhr)! Im nächsten Kolk-Raben wird die Gewinnerin oder der Gewinner des großen Promi-Hochzeits-Spiels (vgl. Kolk-Rabe No. 5 ff.) bekanntgegeben!
Vorschau auf den Kolk-Raben No. 10
- Ansprache zum Jubiläum - Neues Gewinnspiel
Eine dufte Woche wünscht
Nelkenheini Schulz
22. November 2004
Kolk-Rabe No. 8 (Woche 48).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juser! Ich finde, wir deutschen auch das Verb dazu ein. Ich juse, du jus(es)t, er, sie, es just, wir jusen, ihr jus(e)t, sie jusen. Außerdem wünsche ich („aus religiösen Gründen“, wie Juser Saalo sagen würde), jusen möge ein unregelmäßiges Verb sein: Ich jos, du jos(es)t, er, sie, es jos, wir josen, ihr jos(e)t, sie josen. Konjunktiv I: Ich jüse, du jüs(es)t etc. Konjunktiv II: Ich jöse, du jös(es)t etc. Textaufgabe: Gestern…… er drei verschiedene Suchmaschinen. Eine davon, sagte er, …… er ungern. Sie entgegnete: „…… du sie mit Bedacht, dann …… du sie auch gern.“ Darauf er: „Du kannst mich mal im Mondschein ……“ Sie: „Ungern.“ Er: „…… du mich mit Bedacht, dann …… du mich auch gern.“ Darauf sie: „Du kannst mich mal…“ usw. (Lösung siehe unten.)
Wochenbericht Telefonat. Ich: „Einmal ,Lucifer Classic’ und ’n Liter Cola.“ Pizzaservice-Piepsmaus: „’n richtigen Liter oder ’n halben Liter?“ Nein, dies wird keine klassisch-luziferische Pizzaservice-Piepsmaus-Polemik. Nach kurzem, aber intensivem Nachdenken gelangte ich nämlich zu folgendem Schluß: Jener befremdlichen Nachfrage liegt wahrscheinlich das €-Syndrom zugrunde. Freundin Tini C. jedenfalls gestand gelegentlich, sie habe sich schon mal bei den Kilometerhinweisen auf der Autobahn (z.B. „Hamburg 99 km“) beim Umrechnen ertappt. Auch ich hab mich nach nun bald zwei Jahren immer noch nicht richtig auf den € eingefunzt. Im Unterbewußtsein halte ich den Zigarettenpreis von dreisechzig für günstig; ferner kann ich mir oft ums Verrecken nicht merken, ob ich mir bei irgendeiner Preisrecherche wirklich den €-Betrag gemerkt habe – oder nicht doch den im Affekt umgerechneten DM-Wert, usw. usf. Gut, daß mein monetäres Empfinden traditionell so vage ausgeprägt ist, sonst wähnte ich mich seit bald zwei Jahren wohl ständig um die Hälfte behumst (oder um das Doppelte)? Was bedeutet es übrigens seither, wenn man den ersten Kuckucksruf im Jahr hört und man hat einen Cent in der Tasche? Wird man doppelt so reich, wie man vor der €-Einführung geworden wäre, vorausgesetzt, man hätte einen Pfennig in der Tasche gehabt? Oder gilt das seit 1.1.2002 gar nicht mehr? Und was mir unglaublicherweise erst in diesem Moment erstmalig auffällt: Ist es eigentlich volksgewollte oder nur Ironie des Schicksals, daß ein und derselbe Vogel sowohl Geldzuwachs avisiert als auch das präzise Gegenteil – wenn er nämlich auf Möbeln klebt?
Astro-Info für Girls
Schütze (23.11.–21.12.) Obwohl, weiß Zeus, nicht grad Apoll, gibt jeder Schütz’ zu Protokoll: „Ich war und bin im Bett ganz toll!“ Ihr nehmt ihn besser nicht für voll.
Dreizeiler der Woche
Es war mal ein Wüstling aus Limerick Dem antat ’nen üblen Karriereknick die Venus von Milo (beim Tittenfick)
Rückantwort 1
Lieber Dirk Braunstein (siehe Kolk-Rabe No. 6), vielen Dank für die Blumen! Bitte um Entschuldigung bzgl. Toni. Aber wirkte nicht womöglich „Tony“ maskuliner, wg. der konkreten Poesie (Y-Chromosom!)? „Blog“, so habe ich mir erklären lassen müssen (bin ja selbst kein richtiger Juser), ist ein Kunstwort, gebildet aus Web wie Netz und log wie Logbuch, und bezeichnet eine Art Online-Journal. Vgl. dazu den starken Günther Willen (persönliche Mitteilung): „Die Internetfuzzies haben aus Weblog einfach Blog gemacht, weil sie das gut finden. Wahrscheinlich Informatiker-Humor. Das ist so, als ob man aus Arschloch plötzlich Schloch machen täte.“
Rückantwort 2
Lieber Thomas (siehe Kolk-Rabe No. 7), wird prompt in die Nominierungsliste aufgenommen, danke sehr.
Rückantwort 3
Liebe Waltraud (siehe Kolk-Rabe No. 5), vielen Dank für die Blumen! Und über das Vogelbauer als Preis können wir reden. Ich hab noch eins auf dem Dachboden, allerdings sitzt ein Stoffaffe drin. Er trägt rote Shorts, rote Boxhandschuhe und eine Sonnenbrille mit rotem Rand. In einer Ecke des Käfigs stehen eine gelbe und eine blaue Miniaturmülltonne. Die hab ich mal anläßlich einer Silvesterfeier auf einem Bochumer Müllberg von den Bochumer Stadtwerken bekommen bzw. von dat Sanne, wat sich immer Sorgen am Machen is (vgl. Harry Rowohlt, Pooh’s Corner I, pp. 67, 69). Später tranken wir Sekt draus. In den Mülltönnchen steckt je ein Underberg-Fläschchen. In der Gitterwand hinter dem Affen – Rotpeter heißt er – hängt ein gerahmtes s/w-Foto von seinem ungeheuerlich dicken, faulen, alten Ahnaffen sowie, ebenfalls gerahmt, zwei Zitate aus Kafkas Ein Bericht für eine Akademie: 1. „Die meiste Mühe machte mir die Schnapsflasche. Der Geruch peinigte mich; ich zwang mich mit allen Kräften; aber es vergingen Wochen, ehe ich mich überwand.“ 2. „Und ich lernte, meine Herren. Ach, man lernt, wenn man muß; man lernt, wenn man einen Ausweg will; man lernt rücksichtslos.“ Tja. Seit Jahren würde ich furchtbar gern „Objekte“ machen – dieses sollte das erste der geplanten Serie Szenen aus der Weltliteratur werden. Aber wie Du siehst (bzw. Dir vorstellen kannst), ging’s ganz gehörig in die rote Hose. Falls Du, liebe Waltraud, also gewinnen solltest (auf keinen Fall aber mit der Paarung Martina Gedeck und Wolfgang Niedecken, auch wenn Du Dich da so was von geschickt um meine eherne Vorschrift gedrückt hast): Würdest Du mir das mit der Tür noch mal genauer erklären? P.S.: Wer ist denn F. Fontane?
