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The Twang

The Twang

 

10.09.07 - Lido / Berlin

Interview:  Eric

Foto: Paul Postle

 

 

 

The Twang sind die Prototypen der britischen Lads. Ein bisschen prollig, aber grundsympathisch. Und das trifft auch auf ihr Album „Love It When I Feel Like This“ zu, das am 19.10. erschien. Mit seiner Kombination aus Mitneunziger-BritPop und The-Streets-Schnodderigkeit sind sie auf jeden Fall auf der guten Seite. Im September waren The Twang auf Club-Tour in Deutschland, bei deren Stopp in Berlin ich die Gelegenheit hatte, mit einem der beiden Frontmänner, Martin Saunders, zu sprechen. Leider verloren sich am Abend ins Lido nur ca. 50 Leute, die Jungs gaben aber auf der Bühne alles und hatten sichtlich Spaß dabei. Trotz ihrer letzten Gigs in Glastonbury und bei T In The Park vor einigen tausend Leuten. Grundsympathisch eben. Die meisten eingestreuten „Fuck-„, „Man-„ und „D’ya know what I mean?“-Einschübe von Martin wurden der Einfachheit halber weggelassen, können aber bei Bedarf zu fast jedem Satz dazu gedacht werden.

Soundmag: Was ist dein tägliches „überlebenswichtiges“ Ritual?

Martin: Erst mal brauche ich genügend Schlaf. Dann vielleicht ein Croissant und einen Kaffee. Es kommt auch darauf an, was du den Tag über vorhast. Auf Tour willst du normalerweise einfach ein bisschen chillen, vielleicht einen Film schauen. Wenn du im Ausland bist, schaust du dich ein wenig um, gehst shoppen oder so was. Vor der Show dann noch Abendessen, ein paar Wodkas, und dann ein guter Gig. Es ist nicht so glamourös, wie vielleicht manche Leute denken, du versuchst vor allem die Zeit tot zu schlagen vor und nach dem Soundcheck. Aber es gibt sicher schlechtere Jobs. (grinst) Wir waren eine Woche in Japan, da war es toll. Danach sind wir zurück nach Europa, haben in Österreich, Belgien, der Schweiz und jetzt in Deutschland gespielt. Aber es läuft immer gleich: Do a gig, and then fuck up! Du kannst zwar sagen, dass du in den Ländern gewesen, aber es stimmt nicht wirklich.

Soundmag: Was war denn euer denkwürdigster Gig?

Martin: Das war auf jeden Fall Glastonbury. Es gab zwar einige auf unserer eigenen Tour und auch auf Festivals, aber der nahe liegendste ist einfach Glastonbury. Glastonbury ist einfach… fucking Glastonbury! Es ist eines der berühmtesten Festivals der Welt und es war einfach unglaublich da. Wir waren Headliner auf einer Nebenbühne, und das ist natürlich etwas ganz anderes, als wenn du um drei Uhr nachmittags spielst. Als wir dann am Abend auf die Bühne gegangen sind und die vielen tausend Leute gesehen haben, dachte ich mir: „Fucking hell, da müssen wir aber einen unglaublichen Gig spielen.“ Denn zur gleichen Zeit haben auch Iggy & The Stooges und The Killers gespielt, die Leute sind aber trotzdem zu uns gekommen. Unsere Freundinnen waren auch da, und wir haben danach noch gefeiert. Es war einfach eine tolle Show, und dass wir dazu überhaupt die Gelegenheit bekommen haben, war einfach unglaublich. Wir waren auch bei T In The Park in Schottland, da hatten wir den Nachmittags-Slot, so gegen 15 Uhr. Aber auch das war gut, du musst dich immer anstrengen, das Publikum zu ziehen. Und da waren dann ungefähr 20.000 Leute. Okay, wir haben vielleicht nicht jedem Einzelnen gefallen, aber es war trotzdem fucking amazing. Du siehst, wir hatten einige gute Gigs. Ich hoffe, heute Abend werden auch ein paar Leute kommen.

