Interviews

Get Well Soon

Get Well Soon

 

16.04.08 - Lido / Berlin

Interview:  Dirk

Foto: Pressefoto

 

 

 

An Get Well Soon, hinter dem sich einzig und allein der Wahlberliner Konstantin Gropper verbirgt, gab es zu Beginn des Jahres nahezu kein Vorbeikommen. Egal, welche Zeitung oder Illustrierte man aufschlug, welchen Radiosender man einschaltete, Get Well Soon war schon da. Ein ob des tollen, gleichnamigen Debüts angemessener Hype hatte sich in allen Kulturkanälen lodernd entfacht, dem man unmöglich ausweichen konnte. Nachdem nun ein wenig Ruhe eingekehrt ist, bot sich die Gelegenheit, Konstantin Gropper vor seinem Konzert im Berliner Lido ein paar Fragen zu stellen. Während der im Hintergrund voranschreitende Soundcheck seiner brillanten Live-Band um Schwester Verena für einige Minuten ohne den sympathischen musikalischen Kopf auskommen musste, entspann sich im Backstagebereich in relaxter Atmosphäre folgendes Gespräch.

Soundmag: Dein Album ist schon seit 2006 fertig. Trotzdem hat es bis zum Januar diesen Jahres gedauert, bis es veröffentlicht wurde. Wie kam es dazu?

Konstantin: Also, es war in meinem Fall so, dass das Album fertig war und ich danach erst mal auch eine Band gebraucht habe, um das live umzusetzen. Und dann war es, glaube ich, auch einfach nötig, dass wir ein bisschen live spielen. Unter uns (lacht): Es will auch keiner eine Band signen, die überhaupt keine Live-Erfahrung hat. Wir haben relativ schnell auf größeren Festivals gespielt, was dazu beitrug, dass wir etwas Aufmerksamkeit erzeugt haben. Daran lag es dann. Wir haben lange mit vielen verschiedenen Partnern verhandelt, bis wir bei City Slang gelandet sind.

Soundmag: Hast du irgendwann Zweifel daran gehabt, ob es noch was wird?

Konstantin: Ehrlich gesagt nicht, weil relativ früh Interesse da war. Ich wusste nicht, wo genau es hingeht, ob es was ganz Kleines oder Größeres ist, aber es sah schon früh danach aus, als ob es was werden würde

Soundmag: Überall waren Lobeshymnen für dein Album zu hören. Ein richtiger Hype ist entstanden. Hast du so etwas geahnt?

Konstantin: So etwas kann man ja eigentlich nicht ahnen. Ich habe es gehofft. Also nicht, dass ein Hype entsteht, aber dass es den Leuten gefällt. Geahnt habe ich es natürlich nicht.

Soundmag: Aber du warst nicht wirklich überrascht, oder?

Konstantin: Also, dass es so enorm ist, war natürlich schon eine Überraschung. Das hat keiner erwartet, ich am allerwenigsten. Dass es so dermaßen groß einschlägt. Das war ja schon über Indie-Grenzen hinaus. Das war teilweise schon skurril, wo das überall gut ankam und wo vor allem gleichzeitig, in ganz verschiedenen Ecken. Das war schon ein bisschen unheimlich.

Soundmag: In welcher Situation fandest du es skurril?

Konstantin: Ich hatte an einem Tag eine Rezension in der TAZ und auf Bild.de. (lacht) Ich weiß nicht, ob das schon mal jemand geschafft hat. Und beide positiv! Es war außerdem Platte des Monats in der Elle. (lacht)

Soundmag: Das heißt doch was. Wie gehst du jetzt damit um, ohne abzuheben?

Konstantin: Ich bin eigentlich schon immer Pessimist gewesen. Ich gehe damit relativ realistisch um. Ich warte immer noch ab, dass irgendwann mal der ganze Schwindel auffliegt. Aber wie gesagt, ich sehe das alles relativ realistisch. Ich glaube, die Gefahr, dass ich da abhebe, besteht nicht. Ich freue mich eher, dass die Tour so sehr gut läuft.

Soundmag: Wie sehr geht es dir auf die Nerven, wenn dir attestiert wird, dass es für deutsche Musik außergewöhnlich gut ist?

