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Johan Angergård (Labrador Records)

Johan Angergård (Labrador Records)

 

08.04.07 - per Email / Berlin

Interview:  Andreas

Foto: Kent Angergård

 

 

 

Zehn Jahre! Das will schon was heißen in Zeiten, wo Indielabels und sogar ganze Vertriebe an schlechter betriebswirtschaftlicher Führung und/oder der allgemeinen Flaute im Musikgeschäft zu Grunde gehen. Die Schweden von Labrador entgingen nicht nur diesem Schicksal, sondern bauten im Gegenzug ein kleines, aber feines Indieimperium auf, das sich zum zehnten Jahrestag auf die Fahne schreiben darf, zu den Toplabels Europas zu hören. Ein Repertoire, das ebenso vielfältig wie stimmig klingt und regelmäßig mit Highlights aufwartet. Nach dem Motto „Wenn schon feiern, dann richtig!“, begehen die Labrador-Chefs Anfang 2007 nicht nur ihren zehnten Jahrestag, der rein rechnerisch eigentlich erst ins nächste Jahr fällt, sondern veröffentlichen mit der Katalognummer 100 eine pralle 4-CD-Compilation unter dem selbstsicheren Titel „Labrador 100 – A Complete History Of Popular Music“. Soundmag gratuliert und lässt mit Labelchef Johan Angergard eine Dekade Labrador Revue passieren.

Soundmag: Johan, herzlichen Glückwunsch zum (fast) zehnten Geburtstag und zur 100. Veröffentlichung auf Labrador. Was ist die erste Erinnerung, die du mit dem Label verbindest?

Johan: Bengt - also die Person, die die Idee hatte. Er rief mich einige Monate bevor es losging in Spanien an und fragte, ob er “The Friend I Once Had” von meiner Band Club 8 in Schweden veröffentlichen dürfe. Ich sagte natürlich ja.

Soundmag: Wo, wann, warum und mit wem wurde Labrador dann schließlich aus der Taufe gehoben?

Johan: 1998 in Malmö von Bengt Rahm. Ich bin mir nicht sicher, warum er es getan hat, gehe aber davon aus, dass er den Drang verspürte, seinen eigenen, großartigen Musikgeschmack auch anderen Leuten aufzuzwingen. So läuft das ja meistens.

Soundmag: Wie kam es zum Namen? Irgendeine tolle Geschichte dahinter?

Bengt Rahm: Ich mochte Hunde schon immer und als die Zeit für einen Labelnamen kam, wurde mir bewusst, dass Labrador tatsächlich sehr nach POP klingt. Es war also eine einfache Wahl.

Soundmag: Wart ihr nervös, als das Veröffentlichungsdatum für die erste Single immer näher kam?

Johan: Nein, ich war gar nicht da. Aber mit den Acid House Kings war ich auf der Platte vertreten – eine 7’’ Split-Single. Zur damaligen Zeit betrieb ich noch ein eigenes Label mit dem Namen Summersound, auf dem unter anderem auch Edson und einige andere Bands veröffentlichten. Die Tatsache, dass ich auf der ersten Labrador-Platte dabei war und dass meine Band Club 8 auch zur ersten CD-Veröffentlichung wurde, brachte mich dem Label immer näher. Recht schnell haben wir die beiden Labels dann fusioniert.

Soundmag: Die Labrador-Philosphie ist...?

Johan: Wir haben nicht wirklich eine, außer dass wir nur die Künstler signen, die wir wirklich lieben und so der Welt die beste schwedische Popmusik überhaupt bescheren wollen.

Soundmag: Gibt es neben eurer Liebe noch andere Kriterien, um bei euch einen Vertrag zu bekommen?

Johan: Mir selbst sind auch die kleinen Überraschungen wichtig. Es reicht nicht, tolle Songs zu haben. Ich zumindest möchte das Gefühl haben, dass ich etwas höre, auf das ich lange gewartet habe und das vorher noch nicht da war. Oder dass ich Musik in diesem Stil zumindest seit längerer Zeit so nicht mehr gehört habe.

Soundmag: Gab es jemals Streit, ob ihr einen Künstler signen solltet oder nicht?

Johan: Tatsächlich ist das niemals passiert. Erstaunlich!

Soundmag: Drei Labrador-Acts, die du am meisten magst?

