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Voxtrot

Voxtrot

 

30.03.07 - Mövenpick Hotel / Berlin

Interview:  Andreas

Foto: Andreas

 

 

 

Zwei Monate vor Veröffentlichung des selbst betitelten Voxtrot-Debüts sitzt Sänger Ramesh Srivastava in einem Berliner Hotel. Vor sich das Abendbrot, hinter sich schon einige Interviews. Die EPs seiner Band haben ordentlich Staub aufgewirbelt. Zuerst vor allem in Musikblogs, doch jetzt bekundet auch die reguläre Musikpresse Interesse an den stark von britischen Bands beeinflussten Songs aus Austin, Texas. Und auch Soundmag bittet zum Tanz.

Soundmag: Ramesh, ist eines der Bandmitglieder fähig, einen klassischen Tanz aufs Parkett zu legen?

Ramesh: So wie auf einem großen Ball? Nein, keiner. Ich weiß, wie man Walzer tanzt. Zählt das?

Soundmag: Na klar. Klingt jetzt aber nicht so, als ob es eine deiner großen Leidenschaften wäre.

Ramesh: Sicher nicht. Ich habe mal drüber nachgedacht, Unterricht im Walzer tanzen zu nehmen. Aber letztendlich würde ich das wohl nicht auf die Reihe bekommen.

Soundmag: Eine vielleicht etwas komische Frage, aber: hast du ein Lieblingscomic?

Ramesh: „Spawn“, würde ich sagen. Als ich acht war, habe ich die Dinger sogar gesammelt, aber ich weiß nicht, ob ihr hier die gleichen Comics habt, wie wir in Amerika. „Spawn“ kennt man ja fast überall, „X-Men“ könnte ich auch sagen – aber jeder mag den. Keine Ahnung, aber ich weiß, dass ich zwei versiegelte Ausgaben genau der Superman-Ausgabe habe, in der er stirbt!

Soundmag: Wie viel werden die heute wohl wert sein?

Ramesh: Da bin ich nicht sicher, ich sollte das mal in Erfahrung bringen.

Soundmag: Warum ich die Frage eigentlich gestellt habe - kennst du diese Typen hier?

(Ich zeige ihm einen Strip der „FoxTrot“-Comicserie von Bill Amend.)

Ramesh: (lacht) Nein?! Aber ich wünschte, ich würde sie kennen. Ist das ein deutscher Comic?

Soundmag: Nein, der kommt aus den Staaten.

Ramesh: Oha, vielleicht werden wir in nächster Zeit verklagt. (lacht)

Soundmag: Dann lass uns besser auf eure Musik kommen. Einige Bandmitglieder haben Musikwissenschaft studiert. Hat euch das irgendwie geholfen, als es ums Songwriting ging?

Ramesh: Na ja, ich habe mich mit Musiktheorie beschäftigt als ich sehr jung war und Klavierstunden bekam. Darum dachte ich, es würde mir auf dem Musik-College gefallen. Tatsächlich jedoch hasste ich es und wirklich studiert habe ich Musiktheorie darum auch gar nicht. Unser Gitarrist Mitch hingegen machte sogar den Abschluss. Das mag ihm geholfen haben, mir wurde allerdings klar, dass man vielleicht gar nicht studieren oder lernen muss, um gute Musik zu schreiben.

Soundmag: Woher kamen deine Fähigkeiten in diesem Bereich?

Ramesh: Ich habe einfach im sehr jungen Alter damit begonnen. Es ist wie bei allen sachen: you have to practice to achieve it.

Soundmag: Ergibt es also gar keinen Sinn, Musik an der Highschool oder Universität zu lernen?

Ramesh: Oh doch. Es ergibtt insofern Sinn, weil dich die Musiktheorie lehrt, wie ein Song konstruiert werden muss. Eine gewisse Basis ist durchaus hilfreich, aber nicht zu viel – das tötet die Magie.

Soundmag: Dein Ratschlag für junge Menschen ist also?

Ramesh: Lernt etwas! Aber lernt nicht zu viel! (lacht)

Soundmag: Voxtrot gibt es seit 2002, habt ihr euch in den letzten fünf Jahren stark verändert?

Ramesh: Damals lebte ich in Schottland und der Rest der Band war in Austin. Wir spielten also nicht öfter als ein- oder zweimal im Jahr zusammen. Ab 2005 standen wir während unserer Tourneen fast nur noch gemeinsam auf der Bühne. Bis zu diesem Punkt würde ich Voxtrot nicht mal unbedingt als Band bezeichnen. Jetzt sind wir es und das ist schon mal ein riesiger Unterschied.

Soundmag: Wie beschreibst du den vorangegangenen Zustand? Als eine Art Trockenübung?

Ramesh: Dazu hört man sich am besten unsere erste EP „Raised By Wolves“ an. Alle Songs darauf stammen aus dieser Phase. We were an OK-Band - aber auf einem sehr niedrigen Level.

Soundmag: Du bist nach Schottland gegangen, weil dich dein Musikstudium genervt hat. Dort hast du dann relativ zügig begonnen, Literatur zu studieren. Gefiel dir das besser?

Ramesh: Um einiges sogar. Ich liebte es, obwohl ich mich nicht wirklich totgearbeitet habe.