Konstantin: Das geht mir nicht auf den Geist. Es ist eher so, dass ich nicht verstehe, was damit gemeint ist. Die Leute sagen mir immer, dass die Musik nicht deutsch klingt und meinen es aber positiv. Ich weiß nicht so richtig, was sie damit meinen, weil Musik zumindest für mich nicht wirklich geographisch verortbar ist. Wenn Leute das als Kompliment meinen, freue ich mich, aber ich verstehe es nicht wirklich.

Soundmag: Du hast, wie allgemein bekannt ist, an der Popakademie Mannheim studiert, der du im nachhinein schon kritisch gegenüber stehst. Was war eigentlich damals der Grund für dich, sie zu besuchen?

Konstantin: Ich habe erst angefangen, Philosophie und Germanistik zu studieren. Ich habe mir dann gedacht, wenn nicht jetzt, wann dann soll ich mich vollzeitlich mit Musik beschäftigen? Es war eine willkommene Strategie zu sagen, ich studiere zwar, aber es sind drei Jahre, in denen ich wirklich meine Musik mache und mich damit beschäftige und mit anderen Musikern zusammen treffe. Das war der Plan. Das hat ja auch funktioniert. Ich stehe dem zwar schon kritisch gegenüber, aber nicht nur. Ich bereue es nicht. Es war auf jeden Fall eine wichtige Zeit. Allein eben wegen drei Jahren intensiven Musikmachens und weil ich viele Leute kennen lernen durfte.

Soundmag: Hat eigentlich der Name Get Well Soon etwas mit dem Film mit Vincent Gallo zu tun?

Konstantin: Nein. Gar nicht. Ich habe erst später gehört, dass es den auch gibt.

Soundmag: Wie ist der Name entstanden?

Konstantin: Ein Freund von mir ist drauf gekommen. Ich fand dann, dass er sehr gut zu der Geste meiner Musik passt. Ich fand es auch schön, dass er so einfach, aber auch so ungewöhnlich als Bandname ist. Ich mag Sachen, die aus drei einsilbigen Worten bestehen. Das fand ich irgendwie sehr griffig.

Soundmag: Würdest du deine Musik eigentlich als Pop bezeichnen?

Konstantin: Das ist eine schwierige Frage, was Pop ist. Aber, ja. Sie kommt beim Publikum an, von daher ist es vielleicht Popmusik. Ich weiß es nicht. Aber ich würde sagen, dass es Musik ist, die verschiedene Bezugspunkte, verschiedene Referenzen hat. Dazu gehört natürlich Pop. Aber nicht nur. Vielleicht ist es so etwas wie ernste Popmusik.

Soundmag: Du hast mal gesagt, dass es dir lieber ist, Musik entweder nicht sofort oder gar nicht zu verstehen. Warum?

Konstantin: Weil ich Musik auch als Kunstform sehe. Immer dann, wenn Kunst sich auf den ersten Blick sofort mit allen Dimensionen erschließt, kann es damit eigentlich nicht weit her sein. Es geht immer darum, dass Kunst verschiedene Dimensionen hat. Und dann ist es mir wirklich lieber, etwas zehnmal anzuhören müssen, als dass ich es nach einem Mal Hören verstanden habe. Das ist mir einfach zu flach.

Soundmag: Würdest du der Aussage zustimmen, dass hinter Get Well Soon ein Konzept steht?

Konstantin: Nein, eigentlich nicht. Wenn, dann vielleicht am ehesten noch hinter dem Album oder hinter den einzelnen Songs, oder was ich sonst noch machen werde. Aber nicht grundsätzlich hinter Get Well Soon. Ich glaube, das ist einfach nur der Name, den ich jetzt erst mal für mein Soloprojekt gewählt habe.

Soundmag: Du coverst „Born Slippy“ von Underworld. Unter anderem deswegen, weil - um dich zu zitieren - du es als einen Song verstehst, der für eine ganze Generation steht. So auch der Film „Trainspotting“. Was bedeuten dir „Born Slippy“ und „Trainspotting“ persönlich?

