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Zum 75. Geburtstag

Armin Mueller-Stahl - Weltstar und Multitalent

Am 17. Dezember feierte Armin Mueller-Stahl seinen 75. Geburtstag. Die meisten kennen ihn als Schauspieler, doch er ist ein Multitalent. Auch als Schriftsteller und Künstler machte er sich einen Namen. Am 18. Dezember gratulierte der MDR mit einer Gala im Gewandhaus Leipzig - MDR FIGARO und 3sat waren live dabei.

Eigentlich wollte er Geiger werden, doch dann entdeckte Armin Mueller-Stahl die Liebe zur Schauspielerei und setzte alles daran, sich diesen Traum zu erfüllen. Obwohl ihm die Staatliche Schauspielschule in Berlin einen "Mangel an Begabung" attestierte, hat er es allen gezeigt und feiert heute auch in Hollywood große Erfolge. Geboren wurde Mueller-Stahl am 17. Dezember 1930 im ostpreußischen Tilsit - heute Sowjetsk - und verbrachte den größten Teil seiner Kindheit in der Nähe von Königsberg. Nach dem Abitur studierte er Musikwissenschaft und Geige am Städtischen Konservatorium in Ostberlin und schloss mit einem Examen zum Konzertgeiger und einem Examen zum Musiklehrer ab. In dieser Zeit begann er auch zu malen.

"Mangelnde Begabung"

Armin Mueller-Stahl war ein Jahr als Dozent tätig, bevor er in den Schauspielberuf wechselte. Das Schauspielstudium musste er jedoch nach einem Jahr wegen "mangelnder Begabung" abbrechen, doch das konnte ihn nicht von seinem Vorhaben abbringen. 1952 erhielt er sein erstes Engagement am Berliner Theater am Schiffbauerdamm, dessen Ensemble 1954 zur Berliner Volksbühne übersiedelte. 25 Jahre blieb Armin Mueller-Stahl dort Mitglied und war in klassischen Rollen ebenso zu sehen wie in modernen. Unter anderem spielte er den Spitta in Gerhart Hauptmanns "Ratten", den Bruder Martin in Bernard Shaws "Die heilige Johanna" oder den Wurm in Friedrich Schillers "Kabale und Liebe".

Durchbruch mit "Flucht aus der Hölle"

1956 bekam er seine erste Filmrolle in Gustav von Wangenheims "Heimliche Ehen", seinen Durchbruch hatte er jedoch erst 1960 mit dem vierteiligen Fernsehfilm "Flucht aus der Hölle". Seiner Darstellung des Hans Röder in diesem politischen Abenteuerfilm verdankte er später wichtige Rollten in DEFA-Spielfilmen und im DDR-Fernsehen, darunter "Fünf Patronenhülsen" 1960 und "Nackt unter Wölfen" drei Jahre später. Insgesamt übernahm Müller-Stahl etwa 60 Hauptrollen in DDR-Produktionen, wobei er sich besonders als Darsteller gebrochener Charaktere in Literaturverfilmungen hervorhob.

"Er liebt Figuren, die eine Aura des Unzulänglichen um sich haben, als seien sie in eine Welt gestoßen worden, die ihnen nicht geheuer ist."

Kritiker Hans-Dieter Seidel
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Meistbeschäftigter DDR-Schauspieler plötzlich ohne Rollen

Armin Mueller-Stahl avancierte zum meistbeschäftigten Schauspieler der DDR. In den 23 Jahren, in denen Mueller-Stahl für DEFA und DDR-Fernsehen drehte, spielte er Haupt- und Nebenrollen in 41 Filmen, quer durch alle Genres. Unter namhaften Regisseuren wie Egon Günther, Kurt Maetzig, Günther Reisch, oder Ulrich Thein. Fünf Jahre hintereinander wurde er vom Publikum zum "beliebtesten Schauspieler der DDR" und 1975 zum DDR-Fernsehkünstler des Jahres gewählt. Ein Jahr später gehörte er zu den Unterzeichnern der Resolution gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann - danach blieben, nicht nur für ihn, die Angebote aus.

"Es war eine Zeit, in der ich nicht mehr genau wusste, was ich mit dem Leben anfangen sollte. Ich habe dann zu schreiben angefangen, als Therapie. Daraus wurde der Roman "Verordneter Sonntag", der meine eigene Lage spiegelte."

Armin Müller-Stahl
Spiegel

Übersiedlung nach Westberlin

1979 bekam Mueller-Stahl ein auf drei Jahre befristetes Ausreisevisum und siedelte 1980 mit Frau und Sohn nach Westberlin über. Dort hielt sich die Familie zunächst durch Muellers ersten Roman "Verordneter Sonntag finanziell über Wasser. Später konnte er seine Film- und Fernsehkarriere erfolgreich fortsetzen, was nicht allen ausgereisten DDR-Schauspielern gelang. Im Kino machten Rainer Werner Fassbinders "Lola" (1981) und "Der Westen leuchtet" von Nikolaus Schilling (1981) Mueller-Stahl zu einem gefragten Charakterdarsteller. International renommierte Regisseure wie Andrzej Wajda oder Patrice Chéreau verpflichteten ihn für große Produktionen.