Soundmag: Wie war das Leben in Glasgow im Vergleich zu Austin, Texas?

Ramesh: Großartig, denn ich entdeckte Techno und Raves. Davon hört man in Amerika schon lange nichts mehr. Es gab dort so viele Musikstile, die ich in Texas wahrscheinlich nie kennen gelernt hätte. Es war wirklich eine tolle Zeit!

Soundmag: Und irgendwann rief euer zukünftiger Manager an und sagte, dass er die Band jetzt richtig groß machen will.

Ramesh: Na ja, ganz so hat er es nicht ausgedrückt. (lacht) Er sah eine Zukunft für Voxtrot und die machte es nötig, dass ich zurückging.

Soundmag: Jetzt erscheint euer erstes Album, das noch mal warum die momentan beste Platte überhaupt ist?

Ramesh: (lacht und schweigt) Das würde ich so nie sagen. Ich bin sehr abergläubisch, darum nur das Folgende: es ist ein tolles Album, an dem wir hart gearbeitet haben. (grinst) Ein bisschen schwierig ist es aber auch. Unsere EPs waren bis jetzt relativ geradeaus gespielt und tanzbar. Unser Albumdebüt unterscheidet sich da schon etwas, ich würde es als nachdenklicher beschreiben.

Soundmag: Aus Schottland hast du hörbar sehr viele britische Einflüsse mit in die Musik von Voxtrot eingebracht. Was ist dir heute näher – amerikanische oder englische Musik?

Ramesh: Definitiv die britische: alles, was jemals in den 60er Jahren in England aufgenommen wurde, The Smiths natürlich, Felt, Belle & Sebastian und viele andere.

Soundmag: Kannst du auch amerikanische Einflüsse anführen?

Ramesh: Jetzt, da ich seit einigen Jahren wieder in den USA lebe, habe ich auch dort viel interessante Musik entdeckt: Sonic Youth, Guided By Voices, Dinosaur Jr., Bob Dylan. Je intensiver du dich mit der Kultur eines Landes auseinandersetzt, desto mehr tolle Bands und Interpreten wirst du finden.

Soundmag: Eine Sache muss ich noch ansprechen. Es gibt diese Geschichte, dass ihr mit eurer Single „Biggest Fan“ in den amerikanischen Billboard Top 10 gelandet seid.

Ramesh: Das war echt verrückt. Aber der Grund ist einfach: fast niemand veröffentlicht heutzutage noch Singles. Und noch weniger kaufen sie dann.

Soundmag: Aber was hast du gedacht, als ihr die Nachricht bekamt?

Ramesh: Ich war baff. Am Ende haben wir glaube ich 3 000 Exemplare in der erste Woche verkauft und weil es eine relativ veröffentlichungsarme Woche war, wärst auch du in die Top 10 gekommen – wenn du denn eine Single rausgehauen hättest.

Soundmag: Die Biographie eures deutschen Labels beginnt und endet mit der Feststellung, dass du den perfekten Popsong suchst.

Ramesh: Tue ich das? (lacht) Na ja, das macht doch jeder, der Popsongs schreibt, oder? Ich nehme es jedenfalls an, letztendlich aber wird dieses Ziel von niemandem erreicht werden.

Soundmag: Wirklich? Gibt es für dich keine perfekten Popsongs da draußen?

Ramesh: Mal überlegen – Paul McCartney hat einige ziemlich perfekte Popsongs geschrieben. Aber selbst davon wird nie etwas genau perfekt sein – so wie es niemals einen perfekten Kreis geben wird. Überleg mal, wenn es irgendwann jemand schaffen sollte, wird das für alle Zeiten der größte Hit sein!

Soundmag: Danach wäre Schluss, es hätte keinen Sinn mehr, weiterzumachen.

Ramesh: Genau an diesem Punkt endet die Welt! (grinst)

Soundmag: Im Umkehrschluss stellt sich mir die Frage, ob nicht jeder Musiker nach dem perfekten Song sucht?

Ramesh: Nein, denn es gibt genügend Musiker, die mit Popmusik nichts am Hut haben. Eine Einstellung, die ich total unterstütze.

Soundmag: Aber du möchtest, dass die Leute deine Musik hören?

Ramesh: Das will doch nun wirklich jeder Musiker, oder?

Soundmag: Einige sagen, dass sie die Musik für sich selbst schreiben und auf das Publikum nicht unbedingt angewiesen wären.

Ramesh: Das stimmt natürlich. So haben auch wir begonnen. Am Anfang war es uns egal, ob jemand zuhört. Aber wenn es dann doch passiert und du durch einen Plattenvertrag im Geschäft involviert bist, musst du dich schon ein wenig darum kümmern.

Soundmag: Letzte Frage: was hältst du von den Pet Shop Boys?

Ramesh: Ich mag sie irgendwie, bin aber nicht sehr vertraut mit ihrer Musik. Für Amerikaner in meinem Alter sind die Pet Shop Boys ein fremdes Konzept. Aber wenn ich in einem Club bin und die Pet Shop Boys laufen, fühle ich mich wohl!

Soundmag: Hervorragend. Vielen Dank für das Interview.

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