Soundmag: Euer Album kommt hier erst Mitte Oktober raus, deshalb…

Martin: Ja, im Oktober, deshalb müssen wir ein bisschen Promotion machen. (grinst) Es wird auf jeden Fall gut. Deutschland ist ein wichtiges Land, hier gibt es viele Leute, die englische Musik mögen, deswegen müssen wir versuchen, hier einen Fuß in die Tür zu bekommen. Aber wenn das Album draußen ist, kommen wir sicher noch mal auf Tour. Das wird dann wieder anders sein, wenn das Publikum die Texte kann und mitsingt. Hoffentlich wird aber auch der heutige Abend schon gut.

Soundmag: Ich denke schon, dass einige Leute kommen werden, ihr werdet ja ziemlich heiß gehandelt und habt auch schon ein paar Videos draußen. (Hier sollte ich mich leider etwas irren)

Martin: Yeah, good stuff.

Soundmag: Wie schreibt ihr eure Songs? Habt ihr eine Art „übliche Routine“ dafür?

Martin: Phil (der zweite Frontman, d. Red.) schreibt ungefähr 90 Prozent unserer Songs. Und unser Bassist John schreibt auch ziemlich viel. Das ist schon von Vorteil, gleich zwei Songwriter zu haben, bei uns wird es wohl so schnell keinen Mangel an neuem Material geben. Manchmal kommt auch jemand nur mit einem Riff an, und wir entwickeln das gemeinsam weiter. Oder es ergibt sich aus dem Jamming einfach etwas. Wir haben verschiedene Wege, zu unseren Songs zu kommen. Im Moment ist es allerdings schwer, neue Sachen zu schreiben. Aber wir haben noch viele Songs in der Hinterhand und ich freue mich schon auf unser nächstes Album.

Soundmag: Sind diese Songs schon fertig aufgenommen oder sind das nur Ideen?

Martin: Wir haben für 20 bis 30 Songs die Texte, dazu kommen noch viele Ideen und viele halbfertige Songs. Wir müssen nur mal unsere Ärsche zusammen in ein Studio kriegen und das zweite Album fertig stellen. Die Frage ist nur, wann wir dafür die Zeit finden.

Soundmag: Denkst du, dass eure Heimatstadt Birmingham einen großen Einfluss auf euer Songwriting hat?

Martin: Die Frage wurde mir schon öfters gestellt. Das ist eines der Dinge, die einen ganz natürlich beeinflussen, wie z.B. auch wer du als Person bist. Ich wache nicht jeden Tag auf und denke: „Ich bin Birminghamer, ich muss diese Stadt repräsentieren!“ Ich lebe da, und ich mag die Stadt, aber ich denke nicht viel darüber nach.

Soundmag: Die meisten aktuellen Brit-Bands klingen wie eine Mischung aus The Jam, The Clash und vielleicht Gang Of Four. Aber euer Sound ist ein wenig anders. Wie würdest du ihn beschreiben?

Martin: Für mich ist es einfach Gitarrenmusik. Sie hat Groove, du kannst dazu tanzen. Die anderen Bands, die du meinst: die höre ich mir alle an. Wir sind mit viel Dance- und Rave-Musik aufgewachsen, und natürlich viel Gitarrenmusik. Als wir dann als Band zusammen gekommen sind, kam der Sound einfach aus uns heraus. Wir haben einen Dance-Einfluss, weil John groovy Bass-Linien spielt und Matt ein groovy Drummer ist. Darüber hinaus mag ich auch die Libertines, sie sind eine meiner Lieblingsbands. Schlussendlich ist es aber nicht so, dass wir anders als alle anderen klingen wollten, es hat sich einfach natürlich so entwickelt.

Soundmag: Ein Berliner Stadtmagazin hat euren Sound als „Speed Country Rockabilly“ bezeichnet. Ich an eurer Stelle würde sie dafür verklagen.

Martin: Das bedeutet wirklich überhaupt nichts. Aber die Leute neigen dazu zu sagen, dass man so oder so klingt. Wenn die Leute ein Musikmagazin lesen, und der Journalist schreibt, die klingen wie diese und jene Band, dann habe ich eine ungefähre Vorstellung von ihrem Sound, sie müssen das nun mal machen. Es ist also keine schlechte Sache.

Soundmag: Weißt du eigentlich, dass es eine deutsche Country-Band gibt, die auch The Twang heißt?