Mueller-Stahl erobert Hollywood

Armin Mueller-Stahl eroberte Hollywood 1989 mit seinem Amerika-Debüt "Music Box", in dem er einen ungarischen Emigranten spielt, der 30 Jahre nach dem Hitler-Regime wegen Naziverbrechen in den USA angeklagt wird. Ein Jahr später avancierte er als Sam Krichinsky in seinem zweiten Hollywood-Film "Avalon" zum Oscar-Anwärter. Hoch gelobt wurde auch seine Darstellung des Vater Bronstein in Jerzy Kawalerowicz' Adaption von Jurek Beckers Roman "Bronsteins Kinder" 1990.

Debüt als Regisseur

1992 bekam er den Silbernen Bären für seine Darstellung eines auf Meißner Porzellan versessenen Barons im Film "Utz". Volker Schlöndorff verpflichtete ihn 1996 für "Der Unhold". Ein Jahr später gab Armin Mueller-Stahl sein Debüt als Regisseur mit der Produktion "Gespräch mit dem Biest", für das er auch das Drehbuch schrieb und die Hauptrolle spielte - einen 103-jährigen Doppelgänger Adolf Hitlers.

Mit Nebenrolle für Oscar nominiert

1997 machte Armin Mueller-Stahl mit einer Nebenrolle in dem australischen Film "Shine" auf sich aufmerksam, mit der er als "bester Darsteller einer Nebenrolle" für den Oscar nominiert wurde. In den USA war er dann auch in einigen Action-Filmen zu sehen, darunter "Project: Peacemaker" und "The Game".

"In Amerika höre ich immer wieder: 'Bei deinen vielen Filmen müsstest du in Deutschland doch eigentlich so etwas sein wie Paul Newman bei uns oder Yves Montand in Frankreich.' - 'Nein', antworte ich dann immer, 'ich habe zwei Stories. In der DDR war ich schon so etwas Ähnliches, aber nicht in der Bundesrepublik'."

Armin Müller-Stahl
Programmheft MDR-Gala

Mueller-Stahl als Thomas Mann

Ein besonders positives Echo unter den Kritikern rief 2001 Heinrich Breloers Fernsehspiel "Die Manns - Ein Jahrhundertroman" hervor, bei dem Armin Mueller-Stahl Thomas Mann verkörperte. Der Film zeichnete die Geschichte der Familie Mann von den 1920er Jahren bis zum Tod von Thomas Mann 1955 nach und stützte sich dabei vor allem auf Erinnerungen von dessen Tochter Elisabeth Mann-Borgese. 2001 wurde Armin Mueller-Stahl für seine darstellerische Leistung mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet.

"Wenn ich Thomas Mann so gespielt hätte, wie er tatsächlich aufgetreten ist, hätte ich ihn lächerlich gemacht und mich dazu. Ich habe dann überlegt, wie spielst du diese Figur? Und ich bin drauf gekommen: Ich spiele sie gar nicht. Ich leihe mich ihm aus. Ich leihe der Figur Thomas Mann meinen Körper und meine Stimme."

Armin Müller-Stahl
Freies Wort Suhl

Malen als Entdeckungsreise

Neben der Schauspielerei und der Musik spielt auch das Malen eine bedeutende Rolle in seinem Leben. 2001 war im Potsdamer Filmmuseum eine Ausstellung mit einer Auswahl seiner Werke zu sehen, vorwiegend Skizzen und Porträts von Freunden und Kollegen. Armin Mueller-Stahl ist seit 1973 mit Gabriele Scholz verheiratet und hat einen Sohn. Die Familie lebt vorwiegend in Los Angeles, besitzt aber auch Häuser in Sierksdorf in der Lübecker Bucht sowie in Berlin-Köpenick.

"Ich bin dankbar, dass ich 75 Jahre alt werden darf, und man soll mich sehen, wie ich bin. Aber ich ziehe mich jetzt gerne etwas in den Schatten zurück, in das stillere Medium, gehe in der Malerei auf Entdeckungsreisen."

Armin Müller-Stahl
Freies Wort Suhl

Zuletzt aktualisiert: 21. Dezember 2005, 16:11 Uhr

 

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Literaturtipps:

Armin Müller-Stahl: Hannah

Erzählung; Aufbau-Verlag 2004, 16,- Euro ISBN: 3-351-03024-X

Armin Müller-Stahl: Venice

Amerikanisches Tagebuch;Aufbau-Verlag 2005, 49,90 Euro ISBN: 3-35102-609-9

Gabriel Michel: Armin Mueller-Stahl

Die Biographie;München: List-Verlag 2000, 20,40 Euro ISBN: 3-47179426-3

CD-Tipp:

Armin Müller-Stahl: Hannah

Es liest: Armin Müller-Stahl, Produktion: Radio Bremen/MDR 2004; Der Audio-Verlag 2004, 3 CDs, 195 min, 22,95 Euro 3-98913-295-1

 
 
 
 
 
 
 

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