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Goose

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16.12.06 - Maria Am Ufer / Berlin

Interview:  Andreas

Foto: Pressefoto

 

 

 

Wenn Gänse Musik machen, schnattern sie will durcheinander. Wenn Goose aus Belgien ihren Soundcheck in der Maria durchziehen, wummert der Bass auch im Backstagebereich noch ordentlich durch die Wände. Vor dem inneren Augen sind schon die Überschriften zu sehen, die Mitte Januar, wenn ihr Debüt „Bring It Back“ in Deutschland erscheint, über den Artikeln der Indiemagazine stehen werden. Vier viel zu junge Menschen aus Belgien und ihr verteufelter Mix aus Rockmusikstrukturen und Elektroarrangments geben ausreichend Anlass dafür. Als Schlagzeuger Bert Liebeert und Sänger Mick Karkousse dann im einzigen beheizten Raum sitzen, wirken sie zwar noch etwas unbeholfen, müssen es aber eigentlich nicht sein. Denn es läuft gut für Goose.

Soundmag: Ich habe auf eurer Homepage gelesen, dass ihr jetzt „Big In Japan“ seid!

Bert: Das ist natürlich ein toller Titel, trifft die Wahrheit aber im Moment nicht ganz. Unser Album wurde dort gerade veröffentlicht und es läuft ganz gut. Wir hoffen, eines Tages rüberzufliegen.

Mick: Die bisherigen Reaktionen sind sehr positiv – auch von der Presse. Belgische Freunde von uns spielten vor kurzem in Japan und sahen unser Album in den Plattenläden. Für uns ist die Tatsache, dass die Platte in den Läden steht eigentlich wichtiger, als so eine tolle Überschrift.

Soundmag: Trotzdem, sechs Jahre vergingen seit euren Anfängen und nun ist euer Album sogar in Japan zu kaufen.

Bert: Es hat nicht die kompletten sechs Jahre gebraucht, um dieses Album aufzunehmen. Die Zeit ging vor allem dafür drauf, Songs zu schreiben, mit denen wir so glücklich sind, um sie auf ein Album zu packen.

Mick: Wir spielen jetzt seit sechs Jahren zusammen und es hat lange gedauert, um UNSEREN Sound und den richtigen Vibe für unsere Musik zu finden. Die ersten vier Jahre waren wir also fast nonstop in Belgien unterwegs. An einem bestimmten Punkt sagten wir uns, dass jetzt erstmal Schluss ist mit den Konzerten. Wir schraubten unser Homestudio zusammen, schlossen uns für zwei Jahre darin ein und arbeiteten an neuen Songs im neuen Sound. Diese Evolution führte uns weg von der klassischen Rockformation; hin zu dem, was im Studio entstand. Denn dort kannst du alle Instrumente und das gesamte Equipment für deine Musik nutzen. Jeder von uns begann plötzlich, andere Instrumente zu spielen und zeigte bis dahin geheime Talente. Jeder arbeitete an eigenen Ideen und schließlich kamen wir als Band zusammen und fügten alles zu einem Album.

Soundmag: Euer Studio befindet sich in der kleinen Stadt Kortrijk. Ein guter Ort, um Musik zu machen?

Mick: Ja, es ist gut, weil du weit weg bist von den drei großen Städten – weit weg zumindest in belgischen Maßstäben. Gent, Brüssel und Antwerpen sind die drei musikalischen Zentren unseres Landes und hatten immer viel mit Rockmusik zu tun. In Kortrijk hingegen erwartet niemand von dir, dass du etwas Kreatives tust. Es gibt viele Bands, aber im Gegensatz zu den großen Städten arbeiten sie alle in ihrem eigenen Tempo und lassen sich nicht beeinflussen. Als wir dort in unserem Studio aufnahmen, kümmerte sich niemand um uns. Niemand schaut uns über die Schultern und äußerte seine Meinung. Ich glaube, so entstand ein ganz eigener, unser Sound. Wir sind sehr stolz auf unser Album, denn wir haben etwas erschaffen, das vielen Menschen zu gefallen scheint. Das war nicht unsere Absicht. Uns ging es um ein Album, das UNS gefällt. Mit den vier Charakteren, die an Goose beteiligt sind, ist es alles andere als einfach, das zu schaffen. Wenn einer von uns eine Idee nicht mag, ist es definitiv eine schlechte. Wenn wir sie hingegen alle mögen, MUSS sie großartig sein.