Martin: Ja, davon habe ich gehört. Sie sind, glaube ich, eine Cover-Band. Du siehst, eine Country-Cover-Band, wir haben also nicht viel gemein. Aber einer von den Typen war bei unserem Konzert in Hamburg, der Sänger, denke ich. Er hieß Beenie Bang Twang oder so ähnlich. Wir haben uns kurz unterhalten, und wir haben ihm klar gemacht, dass wir die einzig wahren The Twang sind. (grinst) But fairplay to him.

Soundmag: Deutscher Country ist glaube ich eines der schlimmsten Dinge, die man sich vorstellen kann.

Martin: Er hat uns an diesem Abend auch eine CD gegeben. Ich habe sie mir auch angehört und… na ja, ich werde das jetzt nicht beurteilen. Ich denke, ich habe genug gesagt. (grinst)

Soundmag: Ihr hattet schon eine Cover-Story im NME und habt ziemlich viel Kritiker-Lob bekommen. Ist das für euch eine Ehre, oder kann das auch Druck erzeugen?

Martin: Es ist auf jeden Fall eine Ehre. Der Druck, der durch Cover-Stories und solche Sachen entsteht, ist positiv. Dadurch kommen mehr Leute auf unsere Konzerte und es hören sich mehr Leute unsere Musik an. Wir haben den NME gelesen, seit wir Teenager waren, jeder von uns. Als wir mit der Band angefangen haben, war es unser Traum, einmal im NME zu stehen und in Glastonbury zu spielen. Und das alles haben wir geschafft, wir haben auch einen NME-Award bekommen. Und wenn wir nie wieder einen bekommen, diesen können sie uns nicht mehr wegnehmen. (grinst) Es ist nichts, was wir von Anfang an wollten, aber wenn du einen Award bekommst, findest du das schon gut.

Soundmag: Eure Plattenfirma nennt euch eine „people’s band“. Was hältst du von dieser Zuschreibung?

Martin: Ich weiß, dass wir so betitelt werden. Das ist genauso wie mit Speed Country Rockabilly: Es ist einfach ein Label, das du verpasst bekommst. Meiner Meinung nach sind wir nicht unbedingt eine people’s band. Warum uns die Leute so nennen, liegt vielleicht daran, dass wir so normal rüberkommen. Ich meine, wir tragen keine Krawatten auf der Bühne oder machen uns die Haare, wir sind einfach normal lads. In unsere Texten geht es einfach um das Leben und wie es ist, ein normal lad zu sein. Wir sind aber nicht die Stimme der Leute oder sagen ihnen, wie sie ihr Leben zu führen haben. Wir denken nicht darüber nach, dass wir genau so sein wollen oder genau so nicht. Wir sind einfach, wer wir sind.

Soundmag: Ein englisches Magazin hat eure Texte „24 hour party poetry“ genannt. Beschreibt das deiner Meinung nach eure Texte gut?

Martin: Das nimmt Bezug auf die Happy Mondays, deshalb mag ich es, sie sind eine meiner Lieblings-Bands. Shaun Ryder ist ein überragender Texter, er ist ein verdammtes Genie, ein Poet. Er ist ein unglaublicher Songwriter. Deshalb ist das ein Kompliment.

Soundmag: Hast du das neue Mondays-Album schon gehört?

Martin: Wie heißt das noch mal? Irgendwas „Dysfunctional“…, so in die Richtung. Ich hab es noch nicht gehört. Ich bin ein großer Mondays-Fan, aber sie sind nicht mehr dieselbe Band wie früher. Sie spielen immer noch Gigs und haben da auch offensichtlich Spaß dran, neue Songs zu schreiben und Platten zu veröffentlichen. Aber das neue Zeug reicht einfach nicht an die alten Sachen heran.

Soundmag: In eurem Song „The Neighbour“ geht es um einen etwas verrückten Nachbarn. Ist das wirklich so passiert?

Martin: Auf jeden Fall, das ist eine wahre Geschichte, da ist auch nichts übertrieben dran. Phil hat in einer Studentengegend gewohnt und da ziemlich Party gemacht, was dort kein Problem war. Aber dann ist er in eine ruhige Wohngegend gezogen und hat weiter Party gemacht, was aber seinem neuen Nachbarn nicht wirklich gefallen hat. Und dann hat es gekracht. So eine Story kann man sich wahrscheinlich gar nicht ausdenken. Okay, man kann es schon, aber Phil schreibt keine erfundenen Texte, er schreibt über das, was er sieht und was er macht.

