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Stereophonics

Stereophonics

 

12.09.07 - Berlin / Berlin

Interview:  Eric

Foto: Pressefoto

 

 

 

Stereophonics. Von einer Band aus einem walisischen Kaff zu einem der etabliertesten Acts im UK und nun auch schon 10 Jahre im Geschäft. Mitte Oktober erschien ihr neues Album „Pull The Pin“, einen Monat früher waren sie in Kooperation mit Jack Daniel’s auf Club-Tour in Deutschland. Das Gespräch mit Bassist Richard Jones sollte sich eigentlich vor allem um das neue Album drehen, doch dann entwickelte sich ein Gespräch über Auftritte mit alten Helden, Gefahren gesponserter Konzerte und neues Vertrauen in der Band.

Soundmag: Was ist dein tägliches „überlebenswichtiges“ Ritual?

Richard: Mein tägliches Ritual, wenn wir auf Tour sind, ist spät Aufstehen, ein paar Stunden chillen, vielleicht mich ein wenig in der Stadt umschauen, in der wir gerade sind. Dann der Soundcheck, Vorfreude und Aufregung vor dem Auftritt, dann ein paar Drinks und ab ins Bett. Das ist das Ritual auf Tour. Wenn ich zuhause bin, dann mache ich eigentlich dasselbe was jeder Andere auch macht.

Soundmag: Auf Tour ist eigentlich fast alles Routine.

Richard: Ja, viel Routine. Aber das ist auf gewisse Weise auch gut so. Du weißt, wo du schläfst, wann du isst und so weiter. Wir sind sozusagen institutionalisiert, wenn wir im Tour-Betrieb sind.

Soundmag: Was war denn euer denkwürdigster oder inspirierendster Gig?

Richard: Da gab es einige, aber der Gig, der mir immer zuerst einfällt, ist der Auftritt mit unseren Helden. Das war 1996, wir hatten noch kein Album draußen, waren aber für zwei Gigs die Vorband für The Who im Londoner Earl’s Court. Den Tag zuvor hatten wir noch vor 150 Leuten in einem Club in Edinburgh gespielt, und am nächsten Tag waren 16.000 Leute im Earl’s Court. Der Vergleich zwischen diesen beiden Locations ist ziemlich lustig, wir tourten zu der Zeit in einem kleinen Van, und dann läufst du plötzlich im Earl’s Court auf. The Who waren da in ihren Rolls-Royces und hatten eine riesige Bühne, wir hatten jeder eine Gitarre und einen Verstärker unter dem Arm.

Soundmag: In Großbritannien spielt ihr jetzt auch in den großen Arenen, in Rest-Europa sind die Locations eine Nummer kleiner. Ist das frustrierend?

Richard: Es kann insofern frustrierend sein, dass du den Leuten dieselbe Erfahrung, z.B. eine große Lightshow, bieten willst wie im UK. Es wäre toll, das überall auffahren zu können, weil wir eine Menge Arbeit in die Shows stecken. Aber wir spielen auch gerne in kleineren Clubs. Die Tour die wir im Moment in Verbindung mit Jack Daniel’s machen, dient mehr zum Aufwärmen, bevor es auf richtig große Tour geht, das ist nicht unsere reguläre Deutschland-Tour. Es ist auch etwas, woran wir noch arbeiten können, in Europa auf den gleichen Level zu kommen wie im UK. Aber wir ziehen das eine nicht dem anderen vor, sie funktionieren gut nebeneinander.

Soundmag: Kleinere Gigs können auch intensiver sein, weil du in engeren Kontakt mit dem Publikum kommst.

Richard: Es geht darum, Musiker zu sein und in der Umgebung zu performen, in der es sich am natürlichsten anfühlt. Wenn du auf einer großen Bühne stehst ist es mehr… ich würde nicht sagen theatralisch, aber es hat mehr von einer Show, mit den ganzen Lichtern, den Video-Screens, es gibt mehr, was du einbeziehst; während die Club-Gigs spontaner sind, das Set kann sich ändern, es bleibt nicht die ganze Tour über gleich.