Rückantwort 4
Immer liebere Waltraud (siehe Kolk-Rabe No. 7), und was ist Hermann-Heesters? Und warum denn Corinne und nicht Liselotte? Die guten alten Worte sind übrigens zum Gutteil zum Bearbeiten zum zum Beispiel Axel Marquardt hin; Max Goldt hat bereits einen passenden Partner (Herrn Katz – vgl. die Katz-und-Goldt-Comics in der Titanic –; sicher: Ein Herr Katzen wäre noch passender gewesen, oder womöglich ein Herr Vasahn oder so), und in Deine Verlobungsmelancholie stimme ich aufs melancholischste ein. Zumal mitsamt dieser galanten Kulturtechnik der (bzw. die) „Bekannte“ ausradiert wurde, als der (bzw. die) die Larve des (bzw. der) Verlobten gewöhnlich bezeichnet wurde. P.S.: Ist Rüdiger wieder wohlauf?
Prima Wort No. 7
Stutenbrot
Lösung der Textaufgabe
Gestern JOS er drei verschiedene Suchmaschinen. Eine davon, sagte er, JÜSE er ungern. Sie entgegnete: „JÖSEST du sie mit Bedacht, dann JÖSEST du sie auch gern.“ Darauf er: „Du kannst mich mal im Mondschein JUSEN.“ Sie: „Ungern.“ Er: „JÖSEST du mich mit Bedacht, dann JÖSEST du mich auch gern.“ Darauf sie: „Du kannst mich mal…“ (usw.)
Missing Link der Woche
Bella und das Büro des Grauens. Fortsetzungsroman aus dem Jahre 1994 von Norbert Eberlein und Frank Schulz. Neueste Folge: 8. … befand sich eine zweite Gummihose, die er aus Angst vor Erkältungskrankheiten heimlich anzulegen pflegte…
Vorschau
auf den Kolk-Raben No. 9 - dütt - datt
’ne richtige Woche (statt ’ner halben) wünscht
Schulz
15. November 2004
Kolk-Rabe No. 7 (Woche 47).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Helau, Juser! Und wo ich grad so lustig bin: Das Füllwörtchen sozusagen sollte, wie es ohnehin zu 90 Prozent gebraucht wird, ab sofort kontrahiert werden: sozagen. „Oder nit?“ (Hans Duschke)
Wochenbericht Freitag zwei Briefe im Briefkasten (warum heißt eigentlich der Briefkasten, aus dem man seine Briefe holt, ebenso Briefkasten wie der, in den man seine Briefe steckt! So was Langweiliges!): einen von der Post, einen von ver.di. In ersterem wird mir die offizielle Mitgliedschaft in der Jury zur Wahl der schönsten Briefmarke angetragen, in letzterem eine Sterbegeldversicherung. Ja, was denn nun.
TV-Kritik der Woche
Big Boss läßt nach. Von der ersten Folge noch begeistert (vgl. Kolk-Rabe No. 5), hatte ich zur dritten schon keine rechte Lust mehr (an Calli Calmund hat’s nicht gelegen, der bot nach wie vor großes Kino). Unbeabsichtigte Komik verliert, stellte ich einmal mehr fest, doch exponentiell rasch an Reiz im Vergleich zu beabsichtigter. (Jawoll, ich sage lieber exponentiell rasch. Viele hätten vermutlich lieber ungleich rascher gehört, aber das find ich nit schön, auch wenn’s stildudenmäßig „verstärkend vor dem Komparativ“ erlaubt ist. Schön ist exponentiell allerdings auch nicht gerade, fällt mir gerade auf. Dann mecker’ ich eben über was anderes: Viele hätten nämlich von unfreiwilliger Komik gesprochen, und das wär’ Quatsch, weil das Gegenteil freiwillige Komik wäre, und das wär’ ja auch Quatsch.) Der Chefredakteur der Wirtschaftswoche übrigens hat, wie ich neulich der WAMS entnahm, von Big Boss als „Pappnasen-TV“ gesprochen. Ganz meiner Meinung – deshalb schau’ ich’s ja. Außerdem behauptete der Mann, die Sendung sei etwas für „schlichte Gemüter“. Nun ja, mit Verlaub, Herr Baron (so heißt er: Stefan Baron): Die Erkenntnis vom Fernsehn als einer „alten Idiotenlaterne“ (Wiglaf Droste) verblüfft ja nun kaum noch jemand (außer sehr schlichte Gemüter). Lustig allemal, daß die Wirtschaftswoche und Euro in derselben Verlagsgruppe erscheinen. Der Chefredakteur des Euro nämlich wiederum ist wer? Eine der Pappnasen der Big-Boss-Jury. Da soll’s aber ’ne Stunksitzung gegeben haben, innerhalb der Verlagsgruppe. Den schönsten Kommentar zu dem Gesamtspektakel hatte ich übrigens schon kurz zuvor entdeckt: in einem taz-Artikel, der von was ganz anderem handelte, nämlich von jüngsten Fossilienfunden in Ostindonesien. Diese, so der Artikel, ließen „an einer Grundannahme der Evolutionslehre zweifeln“. Denn der Homo floresiensis habe ein sehr kleines Hirn gehabt, „war dabei aber offenbar überraschend schlau“. Und nun – in Form des taz-Zitats – der Kommentar zu Big Boss und zum Kommentator der Wirtschaftswoche, wenn nicht zur Wirtschaftsgeschichte: „Die Vorstellung, wie 1 Meter große menschenähnliche Wesen mit der Schädelgröße einer Grapefruit Elefanten in Ponygröße jagen, wenn sie sich nicht gerade vor riesigen Komodo-Drachen (…) in den Bäumen verstecken, kann schon ein gewisses Gefühl der Rührung aufkommen lassen.“ Sozagen.
Pappnase(n) der Woche
ich / du / er / sie / es / wir / ihr / sie (Zutreffendes bitte ausschneiden, vergrößert kopieren, das vergrößert Kopierte vergrößert kopieren, bunt ausmalen, anhand eines Zirkels mit konzentrischen Kreisen versehen, mit Konfetti und Dartpfeilen bewerfen oder mit Gotcha-Pumpguns beballern, psychische Entlastung genießen.)
Kursangebot der Woche
Hip-Hop für Erwachsene (Eimsbütteler Turnverband)
Life Style Tip
Offengelassene Lokusdeckel wirken einladender.
Konvertit der Woche
Johannes der Teufel
Rückantwort 1
Hi Volker! Hast so was von Recht – noch schlimmer, als ’ne Bude vollzuqualmen, ist ja wohl nur eins: dieselbe vollzugrübeln.
Rückantwort 2
Hallo Peter! Freut mich – und freut mich, von Dir zu hören! Da fällt mir doch siedendheiß ein, daß ich Dich in der „Morbus“-Danksagung unterschlagen habe. Immerhin stammt die Originalanekdote über die vertauschte Bildunterschrift von Dir – mindestens die! Außerdem warst Du mein Juser-Urvater. Auch, wenn’s siebzehneinhalb Jahre gedauert hat: danke! P.S.: Schon Heinz Strunk gelesen (s.u.)? Spielt auch im Hamburger Süderelberaum, allerdings mehr im Musiker- als im Schreiberlingsmilieu.
Rückantwort 3
Hallo Thomas! Einverstanden. Sehr einverstanden. Sehr einverstanden, hehe! Auch mit dem prima Wort No. 5.
Weitere Hochzeitstips der Woche
Kristin Otto und Otto Waalkes. Nancy Reagan und Karel Gott. Desirée Nick und Claudia Nolte. Anne-Sophie Mutter und Thomas Schaaf.
Prima Wort No. 6
Zeitfenster
Lektüretip der Woche
Heinz Strunk, Fleisch ist mein Gemüse: Tränen gelacht!
