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14.09.05 - Postbahnhof / Berlin

Interview:  Brian & Jan

Foto: Olli

 

 

 

An einem mittelmäßigen Septembertag trafen wir Sänger Tom Smith und einen sehr lustigen Chris Urbanowicz in einer dem Backstagebereich des Postbahnhofes angeschlossenen und mit Bänken und Tischen ausgestatteten riesigen Halle, in der locker die Titanic hätte wenden können.
Während sich Herr Smith vornehm zurück hielt und nur hie und da seine erstaunlich leise und überraschend ausdruckslose Stimme (was im völligen Gegensatz zu seiner Livestimme steht) erklingen ließ, plapperte sein Gitarrist umso gesprächsfreudiger drauflos und unterhielt uns zusätzlich noch mit Anekdoten über seine Eltern, die britische Fernsehlandschaft, seiner Einschätzung des neuen Sigur Ros Albums und einer Liveperformance eines Editors-Klingeltons sowie des Drumbeats zu Distance. Ob er immer die Wahrheit sagte, sei an dieser Stelle einfach mal nur als Frage formuliert.

Soundmag: Ihr wohnt ja in Birmingham ...
Chris: Ja. Aber wir sehen unsere Wohnungen sehr selten. Wir haben uns dort an der Uni kennen gelernt, kommen aber alle aus verschiedenen Teilen Englands. Die Leute sagen immer, dass wir eine Band aus Birmingham sind, aber das sind wir eigentlich nicht.

Soundmag: Gibt es in Birmingham eine spezielle Musikszene, wie zum Beispiel in London oder Manchester?
Tom: Nicht wirklich. Birmingham ist recht groß und es gibt viele neue Bands aus dieser Stadt. Wenn man nach London schaut, erkennt man, dass viele Bands aus dieser Stadt einen eigenen Sound haben. In Birmingham ist das nicht so. Viele der Bands klingen irgendwie wie das Gegenteil von "trendy".

Soundmag: Uns fallen jetzt auch keine Bands aus Birmingham ein, die man kennt.
Chris: Kennt ihr Duran Duran? Oder Black Sabbath, UB40?

Soundmag: Okay. Zählt ihr die immer bei dieser Frage auf?
Chris: Ja. Sie sind unser größter Einfluss. (lacht)

Soundmag: Ich bin ziemlich überrascht, dass ihr so jung seid, da eure Musik recht erwachsen klingt.
Chris: Ich verstehe, was du meinst. Ich denke auch, dass unsere Musik reif klingt, obwohl wir trotzdem diese jugendliche Überschwenglichkeit haben. Das kommt live mehr raus, als auf Platte. Wir sind alle erst 22, 23 Jahre alt. Auf der Bühne wollen wir lieber rumspringen, unterhalten und unterhalten werden. Im Studio sind wir da schon fokusierter.

Soundmag: Ihr habt vorhin erzählt, dass ihr euch an der Universität kennengelernt habt. Habt ihr eigentlich euer Studium abgeschlossen?
Tom: Ja, mit 21 Jahren.

Soundmag: So früh? In Deutschland studieren viele Leute, bis sie in ihren Mittdreißigern sind.
Chris: Das haben wir auch schon gehört. Aber wir lernen immer dazu. In allem, was wir tun. (lacht) Ich könnte mir aber nicht mehr vorstellen, die Schulbank zu drücken. Schon meinen Eltern zuliebe habe ich das Studium schnell beendet. Als ich ihnen dann sagte, dass ich nach Birmingham ziehe, haben sie nur, ja, ja; alles klar; du in Birmingham in einer Band! gesagt. Und jetzt...

Soundmag: Als ihr anfingt, Musik zu machen, haben eure Eltern euch gefragt, welche Art von Musik ihr macht? Und wenn ja, was habt ihr darauf geantwortet?
Tom: Ich haben ihnen ein Demo geschickt. Bei uns zu Hause lief immer viel Musik. Meine Eltern haben mich am Anfang sehr unterstützt. Ich glaube auch, dass sie unser Album mögen.
Chris: Meine Eltern sind große Editors Fans. Sie sind unsere Stalkers. Sie fragen immer nach Autogrammen und machen bei ihren Bekannten Werbung für unsere Gigs. Wenn sie auf unseren Konzerten sind, umarmen und küssen sie mich danach die ganze Zeit, während ich versuche cool auszusehen. (lacht)

Soundmag: Welche Musik hören denn eure Eltern?
Chris: Unser Album! Meine Mutter liebt außerdem The Strokes. Ich habe ihr erzählt, dass ich sie mag und sie sagte eines Tages, dass sie The Strokes im Radio gehört hat und findet, dass sie eine fantastische Band sind. Interpol kann sie überhaupt nicht leiden.

Soundmag: Mögt ihr Interpol?
Chris: Ja, wir sind Fans. Meiner Mutter ist die Musik von Interpol wahrscheinlich zu komplex.
Tom: Aber Keane mag sie, oder?
Chris: Ich weiß nicht. Ich glaube eher nicht. Snow Patrol mag sie auch nicht.

Soundmag: Dabei ist Keane doch eher Erwachsenenmusik, wie Phil Collins. Meine Mutter liebt ihn. Sie hat mich auf vier Konzerte mitgeschleppt.
Chris: Du Glücklicher. Auf dem Weg hierher haben wir Invisible touch im Radio gehört und konnten jedes Wort mitsingen. Ist schon absurd, dass man davon jede Zeile kennt. I can`t dance von Genesis ist großartig. Perfekte Popmusik.