Soundmag: Du hast es schon gesagt, Jack Daniel’s sponsert eure aktuelle kurze Tour. Besteht bei solchen Kooperationen nicht die Gefahr, dass der Sponsor mehr Aufmerksamkeit für sich und sein Produkt will als für die Band?

Richard: So ist das Business. Wenn sie mit uns zusammenarbeiten wollen, versuchen sie natürlich auch die Auftrittsorte zu „branden“. Sie versuchen es als „ihr Ding“ darzustellen, und die Band dient der Unterhaltung. Wenn man so etwas oft macht, kann die Gefahr bestehen, dass die Band an den Rand gedrängt wird. Aber wir wissen, dass das jetzt nur fünf Gigs sind, sie sind nicht unser Sponsor für die kommenden Jahre oder so. Unter uns, ich glaube, dass ist vor allem die Party der Jack-Daniel’s-Mitarbeiter in Deutschland. Bei den letzten Auftritten waren die alle so… (macht lallende Geräusche)

Soundmag: Sie stehen anscheinend voll hinter ihrem Produkt. Wie war eigentlich das Wiedersehen mit den Jungs nach eurer Pause in 2006?

Richard: Wir haben keine komplette Pause gemacht, es war mehr eine Pause vom Live-Spielen. Und wir haben uns letztes Jahr bewusst dazu entschieden, keine Gigs oder Festivals zu spielen. Leider mussten wir auch eine Tour mit Oasis absagen wegen eines Krankheitsfalles in der Familie. Wir hatten also sechs Wochen frei, in denen wir eigentlich touren wollten, der Rest war bewusste Pause. Diese war gut, um den Akku aufzuladen, dann haben wir uns zum Proben getroffen und sind im Juli 2006 ins Studio gegangen. Aber wir haben uns trotzdem jede Woche gesehen, wir sind Freunde und haben auch zusammen abgehangen.

Soundmag: Es war also mehr eine musikalische Pause denn eine Pause von einander?

Richard: Ja, es war eine Pause vom Touren und vom gesamten Business, keine „Freundschaftspause“.

Soundmag: Die Stereophonics sind nun schon über zehn Jahre im Geschäft, ihr habt ein paar Millionen Alben verkauft. Woher nehmt ihr dessen ungeachtet die Motivation für ein neues Album und eine Tour her?

Richard: In einer Band zu sein ist das, was wir immer wollten. Genau wie die Bands die wir früher bewunderten und respektierten wollen wir einen starken Back-Katalog an Alben schaffen und wollen zur Musik im Allgemeinen etwas beitragen. Wir wollen so viele gute Songs wie möglich schreiben und diese dann auch live und laut präsentieren. Die Leute sollen wissen, dass sie, wenn sie zu einem unserer Konzerte kommen, eine gute Show erwarten können. Darum geht es in einer Band. Wir brauchen uns keine Herausforderungen erfinden, die haben wir in unserem Privatleben. Wir brauchen die Band, um die Leute zu erreichen und da musst du dich immer wieder neu beweisen.

Soundmag: Ihr denkt also nicht, dass ihr die Spitze schon erreicht habt?

Richard: Nein, wir schauen immer in die Zukunft, wir wollen aus der nächsten Show immer die beste machen. Wir sind immer nur so gut wie unser letztes Konzert oder unser letztes Album. Wir müssen diesen Anspruch halten. Die Band ist unser Leben, sie ist kein Hobby.

Soundmag: Was hast du gedacht, als Kelly Jones, euer Frontman, dir von seinem Solo-Projekt erzählt hat?