Dreizeiler der Woche
Es war mal ein Dandy aus Limerick Der wähnte sich Hauptmann von Köpenick Bis zum Schuß ins Ge- Päng!
Ins & Outs der Woche
Ins: Outs Outs: Ins & Outs der Woche
Vorschau
- Dreizeiler der Woche: Es war mal ein Wüstling aus Limerick… (Sozagen fast genau was Du denkst, Juser!) - to use wird eingedeutscht.
Eine erfolgreiche Wirtschaftswoche (oder was immer Du marx, Juser) wünscht
Schulz
8. November 2004
Kolk-Rabe No. 6 (Woche 46).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juser! Dabbelju bleibt, aber Harald Schmidt kommt zurück. Amen.
Wochenbericht Nachbarsfront befriedet. D.h., es war ja gar kein Krieg, sondern… Na, eins nach dem andern. Rückblende. Vorletzten Freitag, morgens, 8 Uhr 30… Nein, Moment. Rückrückblende. Juni des Jahres. Bin nicht (wie meine hedonistische Frau) in Urlaub gefahren, damit ich nach Wochen, ja Monaten anderweitiger Verpflichtungen endlich die entscheidenden Fortschritte mit dem dritten Roman tun kann. Habe mir Termine verkniffen, mich bei Freunden und Familienmitgliedern als verschollen gemeldet, Jobs und Nonjobs erledigt, stangenweise Zigaretten gekauft und drei Liter Tee gekocht. Feder gewetzt. Durchgeatmet. Und in dem Moment bricht in der Wohnung über unserer die Hölle los. Neue Nachbarn, die eine Grundsanierung vornehmen. Zu allem Überfluß machen sie einen netten Eindruck. Fast forward. Vorletzten Freitag, morgens, 8 Uhr 30. Nach Wochen, ja Monaten anderweitiger Verpflichtungen endlich wieder am Manuskript. Die Neuanfangsphase stets besonders heikel: Fühle mich wie ein Bombenentschärfer – oder wie ein Tresorknacker, der grad ans Ziel seiner Lebensträume zu gelangen wähnt, während es von fern schon tatütatutet. Und kurz bevor ich die Safekombination entschlüssele, bricht in der Wohnung über mir die Hölle los. Bzw. der Staubsauger, direkt auf dem blanken, im Juni frisch abgezogenen Holzfußboden, der ohnehin wie der reinste Resonanzboden wirkt – man hört Stecknadeln fallen, jeder Schritt ein Schlag auf eine Pauke. Verheerend, bei einem Tresorknacker mit einem Nervenkostüm wie dem eines überzüchteten Pudels. Vollgepumpt mit Adrenalin Agenda entworfen: autogenes Training, Nachbarn auf ein Weinchen (prima Wort No. 3) einladen, Arbeitswohnungssuche. Punkte 1 und 2 erfolgreich erledigt, Punkt 3 noch nicht. Deshalb erneut
Private Kleinanzeige
Autor (schlimmer Raucher) sucht absolut ruhige (möglichst Dachgeschoß) 1-Zi.-Whg. (Kü/WC/Du) in HH-Hoheluft, -Eimsbüttel, -Eppendorf o.ä., möglichst preiswert auf Dauer zu mieten. Gibt’s so was Märchenhaftes? Falls wider alle Hoffnung ja: Angebote bitte per „Kommentar“. Tausendundein Dank im voraus!
Anfangssatz der Woche
„1. Juli 2003. Auf der Suche nach Massenvernichtungswaffen fischen bei der Handgepäckkontrolle am Frankfurter Flughafen die Kontrolleure einen Nagelknipser aus meinem Koffer.“ (Klaus Modick, Zuckmayers Schatten. Vermonter Journal)
Zitat der Woche
„Drücken Sie im Standby-Betrieb die Taste Ein/Aus länger als eine Sekunde, jedoch weniger als zwei Sekunden.“ (aus der Bedienungsanleitung für den digitalen Anrufbeantworter AEG Drive Schumacher)
Dreizeiler der Woche
Im Fernseh läuft ’n Quiz. Blamiert sich wer? Gewiß. That’s it: Showbusineß.
Kneipengespräch der Woche
Saalo: „Ich nehme ein Pils.“ Dr. Kartoffel: „Ich auch, bitte.“ Ich: „Ein Wasser, bitte.“ Kneipenwirt: „Mit oder ohne…?“ Ich (in der Annahme, gemeint sei Kohlensäure): „Weil heute Freitag ist, mit.“ Kneipenwirt: „Mit Seife und Handtuch. Alles klar.“ (ab) Nach kurzer Vergewisserung untereinander: Nein, hatten wir alle so noch nicht gehört.
Rückantwort 1
Ahoi, Sönke! In der Tat sehr schöne Vornamen (außer Konkurrenz ganz weit vorn). Dazu fällt mir folgendes ein 1. In meiner Eigenschaft als Redakteur für Kundenzeitschriften hab ich oft mit sog. Konzerttips zu tun. Einmal galt es u.a. die Rockgruppe Toto und Helmut Lotti anzukündigen. Rate mal, wie meine Überschrift lautete. 2. Saalos Margot-Werner-Witz. „Wie heißen Sie, bitte?“ „Margot Werner.“ „Und mit Zunamen?“
Rückantwort 2
Hallo Thomas! Aber Puff Daddy heißt Puff Daddy und nicht Daddy Puff! (Außerdem nennt er sich doch inzwischen P. Diddy o.s.ä.) Da wär’s schon einleuchtender, wir verheirateten den poppigen Hiphopper in seinem bürgerlichen Namen – am besten mit einer der US-Präsidenten-Töchter. Dann könnte er sich immerhin Sean Combs-Bush nennen (= Sean kämmt Busch bzw. gar striegelt ihn). Blair-Millowitsch ist so übel nicht. Inge Niedeck-Wallach noch besser. Was hingegen so was von funzt, sind Ernst Kahl und Barbara Auer! Find’ ich jedenfalls, und ich bin ja schließlich die halbe Jury! (Wär’s, übrigens, wirklich „zu naheliegend“ gewesen, wär’s mir ja selber eingefallen!) Barbara und Ernst Kahl-Auer, ein Traumpaar in jeder An- und für und Hinsicht! Mein bisheriger Favorit für Platz 1! P.S.: Ja, schade, aber das geht nun mal einfach nicht mit einer Künstlerin von derart verstörend betörendem Charme. Was glaubst Du, weshalb ich für Willi Herren so lange nach Glen Close gesucht hab? (Verworfen: Dunja Rajter, Elizabeth Shue, Ralf bzw. Michael bzw. Tony Schumacher, Anna Loos, Helge Schneider etc.) P.P.S.: Fällt Dir evtl. eine Steigerung der Paarung Bruno Ganz und Thomas Doll ein? Ach, gäb’s doch einen Herrn Noch, dann könnte man ihn mit Dolly Dollar trauen!
Fortsetzungsroman
Bella ist outgesourcet (prima Wort No. 4). Ab sofort kannst, Juser, Du den Fortsetzungsroman Bella und das Büro des Grauens (1994, o.O.) von Norbert Eberlein und mir jeweils in einem Extrablock verfolgen, im Anschluß an den Kolk-Raben. Dort hast Du künftig stets parat, was bisher geschah.
Vorschau
- Dreizeiler der Woche: Es war mal ein Dandy aus Limerick… (Nicht was, Juser, Du denkst!) - Sonst noch was.
Eine ruhige Woche wünscht
Schulz
Und Dir, lieber Juser, was immer Du willst.
