Interviews

Peter Björn & John

Peter Björn & John

 

14.09.06 - Magnet / Berlin

Interview:  Andreas

Foto: Andreas

 

 

 

Sonntag Vorabend, 19:06 Uhr. Aus der Lindenstraßen-WG von Klausi Beimer dringt ein fröhliches Pfeifen in Millionen deutsche Wohnzimmer. „Young Folks“ von Peter, Björn & John hat es irgendwie in den Hintergrundsoundtrack von Deutschlands erfolgreichster Endlosserie geschafft. Beginnen so die ganz großen Karrieren dieser Welt?

Einige Tage später im düsteren Backstagebereich des Berliner Magnet. Björn genießt einen Imbiss, John telefoniert gut gelaunt auf Schwedisch. Peter füllt gerade den GEMA-Meldebogen mit den heute zu spielenden Songs aus, damit die Band auch das ihr zustehende Geld bekommt. Das kann auch noch ein paar Minuten warten, denn jetzt heißt es: Zeit für das einzige Interview des Tages.

Soundmag: Peter, hast du einen Lieblingspopsong mit Pfeifpassage drin?

Peter: Schwere Frage. Kannst du mir einige Beispiele zeigen?

Soundmag: Ja, tatsächlich! Ein deutsches Musikmagazin hat – zweifellos inspiriert von „Young Folks“ – eine Liste mit den besten Pfeifsongs veröffentlicht. Dabei sind z.B. „Felt Mountain“ von Goldfrapp und Paul Simons „Me And Julio Down By The Schoolyard“.

Peter: Das Stück kenne ich, aber das ist kein wirkliches Pfeifen. Das geht eher in die Richtung Human Drums. (denkt nach) Obwohl, warte. Es gibt tatsächlich auch einen Teil, wo er pfeift. Okay, dann nehme ich den. „Walk Like An Egyptian“ von den Bangles ist auch klasse. (lacht)

Soundmag: Erscheint dir das Pfeifelement in Popsongs nicht auch etwas unterbewertet?

Peter: Da hab ich ehrlich gesagt noch nie drüber nachgedacht. Ich finde es überbewertet, darüber zu reden. (lacht)

Soundmag: Es ist zumindest etwas, mit den du jeden Hörer sofort erreichst.

Peter: Stimmt, fast jeder kann pfeifen. Ich bin leider ein ziemlich schlechter Pfeifer. Wenn wir in Konzerten „Young Folks“ spielen, muss ich mich ganz schön abmühen. Es ist hart, wenn du vorher schon einige Songs gesungen hast, besonders die hohen Noten. Aber du hast Recht, es ist ein Element, das heraus sticht. Obwohl wir das so nicht geplant hatten. Für uns war es einfach eine gute Möglichkeit, die Melodie sofort und direkt hörbar zu machen.

Soundmag: Vor einigen Wochen lief der Song sogar in der deutschen Endlosserie „Lindenstraße“. Sind diese kleinen Dinge die großen Schritte und eine wunderbare Zukunft für euch?

Peter: Ich hoffe. Neulich erzählte mir jemand, dass der Song als Hintergrundmusik in schwedischen Sportsendungen zu hören war. Er lief sogar in dieser schwedischen Show, wo sie den Wert antiker Gegenstände schätzen. Das ist schon ziemlich verrückt. Denn wir sind immer noch eine kleine Indieband, erst zwei Alben liegen hinter uns. Darum könnte es auch zum Problem werden, wenn man die anderen Songs gar nicht bemerkt. Aber das scheint nicht zu passieren, denn das Album verkauft sich ganz gut. Wir werden also nicht als One-Hit-Wonder enden.

Soundmag: Kennen gelernt habt ihr euch bei früheren Engagements für andere Künstler, richtig?

Peter: Björn und ich, wir kennen uns schon seit wir 15 waren, besuchten dieselbe Schule. Zusammen spielten wir schon in einigen anderen Bands. John trafen wir 1999 und das war der Beginn für uns als Trio. Björn hatte auch schon vorher einen gewissen Bekanntheitsgrad, da er als Produzent für Bands wie Shout Out Louds und Moneybrother tätig war. Er kann von seiner Arbeit bereits leben.