Richard: Wir waren zu diesem Zeitpunkt zusammen im Studio. Wir waren gerade dabei, „Pull The Pin“ fertig zu stellen, und es gab zwei Songs, die nicht auf das Album passten, nur Kelly mit Gesang und Gitarre. Und so hatte er die Idee ein Album mit zehn Songs aufzunehmen, jeder nach einem Mädchen benannt und die Geschichte dieser Mädchen erzählend. Wir waren währenddessen praktisch neben an, in einem anderen Studio. Unser Drummer Javier hatte auch ein Seitenprojekt, es war also eine sehr kreative Phase. Sie haben es aus Liebe zur Musik gemacht, nicht um die Band in ihrem Wert zu mindern.

Soundmag: Hast du selbst auch an Solosachen gearbeitet?

Richard: Ich schreibe hin und wieder zuhause ein paar Songs, aber davon wurde noch nichts veröffentlicht. Bei vielen Sachen weiß ich auch gar nicht genau, was ich damit anfangen soll. Aber vielleicht finde ich in Zukunft noch Zeit und Inspiration, daraus etwas zu machen. Ich fühle keinen Druck, etwas solo zu machen, bloß weil Kelly und Javier Seitenprojekte haben. Die Band ist mein Leben, und ich bin glücklich damit.

Soundmag: Was hat sich verändert, seit Javier Weyler euer Drummer ist?

Richard: Wir haben… ich würde nicht sagen Vertrauen neu gefunden, es ist viel mehr gewachsen, wie die Stärke der Band gewachsen ist. Wir hatten eine schwierige Zeit, als sich unsere Wege von Stuart (Cable, der frühere Drummer, Anm. d. Red.) trennten. Wir hatten da auch mit der Plattenfirma zu tun, denn wenn sich die Besetzung einer Band ändert, ändert sich auch auf Geschäftsebene alles. Das hat auch den Fokus vom Musikersein etwas abgerückt. Seit Javier zur Band gestoßen ist, hat sich das geändert, er war zufrieden mit uns, wir waren zufrieden mit ihm. Er ist ein wirklich guter Drummer, er kann viele verschiedene Styles spielen.

Soundmag: Javier war schon vorher mit euch auf Tour, er war Tontechniker, oder?

Richard: Genau, wir kennen ihn seit fünf Jahren, er war Techniker und Studioassistent, als wir „You Gotta Go There To Come Back“ aufgenommen haben. Wir wurden Freunde, und es war auch eine Umstellung für ihn, da er uns schon vorher kannte und nun unser Drummer wurde. Wir veranstalteten kein Vorspielen für neue Schlagzeuger, wir wussten, dass Javier Schlagzeug spielen kann, und so haben wir ein paar Demos aufgenommen, und die klangen ziemlich gut, also war er dabei.

Soundmag: Auf „Pull The Pin“ kommt es mir vor, als würdet ihr die rockigen Parts von den ersten beiden Alben mit den eher elegischen Momenten von „J.E.E.P.“ und „You Gotta Go There To Come Back“ verbinden und so eine Art Brückenschlag über euer gesamtes Werk vollziehen.

Richard: Wir haben darüber auch in den letzten Monaten gesprochen, das neue Album sollte die besten Parts der Stereophonics repräsentieren, sowohl die Energie als auch die langsameren Stücke. Und das ist uns ganz gut gelungen, denke ich.

Soundmag: Ich sehe, wir müssen gleich aufhören, dein Promoter winkt schon. Letzte Frage: Ihr wurdet von der britischen Presse nie gehypt oder gepusht, fühlt sich euer Erfolg deshalb anders an als der von den so genannten Hype-Bands.

Richard: Ja, wir hatten nie diese Unterstützung, die andere Bands bekommen haben. Ich würde aber nicht sagen, dass unser Erfolg deshalb süßer schmeckt. Wir haben immer unser Ding gemacht, und die Leute haben das erkannt und uns unterstützt. Alles andere ist im Endeffekt egal.

Soundmag: Vielen Dank für das Interview.

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www.stereophonics.com

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