Konstantin: Einerseits gibt es dieses Grunge-Lebensgefühl aus den neunziger Jahren. Auf der anderen Seite diese extreme Feier-Ravekultur. Für mich war "Born Slippy" ein düsteres Stück, das den Bogen vom Grunge-No Future-Nihilismus hin zu diesem Rave-Ding schlägt. Das zeichnet es für mich aus. Und mit dem Film „Trainspotting“ wird relativ gut auf den Punkt gebracht, wie das alles endet.

Soundmag: Hat der Film für dich, abgesehen von dem Stück, noch eine besondere Bedeutung?

Konstantin: Ich habe den schon ewig nicht mehr gesehen. Ich mochte ihn damals sehr gerne, aber es hat konkret mit dem Track nichts zu tun.

Soundmag: Du hast ihn also einfach heraus gepickt.

Konstantin: Ja. Das habe ich mir gedacht, als ich Underworld live gesehen habe. Das mit dem Film ist Zufall. Es hängt mit dem Film zusammen, dass es ein wichtiges Stück für meine Generation geworden ist, weil es eben dadurch bekannt wurde.

Soundmag: Um auf ein weiteres Zitat von dir einzugehen: Warum glaubst du, dass du weißt, was du tust?

Konstantin: Ich glaube, ich habe gesagt, dass es mich immer an Musik fasziniert, wenn ich den Eindruck habe, dass derjenige, der sie gemacht hat, weiß, was er tut. Ich weiß nicht, ob ich gesagt habe, dass es bei mir so ist. Ich wünschte gerne, dass es so wäre. Das ist mein Ideal. Aber ich weiß nicht, ob ich das erreicht habe. Also, ich habe es dahingehend erreicht, dass ich schon länger an dem Album gearbeitet habe und ungefähr bei fast jedem Ton weiß, warum er jetzt da ist, wo er sich befindet. Die Stücke haben sich im Laufe der Zeit verändert. Aber es ist mir auf jeden Fall wichtig, das etwas durchdacht ist. Das zumindest kann ich auch von meiner Musik behaupten.

Soundmag: Ihr steht seit einiger Zeit in Kleidung der Marke „Drykorn“ auf der Bühne...

Konstantin: (lacht) Seit gestern!

Soundmag: Wie kam es dazu? Warum ausgerechnet diese Marke?

Konstantin: Es kam einfach nur, weil wir eine Anfrage einer anderen Marke hatten. Das war nicht unser Ding Wir haben uns gedacht, dass die Idee gar nicht so schlecht ist. Dann haben wir bei „Drykorn“ angefragt, weil es uns ganz gut gefallen hat. Die haben uns jetzt was geschickt, das haben wir auch erst seit gestern. Aber das ist noch keine wirkliche Zusammenarbeit.

Soundmag: Auf eurer Internetseite kann man das schon nachlesen.

Konstantin: Das ist Teil des Stils, aber im Moment ist es noch nicht so, dass wir die Sachen schon richtig anhaben. Es war schon so gedacht, dass wir einfach Klamotten für den Auftritt kriegen, aber das hat jetzt keinen Beweggrund, sondern einfach nur, dass eine Marke auf uns zugekommen ist und wir dachten, dass das eigentlich nicht so schlecht ist. (lacht) Erschreckend, wie schnell man darauf angesprochen wird. Meine Güte! (lacht)

Soundmag: Man merkt, dass Stil für dich eine bestimmte Rolle spielt, Kleidung, aber auch der Gestus... Würdest du dich als eitel bezeichnen?

Konstantin: Ja, schon. Also, in dem Sinne, dass mir das schon wichtig ist, wie etwas aussieht. Nicht unbedingt nur ich, sondern mir ist auch die Verpackung der Musik wichtig. Fotos, Artwork und Homepage. Das steht natürlich nicht an erster Stelle. Das ist immer noch die Musik.

Soundmag: Du bist stark durch klassische Avantgarde wie Stockhausen und Penderecki, also sperrige, schwer zugängliche Musik beeinflusst worden. Trotzdem ist deine Musik im Vergleich relativ leicht zu erschließen. Siehst du darin einen Widerspruch?

Konstantin: Ich würde einfach sagen, dass Get Well Soon, zumindest dieses Album, nicht von der Avantgarde beeinflusst ist. Irgendwie kam das Thema mal auf den Tisch. Das war aber eher Zufall, dass ich das auch höre und kenne. Aber das hat mit Get Well Soon nichts zu tun. Ich werde mich vielleicht später noch musikalisch damit auseinandersetzen, aber im Moment hat bei mir die Konsonanz noch nicht ausgedient.

