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Grandaddy

Grandaddy

 

16.06.03 - Magnet / Berlin

Interview:  Mathias & Nicole

Foto: Pressefoto

 

 

 

"Should never left never the Crystal Lake (...)". Das sind die ersten Zeilen der Single " The Crystal Lake " die Grandaddy mit dem Album "The Sophtware Slump" zum Durchbruch verholfen haben. Das war im Jahre 2000. Grandaddy besteht aus fünf lustigen, kleinen Amerikanern, die eine Vorliebe für Bärte haben. Der kreative Kopf der Band ist Jason Lytle. Er schreibt alle Songs und produziert diese auch. Am 10.6. 2003 erschien die neue Platte "Sumday". Es ist bereits das vierte Album von Grandaddy und es war nicht einfach, aus dem Schatten des Albums " The Sophtware Slump " herauszutreten und die Kritiker zu begeistern. Aber wer die Chance hatte, Grandaddy am 16.6.2003 im Magnet live zu sehen, der konnte sich von der Großartigkeit des Albums überzeugen. Wir hatten die Chance, live dabei zu sein und obwohl es einfach viel zuuuu heiß und eng im Magnet war, hatten die Band und das Publikum sehr viel Spaß. Jason Lytle beeindruckte wieder mit seiner kindlichen Stimme, der Bassist Kevin Garcia war kaum auf der Bühne zu erkennen und Gitarrist Jim Fairchild rockte einfach nur. Irgendwie überzeugend! Wir sprachen vor dem Konzert mit Jason Lytle und Jim Fairchild. Jason fuhr vor Beginn mit dem Fahrrad, frisch im Second Hand Bike Shop in der Prenzlauer Allee gekauft, im Backstageraum umher und freute sich. Der Rest der Band plünderte das Buffet.

Jason: (steigt vom Fahrrad ab) Habe mir gerade ein Fahrrad gekauft. Wenn man die Straße herunter geht findet man einen guten Bike Shop.

Soundmag: Hast du auch ein Skateboard dabei?

Jason: Natürlich!!!

Danach bekommt Jason von uns eine schöne Flasche Wilthener Goldkrone geschenkt.

Soundmag: Das ist eine deutsche Spezialität. Es ist der billigste Alkohol und der ist gut. Du mußt den aber nicht gleich trinken! Mögt ihr denn das deutsche Bier?

Jim:Ich hasse Becks. Es schmeckt nicht.

Soundmag: Ihr habt auch das olle Becks in Amerika. Ich habe mal in England ne Flasche Becks getrunken und es schmeckte scheußlich. In Deutschland ist das Becks anders, irgendwie. Weiß nicht warum.

Jim: Ein Budweiser schmeckt auch in jedem Land anders.

Soundmag: Wir haben hier auch Becks Gold. Das könnte das amerikanische Becks sein.

Jim: Ist das das Scheißzeug? (großes Gelächter)

Soundmag: Ja, trinkt das bloß nicht. Bitte nicht. Aber wir sehen, ihr habt "richtiges" Becks hier.

Jim: Das schmeckt. (zweifelnd) Okay.

Soundmag: Ja, probier es. Also, großartiges Album. Als erstes würde ich gern von Jason wissen, wie er es findet, dass das ganze Album autobio- graphisch interpretiert wird. Das erste Lied "Now it's on" wird dahingehend analysiert, als dass ein Rockstar wieder aus seinem Tief zurückgekehrt ist. Wir wissen, dass du nach der letzten Tour in tiefe Depressionen gefallen bist. Deshalb wird der Song so gesehen, denn du bist jetzt wieder auf der Bühne und ihr habt ein neues Album.