Soundmag: Musstet ihr während dieser Zeit neben der Musik noch Geld verdienen?

Mick: Einige von uns spielen zusammen seit wir 16 sind. Die Musik gehörte also schon sehr früh zu unserem Leben. Auch als wir das College besuchten, machten wir weiter Musik. Und anschließend konzentrierten wir uns sofort auf das Album. Mag sein, dass es ein Risiko war, sich ohne Job nur um die Musik zu kümmern. Tatsächlich gab es einige sehr harte Zeiten. Schlussendlich hat sich jedoch alles zum Guten gewendet. Es gibt die Band noch, wir spielen Musik, reisen in viele Länder, treffen dort neue Leute und Bands. Es ist toll!

Soundmag: Seht ihr euch denn heute eher als Rockband oder Danceact?

Mick: Wir sind definitiv eine Rockband, denn es gibt uns vier Musiker und kein fünftes Mitglied mit dem Namen Computer. (lacht) Wir spielen alles live mit analogen Synthesizern. Und trotzdem ist es tanzbar, einfach weil wir diesen 4/4-Takt haben und Klänge auf den Synthesizern kreieren, die eher an Dancemusic erinnern. Im Rock gibt es diese Sounds einfach nicht. Aber: wir versuchen mitunter auf den Synthesizern den Einfluss zu kreieren, den normalerweise Gitarren haben.

Bert: Schau dir AC/CD in den 70ern an. Das war sehr geradeaus gespielte Musik, ein unnachgiebiger Rhythmus, der richtig groovt. Das genügte. Genau das wollen wir erreichen, natürlich mit anderen Instrumenten. Obwohl, selbst unsere Instrumente sind aus den 70ern und 80ern. Es ist die gleiche Stimmung – egal ob AC/DC oder Goose. Du hörst es und denkst „Oh ja! Genau so muss es sein!“. (Mick lacht)

Soundmag: Ihr habt ja auch als AC/DC-Coverband angefangen. Sind das eure großen Idole?

Bert: AC/DC sollten jedermanns Idol sein!

Mick: Allgemein gelten AC/DC als Hardrock-Band. Aber für mich ist Bon Scott viel mehr ein Soulsänger. Diese Band vereint sehr viele Einflüsse und Inspirationen. Genau das wollen wir auch schaffen.

Bert: Sie haben ihre Musik immer einfach gehalten. Für mich ist das der Grund für ihren Erfolg: einfach aber sehr effektiv. Es gibt so viele Bands, die unterschiedlichste Stile ausprobieren. Aber AC/DC sind schlicht, das ist toll! Danke.

Soundmag: Erzählt mal die Geschichte zu eurem Bandnamen!

Bert: Wir haben ihn uns aus dem Film „Top Gun“ geliehen, den kennt eigentlich jeder. Wir sind nicht mal große Fans davon. Aber als wir jung waren, war „Top Gun“ ein echter Klassiker bei den Jugendlichen. Fast jeder mochte ihn! In dem Film gibt es Maverick, der von Tom Cruise gespielt wird, und seinen Freund, der Goose heißt. Es gibt also keine tiefere Bedeutung für den Namen. Wichtig war uns, dass es ein kurzer, einfacher und darum einprägsamer Name ist.

Soundmag: Seid ihr Filmfans?

Mick: Nicht in dem Sinne, das wir alles über jeden Film wissen. Als Band bist du viel unterwegs. Wenn du irgendwann mal wieder zu Hause ankommst, ist es einfach nett, sich zurückzulehnen und zur Entspannung einen Film zu gucken.

Soundmag: In den Albumcredits werden drei von euch als Keyboarder aufgeführt, die außerdem noch Gitarre, Bass und andere Instrumente spielen. Wie darf man sich Goose live vorstellen?