1. November 2004
Kolk-Rabe No. 5 (Woche 45).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juser!
Essay
Du kennst das: Zu Ende der Tagesthemen leitet Uli Wickert oder Anne Will zum Wetterbericht über. Die Wetterfee wird namentlich angekündigt. Dann Abspann, Schlußfanfare. Nach dem Umschnitt jedoch erscheint nicht die angekündigte Wetterfee, sondern zunächst einmal ein Mann in einem lustigen gelben Froschkostüm, stimmt’s? Mal kramt er seine Leiter vom Gepäckband eines Flughafens, mal macht er eine Arschbombe vom Zehner, jedesmal aber spricht eine Stimme aus dem Off die Worte Das Wetter wird Ihnen präsentiert von Yello Strom, und auf einer Tafel werden die Stichpunkte Gelb. Gut. Günstig. abgehakt. Erst dann tritt die Wetterfee auf. Sie begrüßt Dich, indem sie sich bedankt – allerdings keineswegs bei Yello Strom, sondern bei Uli Wickert oder Anne Will! Der lustige gelbe Frosch wird nonchalant übergangen, wenn nicht ostentativ ignoriert! Wie der letzte Penner! Journalistische Unabhängigkeit hin und her, aber findest Du nicht auch, Juser – das Mindestmaß an Höflichkeit sollte in einer sozialen Marktwirtschaft schon noch gewahrt bleiben, oder? Also, Wetterfee: Ab morgen abend bedankst Du Dich bitte artig bei dem lustigen gelben Wetterfrosch, okay-yyy? Sei froh, daß Du die Arschbombe nicht selber machen mußt. (Noch nicht.)
Zeitvertreib der Woche / Gewinnspiel
Hast auch Du, Juser, eine alberne Schwäche für alberne Namen – so wie ich (vgl. Clemens große Macke, siehe Kolk-Rabe No. 4)? War er nicht ein Highlight auch für Dich, jener ältere Stern-Artikel über Leute wie zum Beispiel die Familie Schweiß, die erst in der Kirche merkte, was sie ihrem Sohn antat, indem sie ihn auf den Namen Axel taufen ließ? Etc. pp. Soll ja auch längst entsprechende Websites geben. Übrigens hörte ich irgendwo und irgendwann von irgendwem mal folgenden Scherz: Falls die Tennisspielerin Martina Hingis je auf die Idee käme, Oliver Kahn zu heiraten, dann möge sie doch bitte, bitte den entsprechenden Doppelnamen beantragen. Ganz meiner Meinung. Letzte Woche träumten mein Weib und ich uns weitere Hochzeiten zusammen, zur Not halt bigamistische. Hier unsere Top 5: 1. Willi Herren und Glen Close 2. Esther Schweins und Carsten Speck 3. Jochen Senf und Diana Körner 4. Gaby Dohm und Dieter Pfaff 5. Bruno Ganz und Thomas Doll Zugegeben, im Vergleich zu Hingis-Kahn alle ein bißchen wohlfeil (mit Ausnahme von Platz 1, vielleicht). Wer wüßte bessere Paarungen? (Kombinationsmaterial z.B.: Auer, Bündchen, Geißen, Pflaume, Schlauch etc.) A- bis C-Promis müßten’s schon sein. So was wie Christian Ziege und Der Blaue Bock gildet aber nicht. Außerdem sollte das junge Glück noch halbwegs am Leben sein und einigermaßen zusammenpassen. Und wehe, es vergreift sich jemand an der wundervollen Martina Gedeck! Der schönste Vorschlag (zu tätigen per Kommentar-Funktion) wird von einer Fachjury ausgewählt, bestehend aus meinem Weib und mir; der Gewinner im Jubiläums-Kolk-Raben (No. 10) bekanntgegeben. Der Rechtsweg ist rigoros ausgeschlossen. Mitarbeiter/innen des Zweitausendeins-Verlags und ihre Angehörigen dürfen unbedingt mitmachen. Was es zu gewinnen gibt, weiß ich noch nicht (VB).
TV-Kritik der Woche
Big Boss (Dienstags 20.15 Uhr, RTL, mit Rainer Calmund): Spitze! Ein Haufen Jungmanager, die wie aufgescheuchte Schimpansen in Ffm herumlaufen und zu doof zum Würstchenein- geschweige -verkaufen sind (Bilanz: minus achtfuffzich!!), und ein analoger Haufen Hühner, die sich zum selben Zweck von jedem in der Fußgängerzone hergelaufenen Fußgänger abknutschen lassen – da soll sich das Dschungelcamp mal irgendwas von abschneiden!
Meldung der Woche
„LOS ANGELES. Film-Beau Hugh Grant (44) hat Kollegin Julia Roberts (36) in der US-Talkshow von Oprah Winfrey als ,sehr großmäulig’ beschrieben. Mit einem Grinsen fügte er hinzu, das ,wörtlich und körperlich’ zu meinen. ,Ihr Mund ist sehr groß. Als ich sie küsste, bemerkte ich sogar ein schwaches Echo.’“ (Hamburger Morgenpost von Mittwoch)
Nachtrag zum Wort der Woche im Kolk-Raben No. 2
Die „Klempnerfalte“ ist Juser Axel Winzer auch unter dem Begriff „Maurerdekolleté“ bekannt (durchaus noch zwei, drei Nuancen eleganter, oder?).
Private Kleinanzeige
Von Nachbarn etc. entnervter Autor (derber Raucher) sucht absolut ruhige 1-Zi.-Whg. (HH-Hoheluft, -Eimsbüttel, -Eppendorf o.ä.), möglichst Dachgeschoß, damit ihm niemand auf dem Kopf herumtrampeln kann; möglichst preiswert; auf Zeit (vorerst 1 Jahr) oder auch auf Dauer. Gibt’s so was Märchenhaftes? Falls wider alle Hoffnung ja: Angebote bitte per „Kommentar“. Tausendundein Dank im voraus!
Fortsetzungsroman
Bella und das Büro des Grauens, Folge 5 (FS)
acht Stunden pro Tag hart repräsentieren und, wenn sich denn mal jemand von ihren asexuellen Kollegen ins Busen-Büro verirrte, mehrfach tief einatmen müssen. Was für sie „beileibe“ (Formulierung: Dr. Porschmann) kein Problem war, aber doch ein bißchen ihre „melonenförmige Intelligenz“ (Formulierung: Herr Pfui) kränkte. Freilich, nachdem sie sich erst mal vom 5S über die 3Ei bis zum 2B hochgeatmet hatte (diese und ff. Abkürzungen siehe Abkürzungsglossar im Kolk-Raben No. 1), konnte sie sich vorläufig auf ihrem „GeiDiHi“ ausruhen (Formulierung: Dr. Porschmann). Aber in der 4A war’s einfach anspruchsvoller. Herr Pfui bat sie zwischen den Kreuzworträtseln zum Diktat auf den DMF, ihr AS nahm es auf, und Bodo stenographierte es noch mal sauber ab. Gg. Gewesen. BiLuka. Die dumme Pute! Verbittert zurrte Bella ihren Straps und verließ die DUK. Aber übermorgen war Weihnachtsfeier, und da würde Bella (Fortsetzung folgt)
Vorschau
auf den Kolk-Raben No. 6
- Bella und das Büro des Grauens, Folge 6 (NE): mit dem Vortrag ihres Monumental-Poems „Geist!“ für RüBe sorgen… - ein paar tausend weitere Anschläge (bzw., wie’s ja PC heißt: Zeichen).
