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Veröffentlicht: 28.01.2009 - Phyllis Kuhn

Bohrinsel, Raffinerie, Bettenmonster?

Foto: Georg Mierau

Das Aachener Universitätsklinikum wurde unter Denkmalschutz gestellt

Grüngestreifter Teppichboden, große respekteinflößende Uhren, Frauen hinter Schaltern, Rolltreppen. Betritt man das Gebäude, könnte man meinen, man wäre gerade aus Versehen am Flughafen ausgestiegen. Abflugshalle in eine neue Welt. Das ist die Aachener Uniklinik.

Fährt man in Richtung Uniklinik, hat man den Eindruck, Aachen zu verlassen und im Uniklinik-Dorf anzukommen. Das neunstöckige Gebäude lässt sich nicht verfehlen, wie ein mahnender Koloss ragt es im Aachener Westen vom Horizont. Im Klinikum selbst ist für die Dorfbesucher bestens gesorgt. Es gibt eine Sparkassenfiliale, einen Blumenladen, einen kleinen Supermarkt, Deutsche Bahn-Automaten, Briefkästen,Kopierer und einen Friseur. Fehlen nur noch Videothek und Stammkneipe zum Glücklichwerden.

Seit Ende November ist die Aachener Uniklinik nun auch noch ein Denkmal. Zwar mag sie für viele nur ein Denkmal herausragender Hässlichkeit sein, doch ein gewöhnliches oder langweiliges Gebäude ist die Klinik nicht. In einer Reihe mit dem Centre Pompidou in Paris, den Lloyds-Bauten in London oder dem ICC in Berlin ist die Klinik, als einziges Krankenhaus der Welt im Stil der sogennanten High-Tech-Architektur gebaut worden. Die umlaufenden Rohre, die vielen Gitter und das Bohrinsel-ähnliche Erscheinungsbild sind kein ästhetischer Unfall, sondern Zeugnis einer inzwischen vergangenen Architektur-Epoche. Typische Merkmale dieser aus den 1960er und 70er Jahren stammenden Stilrichtung sind sichtbare Installationen, ein starker Bezug zur Technik, sowie die „Innen-nach-Außen-Kehrung“ statischer Elemente. Mit dem Vorhandensein dieser Merkmale begründet Godehard Hoffmann, wissenschaftlicher Referent bei der Rheinischen Denkmalpflege, die Entscheidung des Amtes für Denkmalschutz, das Klinikum zum Denkmal zu erklären. Auch gehöre das „Farbkonzept [grün-gelb, soweit das Auge reicht], das typisch für die 70er und späten 60er Jahre ist zu den Eigenheiten, die mit in den Denkmalschutz einfließen“. Einer der wichtigsten Gründe für die Unterschutzstellung sei aber die Flexibilität des Bauwerks gewesen. Sie sei als „Eigenheit, des Gebäudes festgeschrieben worden“. Es ginge „um ein Prinzip, das auch dazu führt, dass dieses Klinikum weiterhin entwickelt werden kann und das gleichzeitig im Rahmen des Denkmalschutzes geschieht.“ Dass das Klinikgebäude nun so gelobt wird, muss ein später Triumph für die damaligen Architekten sein. Denn der Bau der Klinik verlief nicht gerade reibungslos: ein „Skandalbau“ wurde die Klinik nach zwölf statt nach geplanten sieben Jahren Bauzeit genannt. Aus den veranschlagten 570 Millionen für die Baukosten wurden über zwei Milliarden D-Mark und auch am Bau gab es Probleme, denn das Fundament des Gebäudes drohte abzusacken. Als die Klinik dann 1983 endlich in Betrieb genommen werden konnte, waren zu allem Übel auch noch Mäuse ins Gebäude eingedrungen.

Nach über 25 Jahren Krankenhausbetrieb gibt es zum Glück keine Mäuse mehr und an das eine oder andere technische Problem hat man sich gewöhnt. Es lässt sich nicht bestreiten, dass Aachen sich über ein denkmalgeschütztes Wahrzeichen mehr freuen kann und mit der Uniklinik Aachen über ein, in vielen Hinsichten außergewöhnliches Gebäude verfügt.

 

Die hier veröffentlichten Inhalte stellen keine Meinungsäßerungen der RWTH Aachen dar.
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