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Pernice Brothers

Pernice Brothers

 

15.10.06 - per Email / Berlin

Interview:  Andreas

Foto: Pressefoto

 

 

 

Ihren 10. Geburtstag feiern die Pernice Brothers, wie es sich für eine Band gehört, mit einem neuen Album. „Live A Little“ heißt es und klingt ähnlich zeitlos wie all ihre anderen Alben. Es scheint, als hätten die Brüder Joe und Bob Pernice plus Mitstreiter ihren ganz eigenen Standart geschaffen und schauten fröhlich auf die nächsten zehn Jahren. Nur eins verhindert den weltweiten Erfolg: Geld. Erklärungen dazu auf ihrer Homepage in der FAQ-Sektion. Weil Kanada sehr weit weg ist und ein kleines Label wie das von Joe Pernice gegründete Ashmont Records nicht das Geld hat, um mehrere Menschen durch Europa zu schicken, beantwortete das Pernice Brothers-Mastermind zumindest unsere Fragen per Email. Auf ein Konzert in Deutschland muss weiter gewartet werden.

Soundmag: Hallo Joe, wo bist du gerade?

Joe: Toronto, Ontario, Kanada.

Soundmag: Zusammen mit deinem Bruder bist du das Herz der Pernice Brothers. Wann habt ihr festgestellt, dass ihr zusammen Musik machen solltet?

Joe: Eigentlich nie. Ich fragte ihn einfach irgendwann, ob er nicht Lust hätte, auf der Platte mitzuspielen, die ich gerade aufnahm. Er sagte ja und das war’s.

Soundmag: Habt ihr denn beide einen ähnlichen Musikgeschmack?

Joe: In vielerlei Hinsicht schon, aber nicht immer. Ich mag englische Post-Punk-Bands, er hingegen liebt The Who.

Soundmag: Was stand in der Plattensammlung eurer Eltern?

Joe: Vor allem Glenn Campbell, Frank Sinatra und The Brothers Four.

Soundmag: Das hat euch offensichtlich nicht so sehr beeinflusst. Du hast Englisch studiert und warst sogar als Professor in diesem Fach tätig.

Joe: Richtig, aber an einem bestimmten Punkt entschied ich mich, dass ich mehr meiner Zeit mit Musik füllen möchte und kündigte meine Tätigkeit.

Soundmag: Euer neues Album heißt „Live A Little“. Du hast gesagt, dass die Akkorde, die ihr für die Songs genutzt habt, so simpel seien, dass sogar Affen sie nach einigen Durchläufen erkennen würden. So schön und zeitlos wie das neue Album geworden ist, stürzt du doch Dutzende von Songwritern mit dieser Beschreibung in eine Schaffenskrise.

Joe: Nein, das glaube ich nicht. Die Songs sind tatsächlich sehr, sehr einfach. Auch die Texte sind nicht mehr und nicht weniger als meine Persönlichkeit. Jeder kann so ein Album machen. Keiner wird dir eine Garantie geben, dass es irgendwem gefällt, aber aufnehmen kannst du es. Ich fordere hiermit jeden dazu heraus!

Soundmag: Helfen dir die Jahre im Musikgeschäft, solch zurückgelehnte, zeitlose Songs zu schreiben?

Joe: Mein Stil hat sich sicher über die Jahre hinweg weiterentwickelt und ist zu dem geworden, was auf „Live A Little“ zu hören ist. Aber ehrlich gesagt, habe ich darüber noch nie nachgedacht.

Soundmag: Bist du denn heute beim Schreiben entspannter als in den Anfangsjahren?

Joe: In den letzten Jahren habe ich mich mit Sicherheit oft und lange entspannt. Ich bin vor allem nicht mehr so verunsichert wie in den ersten Jahren.

Soundmag: Wie habt ihr eigentlich davon erfahren, dass bei einem der „Gilmore Girls“ ein Poster von euch an der Wand hängt?

Joe: Auf die einfachste und direkteste Art und Weise: Sie riefen uns an und fragten, ob wir ihnen eins schicken könnten.

Soundmag: Hilft das eurer Musik? Auch in einer Serie wie „OC California“ dreht sich ja viel um Independent-Musik.