Eine (arsch)bombige Woche wünscht
Schulz
25. Oktober 2004
Kolk-Rabe No. 4 (Woche 44).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juser! Wie geht’s, wie steht’s, wie hunzt’s und funzt’s?
Wochenbericht
Habe meinen Jahresurlaub in einem Fünf-Sterne-Hotel am Timmendorfer Strand verbracht. Von Montag- bis Mittwochmittag (Geschenk eines großzügigen Freundes). An der Landseite eingecheckt, dann per Fahrstuhl bis Zimmer No. 920 und dann – wow! – der Panoramablick auf die Lübecker Bucht. Allerdings: Rückte ich den Lesesessel so, daß ich beim Sinnieren in Lektürepausen diesen Blick genießen konnte, kam das Licht von vorn und störte bei der Lektüre. Drehte ich den Sessel um, konnte ich den Blick nicht mehr genießen. Da hätten die sich doch mal was einfallen lassen können – bei einer Logismiete von 140 € pro Übernachtung (inkl. Halbpension). Denn: „Mensch verträgt viel Genuß“ (siehe unten). (Apropos: So viele Eightysomethings wie beim abendlichen Sechs-Gänge-Menü hab ich nicht mehr auf einem Haufen gesehn, seit ich mit Fanny Müller im Ohnsorg-Theater war.)
Referat des Referats des Referats der Woche
„Sicher: Mensch verträgt viel Genuß“, so sagst Du, Juser, fragst Dich aber, was das soll? „Warte, bis ich es Dir erzähle“, wie der geschwätzige Anmerker in Roger Boylans „Killoyle“ sagen würde. Kennst Du, Juser, Clemens große Macke? Doch, so heißt er und den gibt es. Es ist Dein CDU/MdL von Cloppenburg (vgl. www.clemens-grosse-macke.de). Heino Jaeger ist tot, Clemens große Macke aber lebt. Am Montag führte das Stader Tageblatt den Beweis: Clemens große Macke referierte vor Harsefelder Landfrauen lautet nämlich die Unterzeile zur Überschrift Mensch verträgt viel Genuss. So viel schon mal vorab: Nach der Lektüre des Artikels fragt man sich, wer da eigentlich wen unter den Schreibtisch gesoffen hat – Clemens große Macke den Kollegen Journalist oder umgekehrt. Denn wieso Mensch viel Genuß ausgetrieben werden soll, wenn er es doch verträgt, bleibt offen. „Die Menschen wollen auffallen“, sagt Clemens große Macke. „Um jeden Preis.“ Die Urlaubsreise müsse weiter gehen als die des Nachbarn, das Auto müsse nobler sein, die Klamotten teurer. „Wie viel Genuss verträgt der Mensch?“ Das fragte der Landwirt, Landtagsabgeordnete, Dozent und LEB-Geschäftsführer (LEB = Ländliche Erwachsenenbildung e.V.; FS) jetzt während eines Frühstücks der Harsefelder Landfrauen in der Festhalle Ahrensmoor. Siehe da: Nach Einschätzung des Referenten vertragen die Menschen sehr viel Genuss. Die meisten beschränken sich auf materielle Werte. „Es sind arme Geschöpfe… Viele müssen lernen, das Lachen wieder in die Herzen zu zaubern“, so große Macke. Nun, der erste Schritt ist ja getan. Doch Scherz beiseite: Nach einer statistischen Studie setzt sich das Leben der Menschen heute zu zehn Prozent aus Leistung, zu 30 Prozent aus Bemühungen um das eigene Image und zu 60 Prozent aus dem Bemühen, unbedingt aufzufallen, zusammen. Gell, das hättest Du nicht gedacht, Pauerjuser? Daß Dein Leben nur zu 10 Prozent aus Pauerjusen besteht, aber zu 90 Prozent aus Angeberei? Na, ab Hartz IV wird sich das Verhältnis umkehren… Denn schließlich müsse erkannt werden, dass Genuss nicht nur etwas Materielles ist. Leider bleibe dabei auch das Ehrenamt vielfach auf der Strecke… „Wenn sich niemand mehr engagiert, dann gehen über kurz oder lang die Lichter in unseren Dörfern aus.“ Denn AKWe arbeiten bekanntlich ehrenamtlich. Na, zum Glück gibt’s ja Leuchten vom Schlage große Macke.
Schlagzeile der Woche
Fidel Castro gestürzt – diese headline knallt einem die AOL-homepage am Donnerstagvormittag vor’n Latz. Natürlich schießt einem ein verblüfftes „Von wem“ durch den Kopf, aber dann – ja klar, nur über ’ne Stufe gestolpert. Darf dem Redakteur wenigstens (wenn auch allzu naheliegender) Witz unterstellt werden? Die Antwort (nein) am Nachmittag. (Offenbar hat er „was“ gemerkt und die Schlagzeile redigiert: Trotz Sturz: Fidel fidel.)
Politisches Gedicht der Woche
Rhapsodie in Schill O Barnabas, ach Barnabas… W’rum willst du uns verlassen! Wohin mit uns’rem deutschen Paß? Mit Frust, Verdruß und Aderlaß? Mit Penner-, Junkie-, Zeckenhaß? Wer soll die Eierdiebe schassen…? Die Elbe grau, die Alster fad… Weshalb bloß spielst du nicht mehr mit? Wir schmachten nach ’nem Attentat von dir auf den von-Beust-Senat! Nur einmal noch, o Hanseat, greif der Justitia in den Schritt! An jeder Ampel Trauer, Schmerz: Du schenktest uns den grünen Pfeil… Tagtäglich trifft er uns ins Herz wie Brutus Cäsar (Iden, März). Doch dennoch fahr’n (statt himmelwärts) bei Rot rechts ab wir! Sieg! Sieg Pfeil! Bleib, Richter Gnadenlos! Schill heil! Ach Quatsch. Zisch ab. War bloß ’n Scherz.
Plattenkritik der Woche
Tom Waits, Real Gone: furchtbar (Tracks 1, 4, 7, 9, 12, 13 und 16) und wunderbar (Tracks 2, 3, 5, 6, 8, 10, 11, 14 und 15); aufgerundet: wunderbar.
Astro-Info für Girls
Skorpion (23.10.–22.11.) GV mit Skorpion? Niemals! Nie! Nimmer! Bloß nicht! Keinesfalls! Sein Stachel sticht noch tiefer als ein Degen (vulgo kratzt im Hals)!
Fortsetzungsroman
Bella und das Büro des Grauens, Folge 4 (NE)
Seit Lulu, die dralle Extrem-Erotikerin, der Abteilung angehörte und die Kollegen mit Fußmassagen verwöhnte, konnte sich Bella mit ihren interessanten Gesprächsansätzen immer seltener verwirklichen. Statt dessen mußte der Büro-Stenograph Bodo einen vermehrten „O“- und „Ei“-Ausstoß protokollieren. Eine beunruhigende Entwicklung, wie Bella befand. Sie beendete ihre Inhalation, erhob sich, wickelte das großflächige Handtuch fest um sich und stolzierte erhaben in die Dienst-Umkleidekabine (DUK), wo sie sofort die Briefmarke von ihrer Schulter löste. Ein typischer Dr. Porschmann-Scherz. Eigentlich gefiel es ihr in der Aktiven-Arbeitskraft-Auffang-Abteilung (4A), besser jedenfalls als im 2B. Dort hatte sie zwei Jahre lang (Fortsetzung folgt)
Vorschau
auf den Kolk-Raben No. 5
- Bella und das Büro des Grauens, Folge 5 (FS): acht Stunden pro Tag hart repräsentieren und, wenn sich denn mal jemand von ihren asexuellen Kollegen ins Busen-Büro verirrte… - Essay zum Thema Wickerts Wetterfee versus Werbewirtschaft
Eine genußvolle Woche wünscht
Schulz
18. Oktober 2004
Kolk-Rabe No. 3 (Woche 43).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juser! Letzte Woche habe ich Dir voreilig eine funzende Woche 43 gewünscht. Das wünsche ich Dir immer noch, zusätzlich aber, eine funzende Woche 42 gehabt zu haben. (Finde ich übrigens famos, diesen „Wünsche,-xyz-gehabt-zu-haben“-Wunsch; insbesondere dann, wenn er mit jenem Hallihallo-Aplomb des eingefleischten Bürohengstes vorgetragen wird. Vergeht einem doch von vornherein die Lust zur Gegendarstellung, stimmt’s? Und schon haben beide was davon.)