Soundmag: Und die anderen beiden? Könnt ihr euch auch voll auf die Musik konzentrieren?

Peter: Inzwischen könnte das klappen. Ich studiere zwar eigentlich, aber dafür fehlt inzwischen die Zeit. Also habe ich das Studium erstmal abgebrochen. Die Musikkarriere kann ich nicht verschieben, das Studium allemal.

Soundmag: Euer drittes Album „Writers Block“ ist das erste, das auch international erscheint. Wie bekannt seid ihr in eurer Heimat Schweden?

Peter: Na ja, wir spielen in Clubs, die mit diesem hier vergleichbar sind - also vor ca. 300 Leuten. Im Moment fällt es mir schwer, diese Frage zu beantworten, weil wir mit dem neuen Album noch nicht in Schweden unterwegs waren. Tatsächlich haben wir die Tour abgesagt, weil wir uns dachten, es wäre schöner, in anderen Ländern zu spielen. (grinst) Ich weiß also nicht, wie groß wir momentan in Schweden sind. Wir verkaufen nicht besonders viele Platten, aber die Menschen ziehen sich unsere Songs aus dem Internet.

Soundmag: Legal oder illegal?

Peter: Ich vermute beides. Wahrscheinlich meist illegal.

Soundmag: Ist das ein ernstes Problem für euch?

Peter: Es ist blöd, Geld zu verlieren. Aber was sollen wir tun? So läuft die Evolution. Als Ausgleich verkaufen wir unsere Musik für Werbespots, um so etwas Geld zu verdienen. (lacht)

Soundmag: Peter, Björn & John – gibt es einen Grund für diese Reihenfolge? Warum stehst du am Anfang?

Peter: Als wir mit der Band begannen, sang ich die Lead-Vocals auf allen Songs und schrieb auch die meisten von ihnen. Mir stand der erste Platz also quasi zu. Inzwischen hat sich das jedoch geändert. Irgendwie beteiligen sich alle an den verschiedenen Arbeitsschritten. Der eigentliche Grund ist jedoch, dass es so am besten klingt und aussieht. Ich denke nicht, dass wir es noch mal ändern werden.

Soundmag: Ihr könntet es ABBA nachtun und PBJ werden.

Peter: Das ist tatsächlich heute schon so, wenn wir uns unterhalten. Auch auf unseren Tourplänen steht immer PBJ.

Soundmag: Du planst auch schon ein Soloalbum.

Peter: Ich habe einige Sachen aufgenommen, die ich irgendwann fertig stellen werde. Die Arrangements unterscheiden sich von dem, was bei Peter, Björn und John stattfindet. Aber die Melodien sind durchaus vergleichbar. Ich wollte einfach mehr mit Akustikgitarren und weniger mit dem Schlagzeug arbeiten. Darum wird es auch eher ein Folkalbum – leider ohne Hits. (lacht)

Soundmag: Das weiß man ja vorher meist nicht. Oder hattet ihr bei „Young Folks“ das Gefühl, dass es ein Hit werden könnte?

Peter: Wir waren uns schon klar darüber, dass es definitiv eine Single ist. Es war der Hit auf diesem Album, aber dass er sich so gut entwickeln würde, hätte keiner von uns erwartet. Ich glaube durchaus, dass du einen Hit planen kannst. Aber wir sind nicht die Band, die so vorgeht. Das siehst du schon daran, dass „Young Folks“ 4:40 Minuten lang ist. Bei einem Hit solltest du dich auf drei Minuten beschränken.

Soundmag: Arbeitet ihr bei den Aufnahmen immer zusammen oder hat jeder von euch so etwas wie ein spezielles Steckenpferd, um das sich nur er kümmert?

Peter: John ist der Produzent, hat die Technik und das nötige Wissen darüber. Das hat er uns definitiv voraus. Trotzdem haben wir alle Einfluss auf die Arrangements und auch die Produktion. Denn wir funktionieren nun mal als Band. Das ist wohl der große Unterschied zwischen Produktionen, die John für andere macht und unserer eigenen. Mit uns hat er es schwerer! (lacht) John ist außerdem der Einzige, der Schlagzeug spielen kann. Und er hat eine sehr positive Einstellung, die uns anderen manchmal fehlt. Wenn ich etwas über mich selbst sagen sollte, so bin ich sicher derjenige, der die besten Texte schreibt. (lacht) Zumindest fällt es mir am leichtesten. Am Endprodukt sind wir aber immer alle drei beteiligt. Songs können sich sehr verändern zwischen dem Moment, an dem ich sie zu Hause schreibe, und dem, was jetzt auf dem Album ist.