Johan: Schwierige Wahl, ungefähr so als ob du sagen solltest, welches deine Kinder dir das Liebste ist. Ich selbst habe zwar selbst keinen Nachwuchs, nehme aber an, dass es sich so anfühlen würde. Heute und jetzt sind es The Mary Onettes, [ingenting] und Irene. Mal von meinen eignen Bands abgesehen natürlich.

Soundmag: Drei Bands, von denen du dir wünschst, sie würden auf Labrador veröffentlichen?

Johan: Eggstone, Taken By Trees und Mattias Alkberg BD.

Soundmag: Das bis heute erfolgreichste Labrador-Release?

Johan: Wahrscheinlich “Lesser Matters” von The Radio Dept..

Soundmag: Zehn Jahre in einer Branche, in der große Unternehmen über einbrechende Verkaufszahlen und CD-brennende Musikfans jammern. Ist es für Labrador schwerer geworden?

Johan: Nein. Ehrlich gesagt wurde und wird es mit jedem neuen Jahr einfacher. Ich denke, die Zeit ist reif für Indiepop und Labrador!

Soundmag: Hatte die steigende Beliebtheit skandinavischer Bands im letzten Jahrzehnt irgendwelche Einflüsse auf Labrador?

Johan: Die Leute erzählen uns seit zehn Jahren „Schwedische/Skandinavische Bands sind im Moment unglaublich angesagt in XY“ (denk dir hier selbst ein Land aus). Ich glaube, es ist entweder immer so oder nie. Da gibt es keine großen Schwankungen. Außer vielleicht um 1994 in Japan herum. Aber da gab es Labrador noch nicht.

Soundmag: Wie viele Platten verkauft ihr momentan eigentlich außerhalb von Schweden?

Johan: Ich weiß es nicht ganz genau, normalerweise sind es zwischen 65 und 80 Prozent der Verkäufe insgesamt.

Soundmag: Johan, auf der “Labrador 100”-Compilation sind so unglaublich viele Song mit deinem Namen in den Credits. Wo wäre das Label heute ohne dich? Vielleicht erst bei Veröffentlichung Nummer 50?

Johan: Ich liebe es, Songs zu schreiben. Und ich liebe es, sie aufzunehmen. Und am Ende liebe ich sogar die Songs, die ich schreibe und aufnehme ;-) Da Labrador nun mal mein Label ist, erscheinen hier natürlich meine Alben. Manchmal wäre es ganz schön, die Verantwortung rund um Labelarbeit und für meine Musik anzugeben. Aber gleichzeitig versichere ich mich gern selbst, wie es läuft. Alle künstlerischen Aspekte vom Aufnehmen der Musik bis hin zum Artwork und den Pressephotos sind mir wirklich wichtig. Aber auch ohne meine Musik wäre Labrador immer noch das, was es jetzt ist. Obwohl: ich kümmere mich um fast alles, was mit den Veröffentlichungen zusammenhängt – mal von den graphischen Belangen abgesehen. So ganz ohne meine Person gäbe es also wahrscheinlich kein Labrador.

Soundmag: Was können wir als nächstes von euch erwarten? Was ist das nächste große Ding in der Labrador-Pipeline?

Johan: The Mary Onettes!!! Ihr Debütalbum wird zweifellos DAS Debütalbum des Jahres! Wenn du mich fragst, sind sie die beste schwedische Band, die mir seit Jahren zu Ohren gekommen ist. Nein, sie sind sogar die beste Band überhaupt – nicht nur in Schweden. Normalerweise beschreibe ich sie als eine moderne Version von A-ha, in schwarz gekleidet und zusammen mit den frühen Jesus & Mary Chain auf der Bühne. Vielleicht kannst du dir ungefähr vorstellen, wie sie klingen. Falls nicht, kann es sich jeder auf unserer Homepage anhören.

Soundmag: So nebenbei – hat einer von euch eine Labrador als Haustier?

Johan: Ich glaube, niemand von uns hat einen Hund zu Hause. Ich bevorzuge auf jeden Fall Katzen.

Soundmag: Letzte Frage: wird es jemals ein Pet Shop Boys-Tribute-Album auf Labrador geben?

Johan: Nein.

Soundmag: Danke für das Interview und weiterhin viel Erfolg.

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www.labrador.se

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