Jason: (Lachen) Shit!! (Pause)... Da ist die Ehrlichkeit, und wenn es auch um etwas Lustiges geht, muß es dennoch ehrlich sein. Auch wenn ich meine Depressionen beschuldige. Es ist nicht ehrlich, wenn ich mich als einen anderen Charakter benutze. Es muß letztendlich ehrlich sein. Es muß immer ehrlich sein. Ich weiß, das ist nicht viel, aber es ist mein Ziel, meine Priorität liegt in der Ehrlichkeit. Manchmal erzählt man eine Story, benutzt aber eine andere Person. So war es dieses Mal nicht. Ich sprach aus mir selbst heraus. Dieses Album ist persönlicher als die Alben davor. It' s me und ich fühle mich gut dabei.

Soundmag: Du hast auch das ganze Album alleine aufgenommen, oder?

Jason: Wir haben es wie all die anderen Alben in meinem Haus aufgenommen. Aber der größte Unterschied war, dass wir mehr Geld hatten und so konnte ich einen Freund, den ich schon 12 Jahre kenne, engagieren. Er heißt Lucky Lou. Er half mir, die ganze Technik zu verstehen und das Aufnehmen zu lernen. Ich konnte mich mehr auf die künstlerische Arbeit konzentrieren und mußte nicht über den ganzen Technikkram nachdenken. Das war toll. Das war der größte Unterschied: jemand anderes dabei zu haben. Ich meine, er ist ein alter Freund und keine berühmte Persönlichkeit.

Soundmag: Einige eurer Kritiker sagen, dass das Album untypisch ist für Grandaddy, weil ihr mehr Geld hattet. Es ist anders.

Jim: Das ist das, was wir immer wollten. Es steckt immer ein großer Aufwand dahinter, eine Platte so gut wie möglich zu machen. Wenn du eine Platte selbst produzierst, dann hast du nicht viel Geld für ein gutes Equipment oder für das Equipment, das du möchtest. Ich denke, dass viele sich wünschen, dass sich nichts über die Jahre ändert und diese wollen Aufnahmen, die nicht so großartig und voluminös sind. Wenn du den Scheiß sehen würdest, den wir v.a. bei den ersten Aufnahmen gemacht haben, würdest du trotzdem sagen, wow, das klingt gut.

Jason: Ja, die klingen Scheiße, aber ich wollte keine Scheiße produzieren.

*buuuuurb* das Gespräch wird durch ein furchtbar lautes Rülpsen vom Drumer Aaron Burtch aus dem Hintergrund unterbrochen, er schnupperte an der kleinen Flasche Wilthener Goldkrone, und es scheint so, als wolle er seinen Nachnamen auf seiner ganz speziellen Weise ausschreien.

Jason: (lacht laut, zu Aaron) Wir sitzen hier nur rum und ich habe das Gefühl, dass wir in ungefähr einer Minute dein Aufstossen riechen müssen. Hast du das Zeug getrunken?

Aaron: Ich riech nur dran, uuh!

Es folgt ein Austausch von traditionellen Bräuchen beim Rülpsen. eine Minute später

Soundmag: Habt ihr was über Big Brother gehört (zeigt auf Jasons T-Shirt auf dem groß "Big Brother" steht)? Das ist eine Show hier in Deutschland.

Jason: Ja, ich habe davon gehört. Dieses Big Brother ist das beste Skateboarding-Magazin überhaupt. Darin findet man eine Menge guter, dreckiger Witze.

Jim: Kennt ihr Jackass? Die Jungs, die da zu sehen sind, kommen alle von Big Brother. Johnny Knoxville hat bei Big Brother angefangen, Jeff Tremaine war der Produktionsdirektor.

Soundmag: Wie ist es für euch auf Tour. Braucht ihr manchmal ne Pause. Ihr fahrt Skateboard, kauft ein Fahrrad, sind diese Breaks wichtig für euch ? Immerhin kommt ihr gerade aus dem Tourbus, und müßt sofort ein Interview geben.

Jason: Ja es gibt ein paar kleine Tricks, wie man dabei am Leben bleibt. Manchmal braucht man einfach Zeit für sich selbst, man geht Spazieren. Es sind diese kleinen Momente, wo man richtig entspannen kann, wenn man z.B. früher als die Anderen aufsteht, um in Ruhe Musik zu hören. Oder sich mal spontan ein Fahrrad zu kaufen, oder eben lesen.