Mick: Also, auf der Bühne haben wir ein Schlagzeug, drei Synthesizer, zwei Gitarren und einen Bass. Alles gespielt von vier Leuten! (lacht) Wir wechseln also ständig zwischen den Instrumenten. Bei einem Song stehen wir alle drei hinter den Synthesizern, beim nächsten ist es nur Tom und Dave und ich spielen Gitarre. Alle Kombinationen sind möglich. Wir albern viel herum, trotzdem ist alles sehr strukturiert. Die vier Typen auf der Bühne tauschen zwar ständig ihre Instrumente, aber trotzdem siehst du keinen Zirkus. Im Studio läuft es nicht anders und das darf wohl als Spezialität von Goose angeführt werden. Jeder von uns spielt fast jedes Instrument. Bert, der hier neben mir sitzt, spielt live zwar Schlagzeug, aber im Studio spielt er fast alle Instrumente. Denn er ist der beste von uns Vieren und ein toller Musiker.

Bert: Dankeschön! (beide lachen)

Soundmag: Ihr habt inzwischen zwei eurer Songs für Werbespots (Coca Cola, Heineken Bier) freigegeben. War das eine schwere Entscheidung? In Indiekreisen wird man ja schnell schief angesehen und mit „Ausverkauf“-Rufen beschimpft.

Mick: Du sagst ja selber: es ist die Indieszene. Und das bedeutet, dass es unglaublich schwer ist, deine Musik in Radio und Fernsehen zu bekommen. Wir sagten uns also: unsere Musik ist zwar kein Schlager und auch nicht mit einem Sugababes-Song vergleichbar, aber lass uns einfach versuchen, unsere Songs ins Radio und zu den Menschen zu bringen. So dass eine Indieband wie wir Freunde in der großen Welt für sich gewinnen kann. Diese Werbespots haben uns wirklich geholfen, denn damals mussten wir ohne Label und jegliche Unterstützung auskommen. Wenn deine Musik dann in einer großen Werbekampagne läuft, hilft das ein ganzes Stück weiter.

Soundmag: Ihr habt schon über die 70er und AC/DC gesprochen. Aber eigentlich scheint mir eure Musik viel eher in den 80ern verwurzelt zu sein. Was sagt ihr zu diesem Jahrzehnt?

Mick: Mir gefallen vor allem die Filme aus den 80ern: „Zurück in die Zukunft“, „Footloose“ oder „La Boom“. Diese Filme waren sehr wichtig für mich, denn durch sie entdeckte ich, wie viel mir die Musik bedeutet. In dieser Hinsicht haben die 80er einen typischen Sound und ganz eigene Produktionstechnik. Du kannst einige Inspiration aus den 80ern ziehen. Es war ein tolles Jahrzehnt. Genauso wie die 90er – es gab 2 Unlimited! Kennst du die?

Soundmag: Klar: (singt): „No no, nononono nononono nono, there’s no limit!”

(Alle lachen)

Mick: Auch ein sehr typischer Sound für diese Dekade. Erstaunlich, dass alle zehn Jahre so unglaublich viele neue Dinge entstehen. Ich kann gar nicht erwarten, 2020 auf jetzt zurückzuschauen und zu sehen, als was sich das, was wir jetzt tun, herausstellt. Es kommt einem im Moment alles ein wenig abstrakt vor. Klar, die Leute mögen die Musik, aber keiner weiß gerade, wie man unsere Musik nennen oder definieren soll.

Soundmag: Wo wir schon bei den 80ern sind. Was haltet ihr von den Pet Shop Boys?

Mick: Ein wenig schwul. (lacht) Das ist nicht unbedingt meine Baustelle.

Bert: Ich kenne ihre Musik auch nicht wirklich.

Mick: Die 80er stehen für mich eher für Madonna, Michael Jackson, Wham!, George Michael...

Bert: Alan Parsons? Waren das die 80er? Viele tolle Songs kommen aus den 80ern. Das wird keiner bestreiten.

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