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Kaiser Chiefs

Kaiser Chiefs

 

04.02.07 - Mövenpick Hotel / Berlin

Interview:  Dirk & Andreas

Foto: Andreas

 

 

 

Zwölf Uhr Mittags. High Noon im Mövenpick Hotel an der Schöneberger Straße. Uns gegenüber sitzen mit Schlagzeuger Nick Hodgson und Gitarrist Andrew White (Whitey) zwei gut gelaunte Protagonisten der Kaiser Chiefs. Nachdem sich Whitey erstmal einen Toast bestellt hat, kann der Showdown beginnen.

Soundmag: Fangen wir mit dem Albumtitel an. Warum habt ihr euer neues Album „Yours Truly, Angry Mob“ genannt?

Nick: Die Antwort ist einfach. Es klang einfach gut und das war’s. Na ja, nicht wirklich. Ich hatte die Idee für diese Redewendung „Yours Truly, Angry Mob“ und dachte, dass es ein toller Anfang für einen Song wäre, denn ich hatte allein durch die Wörter ein gewisses Bild vor Augen. Bei den anderen war es genauso, als wir den Song „The Angry Mob“ schrieben. Wir überlegten dann, ob wir das Album nicht „Yours Truly, Angry Mob“ nennen sollten. Wie ein Statement am Ende eines Briefes vom wütenden Pöbel.

Soundmag: Wie würdet ihr die Unterschiede des neuen Albums zu eurem Debüt beschreiben?

Whitey: Der Hauptunterschied liegt darin, dass wir in unserem Können als Musiker und Songwriter reifer geworden sind. „Yours Truly, Angry Mob“ ist somit definitiv eine natürliche Weiterentwicklung des ersten Albums. Es gab keine dramatischen Umbrüche, aber wir sind besser im Songwriting und im Spielen unserer Instrumente geworden.

Nick: Dieses Album hat viel eher eine Aussage. Unser Debüt war nichts anderes als eine Compilation von Songs, die wir geschrieben hatten. Dabei ging es nicht um ein Album, sondern um Songs, die wir live spielen wollten. Dieses Mal jedoch wollten wir wirklich eine Platte als Ganzes schreiben.

Whitey: Es ist mehr ein Gesamtwerk, denn ich habe keine wirklichen Lieblingssongs auf diesem Album. Das war bei unserem Debüt noch anders, denn es entpuppte sich quasi als Singles-Collection – auch wenn das nicht unsere Absicht war. Die neue Platte fließt viel besser, du kannst sie auflegen und problemlos bis zum Ende durchhören.

Soundmag: Das zweite Album nach einem unglaublich erfolgreichen Debüt. Habt ihr den Druck gespürt?

Nick: Nicht wirklich, nein.

Whitey: Na ja, es gab ihn schon.

Nick: Ja, aber der ging eher von uns selbst aus. Wir wollten ein Album machen, das definitiv besser ist als das vorangegangene. Wir wollen nicht für immer mit „I Predict A Riot“ in Verbindung gebracht werden. Es ging also nicht darum, dass die Plattenfirma sagte: Ihr müsst soundsoviele Platten verkaufen. Wir wollten nicht, dass die Leute auf den Straßen für den Rest ihres Lebens „I Predict A Riot“ brüllen. Es soll auch andere Songs geben...

Whitey: RUBY!

Soundmag: Ihr habt wieder mit Stephen Street zusammengearbeitet.

Whitey: Ich mag ihn wirklich, denn er ist ein netter Typ, ein toller Produzent UND er hat kein Ego. Es geht ihm darum, an guten Alben beteiligt zu sein und darum war auch bei uns sein erstes Ziel, ein tolles Album abzuliefern, nicht seinen Namen irgendwo draufzuschreiben oder uns seine eigenen Ideen aufzuzwingen. Er wurde während der Aufnahmen zum sechsten Kaiser Chief und wir konnten ihn dieses Mal viel besser kennen lernen. Beim ersten Album hatten wir dazu keine Gelegenheit, da wir es in drei Tagen aufgenommen haben und dann für zwei Wochen auf Tour gegangen sind und für andere Termine bereitstehen mussten. Bei den Aufnahmen zur neuen Platte jedoch haben wir quasi alle im selben Bett geschlafen. Und es war gut. (Nick lacht laut.)

Soundmag: Gab es spezielle Einflüsse für „Yours Truly, Angry Mob“?

Whitey: (mit vollem Mund.) Als wir uns erstmals mit neuen Songs beschäftigten, waren wir auf Tour und hörten...

Nick: ...härtere Sachen, richtig?! Queens Of The Stoneage und Queen, die vor allem ich im Laufe der Aufnahmen ganz neu für mich entdeckte, obwohl ich sie eigentlich schon immer gehört habe. Aber wenn wir von etwas inspiriert sind, heißt das nicht, dass wir so klingen. Uns inspirieren eher die Energie, die Ideen, bestimmte Arbeitsweisen oder die Menschen, die sie waren. Einflüsse kommen von den Beatles bis hin zu Nirvana, den Ramones und eben Queen. Aber trotzdem klingen wir nicht wie sie.

Whitey: Die Frisuren der Beatles hatten letztendlich wahrscheinlich mindestens soviel Einfluss auf mich wie ihre Musik. Wirklich! (lacht.)