Wochenbericht
Der Fernseh ist wieder heil. War laut Herrn Bernhard von „Fernseh Bernhard“ ein „Raucherproblem“: Eine Art Filmstreifen (sic!) hinter den Tasten war derart mit Nikotinspuren oder was belegt, daß der Apparat eigenmächtig am Zappen anfing. Ja, er schaltete sich (falls ausnahmsweise mal im Standby-Modus ausgeschaltet) sogar selbsttätig ein – auch und gerade gegen meinen Willen! Was lernen wir daraus? Rauchen fügt Ihnen und den Menschen und Fernsehgeräten in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu. Lieblingskugelschreiber in der Reparatur. Defekte Kaffee- und Waschmaschine gegen fabrikneue ausgetauscht (./. €€€!!!). Muß nur noch ein funzender Anrufaufzeichner her. Das heißt, auf den alten traf die eigentlich unzutreffende Bezeichnung „Anrufbeantworter“ ja tatsächlich zu: Der pflegte nämlich so manchen Anruf mit den Worten „Vielen Dank für Ihren Anruf!“ zu beantworten. Klingt höflicher, als es war, weil er dem Anrufer ggfs. ins Wort fiel. Und gegeben war dieser Fall innerhalb einer Frist nach seinem, des Anrufbeantworters, Gutdünken. Ja, es muß ein neuer her, aber: Was wird dem dann einfallen? „Sind Sie fertig?“? „Schämen Sie sich!“? „Du mich auch!“? Glossen über Allergien gegen die moderne Elektronik sind abgedroschen, ich weiß. Aber ich kann nicht anders. Vielleicht hat ja die Elektronik eine Schulzallergie? Ich besaß einst einen Videorekorder, der es überhaupt nicht schätzte, wenn ich ihn auf Filme programmierte, die über die magische Grenze von 2 Uhr hinaus liefen. In dem Fall blieb er um Punkt 4 Uhr stehen und arbeitete erst wieder, wenn man ihn vom Netz nahm und frisch programmierte. Mein vorletztes Telefon machte sich ab und zu einen Jux daraus, mich abzuhören – ohne mein Einverständnis (oder auch nur Wissen): Anrufer konnten mich manchmal in der Wohnung trappeln, trödeln und sonstwas treiben hören, ohne daß ich abgenommen hatte. (Es hatte kein Klingelzeichen gegeben.) Ferner habe ich mal ein Übersetzungscomputerchen geschenkt bekommen (Deutsch–Englisch, –Französisch, –Griechisch etc.), das plötzlich ohne Unterlaß greinte wie ein Tamagotchi. Ich kriegte und kriegte es nicht mundtot, weder durch Erschlagen noch durch Ersticken. Ich ertränkte es. Der Todeskampf dauerte gut fünf Minuten. Noch stundenlang hallte das Gewinsel aus dem Spülbecken in meinen Ohren nach.
Interview der Woche
Das, welches Julia Winkenbach für die WAMS mit Kater-Forscher Wilhelm Flitsch, 80, Emeritus des Organisch-Chemischen Instituts der Universität Münster, führte (Winkenbach: Manchmal ist vorher klar, dass es viel wird. Kann vorgebeugt werden? Flitsch: Gegen drohende Kopfschmerzen habe ich meine eigene Taktik. Ich trage beim Trinken ein Stirnband und halte den Hinterkopf warm. Das regt die Durchblutung an und verhindert, dass der Alkohol die Blutgefäße verengt. Denn das verursacht die Kopfschmerzen.) Ist das nicht eine wundervolle Utopie: Kneipen voller Gäste mit Stirnbändern und Pelzkäppis? Vielleicht könnte man sogar eine Kombi entwerfen. Aufgerufen seien Winz-, Brenn- und Brauereien, ihre Market- und Merchandising-Abteilungen mit entsprechender Modeschöpfung zu beauftragen! Die Wirtschaften sollten damit ausgestattet werden, und sobald ein Gast das vierte, fünfte Glas Alkohol bestellt, könnte dazu servicemäßig eine solche chice Kreation gereicht werden. Hätte auch zwischenmenschlich positive Effekte: Es bräuchte von vornherein nicht mehr so ganz ernst genommen werden, was der Träger eines Bier-Bowlers oder Rotspon-Ballons, Korn-Nordosters oder Bembl-Baretts so von sich gibt. Dabei fällt mir ein, wie ich einmal nicht mal mehr das Fahrrad bemeisterte. Ich ließ es vor der „Glocke“ stehen und ging zu Fuß. Nun hatte ich den Fahrradhelm zwar auf-, wegen des komplizierten Kinnriemenverschlusses aber nicht mehr abgesetzt gekriegt. In den Blicken der nächtlichen Passanten, die meinen Baum-Ampel-Laternenmast-Slalom verfolgten, meinte ich außer Mitleid auch etwas wie Hochachtung vor meiner Umsicht zu lesen. Falls Hopfen und Malz gänzlich verloren:
Gehirnverpackungstips der Woche
Entdeckt von Projektbüro Chromow (www.projektbuero.de) und hiermit brühwarm weitergereicht: http://www.nybb.hs.columbia.edu/pathologist.htm
Dreizeiler der Woche
Absinth, Absinth Du treibst uns blind ins Labyrinth
Plattenkritik der Woche
Joss Stone, Mind, Body & Soul. Supi!
TV-Kritik der Woche
Deich TV (Sat.1). Scheiße³.
Rückantwort
Lieber Volker (resp. „Antibloggiersystem“)! Eigentlich wollte ich die Astro-Info für Boys erst nach der zwölften Astro-Info für Girls bringen, aber wenn Du schon danach fragst…
Astro-Info für Boys(komplett)
Muschi (18.10.–17.10.) Borr geil, dorr; alter Schwede, stark! Lechz, hechel, röchel, sabber… Arrrrrrggh!
