Lynn und Vanhanen: IQ and the Wealth of Nations+46

Realität. 05.06.2007, Rahim Taghizadegan (rt)

IQ and the Wealth of Nations (Human Evolution, Behavior, and Intelligence)An dieser Stelle sei etwas ausführlicher auf das kontroversielle Thema der IQ-Forschung eingegangen. Auf liberty.li gab es dazu im Vorfeld des Treffens der Property and Freedom Society eine heftige Debatte. Hans-Hermann Hoppe hatte Richard Lynn und Tatu Vanhanen als Vortragende eingeladen, die mit provokanten Thesen zur Korrelation von IQ und ethnischer Zugehörigkeit aufwarten.

Lynn und Vanhanen behaupten, die alte Frage „Warum sind manche Nationen reich, andere arm?“ beantwortet zu haben: Entscheidend sei die durchschnittliche Intelligenz und hier gäbe es deutliche ethnische Unterschiede. Es ließe sich eine globale Gaußsche Glockenkurve der Intelligenz feststellen. Dabei bemühen Lynn und Vanhanen ausschließlich IQ-Werte, mit denen Rankings für verschiedene Ethnien und Länder zusammengestellt werden. Diese IQ-Werte entstammen unterschiedlichen IQ-Tests; fehlen solche, werden die Ergebnisse aber auch mal durch Mittlung zwischen „ähnlichen“ (!) Ländern „erraten“. Dieses Ranking wird angeführt von Hong Kong (Durchschnitts-IQ von 107), das Schlusslicht ist Äquatorialguinea mit einem erschreckenden Durchschnitt von 59. Entscheidend seien nun folgende Korrelationen: Der Durchschnitts-IQ sei positiv mit Bildungsstand, Einkommen und Gesundheit korreliert, negativ mit Kriminalität, Arbeitslosigkeit, Wohlfahrtsabhängigkeit, alleinerziehenden Müttern und Fruchtbarkeit. Bei Individuen sei die Korrelation zwischen IQ und Einkommen 0.35, bei Nationen 0.71.

Dass diese Korrelation auch eine Kausalität darstellt, wurde allerdings m.E. nicht überzeugend dargelegt. Die alte „nurture versus nature“-Debatte wurde dahingehend für entschieden erklärt, dass 80% der Intelligenz genetisch determiniert seien. Würde man jedes Kind in einer identischen Umgebung aufziehen (der alte Traum der totalitären Egalitaristen), würde die IQ-Diskrepanz nur um 20% sinken. Besonders bitter folgende scheinbare Erkenntnis: schwarze Kinder, die von weißen Eltern aufgezogen würden, hätten keinen nennenswert höheren IQ als andere Schwarze (nämlich einen im Schnitt etwas niedrigeren als Weiße). Politisch unkorrekter geht es kaum.

Ihre kontroversielle Arbeit versuchen Lynn und Vanhanen dadurch zu legitimieren, dass es darum ginge, zu zeigen, dass auch die rücksichtslosesten Sozialingenieure keine vollkommene Gleichheit herstellen könnten und der Egalitarismus damit widerlegt sei. Laut Vanhanen zerfalle daher die Gesellschaft immer in sehr reiche, sehr arme und jene in der Mitte – eine Glockenkurve.

Doch woher kommen diese offenbar signifikanten globalen Intelligenzunterschiede? Lynn bietet folgende These an: Bei der Wanderung in kältere Regionen wurden die intellektuellen Herausforderungen, die das Überleben stelle, immer größer. Entsprechend sieht Lynn eine signifikante Korrelation zwischen der Hautfarbe und der Größe des Gehirns (die Unterschiede würden sich im Bereich von 5% bewegen). Auf eine provokante Formel gebracht: Je heller die Haut, desto größer das Hirn. Aus wissenschaftlicher Sicht problematisch ist an dieser These freilich, dass sie bei Lynn nach einem Lamarckismus klingt. Denn plötzlich soll doch die Umwelt der entscheidende Faktor sein. Zudem scheint die Geschichte nicht wirklich für diese These zu sprechen, wenn man an die früheren Hochkulturen denkt.

Den höchsten Durchschnitts-IQ hätten in absteigender Reihenfolge Juden, Ost-Asiaten (Japaner und Chinesen) und Europäer, den niedrigsten Schwarze und Ureinwohner-Ethnien. Zahlreiche Charts zeigten die postulierten Korrelationen in eindrücklicher Weise: So korreliert etwa der Anteil an Chinesen in verschiedenen asiatischen Ländern exakt mit dem BIP pro Kopf. Lynn überraschte schließlich mit der gänzlich unaufgeregten Bemerkung, die Europäer würden die Fackel der Zivilisation wohl nach und nach an die Chinesen abgeben. Dieser Gedanke schien ihn kaum zu stören, was ihn glücklicherweise vor aggressiven politischen Schlüssen bewahrte.