Nick: Da stimme ich dir zu. Aber ich denke, du meinst nicht nur ihre Haare.

Whitey: Nein, ihr ganzes Image.

Nick: Ihren Humor, wie sie mit dem Ruhm und den Medien umgingen. All das inspiriert uns, die Einstellungen der Leute. Nicht viele Menschen sehen wahrscheinlich Einflüsse von Nirvana in unserer Musik. Aber es gibt sie definitiv.

Whitey: Absolut. (schmiert sich einen neuen Toast.)

Soundmag: Manche Journalisten bezeichnen eure Songs auch gern mal als Partymusik...

Nick: Solange wir Partymusik im Stil der Faces sind und nicht im Sinne von Agadoo oder Scooter, habe ich damit kein Problem.

Whitey: Wir haben kein Party-Album, sondern eine Platte voller toller Songs gemacht, die den Leuten gefällt.

Nick: Ein energetisches Album.

Whitey: Letztendlich ist es ihre Schuld, wenn sie eine Party zu unserer Musik feiern. (lacht.)

Nick: Wir sind energische, humorvolle und charmante Menschen. Wir wollen nicht wie Mogwai oder Elbow klingen. Versteh mich nicht falsch, das sind lustige Menschen. Ich habe keine Ahnung, warum sie so niedergeschmettert klingen. Mogwai sollten definitiv mal ein Partyalbum schreiben.

Whitey: Ich hasse Parties! Scissor Sisters... das ist ein Partyalbum. Für eine schlechte Party.

Nick: Ich persönlich hasse Partymusik. Ich hasse Parties. Ich hasse die Menschen auf Parties. Und... ich hasse Parties. (lacht.)

Soundmag: Ihr mögt also Bands wie Elbow nicht so. Hört ihr denn auch melancholische Musik?

Whitey: Zu sagen, dass wir sie nicht mögen, wäre eine Lüge. Wir hören diese Richtung einfach nicht so viel. Es ist einfach nicht meine Musik.

Nick: Ich mag Nick Drake. Du nicht auch?

Whitey: Ja, das stimmt, den mag ich. Ich liebe Leonard Cohen.

Nick: Ich nicht!

Whitey: Ich mag Morrissey. Das ist die tiefste Depression, die ich erreichen kann. Seine Musik ist deprimierend, hat aber zugleich Humor.

Soundmag: Nun hat Ricky in eurer Band eine sehr prominente Stellung und bekommt die meiste Aufmerksamkeit. Würdet ihr manchmal gerne mehr im Vordergrund stehen?

Nick: Nun, ich sitze als Schlagzeuger zwar im Hintergrund, aber ich möchte nicht der Drummer sein, der HINTER dem Sänger sitzt. Denn dann siehst du immer nur den Rücken von ihm und das ist echt langweilig. Ich will das Publikum sehen und das Publikum natürlich auch mich. Denn ich bin cool!

Whitey: Wir alle kennen unsere Position in der Band. Ich spiele Gitarre und könnte nie das tun, was Ricky jeden Abend macht.

Nick: Ich musste neulich in einer TV-Sendung zusammen mit Gryff Rhys von den Super Furry Animals auftreten. Er suchte einen Drummer und ich war zufällig auch in der Sendung. Auf der Bühne saß ich dann direkt neben ihm, ganz vorne. Ich fühlte mich echt überbelichtet, nackt und nervös. Mir geht’s im Hintergrund viel besser – solange ich das Publikum sehe und es mich.

Soundmag: Ihr gehört zu den Bands, die vor zwei, drei Jahren in einer riesigen Explosion aus England kamen. Glaubt ihr, dass all die anderen Bands mit ihrem zweiten Album überzeugen können?

Whitey: Ich persönlich denke, dass es dort draußen ausreichend Platz für uns alle gibt. Auch wenn es schon sehr eng erscheint. Ich denke, dass sie die Erwartungen erfüllen werden.

Nick: Es gibt diese Tendenz, zu vergessen, was du gut kannst. Schau dir Maximo Park an. Ihr erstes Album ist toll, weil du darauf großen Gitarrenpop mit guten Melodien und Texten hörst. Hoffen wir also, dass sie das beim Nachfolger nicht vermissen lassen werden...

Whitey: ...indem sie zum Beispiel Streicher einsetzen...

Nick: ...oder obskure Songs schreiben.

Soundmag: Ihr habt mal gesagt, ihr wollt als Indie-Band mit eurer Musik die Weltherrschaft erlangen. Ihr seid ja dann wirklich extrem erfolgreich geworden. Wird „Yours Truly, Angry Mob“ daran anknüpfen?

Nick: Wir hoffen es. Ich könnte „Ja“ sagen, bin aber kein Wahrsager. Dieses Album enthält unser Bestes.

Whitey: (immer noch mit vollem Mund.) Oh ja, es ist ein tolles Album!

Nick: Wenn ich ein Kaiser Chiefs-Fan wäre, würde ich denken: Leck mich am Arsch, das haben sie toll hinbekommen. Das ist es!

Whitey: Genau das will ich hören.

Soundmag: Damit sind wir dann auch am Ende angelangt. Vielen Dank für das Interview!

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