Fortsetzungsroman
Bella und das Büro des Grauens, Folge 3 (FS)
„Ein ‚O’? Ei, ei, ei…“ Dr. Porschmann recherchierte in seinem Wortschatz, daß es nur so klimperte. Postschaffner Pfui hockte auf seinen vier Buchstaben, seine lange Nase tief zwischen seinen kurzen Beinen versenkt, wo auf seinem Dienst-Meditations-Futon sein Rätsel fixiert war. ,Seinem, seinen, seine, sein’, dachte Bella, unter ihrem Handtuch nur mit einer Willy-Brandt-Sondermarke bekleidet, ,schreckliches Deutsch’, vernahm die ,O’- und ,Ei’-Laute und wurde eifersüchtig. (Fortsetzung folgt)
Vorschau
auf den Kolk-Raben No. 4
- Bella und das Büro des Grauens, Folge 4 (NE): Seit Lulu, die dralle Extrem-Erotikerin, der Abteilung angehörte… - Astro-Info für Girls (Skorpion)
Eine funzende Woche gehabt sowie haben zu haben (siehe oben) wünscht (siehe unten)
Schulz
11. Oktober 2004
Kolk-Rabe No. 2 (Woche 42).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juser! Im Intro zur Premiere der Zweitausendeins-Writersblogs heißt es: Weil Mathias Bröckers und ich „zwischen zwei Werken etwas mitzuteilen“ hätten, „was keinen Aufschub duldet“, schrieben wir künftig „über alles“, was uns „am Herzen liegt oder unter den Nägeln brennt“. Was mich betrifft, so ist mir – das möchte ich vorsichtshalber klarstellen – diese Einsatzweste zwei bis drei Nummern zu weit. Ich habe eigentlich zwischen zwei Werken nichts mitzuteilen, das nicht durchaus Aufschub duldete. Ich werde zwar künftig im Writersblog trotzdem über einiges schreiben. Das wenigste davon dürfte allerdings zu dem zählen, was mir auf den Nägeln brennt. Am Herzen immerhin wird’s mir liegen. Jawohl, Juser: Bitte verstehe den Kolk-Raben als flüchtiges, aber als Magazin mit Herz.
Wochenbericht
Wie funzte die vergangene Woche, Juser? Bei mir „mittelprächtig“ (prima Wort No. 1): Innerhalb von fünf Tagen gingen Anrufaufzeichner, Fernseher, Lieblingskugelschreiber, Kaffee- und Waschmaschine in Dutt. Dafür habe ich beim wöchentlichen Tischtennis (Do.) gar keine so üble Figur gemacht (im Einzel gegen The Animal mit 1:3 Sätzen verloren, zwei davon 9:11!) und deshalb beschlossen, mich künftig Old Shatterhand zu nennen. Steelnerve und Master of Return gaben ihr O.K. Apropos O.K.…
Essay: O.K:, Teil 2
Zugegeben: Letztlich war der 1. Teil des O.K.-Essays ja als Manöver gedacht, um qua Abkürzungsaspekt auf Norbert Eberleins (NE) und meinen (FS) Fortsetzungsroman Bella und das Büro des Grauens hinzuführen (siehe weiter unten). Axel Winzer aber ließ sich davon nicht ablenken, sondern machte auf Gert Raeithels Geschichte der nordamerikanischen Kultur, Band 2, Seite 406, aufmerksam („o.k. kommt von einem falsch geschriebenen oll korrekt“). Desgleichen trug Christian Philipp Interessantes bei, „Merkblätterer“ einen Link zu weiteren skurrilen O.K.-Theorien (siehe entsprechende Kommentare) und Gerd Haffmans den Hinweis, daß im Raben-Kalender 2005 unterm 18. Juni folgendes Zitat (von Melvyn Bragg in der „Sunday Times“) vermerkt sein wird: Okay ist das meistgebrauchte Wort der Welt. Es gibt viele mythologische Erklärungen: Bei den Indianern bedeutet „okeh“: Es ist so. In Liberia gibt es „oke“ und in Burma „hoakeh“ und kam mit den Kolonialherren über den Ozean. In der „Boston Morning Post“ tauchte im März 1839 zum ersten Mal „okay“ für „all correct“ auf. 1939 hatte die Londoner „Times“ eine andere Erklärung: Alle Gesetze wurden im Oberhaus von Lord Onslow und Kilbracken O.K. abgezeichnet. Die Finnen reklamieren, es käme von „oikea“, die Schotten, von „och aye“, und die Franzosen meinen, das hätten die Matrosen erfunden, die den Mädchen „aux quais“ nachlaufen. Allen danke sehr. Folgenden Senf möchte nun ich noch beisteuern. Seit schätzungsweise einem Jahr, wenn nicht noch länger, grassiert ja eine Nutzung des „O.K.“, die es in seiner angloamerikanischen Intonation aufgreift: Der Sprecher setzt die erste Silbe mit der tiefsten Note seiner Sprechmelodie und die zweite zunächst mit der gleichen, zieht diese dann aber zum Abschluß in einem Bogen hoch zur höchsten Note seiner Sprechmelodie, wie zu Ende eines Fragesatzes. Beispiel: Sprecher 1: „Die Erde ist ist eine Scheibe.“ Sprecher 2: „Okay-y?“ Sprecher 2 signalisiert damit provisorische Akzeptanz, die Aufforderung weiterzusprechen u.v.m. Das hat u.v.a. etwas menschelnd McKinsey- und Kommunikationsseminarhaftes, oder? Warum erzähl ich das? Um Günther Willen zu zitieren: „Die ,Nicht-wirklich’-Sager gehen mir auf die Nerven, aber nicht wirklich.“ Warum auch immer, die Bedeutung des O.K. hat sich offenbar erweitert. Es bedeutet nicht mehr nur „in Ordnung“, „stimmt“, „leck mich“ etc. ¬– sondern darüber hinaus „was Sie nicht sagen“, „aha“, „ach was“ (Loriot).
Buchkritik der Woche
Stefan Klein, Alles Zufall. Die Kraft, die unser Leben bestimmt. Sehr gut!
Wort der Woche
Klempnerfalte (für „Steiß bei Hip-Hop-Hosen-Trägern“, aufgeschnappt bei Gerd Henschel)
Neologismus der Woche (samt Erklärung)
„Flamengo“ (Steelnerve): „spanischer Tanz auf einem Bein“ (Master of Return)
Rückantworten (= prima Wort No. 2)
Hallo, Herr Gerloff! Kleinteiligere Einträge – ich glaub, das geht nicht, wegen der Kreuz-und-quer-Verweise, wissen Sie? Auch der Webmaster (ich bin ja kein richtiger Juser) meinte dies. Hallo, SonTyp! Danke! P.S.: Doch. Aber ich hab’s nicht rausgerückt ;-)
Fortsetzungsroman
Bella und das Büro des Grauens, Folge 2 (NE)
Bella kauerte jedoch schon wieder sowohl unter einem Handtuch als auch über Kamilledämpfen. Sie inhalierte inbrünstig. So war es wieder mal Dr. Porschmann, der in seiner Eigenschaft als Sekretariatsassistent das drohende Kommunikationsfiasko im letzten Moment abwendete, indem er in dem nasalen Tonfall des aufstrebenden Akademikers fragte: „Was ist denn?“ „Urlaub mit sechs Buchstaben, der vorletzte ist ein ,O’…?“ (Fortsetzung folgt)
Vorschau
auf den Kolk-Raben No. 3
Bella und das Büro des Grauens, Folge 3 (FS). „Ein ,O’? Ei, ei, ei…“ Dr. Porschmann recherchierte in seinem Wortschatz, daß es nur so klimperte… Dinge, die mir am Herzen liegen (oder über Leber, Zwerchfell etc. laufen), und/oder die ich mir unter den Nagel reiße, jedoch nicht unbedingt auf demselben brennen (vgl. Editorial).
Eine funzende Woche 43 wünscht
Schulz
4. Oktober 2004
Kolk-Rabe No. 1 (Woche 41).