Was ist nun von diesen Ausführungen zu halten? Zunächst freilich wäre eine saubere Trennlinie zu ziehen, für welchen Bereich und mit welcher Intention diese Überlegungen gedacht sind. Grundsätzlich fällt die Arbeit nicht aus dem Rahmen herkömmlicher Statistik, auch wenn sich egalitäre Kritik meist als Methodenkritik ausgibt, die bei politisch korrekter Forschungsagenda verstummt. Die Grundfrage ist epistemologischer Natur – nämlich, in wie weit die empirische Methode in den Sozialwissenschaften Erkenntnis ermöglicht. Und aus dieser Perspektive wäre die Arbeit von Lynn und Vanhanen eher nicht den Sozialwissenschaften zuzurechnen, denn sie beschäftigt sich rein mit dem Subhumanen. Freilich, die Erkundung subhumaner Faktoren ist – üblicherweise Gegenstand der Medizin und Biologie – weder irrelevant, noch verwerflich. Bloß müsste die Grenze zu anthropologischen Gesichtspunkten etwas deutlicher gezogen werden. Viktor Frankl stellt vollkommen zurecht fest: „Als Gegenstand sittlicher Beurteilung fängt der Mensch als solcher überhaupt erst an, wo er die Freiheit hat, sich der Gebundenheit an einen [Rassen-, Klassen- oder Charakter-]Typus entgegenzustellen.“

Nun gebietet schon alleine der Respekt vor der Menschenwürde, den Menschen, sobald er ein konkretes Gegenüber ist, nicht ausschließlich als Instanz einer Kategorie zu behandeln. Doch sollte man den Individualismus nicht ins Extrem übertreiben. Zweifellos kann im subhumanen Bereich (der alles vor und außerhalb des Willensaktes umfasst) statistische Gruppierung Erkenntnis ermöglichen. Gerade Dynamiken lassen sich durch Mittelung oft wesentlich besser erkennen - wie dies etwa bei demographischen Untersuchungen der Fall ist.

Lynn und Vanhanen kann also allenfalls vorgeworfen werden, ihren Forschungsbereich nicht explizit genug vom anthropologischen Bereich abzutrennen, und daher einem gewissen Reduktionismus Vorschub zu leisten. Die Betonung von materiellem Wohlstand und Intelligenz hat eine ausgewiesen puritanische Note. Selbst wenn die Korrelationen, die glaubwürdig erscheinen (auch wenn die Daten zum Teil sehr ungenau sind), tatsächlichen Kausalitäten entsprechen, folgt aus den Zusammenhängen keinerlei normative Implikation. Wer eugenische Schlüsse ziehen möchte, hatte schon ebensolche Prämissen.

Trotzdem ist die Arbeit von Lynn und Vanhanen zweifellos eine Bereicherung – in den engen Grenzen ihrer Relevanz. Die Hexenjagd gegen die Autoren, wie sie zum Teil zu beobachten ist, ist absurd. Und sei es nur, dass ihre Arbeit Futter für kontroversielle Diskussionen und Widerspruch liefert – davon lebt Wissenschaft. In Kürze werden wir wohl beobachten dürfen, wie politisch unkorrekte Statistik zu strafrechtlicher Verfolgung führt: schlimmere Gedankenverbrechen gibt es heute kaum. Dies adelt die teils fragwürdigen statistischen Methoden natürlich keinesfalls. Ob der Nachweis kognitiver Diskrepanzen statistischer Gruppen ein geeignetes Gegenargument gegen den primär ideologisch fundierten Egalitarismus ist, darf ebenfalls bezweifelt werden. Lynn und Vanhanen sind jedenfalls ein gefundenes Fressen für konstruktivistische Kritik – schon fast ein Lehrbuchbeispiel.

Hans-Hermann Hoppe widmete sich vor den Vorträgen ausführlich der Kritik an seiner Person für die Einladung dieser Redner und versuchte, jeden der (insbesondere auf liberty.li) vorgebrachten Punkte systematisch zu entkräften. Bekräftigend erwähnte er jedoch „linkslibertäre“ Einwände, um festzustellen: „We are not like you!“ Wenn ihn „Linkslibertäre“ (wer auch immer damit gemeint ist) kritisierten, wäre das vollkommen angebracht, denn er wolle sich ja sehr deutlich von diesen abheben.


Intelligenz Statistik

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