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Ampl:tude

Ampl:tude

 

19.02.07 - Cafe Übereck / Berlin

Interview:  Jana

Foto: Jana

 

 

 

Das Uebereck, das ist diese Kneipe, die von außen ganz blau ist und innen drinnen irgendwie urig und irgendwie auch nicht. In jedem Falle liegt sie nur zwei Minuten von meiner Wohnung entfernt und das Interview rutscht quasi fast in den Jogginghosenalltag. Matthi hat schon eine Tasse Tee leer getrunken, als ich ankomme. Jo öffnet einige Minuten später die Tür und bestellt Nudeln mit Tier. Konrad verspätet sich, weil es keine vegetarischen Burger mehr gab. Und Phil muss leider arbeiten. Doch wie sich heraus stellt, reichen drei Mal Ampl:tude vollkommen aus, um das elektronische Gefrickel ihrer Musik in ein ebensolches Gespräch zu transferieren. Und bitte!

Matthi: Können wir bitte nicht über das Album reden!? Das hatten wir jetzt schon einige Male…

Soundmag: Worüber wollt Ihr dann reden?

Konrad: Über’s nächste Album.

Matthi: Über Konrad.

Soundmag: Mit dem Interview heute erhaltet Ihr ja nun das Ehrenrecht, auf der Soundmag.de-Seite vorgestellt zu werden und also können wir quasi ganz von vorne anfangen. Wenn mir jetzt jeder von euch fünf Adjektive zu Ampl:tude nennen könnte – das wär’s!

Konrad: [kramt nach Zettel und Stift] Fünf Adjektive … Was sind Adjektive? Seinswörter? Und wie viel sind fünf?

Matthi: Haste schon fetzig?

Konrad: Funky und launig hab ich schon. [schreibt] Fetzig…

Matthi: Vegan.

Jo: Wir sind nicht vegan, Matthi.

Matthi: Ja, ich weiß, aber bei fünf Adjektiven kann ja wohl jeder mindestens eins kriegen.

Konrad: Gickerig. [lacht] Musikalisch vielleicht.

Soundmag: Nee, das würde ich weglassen.

Jo: Wir wär’s mit knorke? Prima?

Konrad: Prima. Ja.

Matthi: Und blöde.

Konrad: Blöde. Irgendwie blöde. Kann ich „funky“ dann wegmachen? - - Irgendwie blöde. Und irgendwie spirituell. Nur irgendwie. Gut, ich lese die Liste mal vor. Das sind jetzt 15 Adjektive zu Ampl:tude:
launisch, fetzig, unerhört, rechtzeitig, linksdrehend, ernährungsunbewusst, gickerig, wurstig, überdreht, unterdreht, duftig, stinkig, prima, irgendwie blöde, irgendwie.

Soundmag: Danke, ich find’s großartig.

Jo: Ist heut nicht Rosenmontag?

Matthi: Ja, und ich hab sogar eine Hose an!

Soundmag: Ihr wisst, dass ihr über das neue Album „Der Igel an der Orgel“ sprechen müsst, da kommt Ihr nicht drum herum! Warum ist es eigentlich so geworden, wie es geworden ist – so verspielt, im Gegensatz zum Vorgängeralbum? Ist das eher „IHR“?

Matthi: Zu dem Zeitpunkt, an dem wir es aufgenommen haben, war es schon eher Wir und im Vergleich zum Vorgänger wollten wir es auch eher so haben, ein bisschen anders.

Konrad: „Auf hören“ waren aber auch Wir, als wir „Auf hören“ aufgenommen haben.

Soundmag: Wie entstehen eure Songtitel? Sind es Arbeitstitel oder werden sie nachträglich draufgepackt? Wie war es bei „Der Igel an der Orgel“?

Konrad: Total unterschiedlich. Ich kann mich erinnern, dass es bei „Die kleine Katze“ so war, dass Matthi und ich irgendwann einmal rumprobiert haben und dann festgestellt haben: „Hey, das klingt wie eine kleine Katze, die singt!“ – so sind auch mehrere Songs von diesem Album entstanden. Bei „Top Fun“ war es einfach so, dass wir dachten, das klingt wie der Anfang vom „Top Gun“ – Maintheme…

Jo: Da warst du aber auch der Einzige, der das gedacht hat. [Gelächter] „Das gute alte Gedöns“ stand irgendwann mal in der Zeitung. Das Lied dazu war schon vorher fertig und dann hieß es eben so. Und die goldene Uhr hing bei Matthi an der Wand –

Matthi: Also die Kurzgeschichte von Altenberg.

Konrad: Es war eigentlich immer so, dass der Name mit dem Entstehen kam – außer bei einem Song. Da saßen wir den ganzen Abend und haben überlegt, wie der nun heißen soll.

Jo: Stimmt, ich bin zwischendurch gegangen.

Matthi: Ja, wir sind auch eine launische Band.

Konrad: Und aber auch fetzig.

Soundmag: Aber wieso dieser Albumtitel? Jeder von euch hat ja ein Tier als Alter Ego. Es gibt einen Plüschigel, ein ~krokodil, einen ~-hasen und einen Teddybären. Ist es nicht total gemein, dass der Igel im Vordergrund steht?