Das flüchtige Online-Magazin Editorial
Hallo, Juser, herzlich willkommen! So, mal sehen, ob das funktioniert – beziehungsweise funzt, wie's im Juserjargon heißt (sagt jedenfalls Juser Saalo, mein Freund und Teilzeitchef). Denn immerhin ist der Kolkrabe (corvus corax) laut meinem „Großen Bilderlexikon der Vögel“ (1965) ein „großer und stattlicher“. Und den zum Titeltier eines mickrigen Magazins zu erwählen, einer Mischung aus Möchtegernsudelblättern, WIMS und Weekly Soap o.s.ä. – ist das nicht ein Zeichen für die Hybris des Menschen? Oder ist es vielmehr ein Zeichen für die Hybris des Menschen, solche Fragen zu stellen? Oder gar, eine Antwort darauf zu erwarten? Ist nicht am Ende aber auch schier alles ein Zeichen für die Hybris des Menschen? Oder im Gegenteil überhaupt nichts? An dieser Stelle werde ich weder Zeit noch Raum genug übrighaben (noch Strom, Anlaß, Grips, Nerven und cojones), mich mit solchen Gretchenfragen zu beschäftigen. Mal muß ja auch Schluß sein.
Wochenbericht
Wie funzte die vergangene Woche, Juser? Bei mir so weit O.K. Apropos O.K.…
Essay
Wofür stehen diese Initialen eigentlich? K.o. z.B. ist die Abkürzung von Knockout. Welches Wort aber kürzt O.K. ab? Ich weiß, „okay“. O.K., aber ist „okay“ nicht wiederum nur Initialwort aus den Buchstaben O und K, die nämlich jeweils für was stehen? Keine Ahnung. Schlug im englisch-deutschen und dann im englisch-englischen, im Rechtschreib- und -Fremd-, ja schließlich gar im Dummdeutsch-Wörterbuch nach, in Knaurs Jugend- (1953) und Wittes Schülerlexikon (1954) sowie in Dr. Kartoffel erklärt uns die Welt – vergeblich. Wahrscheinlich hätte ich mal in einem englischsprachigen Etymologielexikon nachschlagen sollen, besitze aber keines. Und auch als ich in Raoul Tranchirers vielseitigem großem Ratschläger für alle Fälle der Welt blätterte, fehlte das Stichwort „O.K.“ zwischen den Stichwörtern „Ohrtrompete“ und „Onanie“, und daraufhin fiel mir Ludger Lütkehaus’ literatursoziologische Untersuchung „O Wollust, o Hölle“. Die Onanie – Stationen einer Inquisition ein (die ich, im Gegensatz zu einem englischen Etymologielexikon, zu meiner Selbstschande besitze), und ich blätterte darin und stieß auf Zitate wie „Ja, es ist generell nicht zuviel behauptet, daß das Onanie-Thema zentral sowohl für das Werk wie die Biographie Nietzsches ist“; fand Synonyme wie „Selbstbegattung“, „Ipsation“ und „heimliches Gemach“ und las das Schlußwort von Freuds Schlußworts der Onanie-Diskussion: „Doch ich denke, wir brechen hier ab. Wir sind ja alle in dem Urteil einig, daß das Thema der Onanie schier unerschöpflich ist.“ O.K.
Fortsetzungsroman
Was O.K. abkürzt, kann ich also immer noch nicht sagen, wohl aber, was zum Beispiel DiKoNi abkürzt. Bitte nimm, Juser, folgendes Abkürzungsglossar zur Kenntnis – wozu, erkläre ich weiter unten.
Abkürzungsabteilung: | | Abkürzungsabteilung | AKT: | | Anti-Kalauer-Tampon | Alo: | | Arschloch | AS: | | Assistenzsekretär | BiLuka: | | bis Lulu kam | CIÄ: | | Conföderative intelligente Ästhetikfeuerwehr | Dawü-i-a: | | Das wüßte ich aber | DBDDHKP: | | Doof bleibt doof da helfen keine Pillen | DBT: | | Dienstbrieftaube | DF: | | Dienstförster | DiKoNi: | | Dienstkochnische | Displex: | | disparater Fragenkomplex | DMF: | | Dienstmeditationsfuton | 3Ei: | | eigenartig eilige Eilpost | DUK: | | Dienstumkleidekabine | DVU: | | Dienstliche Volksurologie | 5S: | | Semiprofessioneller Super-Sonderstempel-Service | GeiDiHi: | | geiler Diensthintern | gg: | | ganz gemütlich | Ko-glei: | | Komme gleich | Lusch, lusch: | | Lud, schoß, lud, schoß… | NVA: | | Niederer Verbal-Aggressor | PMPDF: | | Paramilitärisch-polizeiliche Dienstförsterei | PVC: | | Prosa-Visualisierungs-Chapeauclaque | RüBe: | | Rührung & Betroffenheit | 4A: | | Aktive Arbeitskraft-Auffang-Abteilung | ZAR: | | Zoten-Abwehrrakete | 2B: | | Busen-Büro |
Unvorsichtigerweise lassen mir meine Auftraggeber freie Hand bei der Gestaltung des Kolk-Raben. Auf so eine Gelegenheit habe ich nur gewartet. Nun kann endlich jenes Experiment zur Publikation gelangen, das zehn Jahre zuvor so furios mißlang: eine literarische Kooperation zwischen Norbert Eberlein („Seidenmatt“. Liebesroman, Haffmans, Zürich 1990) und mir (worin die obigen Abkürzungen vorkommen und der wir später den Titel Bella und das Büro des Grauens gaben). Wir hatten folgende hochprozentige, zugegebenermaßen nicht ganz neue Schnapsidee entwickelt: Einer schickt dem anderen ein paar Zeilen (wofür jeweils nur ein paar Minuten aufgewendet werden sollen), und der andere spinnt sie weiter und schickt sie wieder dem einen, und dann spinnt wieder der und schickt’s dem andern. Und zwar per Post, frankiert mit Sondermarke, falls zur Hand – es sollte uns dies müßige Treiben wenn nicht sinnliches Ergötzen bereiten, geschweige geistige Fortentwicklung, dann wenigstens philatelistisches Vergnügen. (Dieses bleibt Dir, Juser, nun leider versagt.) Noch im Katerzustand schickte ich Norbert Ende Juni 1994 folgenden Text:
Es war eine dunkle und stürmische Nacht, Ende Juni, in Hamburg, City-Nord. Der Postschaffner Lui Pfui wandte sich an seine Sekretärin und flüsterte: „Mein Gott…“ (Fortsetzung folgt)
Nostalgie
Kreation aus der Kowalski selig (Reminiszenz von Saalo, copyright Saalo oder Hans „Dr. Kartoffel“ Kantereit oder Saalo und Hans „Dr. Kartoffel“ Kantereit): „Du kannst ausziehen, was du willst, mir steht einfach alles.”
Plattenkritik der Woche
The Veils, The Runaway Found. Prima. Ganz gut.
Schachzug der Woche
La1xDh8!!
Zitat der Woche
„Die Wespe ist die Arschgeige der Lüfte.“ Wiglaf Droste in Häuptling eigener Herd
Astro-Info für Girls
Waage (23.9.-22.10.) Die waage schätzt Fellatio, bumst selber nur mit Ratio auf der Roßhaar-Matratzio und wartet auf Laudatio
Vorschau
auf den Kolk-Raben No. 2
O.K., Teil 2. „Okay-yy…?“
Norberts Antwort. „Bella kauerte jedoch schon wieder sowohl unter einem Handtuch also auch über Kamilledämpfen…“
Eine funzende Woche wünscht
Schulz
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