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The Ark

The Ark

 

06.04.06 - Pulp Mansion / Berlin

Interview:  Jan

Foto: Pressefoto

 

 

 

Nachdem The Ark letztes Jahr nahezu monatlich irgendwo in Deutschland auftraten, war es keine große Überraschung, als angekündigt wurde, dass sie im mir bis dahin unbekannten Pulp Mansion spielen werden. Ich traf Bassist Leari im Backstagebereich des Clubs. Wenig später gesellte sich Sänger Ola Salo hinzu, der noch mal schnell ins Hotel flitzte, um sich zu rasieren. Das Interview dauerte ca. eine Stunde und kann aufgrund seiner Länge nicht komplett wiedergegeben werden. Vielleicht sind die gestrichenen Passagen auch nicht sonderlich interessant. Nur soviel: es wurde hart über Chris Martin gelästert. Zurecht!

Soundmag: Ihr wart das ganze letzte Jahr unterwegs und habt getourt. Seid ihr dessen nicht inzwischen zu müde?

Leari: Nein, eigentlich nicht. Es hat viel Spaß gemacht. Wir waren in Europa, Asien und Amerika. Da lernt man viele nette Leute kennen und alle haben uns sehr warm empfangen.

Soundmag: Ihr habt in Texas gespielt...

Leari: Stimmt. Das war auf einem Festival mit anderen Bands.

Soundmag. Ist es nicht komisch, für eine kontroverse Band wie The Ark, in einem puritanischen und konservativen Bundesstaat wie Texas zu spielen?

Leari: Das haben wir anfangs auch gedacht. Am Ende war es aber das absolute Gegenteil davon. Das Festival war in Austin, also einer großen Stadt. Wären wir auf dem Land aufgetreten, hätte die Sache wahrscheinlich ganz anders ausgesehen. Ich glaube allerdings, dass es überall so ist. Die Leute in Großstädten sind viel offener, als die auf dem Land.

Soundmag: Ihr wart auch mit The Darkness unterwegs...

Leari: Ja, das war cool.

Soundmag: Habt ihr kurz überlegt, als ihr gefragt wurdet, mit ihnen zu spielen?

Leari: Eigentlich nicht. Wir sind in Europa, ausgenommen Italien und Skandinavien, nicht so bekannt. Außerdem finden wir, dass unsere Musik, unser Styling und Auftreten gut zu The Darkness passen. Diese Tour hat uns die Möglichkeit gegeben, mehr Leute zu erreichen. Gerade in England. Die Engländer kennen kaum schwedische Bands. Vielleicht kennen sie The Hives oder Mando Diao. Schwedische Bands finden dort in der Presse kaum statt.

Soundmag: Woran, denkst du, könnte das liegen?

Leari: Sie haben einfach zu viele gute eigene Bands. Jede Woche gibt es eine neue „beste Band“. Wozu sollten sie dann noch nach Schweden schauen? Das ist eigentlich sehr schade. Die Menschen in Schweden oder Deutschland sind neuer Musik viel offener gegenüber eingestellt. Die Engländer sind satt. Sie haben Coldplay. (lacht) Mehr brauchen sie nicht.

Soundmag: The Ark waren schon immer eine sehr engagierte Band, wenn es um die Gleichstellung von Außenseitern geht. Hast du manchmal das Gefühl, dass schon alles gesagt wurde?

Leari: Manchmal ja. Aber es gibt noch immer genug, über das man reden sollte. Wir als Musiker haben die Möglichkeit dazu. Vielleicht können wir Dinge nicht ändern. Wir können die Menschen jedoch dazu bringen, nachzudenken und Themen wie Gleichberechtigung in ihr Bewusstsein zurückzuholen.

Soundmag: Glaubst du, dass ihr irgendwann einmal aufhören werdet, ernsthafte Dinge anzusprechen und einfach nur noch euren Spaß habt?

Leari: Ich weiß nicht. Solange wir etwas zu sagen haben, werden wir das auch tun. Vielleicht kommt irgendwann einmal der Punkt, an dem alles nur noch langweilig wird. Ich habe mir jedoch geschworen, genau dann aufzuhören. Natürlich ist die Musik eine gute Gelegenheit, sein Geld zu verdienen. Und das macht auch Spaß. Aber wenn mich alles nur noch langweilt, höre ich auf und mache irgendetwas anderes. Was das dann sein soll, kann ich dir allerdings auch nicht sagen.