Matthi: Natürlich klingt es gemein, dass der Igel, weil er nun mal der Coolste und Hübscheste in der Band ist, im Mittelpunkt steht. [Gelächter] Darauf bezieht es sich allerdings gar nicht, weil „Der Igel an der Orgel“ ein Zitat ist, das noch aus den Gründerjahren von Ampl:tude von vor vier Jahren stammt.

Soundmag: Konrad, bist du eigentlich der Verantwortliche für die Kuscheltiere?

Konrad: Äh, nö. Ich hab mich auf jeden Fall darum gekümmert, dass sie sich bewegen können für das Video. Und ich hab sie mit Edding gemalt und die kann man jetzt kaufen und mit nach Hause nehmen!! Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht mehr, woher die damals kamen. Das weiß, glaub ich, keiner mehr von uns. Irgendwie waren die auf einmal da.

Jo: Jeder hatte halt eins mitgebracht.

Matthi: Und wir dachten, dass die, die unsere Musik scheiße finden, ja wenigstens die Tiere bei den Konzerten angucken können.

Soundmag: Am Samstag beginnt eure Tour in Bremen und ich hab von legendären Apfel-Ess-Performances von Jo gelesen,,, [Jo wird ein Riesenteller Schinkennudeln serviert.]

Jo: Ich esse gern Äpfel. Und wenn ich Hunger hab, dann muss ich essen. [blickt auf den Teller]

Konrad: So auch jetzt. – Gab’s eigentlich eine Frage zum Apfel?

Soundmag: Nee, irgendwie nicht. Ich wollt nur loswerden, dass es mir auch schon aufgefallen ist. Mochtet ihr das Konzert im nbi vergangenen Donnerstag?

Konrad: Total! Das war ein sehr gutes Konzert! Es war vor allem wunderschön, den Abend für die beiden Bands, The Gang und Vague Angels, zu eröffnen. War wirklich gut, auch technisch.

Soundmag: War es eigentlich eine bewusste Entscheidung, in eurer Musik keine Texte zu verwenden!? Stand Gesang jemals zur Debatte?

Konrad: Öhm … nee. Ich glaube nein. Manchmal denke ich, wenn man über all das, was wir sowieso schon dudeln, noch etwas drüber singen würde, dann …

Matthi: Mir ist es wirklich wichtig, dass nicht gesungen wird. Es stecken schon so viele Melodien in den Songs, die unglaublich viel erzählen, so dass das einfach nicht nötig ist, weil auch jeder eine andere Geschichte dazu hat. Ich habe zum Beispiel mal eine große Lampe gesehen und da war eine Wurst drin und dann kam der Affe und sagte: „Na?“ [Gelächter]

Soundmag: Auch dieses Album ist Karl, einem Mitbegründer von Ampl:tude, gewidmet, der 2003 bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Wie hat dieser Tod Ampl:tude verändert?

Matthi: Wir hatten erst komplett aufgehört Musik zu machen, haben dann wieder angefangen und dafür die Leute mit ins Boot geholt, die uns damals ab und an ausgeholfen hatten, nämlich Jo und Konrad. Die Musik, die wir dann gemacht haben, war erst mal anders, wie man ja auf „Auf hören“ hören kann. Wir haben trotzdem gemerkt, dass es funktioniert, dass wir auch in dieser Konstellation Ampl:tude-Musik machen können und machen wollen. Deswegen wollten wir mit dem neuen Album stärker zu den Wurzeln zurück und ich glaube, mit „Der Igel an der Orgel“ haben wir das geschafft. Es geht halt weiter und das ist schön. Ich hatte mit Karl Ampl:tude gegründet und für mich ist es wichtig, dass das weiterläuft, dass das nicht einfach auch weg ist, und auch, dass etwas bleibt, was es ohne Karl eben gar nicht hätte geben können.

Konrad. Wir sind neulich gefragt worden, ob wir immer noch das Ziel haben, die Weltherrschaft an uns zu reißen mit handgemachter elektronischer Musik …

Matthi: Das ist noch so’n Karl-Matthi-Humor …

Konrad … und ich weiß gar nicht mehr, wie wir die Frage beantwortet haben. Die Welt zu beherrschen war damals vielleicht der Antrieb, das Muss hinter der Musik, dass Phil und Matthi auch getrieben hat, weiter zu machen. Heute ist das vielleicht ein anderes Müssen.

Matthi: Obwohl das ja auch totaler Quatsch ist.

Konrad: Es spielt wohl eher unbewusst eine Rolle.

Matthi: Weswegen Karl und ich damals angefangen hatten, war, weil wir Musik machen wollten, die anders ist und die es zu diesem Zeitpunkt so noch nicht gab in Berlin oder in Deutschland. Jetzt gibt’s ja viele, die so was machen, die uns nachmachen. All die Handyklingeltonwerbungen klauen ja auch von uns. Wir wollten einfach etwas tun, um den Leuten etwas Neues zu geben, um uns auch etwas Neues zu geben, was das Leben irgendwie verändert und das auf einer ganz anderen Ebene – ohne tiefschürfende Texte, dafür mit tiefschürfenden Melodien. [lacht] Ich find es wirklich toll, wenn Leute sagen, dass ihnen die Musik etwas bedeutet, dass es sie glücklich macht.

Soundmag: Noch ein Schlusswort vom wortkargen Jo?

Jo: Ich ess grad Zucker.

Soundmag: Vielen Dank für das Interview!

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