Soundmag: Mögt ihr es nicht, nach ...
Chris: ... Phil Collins?
... Interpol befragt zu werden? Wir können aber auch weiter über Phil Collins reden.
Chris: Es wäre zumindest erfrischender, wenn ein Interviewer einfach mal so fragt, was wir über Phil Collins oder Celine Dion denken, anstatt über Interpol zu reden. (lacht) Manchmal kann es schon gehörig nerven, immer nach dieser Band befragt zu werden. Ich weiß, dass wir ähnlich klingen und dass Toms Stimme vergleichbar tief ist. Dafür kann er aber nichts. Ich denke, dass wir direkter, melodiöser als Interpol sind. Mehr Pop.
Tom: Ich kann nun mal meine Stimme nicht verändern. Ich weiß auch, dass unsere Musik genauso dunkel wie die von Interpol ist. Allerdings würde ich mich sehr freuen, wenn die Leute uns eher nach dem beurteilen, was wir tun, anstatt immer wieder über den Interpolvergleich zu stolpern. Manchmal ärgern mich diese Fragen, obwohl ich eigentlich geschmeichelt sein sollte, da Interpol eine großartige Band ist.
Chris: Ich muss aber schon sagen, dass ich damit gut leben kann, da ich lieber mit Interpol anstatt mit Kajagoogoo oder Phil Collins, obwohl er gute Popmusik macht, verglichen werde.

Soundmag: Was würdet ihr sagen, wenn ihr in einem Artikel mit Phil Collins verglichen werdet?
Tom: Das ist tatsächlich schon passiert. In einer Zeitung stand, dass unser Song Distance einen genesisesquen Drumbeat hat. Wir haben also schon unseren Phil Collins Vergleich. Wir haben es gut aufgenommen, oder?
Chris: Ich habe diesen Vergleich geliebt. Ich habe von diesem Artikel meinen Eltern eine Kopie geschickt und diesen Satz mit einem Textmarker hervorgehoben. Bist du jetzt auf mich stolz, Mutter? (Tom lacht laut)

Soundmag: Welche Musik hört ihr jetzt gerade gern?
Chris: Viele verschiedene Sachen. Wir haben uns sehr gefreut, dass Antony And The Johnsons den Mercury Prize gewonnen haben. Ich höre ausserdem noch Arcade Fire, Tom Vek, Nine Black Alps, eine Band aus Manchester namens The Long Cut. Sie haben zwar erst einige EPs veröffentlicht, werden aber in Zukunft für Gesprächsstoff sorgen. Habe ich irgendetwas vergessen?
Tom: Ich höre gerade das neue Sigur Ros Album und finde es fantastisch. REM mag ich noch sehr gern. Besonders ihr Album Reckoning. Diese Band ist absolut integer und hat es trotzdem geschafft, die größte Band der Welt zu werden.
Chris: Ich bin ausserdem ein großer Echo & The Bunnymen Fan. Sie waren die Band, mit der wir am Anfang immer verglichen wurden.

Soundmag: Was haltet ihr von Bands wie Bloc Party, Kaiser Chiefs oder Maximo Park?
Chris: Maximo Park sind großartig. In ein paar Wochen treten wir mit ihnen zusammen bei der 155 Jahresfeier von Jack Daniels auf und am Ende werden Maximo Park und wir auf der Bühne gemeinsam French Disco von Stereolab covern. Wir haben sie letzte Woche in Italien kennengelernt. Sie sind sehr coole Typen.

Soundmag: Wie habt ihr euch gefühlt, euren Namen das erste Mal im NME zu lesen?
Tom: Das war irgendwie komisch. Der NME ist nunmal, was er ist. Für neue Bands ist er eine tolle Plattform. Aber man muss das Spiel der Journalisten mitspielen und sehr vorsichtig sein, sonst wird es gegen dich verwendet. Wir sind noch in einer recht guten Position, da über uns immer nur Gutes geschrieben wurde. Wenn alle anfangen Mist über uns zu schreiben und uns zu hassen, werde ich wohl aufhören, Artikel über uns zu lesen.
Chris: Mal sehen, wann das passiert. Ich denke, wir haben da ganz gute Karten, da wir nie Vorreiter für irgendeinen Musikstil waren. Im Gegensatz zu den Strokes. Auf ihnen lastete ja ein unglaublicher Druck vor ihrem zweiten Album. Ich denke, dass sie es ganz gut hinbekommen haben.

Soundmag: Werdet ihr auf eurem zweiten Album an eurem Sound festhalten?
Chris: Ich bin ziemlich überzeugt, dass er sich verändern wird.
Tom: Als Band unterliegt man immer einer gewissen Form von Veränderung. Man möchte sich weiterentwickeln und sucht Herausforderungen. Ich glaube wir werden unserem zweiten Album mehr Tiefe verleihen.
Chris: Wenn man auf Tour ist, entwickeln sich Segmente neuer Songs, die dann im Studio beendet werden. Allein das führt schon dazu, dass sich die zweite Platte anders anhören wird.

Soundmag: Vielen Dank, wir müssen das Interview jetzt leider beenden.
Chris: Alles klar. Genug über Phil Collins geredet. (lacht) Viel Spaß noch heute.

Soundmag: Danke.

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