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Joan As Police Woman

Joan As Police Woman

 

20.11.06 - Lido / Berlin

Interview:  Alice

Foto: Alice

 

 

 

Joan Wasser hat auf Fotos eine unglaublich intensive Ausstrahlung. Im Lido schaue ich mir noch kurz den Soundcheck an und bin sehr gespannt, wie sie so seinw ird. Das Interview soll ca. 20 Minuten dauern. Sie bietet mir Tee an und will erstmal wissen, wie die verschiedenen Teesorten auf Englisch heißen. Dann übt sie das Wort „Kräutergarten“.

Soundmag: Dein erstes Soloalbum ist diesen Sommer erschienen. Da du Musik schon seit vielen Jahren machst, stellt sich mir als erstes die Frage, warum erst jetzt?

Joan Wasser: Als ich acht war habe ich mit klassischem Geigenunterricht angefangen. Das war zwar sehr herausfordernd uns spannend aber ich habe auch sehr schnell parallel bei verschiedenen Rockbands mitgespielt, u.a. bei den Dambuilders. Das Singen habe ich für mich erst entdeckt als ich anfing mich mit dem Gitarrespielen zu beschäftigen, also so um 1997. Um ehrlich zu sein, ich habe nie gedacht, dass ich mal Sängerin werde, es war bis dahin nicht mein Ziel. Aber wenn du anfängst, dich mit einem Instrument zu beschäftigen, das dir so neu und fremd ist, ist es gleichzeitig ein sehr interessanter und kreativer Prozess. Außerdem gibt es einen sehr wichtigen Unterschied zwischen Geige und Gitarre: Die Geige funktioniert schon selbst wie eine Stimme. Also fing ich plötzlich an zur Gitarre zu singen und es war ein sehr merkwürdiges Gefühl.

Soundmag: Merkwürdig?

Joan Wasser: Ja, weil es so neu war. Dann entstand meine erste Band Black Beetle. Es war mein erstes Mal als Frontfrau und Songwriterin. Im Jahr 2000 hatte ich meine ersten Soloshows, um mich der Herausforderung alleine auf der Bühne zu stehen zu stellen und wirklich solide zu werden. Man muss das einfach üben. Ich bekam gutes Feedback, fragte 2002 Ben Perowsky (den Schlagzeuger), ob er mit mir zusammen spielen will, wir waren also ein Duo eine Zeitlang. Dann kam Rainy Orteca als Bassistin hinzu… Meine Songs waren am Anfang immer unglaublich kompliziert. Ich habe aber ständig daran gearbeitet, sie etwas zugänglicher zu gestalten und als ich einige Songs hatte, die ich wirklich gut fand, war ich soweit. Naja, so war das, so entstand mein erstes Album.

Soundmag: Es heißt „Real Life“. Wann war es denn einfacher für dich, das „echte Leben“ in Songs umzuwandeln: Wenn du ziemlich fertig oder besonders gut drauf warst?

Joan Wasser: Man muss einfach nur bereit sein. Wenn ich z.B. U-Bahn fahre und es kommt etwas auf mich zu, ein Gefühl oder ein Gespräch… Ich habe mein Aufnahmegerät immer dabei. Ansonsten einfach passiert es meistens beim Relaxen und in Sphären eintauchen, in denen man etwas entdecken kann, das man in einen Song umwandeln will.

Soundmag: Hast du eigentlich vor, in Zukunft weiterhin andere Künstler zu supporten oder bleibt es erstmal bei der Solokarriere?

Joan Wasser: Keine Ahnung, ich plane ungern. Aber ich denke schon, dass ich mit anderen auf der Bühne stehen werde, weil es einfach wahnsinnig viel Spaß macht.

Soundmag: Und gibt es jemanden, mit dem du gerne zusammen spielen würdest?

Joan Wasser: Es gibt sehr viele Künstler, die ich bewundere, wie z.B. Jonnie Mitchell, aber ich weiß nicht, ob ich mit ihr zusammen spielen wollte. Ich hätte echt Angst, glaube ich. Außerdem will ich sie lieber sehen als mit ihr auf der Bühne stehen. Sufjan Stevens finde ich auch wahnsinnig gut. Allerdings höre ich nicht so viel Musik, wenn ich auf Tour bin…

Soundmag: Wie lang ist diese Tour eigentlich?

Joan Wasser: Zweieinhalb Monate.

Soundmag: Oh, ganz schön lange.

Joan Wasser: Ja es ist sehr intensiv aber sehr gut. Und was getan werden muss…

Soundmag: Europa und USA?