Soundmag: Hast du denn die nötige Distanz, zu erkennen, dass dich alles nur noch anödet?

Leari: (überlegt) Eigentlich schon. Ich weiß nicht. Wir sind zu fünft in der Band und reden auch darüber, wo wir stehen. Doch, ich bin mir eigentlich relativ sicher.

Soundmag: Arbeitet ihr eigentlich schon an einem neuen Album?

Leari: Ja, das tun wir. Ich habe neulich ein paar Demos gehört, die mir sehr gut gefallen haben. Ola schreibt alle Songs und gibt uns diese als Demos. Wir entwickeln dann die Musik zusammen im Studio.

Soundmag: Kannst du denn schon etwas dazu sagen, wie euer neues Album klingen wird?

Leari: Es wird definitiv anders sein als die Vorgänger. Ich vermute, dass sich die Texte auch zu den vorherigen unterscheiden werden. Es wird...ich weiß nicht... (schließt mit seiner Hand einen imaginären Reißverschluss an seinem Mund und lacht)

Soundmag: Verstehe. Dann sag mir doch mal bitte, wer Dieterich Buxtehude sein soll, den Ola auf seinen Konzerten immer erwähnt.

Leari: (vermutet erst, dass es der Kannibale von Rotenburg ist) Obwohl. Nein. Das ist jemand anderes. (ruft laut in den Raum) Jens, wer ist Dieterich Buxtehude? (es folgt eine längere Unterredung auf schwedisch zwischen ihm und dem Tourkeyboarder, wendet sich daraufhin wieder zu mir) Das ist ein berühmter deutscher Komponist. Kennst du ihn? – Nein? Na gut. Wahrscheinlich ist das genauso ein Klischee wie die weltbekannten schwedischen Mandeltorten, die angeblich jeder bei uns kennt.

(Ola Salo kommt frisch rasiert in den Raum und setzt sich dazu.)

Soundmag: Ich habe gelesen, dass letzte Woche in einer Kirche in Schweden eine Messe aufgeführt wurde, die du selbst geschrieben hast.

Ola: Stimmt. Diese Messe habe ich mit sechzehn Jahren geschrieben. Damals wurde sie bei einer Veranstaltung in meiner Schule aufgeführt. Bei der ersten Aufführung habe ich auch die Streicher und den Chor dirigiert. Diesmal allerdings nicht. Das war schon ein sehr überwältigendes Gefühl, ein klassischen Musikstück, welches man selbst geschrieben hat, in einer Kirche mitzuerleben.

Soundmag: Bist du ein religiöser Mensch?

Ola: Nicht wirklich. Aber für mich als Schwuler ist Religion sehr interessant. Einerseits weil sie so absurd ist und andererseits weil sie für viele Menschen so wichtig ist. In meinen Texten geht es oft darum, dass in der westlichen Zivilisation Religion eine Form von Freiheit ist. Diese Freiheit gibt Leuten das Gefühl, ihr Leben in der Hand zu haben und zu kontrollieren. Für mich bedeutet Freiheit allerdings auch, dass man Teil etwas Größerem ist und sich dadurch auch mal fallen lassen kann. Dieser Aspekt ist sehr wichtig, wenn wir von Religion reden. Deshalb beschäftige ich mich oft damit.

Soundmag: Siehst du dich eigentlich immer noch als ein Außenseiter? Immerhin ist das ein sehr wichtiger Inhalt deiner Texte.

Ola: Die Band und ich waren von Anfang an Außenseiter. Wir waren nie Teil einer bestimmten Szene. Inzwischen fühlen wir uns allerdings wohler in dieser Welt, als vor fünf oder zehn Jahren. Es hat sich doch einiges getan.

Leari: Ich glaube auch, dass die Menschen sich in den letzten Jahren geändert haben. Heute
werden auch Bands wie The Ark akzeptiert. Die Menschen verlangen förmlich nach tiefsinnigen Texten und dramatischen Shows. Es ist nicht mehr nur eine Sache für Außenseiter.

Ola: Vor ein paar Jahren war es noch so, dass alle Bands echt sein wollten. Es passte nicht ins Konzept, auch mal „clownish“ zu sein. Ich finde es schön, zu sehen, dass sich viele Bands inzwischen erlauben, prätentiös zu wirken und „over the top“ zu sein.