Joe: Ich bin sicher, dass wir einige neue Fans gefunden haben, weil wir ab und zu im Fernsehen zu sehen sind. Aber wie viele das sind, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Das Scheinwerferlicht, das durch die „Gilmore Girls“ auf uns strahlt, hilft uns definitiv. Zumal es wirklich eine tolle Serie ist.

Soundmag: Das bringt euch auch insofern weiter, als die Pernice Brothers in Amerika immer Probleme hatten, ihre Songs ins Radio zu bekommen. Hat sich das geändert?

Joe: Durch College-Radios, Satelliten- und Internetradios bessert sich die Lage. Aber von den kommerziellen Sendern gespielt zu werden, kostet hunderttausende Dollar. Und nun ja, mein Label ist sehr klein. Im wesentlichen besteht es aus mir und meinem Partner.

Soundmag: Bist du zufrieden mit den Labelgeschäften?

Joe: Ich liebe die Arbeit! Ich habe sehr viele Freiheiten einfach durch die Tatsache, dass ich bei niemandem unterschrieben habe. Denn sobald dir jemand anderes Geld gibt, kommen sie gleich mit ihren Ansprüchen und Forderungen.

Soundmag: Gibt es denn eine starke Indielabel-Szene in den USA?

Joe: Oh ja. Hier arbeiten viele, viele Indielabels und glaube mir, ohne sie würde die Musik eingehen und sterben.

Soundmag: Wenn es um Marketing und Merchandising geht, scheinst du alle Fäden gern in deiner Hand zu halten. Wie verhält es sich, wenn es um die Musik geht? Sind die anderen Bandmitglieder am Songwriting beteiligt?

Joe: Ich schreibe alle Songs allein und so wird es auch bleiben. Natürlich bin ich für Einflüsse und Anregungen offen, wenn es um die Arrangements geht. Jeder bringt sich hier ein. Aber das Songwriting bleibt mein ganz persönliches Hoheitsgebiet.

Soundmag: Vor einigen Jahren schriebst du ein Buch mit dem Titel „Meat Is Murder“. Sind The Smiths einer deiner größten Einflüsse?

Joe: Nein, aber ich mag sie sehr. „Meat Is Murder“ war in den 80ern ein enorm wichtiges Album für mein Leben.

Soundmag: Auch wenn dieses Buch eher ein kurzer Roman war, ging es darin trotzdem um Musik. Was ist der Unterschied zwischen dem Schreiben von Musik und dem Schreiben über Musik? Sollte es vielleicht sogar nur Musikern erlaubt sein, über Musik zu schreiben?

Joe: Also ich hasse es, über Musik zu schreiben. Ich finde Musikjournalismus ganz allgemein uninteressant – egal ob es ums Schreiben oder Lesen geht. Genau aus diesem Grund habe ich auch einen Roman und kein Sachbuch geschrieben. Um ganz ehrlich zu sein, erinnert mich Musikjournalismus viel zu sehr an die Aufsätze in der Schule. Ob nur Musiker schreiben sollten, kann ich nicht sagen. Für mich steht fest, dass ich es langweilig finde. Darum sollte ich damit wohl besser gar nicht erst anfangen.

Soundmag: Also sind dir die Kritiken an deiner Band auch egal.

Joe: Genau. Ich habe nach dem ersten Album aufgehört, sie zu lesen. Es langweilt mich ganz extrem, meinen eigenen Namen zu lesen. Außerdem: wenn ich merke, dass ein Album fertig ist, entlasse ich es in die Welt. Einige Leute werden es lieben, andere hassen. So ist es. Aber was ist der Grund dafür, noch seitenweise Text darüber zu lesen?

Soundmag: Gut, dann brauche ich dich nicht zu fragen, was das Frustrierendste war, das du jemals über deine Musik lesen musstest.

Joe: Nein. Aber das ist auch ein Grund, warum ich mir das Lesen von Kritiken abgewöhnt habe.

Soundmag: Letzte Frage: Was hältst du von den Pet Shop Boys?

Joe: Ich mag ihr Duett mit Dusty Springfield, „What Have I Done To Deserve This“. Der Text dazu war einsichtig und weise.

Soundmag: Joe, vielen Dank für das Interview.

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www.pernicebrothers.com

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