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Die Gera

Die Entwicklung Erfurts ist wesentlich von dem kleinen Fluss, den wir heute Gera nennen, beeinflusst worden. Er ermöglichte das Leben, war Grundlage für die Fruchtbarkeit der die Stadt umgebenden Äcker und Wiesen und hat letztlich auch die Struktur und das Aussehen der Stadt maßgeblich bestimmt.

Der Flußname wird in alten Urkunden als "Geraha" (1108 Gerahe) bezeichnet und kann auf die
germanischen Wörter gereren = gießen (in der Bedeutung von ungestüm herabfließen) oder
geraga, geran, geriger = gierig, begierig sowie der Endung -aha = Wasser, Wasserlauf zurück-
geführt werden und bedeutet soviel wie "gieriges, ungestüm fließendes Wasser".

Die Quellen der Gera liegen im Gebiet des Schneekopfes bei Geraberg im Thüringer Wald. Sie fließt von dort nach Norden und mündet nach etwa 45 Kilometer bei Gebesee in die Unstrut. Etwa auf halbem Wege trifft sie auf unsere Stadt.

Bei Hochheim tritt die Gera in das südliche Stadtgebiet ein und fließt in einem großem Bogen östlich am Domhügel und um den Petersberg herum, um in der Andreasvorstadt Erfurt in nördlicher Richtung wieder zu verlassen.

In dem flachen Gelände des Gerabogens, wo sich die Fließgeschwindigkeit naturgemäß verringerte, befand sich ein Übergang, eine Furt, die für das Entstehen und Werden Erfurts, 742 erstmals als Erphesfurt urkundlich erwähnt, entscheidende Bedeutung erlangte. Diese Furt war Bestandteil der von Paris bis Kiew verlaufenden mittelalterlichen Via Regia, auch Hohe Straße oder Königsstraße bezeichnet, welche bereits 768 erstmals urkundlich nachweisbar ist. Alle Händler und alle Reisende, die diesen wichtigen Handesweg nutzten und Erfurt passierten, mussten die Furt durch die Gera nutzen. Diese Furt wurde somit das Zentrum einer Siedlung, die schließlich zur Stadt wurde und ihr auch ihren Namen gab.

Bevor nun die Gera in das Weichbild der Stadt trat, durchfloss sie eine sumpfige Niederung und zergliederte sich in viele kleine Wasserarme unterhalb des Petersberges, ein Gebiet das wir heute als Brühl bezeichnen.

Am Verlauf vieler Straßen, so der Neuwerkstraße, der Johannesstraße und des Angers, können wir noch heute den Verlauf der Gera nachvollziehen. Damit ist auch klar, dass die Struktur der Stadt maßgeblich von dem sie durchziehenden Fluß geprägt wurde.

Auch die mittelalterliche Stadtbefestigung folgte in weiten Teilen nicht nur dem Verlauf der Gera, sondern nutzte den Fluss direkt oder indirekt zur Erhöhung der Wehrfestigkeit der Stadt. So folgt der heutige Juri-Gagarin-Ring zwischen Lutherstraße und dem Huttenplatz dem ehemaligen Bett der Wilden Gera vor dem inneren Mauerring. Der äußere Mauerring ist heute noch am Verlauf des Flutgrabens im Bereich der Straße des Friedens, der Schillerstraße bis zur Stauffenbergallee nachzuvollziehen.

Die Wasserführung im Stadtgebiet unterliegt schon immer starken Schwankungen. Die Abflussmenge beträgt im Normalfall nur etwa ein bis zwei Kubikmeter pro Sekunde, kann aber bei Regen sehr schnell auf zehn und mehr Kubikmeter je Sekunde ansteigen.

Im Mittelalter hatte das Wassser der Gera für das städtische Leben entscheidende Bedeutung. Versorgte es doch die Bewohner mit Trink- aber vor allem auch mit Brauchwasser. Viele Handwerks- und Gewerbebetriebe waren direkt mit dem Wasser verknüpft. Zahlreiche Mühlen wurden am Lauf der Gera errichtet und bezogen von ihr die notwendige Antriebskraft.

Wie alle mittelalterlichen Städte war auch Erfurt häufig ein Opfer der Flammen. Hier war es das Wasser der Gera, das zum Löschen verwendet wurde und häufig noch größere Katastrophen verhinderte.

Das Wasser der Gera hatte auch enorme Bedeutung für die Regelung der hygienischen Verhältnisse der Stadt. In so genannten Klingen durchströmte das Wasser der Gera die Stadt und wurde von seinen Bewohnern somit zur Abfallbeseitigung genutzt.

Doch der Fluss war nicht nur eine Quelle des Nutzens - er war auch Gefahr und Quelle der Vernichtung. Überschwemmungen hat Erfurt sehr oft erlebt. Und welche ungeheuren Kräfte dabei wirksam werden, wurde zuletzt im April 1994 ersichtlich, als 220 Kubikmeter Wasser je Sekunde (also mehr als das hundertfache des normalen Abflusses!) durch die Stadt schossen. Und sicher wäre es Erfurt an jenem Tag so schlimm ergangen, wie es in grauer Zeit des öfteren der Fall war, wenn es nicht den Flutgraben gegeben hätte, der selbst diese riesigen Mengen aufgenommen und (fast) schadlos abgeleitet hat. Diesen Flutgraben verdankt Erfurt letztlich einem ausnahmsweise weitsichtigem Politiker, dem damaligen Oberbürgermeister Dr. Richard Breslau. In nur achtjähriger Bauzeit wurde erreicht, dass das Wasser der Gera seitdem wesentlich geregelter die Stadt durchfliesst.

Seit 1898 erfolgt die Regulierung am Papierwehr in Hochheim, wo das Wasser verteilt wird in den Flutgraben und in die so genannten Innenstadtgewässer. Diese Innenstadtgewässer stellten im Mittelalter ein weit verzweigtes System von Wasserläufen dar, woran heute nur noch sehr wenig erinnert. Wir finden heute nur noch den Bergstrom, den Walkstrom, den Breitstrom, einen kleinen Rest der Wilden Gera und die Schmale Gera mit einer Gesamtlänge von knapp acht Kilometern.

Obwohl der Fluss also eine so große Bedeutung für das Werden der Stadt hatte und noch hat, obwohl den Fluss zahlreiche Brücken überspannen - findet städtisches Leben am und mit dem Wasser, wie man es auch von anderen Orten kennt, in Erfurt dennoch fast gar nicht statt. Hier ist ein Potenzial, das für Bewohner und Besucher der Stadt auf Hebung wartet.