Soundmag: Glaubt ihr, dass ihr für andere Bands Türen geöffnet habt, die vorher verschlossen waren?

Ola: Für einige vielleicht schon. Es wird oft geschrieben, dass wir für Bands wie Scissor Sisters oder The Darkness den Weg geebnet haben. Gerade diese beiden allerdings haben in weitaus mehr Ländern als wir Erfolg und verkaufen mehr Platten. Deshalb würde ich nie sagen, dass sie von uns profitiert haben. Aber ich mag die Vorstellung, dass es so ist.

Leari: Ich glaube, dass diese Bands ein ähnliches Gefühl wie wir bei den Menschen erzeugen. Unseren Erfolg werte ich als gutes Zeichen, dass die Welt sich ändert. Vermutlich möchte auch niemand mehr all die „working-class-slackers“ sehen. Sie wollen etwas Besonderes. Vielleicht haben wir ja genau das. (lacht)

Soundmag: Vielleicht geht es ja nicht nur darum, Musik zu machen...

Leari: Absolut. Die Menschen wollen auch hören, dass eine Band etwas zu sagen hat. Heutzutage kann man sich viel besser informieren als früher. Das Internet ist ein gutes Beispiel. Es geht nicht mehr nur darum, etwas vorgesetzt zu bekommen. Jeder kann für sich das Passende heraussuchen. Das ist eine gute Sache, für alle Indie-Bands. Die schlechte Seite daran ist allerdings, dass viele Bands, die kreativ sind, durch das Filesharing nicht mehr so viel verdienen, wie früher. Du kannst dadurch allerdings weitaus mehr Leute erreichen. Leute, die früher nie etwas von dir gehört hätten.

Ola: Ich habe auch kein Problem damit, wenn Leute sich unsere Songs herunterladen. Viele wollen das nicht so sehen, ich allerdings denke, dass man dadurch bekannter wird. Das klingt vielleicht etwas idealistisch. Ist es aber nicht. Ich habe nichts dagegen, reich zu sein und mein Leben lang von dem Geld, welches ich mit The Ark verdiene, zu leben und mich nicht mehr darum zu kümmern. Natürlich ist das nicht das Wichtigste für mich, wenn es darum geht, Musik zu machen.

Leari: Es ist eher die Idee, kreativ zu sein und die Leute zu erreichen. Wenn man dann noch davon leben kann, ist das großartig.

Soundmag: Ich habe Leari vorhin gefragt, ob es noch genug Themen gibt, über die man reden muss oder ob es doch eher so ist, dass alles schon gesagt wurde.

Ola: Als wir das erste Album aufnahmen, habe ich einfach über die Dinge geschrieben, die mir wichtig waren. Überraschenderweise wurden „politische“ Songs wie „It takes a fool to remain sane“ oder „Let your body decide“ Hits. Das wollte ich auf dem zweiten Album ausweiten und noch kontroversere Songs, die Erfolg haben, schreiben. Ich mag die Idee, im Radio gespielt zu werden und mit meinen Texten subversiv in die Gehirne der Menschen einzudringen.

Leari: (zu Ola) Ich habe vorhin schon gesagt, dass es noch genug Probleme gibt, über die man reden muss. Außerdem hat er mich gefragt, unter welchen Umständen The Ark sich auflösen würden und ich habe gesagt, dass es dann passieren wird, wenn alles nur noch langweilig ist.

Ola: Hmm...(überlegt) Stimmt. Manchmal denke ich, dass ich schon genug gesagt habe und dann schaue ich in die Zeitung und sehe, dass zum Beispiel die Subventionen für Schulbildung gekürzt werden. Nach „In lust we trust“ hatte ich keine Lust mehr, ständig politische Probleme zu thematisieren. Deshalb habe ich auf „State of The Ark“ eher über emotionale Dinge, die mich betreffen, geschrieben. Ich glaube, auf unserem nächsten Album werde ich ganz anders über Dinge singen. Ich beschreite da gerade neue Wege. Es wird nichts mit dem zu tun haben, was ich früher geschrieben habe.

Soundmag: Kannst du das näher erläutern?

Ola: Nein! (lacht) In einem Jahr werden wir uns wieder treffen und dann können wir gerne darüber reden.

Soundmag: Alles klar. Bis dann. Vielen Dank, für das Interview.

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