Soundmag: Was lest ihr denn gerade?

Jim: Ich bin gerade mit einem Buch fertig geworden, es heißt "The Mole People". Es handelt von Menschen, die in New York City im U-Bahn Tunnel leben. Es ist sehr interessant und umwerfend geschrieben. Diese Menschen leben in U-Bahn- und Elektrotunnels, die bis zu 7 Schachte tief sind. Je tiefer du gehst umso kranker werden die Menschen dort, körperlich wie auch psychisch. Da gibt es Menschen, die fast erwachsen sind und noch nie das Sonnenlicht gesehen haben. Ich bin vor zwei Tagen fertig geworden und hab immer noch gut zu tun, das Gelesene zu verarbeiten.

Soundmag: Hast du jemals Songs für andere Bands geschrieben oder hast du für Projekte gearbeitet ? Ich frage das, weil ich hörte, dass ihr ein eigenes Label habt.

Jim: (zeigt stolz auf sein T-Shirt, auf dem ein Logo des Labels abgebildet ist) "Sweat of the Alps". Das ist unser Label.

Soundmag: Schöner Name, welche Bands habt ihr auf eurem Label?

Jim: Arm of Roger z.B. oder Built like Alaska, aus Modesto. Die haben eine schöne Platte gemacht. Das sind alte Freunde von uns. Wir bertreiben das Label, um Bands auf die Sprünge zu helfen, vielleicht macht man nur 1000 CD´s, aber es hilft ihnen dabei, bekannt zu werden.

Soundmag: Habt ihr ein wenig die Musikszene in Modesto verändert?

Jason: Ich glaube, es hat sich schon etwas verändert. Wir wurden immer bekannter und immer mehr Menschen kamen nach Modesto, um zu sehen, wie es dort so ist. Wenn eine Band aus Modesto kommen und sie werden gefragt, wo sie denn herkommen, dann sagen sie Modesto. Die Reaktion darauf ist immer "Oh Modesto, dass ist doch die Stadt aus der Grandaddy kommen!" Vielleicht helfen wir der Szene damit. Ich denke, dass die Leute bei einer Band aus Modesto jetzt genauer hinhören werden. Das ist schon fein, obwohl wir das nicht bewusst beeinflusst haben.

Soundmag: Wir haben in den letzten Tagen einige deutsche Indie-Magazine gelesen und haben euch dort fast immer auf Platz 1 oder Platz 2 der internen Charts gefunden, "Sumday" hat ein Kopf an Kopf rennen mit Mogwai´s "Happy Song (f)or Happy People".

Jason: Oh wirklich!

Soundmag: Wir waren heute bei Saturn, darin ist die größte CD-Abteilung in Berlin, und eure Platte war ausverkauft.

Jason: Wirklich, Scheisse! Habt ihr die neue Mogwai Platte gehört? Sind die Songs noch immer so lang.

Soundmag: Ja, wir haben sie gehört. Etwas mehr Gesang als vorher, die Songs sind nicht mehr so lang, jedenfalls gibt es keine 30 Minuten Tracks mehr.

Jason: "Ja wir haben kürzere Songs, sie gehen nur 25 Minuten" (lacht)

Soundmag: Jason, du schreibst alle Songs selbst. Haben die anderen Jungs noch die Möglichkeit selber dabei kreativ zu sein?

Jason: Ich könnte alles allein machen, aber ich denke, mit anderen Menschen zusammen die Songs zu machen, ist viel besser. Mir ist eben auch wichtig, dass es jedem in der Band gefällt. Ich entscheide, wie die Songs dann aufgenommen werden, wer spielt welche Instrumente etc.. Ich mache auch die Planung vor den Aufnahmen usw. Aber wir haben da wirklich keine festen Regeln. Ich will meine Vorstellungen und Wünsche bei den Songs schon verwirklichen. Ich versuche beim Recording zu entscheiden, welche Effekte man einsetzen sollte, aber man macht dann oft die Erfahrung, dass andere in der Band manchal bessere Ideen haben. Aber ich schreibe das ganze Zeug.