Soundmag: Ich habe euer Video zusammen mit Mike Skinner zu dem „Either Way“ Remix gesehen. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Martin: Wir sind alle große Streets-Fans. Als das erste Album „Original Pirate Material“ herauskam, war das etwas, was die Leute so noch nicht gehört hatten. Auch seine Texte waren super, er schreibt über sein Leben. Du kannst entweder dazu tanzen oder dich hinsetzen und dir die Texte anhören, es funktioniert beides. Jedenfalls, unser Manager kennt seinen Manager, und die beiden haben über eine Zusammenarbeit gesprochen. Und irgendwann hieß es dann, Mike Skinner will einen Remix zu „Either Way“ machen. Wir haben uns irre gefreut, da wurde ein Traum für uns wahr. Und Mike hat richtig Arbeit da rein gesteckt, er hat nicht bloß die Bass-Linie verändert oder so was, sondern neue Lyrics geschrieben. Wir sind da sehr stolz drauf, es ist wirklich gut, zwar nicht ganz so gut wie unseres (grinst), aber wir lieben es.

Soundmag: Der Video-Dreh scheint viel Spaß gemacht zu haben, wenn man sich das Ergebnis anschaut.

Martin: Auf jeden Fall, es war aber gar kein richtiger Video-Dreh, weil wir dazu gar nicht die Zeit hatten. Wir spielten an dem Tag einen Gig in Brighton und waren davor mit Mike und Pro Green am Strand und haben da ein paar Aufnahmen gemacht, dann sind sie noch zu unserem Gig gekommen und danach haben wir ein bisschen getrunken und das wurde auch gefilmt. Es war also mehr ein normaler Tag von uns denn ein spezieller Video-Dreh.

Soundmag: Denkst du, dass sich das Album-Konzert-Verhältnis heutzutage verändert hat? Ich meine, in den 60ern hat man noch Konzerte gegeben, um Alben zu verkaufen, aber heute ist das Album mehr oder weniger nur noch Promo für die Tour, weil damit das Geld gemacht wird.

Martin: Ich habe mich musikhistorisch nicht so mit den 60ern beschäftigt, ich höre zwar Musik aus dieser Zeit, aber so genau kann ich dazu nichts sagen. Wenn du ein gutes Album hast, werden es sich die Leute anhören, und wenn du gute Gigs spielst, werden sie sich die Leute anschauen. Wenn du also gute Sachen bringst, solltest du keine Probleme haben.

Soundmag: Was steht als nächstes für euch an?

Martin: Wir werden im Herbst eine Headliner-Tour durch die großen Hallen im UK machen, Brixton Academy und so weiter. Da freue ich mich schon drauf, wir haben eine Lightshow und den ganzen Kram. Ansonsten sind keine großen Touren geplant, wir werden aber weiter Gigs spielen und Songs schreiben, und dann unser zweites Album aufnehmen. Es ist gut, dass es keine großen Pläne gibt, denn es braucht Zeit, um die nächste Platte aufzunehmen. Wir schauen nicht zu weit in die Zukunft, denn wenn ein paar Sachen schief laufen, kannst du bald schon durch sein.

Soundmag: Habt ihr auch USA-Pläne?

Martin: Wir werden sehen, aber erst einmal wollen wir uns auf Großbritannien und Europa konzentrieren. Aber mit einem neuen Album im Rücken weiß man nie, was passiert.

Soundmag: Es ist ziemlich schwer für britische Bands in den USA, nicht mal Oasis haben es dort wirklich geschafft.

Martin: Die USA sind ein so verdammt großes Land, auch wenn du dort nur in ein paar Staaten Erfolg hast, ist das schon etwas. Es ist einerseits schwer, weil es so viele Bands dort gibt, andererseits sind sie auch musikalisch auf einem anderen Level, vor allem Soul, R’n’B und Rap sind dort groß. Aber wenn du wirklich gut bist, schaffst du es auch da – Oasis waren da die Ausnahme. Für uns wäre es natürlich super, es dort zu schaffen, du verkaufst eine Menge Platten und scheffelst viel Geld. (grinst) Aber erst einmal muss man es im eigenen Land schaffen.

Soundmag: Da sieht es im Moment ziemlich gut für euch aus. Vielen Dank für das Interview.

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