Joan Wasser: Nein, in den USA ist mein Album noch gar nicht raus. Ich habe wohl mein Land verraten. Dort erscheint „Real Life“ vielleicht erst im April.

Soundmag: Wie hast du deine Band-Partner Ben und Rainy kennen gelernt?

Joan Wasser: Ich gehe in New York sehr viel aus, um andere Konzerte zu sehen und Ben habe ich bei verschiedenen Projekten gesehen und jedes Mal hat es mich wirklich umgehauen. Ich dachte einfach nur: “What the fuck ist that?!“ Und dann habe ich ihn irgendwann gefragt, ob er auch mit mir spielen würde. Und er hat „ja“ gesagt. Und Rainy hat in der Band eines Freundes gespielt. Bei ihr hatte ich auch sehr schnell das Gefühl, ja, das passt. So war’s.

Soundmag: Du hast dich nach der weiblichen Superheldin einer amerikanischen TV-Serie der siebziger Jahre, der „Police Woman“, genannt. Gibt es noch andere weibliche oder auch männliche Helden, deren Namen du stattdessen benutzen würdest?

Joan Wasser: Es gibt so viele tolle Persönlichkeiten… Lass mich mal überlegen. Also musikalisch fallen mir sofort zwei Frauen ein, die ich sehr bewundere: Nina Simone und Jonnie Mitchell. Aber auch Roberta Flack, Ann Peebles, natürlich Ella Fitzgerald und Billie Holiday. Dann bewundere ich noch Emma Goldman. Sie war eine Friedensaktivistin und Anarchistin, eine sehr mutige Frau. Sie hat schon lange her gelebt, Anfang des letzten Jahrhunderts. Flannery O'Connor finde ich auch super, eine Schriftstellerin, sie hat u.a. „Wise Blood“ geschrieben. Das musst du unbedingt lesen. Und ich liebe Dr. Martin Luther King. Er war ein toller Mensch. Es gibt so viele…

Soundmag: In dem ersten Song auf dem Album, „Real Life“, singst du darüber, dass du zum ersten Mal den Namen eines Mannes in einem Song erwähnen wirst, was du auch tust. Er heißt Jonathan. Gibt es ihn wirklich?

Joan Wasser: Oh ja! Ihn gibt es wirklich! Ich hatte ihn nur kurz gesehen, drei Minuten vielleicht, du weißt was ich meine, aber ich hatte einfach gewusst: Der ist es! Und dann habe ich diesen Song geschrieben und an ihn geschickt. Und er meinte nur: Sag mal, was machst du da? Du kennst mich doch gar nicht. Und ich meinte: Das ist mir total egal. Ich bin eben romantisch! Ich glaube, er denkt immer noch, ich sei verrückt.

Soundmag: Wie?! Er war nicht glücklich darüber? Es ist doch eine tolle Story und ein toller Song.

Joan Wasser: Vielen Dank, genauso denke ich auch! Aber er war es wohl doch nicht. Dafür rufen viele Typen bei Konzerten: Ich bin Jonathan!

Soundmag: Hast du deinen persönlichen Lieblingssong auf dem Album?

Joan Wasser: Ich mag letzte Lied „We Don’t Own It“…

Soundmag: Der Song, den du für Elliott Smith geschrieben hast…

Joan Wasser: Ja, genau.

Soundmag: Du kanntest ihn?

Joan Wasser: Ich hatte einige Male mit ihm zusammen getourt, es war vor dem Film „Good Will Hunting“, da war er noch nicht so berühmt. Ich war damals in einer Band, die Those Bastard Souls hieß. Wir haben als Opener für Sebadoh gespielt und Elliott Smith hatte die ganze Show eröffnet. Ich fand es so toll, wie er da alleine mit seiner Gitarre auf der Bühne stand. Obwohl er so schüchtern war…

Soundmag: Wirklich?

Joan Wasser: Ja, er war sehr sehr still und schüchtern. Es ist alles so traurig, auch die ganze Geschichte nach seinem Tod. Ich hatte gehört, es gab einige Streitereien unter den Freunden und Familienmitgliedern. Nicht schön. Aber es passiert wohl sehr oft.

Soundmag: Gibt es irgendwelche neuen Projekte, an denen du schon arbeitest?

Joan Wasser: Ich arbeite bereits an einem neuen Album, habe auch schon mit den Aufnahmen angefangen. Aber erst freue ich mich auf Japan und Australien und auf meine Heimat…

Soundmag: Ok, vielen Dank für das Interview.

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Offizielle Website

www.joanaspolicewoman.com

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