Soundmag: Ist es denn ein Vorteil, den Produzenten in der eigenen Band zu haben?

Peter: Ja, denn er experimentiert mit uns viel mehr als er es mit anderen Bands tun würde. Außerdem gibt es keinen finanziellen Druck, weil wir in seinem eigenen Studio arbeiten. Beim nächsten Album jedoch können wir uns aber vorstellen, mit jemand anderem in einem größeren Studio zusammenzuarbeiten. Das ermöglicht Einflüsse von außen und verhindert, dass wir vielleicht das gleiche Album noch mal aufnehmen.

Soundmag: Denkt ihr schon an jemand bestimmtes?

Peter: Es gibt Kalle Johnson. Er hat eine eigene Band, die sehr viel mit Synthesizern arbeitet. Im Mix mit unserem Stil könnte das nette Ergebnisse provozieren.

Soundmag: Da ihr ja alle an anderen Bands und Projekten beteiligt seid, versteht ihr das Gerede vom speziellen skandinavischen Sound, der über die letzten Jahre entstanden sein soll?

Peter: Nicht wirklich. Ich glaube nicht, dass es diesen alles vereinenden Sound gibt, denn ich sehe keine schwedische Band die uns gleicht. Es gibt viele fantastische Bands in Schweden, aber es ist keine Szene mit einem vergleichbaren Sound. Vielleicht haben wir einfach die besseren Melodien...? (lacht)

Soundmag: In einem Artikel im “Guardian” über euch steht, dass ihr eine der schwedischen Bands seid, die vor 20 Jahren auf dem Cover des NME zu sehen gewesen wären. Ich finde das sehr passend, denn für mich verbindet sich die schwedische Musik momentan oft mit einem gewissen Retro-Element.

Peter: Vor zwanzig Jahren – das waren die späten 80er. Warum nicht? Damals gab es einige gute Bands.

Soundmag: Auf euerer Homepage erzählst du begeistert von dem I-Pod, den dir deine Eltern zum Geburtstag geschenkt haben. Es klingt, als ob er dein Leben verändert hätte.

Peter: Nicht wirklich. Aber ich mag es, möglichst viel Musik dabei zu haben und nicht vorher auswählen zu müssen, was ich mitnehme.

Soundmag: Bist du jetzt einer der Hipster geworden? Du erwähnst sie in dem Artikel, weil sie die Teile schon seit Jahren haben.

Peter: (lacht) Ich bin wirklich nicht hip. Eher hänge ich der Entwicklung etwas hinterher. In diesem Punkt bin ich sehr traditionell. Das trifft auch auf die Verhältnisse in der Band zu. Ich bin der Typ mit der Gitarre, der die Songs schreibt. John hingegen hört viel Hip Hop, Björn mag elektronische Musik und ich höre Go Betweens und Bob Dylan. (lacht) Ich bin der langweilige Typ. Aber der Mix macht’s.

Soundmag: Hast du auf deinem I-Pod auch was von den Pet Shop Boys?

Peter: Sie könnten drauf sein. Ich mag die Pet Shop Boys, hatte aber bis jetzt noch keine Zeit, einige ihrer Songs draufzuspielen.

Soundmag: Dein Lieblingssong?

Peter: Auch wenn es nicht ihr Song ist, geht meine Stimme an „Always On My Mind“. Es ist definitiv die beste Version dieses Titels.

Soundmag: Vielen Dank für das Interview.

Review kommentieren

Neues Thema im Forum

Mehr zu Peter Björn & John auf soundmag.de

Band-Seite

Review zu "Writer´s Block"

Interview vom 27.07.07

Offizielle Website

www.peterbjornandjohn.com

Alle Interviews

 

 

 

Neue Interviews

 

Neue Reviews

 

Suche in soundmag.de