Soundmag: Konntet ihr ahnen das "The Crystal Lake" so erfolgreich wird?

Jim: Ist es denn erfolgreich? Nein, man kann natürlich so etwas nicht ahnen. Man kann schon sagen, dass bestimmte Songs von einer breiteren Masse gemocht werden, aber wir schreiben keinen Song bewusst als "Hit".

Jason: Manchmal bin ich dabei einen Song zu schreiben, und dann denke ich, mein Gott, dass wird der niedlichste Song, den ich jemals gemacht hab. Dann mach ich weiter und letztendlich sage ich dann, nein das kannst du so nicht machen, das klingt zu niedlich und zu poppig. Manchmal denke ich schon, dass ich den Hit schreiben könnte, doch dann sag ich mir, mach das besser nicht. Ich weiß nicht warum, aber ich denke ich bin viel zu sehr Rebell.

Soundmag: Ich denke das Geheimnis von "The Crystal Lake" liegt darin, dass wir zum Einen einen glatten Popsong haben, der aber durch das "düdülüdüdüdü"-Sample schon wieder unpoppig klingt.

Jason: Ja, das kommt von meiner schrottigen Orgel. Es ist eben so ein Sample, das per Knopfdruck kommt. Ich fand den Song erst zu flach. Ich wollte etwas prickelndes haben, also pobierte ich Dinge aus. Ich erinnerte mich an diese Orgel, die im Hinterzimmer verstaubte und so kam es dann.

Soundmag: Ok, danke. Wir bekommen hier ein Zeichen, dass wir Schluß machen müssen.

Jason: Ja, das ist alles wie eine Maschine.

Soundmag: Genau. Ihr gebt Interviews, und dann noch eins, und noch eins, und noch eins. Ihr solltet Spass haben.

Jim: Oh wir hatten Spaß. Gestern waren wir in Kopenhagen, haben ein Studio gemietet und haben mit Howe Gelb von Giant Sand recorded. Das hat Spass gemacht.

Soundmag: Zum Schluß soll es noch ein Geschenk geben, eine CD von einer Berliner Band namens Phonetic.

Jim: Oh danke, das ist Chicago (betrachtet das Cover). Da der Michigan See, schöne Songtitel "Convenience Single Hit" das sind tolle Songtitel, was bedeutet dieser Titel hier "ISBN 0-00-255919" ?

Soundmag: Das ist die Bestellnummer eines Buches, Naomi Klein "NO LOGO".

Jim: Ja, das kenn ich.

Jason: Wir möchten mal wissen was diese Songtitel bedeuten sollen. "The Turnaround of the Preachers Soul", "Let Hunger win the sexual thing"? Was wollen die damit sagen? Aber ich kenn das, ne Menge Leute fragen uns, was wir mit unseren Songtiteln meinen, v.a. die Franzosen. Ich finde solche Fragen fürchterlich.

Jim: Es gibt ne Menge blöder Fragen. Wir waren gerade auf Tour in Amerika und wir sollten um 11:00 morgens ein Telefoninterview geben. Jason und ich waren total verkatert und sagten nein, das werden wir nicht tun. Angeblich wäre es aber sehr wichtig gewesen und wir machten es doch. Die erste Frage war: "Warum der Name Grandaddy?" Ich lachte künstlich und sagte, ok jetzt wirklich die erste Frage. Die nächste war dann "Wart ihr jemals in England?" Ich antwortete "Ja, ungefähr 15 mal".

Soundmag: Ok jetzt müssen wir wirklich zum Ende kommen. Vielen Dank für das Gespräch und vor allem viel Spass heute Abend.

Jasonund Jim: Wir sehen uns noch!!

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