Tagebuch von Ulla Lenze

Dieses Tagebuch ist fiktiv. Man hat mich als Schriftstellerin nach Damaskus eingeladen, als solche erzähle ich Dinge, die sich zugetragen haben könnten. Was nicht ausschließt, dass sie sich tatsächlich zugetragen haben. Gleichwohl ist der Anlass dieses Erzählens mein wahrscheinlich nicht fiktiver Aufenthalt in Damaskus.
Die Reise nach Damaskus beginnt früher. Sie beginnt, seitdem ich von ihr weiß.

9. Mai, im Zug von Krakau nach Warschau.

Gestern Nacht, seit langem wieder, das Erlebnis der Angst vor dem Schlaf. Die unheimliche Aufhebung, Vernichtung. Ich schrecke hoch durch Gedanken, die sich schützend vor mich werfen, vor die Wand aus Schlaf, sobald sie näher rückt. Mehr ...

13. Mai, Köln.

Ich esse, seit meiner Rückkehr aus Polen, mit einem gewissen Widerwillen. Eine Folge der Übelkeit, gegen die ich fünf Stunden im Minibus von Lublin nach Krakau anzukämpfen hatte.Mehr ...

19 Mai, Damaskus.

Morgens ein paar erste Schritte allein. Langsam und wenig, das genügt schon. Es reichen ein, zwei Häuser, eine Straße, ein Häuserblock. Es reicht, zu sehen, wie hoch der Bürgersteig ist (hoch). Und wie das Bürgersteinpflaster aussieht (kleine Quadrate, eingebettet in Größere). Einmal über die Straße, allein und ohne Ampel. Mehr ...

21. Mai.

Erst spät, wohl gegen vier Uhr morgens, Schlaf gefunden. Gestern Abend bin ich von der vorläufigen Unterbringung im Goethe-Institut in eine Wohnung gezogen, die so groß ist, dass ich mich und meine Dinge vorsichtig auf zwei Zimmer verteile und die drei anderen Türen schließe. Mehr ...

24. Mai.

Die Sorge, auffällig zu sein, dabei bin ich auffällig mit jedem Atemzug (und weiß: bald wird mich dieses Gefühl verlassen). Zwei Restaurants betrete ich, frage gleich nach der englischen Karte. Haben sie nicht. Mit einer Entschuldigung wieder raus. Hat ja keinen Sinn. Mehr ...

27. Mai.

Mit dem Schreiben nicht nachkommen. Ein kurzer Weg zu einem der vielen Säftehändler (kleine Büdchen, vor denen Netze mit Orangen hängen, und die Theke so hoch, dass sie mir bis ans Kinn reicht; fehlt in der Kasse das Kleingeld, bekomme ich zwanzig statt fünfzehn Lira zurück, immer wieder) Mehr ...

28. Mai.

Mein Vorsatz, wenigstens durch Kleidung nicht unangenehm aufzufallen (der Reiseführer: respektieren Sie die islamischen Kleidersitten, tragen Sie weite Kleidung), geht nicht auf.Mehr ...

29. Mai.

Vor einigen Tagen: eine erste Stimme aus dem Literaturbetriebsbeurteilungsbetrieb. Angesichts des abgeschlossenen ersten Stadtschreiberpostens in Kairo und des beginnenden in Damaskus wartet alex in der Süddeutschen ZeitungMehr ...

1. und 2. Juni, Aleppo

Ich habe die zweite Klasse nicht gesehen, aber die erste, man bezahlt für die viereinhalb-Stunden-Strecke Damaskus – Aleppo umgerechnet zwei Euro, ...Mehr ...

3. Juni.

In der Ankunftshalle des Flughafens Damaskus: K. und ich fallen uns in die Arme. Die Verknotung zweier Barbaren; die Blicke ringsum zerschlagen sie schnell. Mehr ...

5. Juni

    7. Juni.

    In meinem hochgeschätzten syrischen Verkehr passiert am Nachmittag, im Taxi auf dem Weg zu einer Verabredung am Thomastor, etwas, das sich als Bild in mir festsetzt...Mehr ...

    8. Juni.

    K. kommt glückstrahlend und mit verbranntem Nacken von seinem ersten Spaziergang allein aus der Stadt zurück. Mehr ...

    9. Juni

    Krank.

      12. Juni.

      Ein Abend. Die Fenster offen, nur die Läden zugezogen, und durch die Ritzen zieht die Straße durchs Zimmer: Kinder, Wassermelonenhändler, Kanarienvögel, Autos.Mehr ...

      14. Juni.

      In einem Interview mit einer deutschen Journalistin wurde ich gefragt, wie ich mich als westliche Frau hier in Damaskus fühle. Die Frage, auf den ersten Blick naheliegend, hat etwas Bodenloses. Mehr ...

      15. Juni.

      Palmyra.

        18. Juni.

        Nach meiner Lesung in Damaskus, wo ich auch den Eintrag vom 24. Mai vortrage, kommt eine Gruppe deutscher in Damaskus lebender Damen erregt auf mich zu. Mehr ...

        20. Juni.

        Die Schreibbatterie ist leer. Bleibt nur noch Dank zu sagen: den Musen, den zwei netten Praktikanten, den Mitarbeitern des Goethe-Instituts Damaskus: ...Mehr ...