Soundmag: Trotzdem hast du das Stück „Stockhausen Is Dead“ geschrieben.

Konstantin: Ja, stimmt. Das war aus gegebenem Anlass. Aber das ist immer so ein bisschen vermischt worden. Ich habe nie gesagt, dass Get Well Soon von Penderecki beeinflusst worden ist.

Soundmag: Hätten wir das auch geklärt. Letztes Jahr hast du, ohne eine Platte veröffentlicht zu haben, in Glastonbury gespielt. Wie wurde das möglich?

Konstantin: Wir haben das irgendwie hingekriegt, in England innerhalb der Branche so etwas wie ein Geheimtip zu werden. Und so kam es über ein paar Ecken an die Glastonbury-Booker. Es war recht unbürokratisch. Die haben das gehört, fanden es gut und haben gesagt: Ihr könnt spielen. Alles andere war denen egal.

Soundmag: War es für dich etwas Spezielles, dort aufzutreten, oder hast du es wie irgendein anderes Festival genommen?

Konstantin: Nein, man hat auf jeden Fall Ehrfurcht davor. Erst mal wegen der Namen. Ich war vorher noch nie da. Dann sind wir da hingefahren, und haben noch mehr Ehrfurcht bekommen, weil es einfach so riesig ist, dass man es gar nicht fassen kann. Der Auftritt selber war wie bei jedem anderen Festival. Letztendlich ist es eher etwas, was man für die Vita macht. (lacht) Es hat auch schon zur Folge, dass ich in jedem Interview darauf angesprochen werde.

Soundmag: Ich habe auch schon überlegt, ob ich dir diese Frage stellen soll... Schnell zu etwas anderem: Du bezeichnest dich als überzeugten Pessimisten und machst gleichzeitig optimistische Musik, die Kraft geben soll. Wie passt das für dich zusammen?

Konstantin: Na ja, genau so. Die Musik ist auch für mich, nicht nur für den Zuhörer. So einfach.

Soundmag: Aber bist du nicht in deinem tiefsten Inneren doch ein Optimist?

Konstantin: Es geht nicht unbedingt darum, das soll auch der Bandname nicht ausdrücken, dass vermutlich alles irgendwann in Ordnung kommt, sondern dass es schon irgendeine Lösung geben wird. Keine universelle Lösung natürlich. Welche, muss jeder für sich herausfinden, um eine Gleichgültigkeit zu erreichen. Ich kann das auch nicht vorschreiben, darum geht es nicht. Aber ich glaube, dass diese Geste nicht meint, dass alles gut in der Welt wird. Das auf keinen Fall. Es geht eher darum, dass man seinen eigenen Weg finden muss, um das auszuhalten.

Soundmag: Wie groß ist eigentlich der Einfluss von Literatur und Filmen auf deine Musik?

Konstantin: Teilweise groß. Die Grundideen von Songs können von allem Möglichen ausgehen. Also, auch von Literatur und Filmen. Es kann aber auch etwas ganz anderes sein. Aber teilweise liegen den Ideen schon filmische oder literarische Dinge zu Grunde.

Soundmag: Kannst du ein Beispiel nennen?

Konstantin: Ja, es gibt das Stück „Lost In The Mountains Of The Heart“, das auf dem Rilke-Gedicht „Ausgesetzt auf den Bergen des Herzens“ basiert. Der Text ist zwar nicht der vom Gedicht. Aber das war es, was mich dazu inspiriert hat.

Soundmag: Abschließend möchte ich dich noch fragen, ob du deine Durchschlafprobleme in den Griff bekommen hast?

Konstantin: Ich schlafe auf der Tour erstaunlich gut. Wirklich. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich dann wirklich mal so richtig müde bin, weil das Tourleben auch körperliche Arbeit ist. Vielleicht fehlt mir das. Ich habe vor der Tour schlecht geschlafen, aber jetzt auf der Tour schlafe ich sehr gut. (lacht)

Soundmag: Vielen Dank für das Interview!

Review kommentieren

Neues Thema im Forum

Alle Interviews

 

 

 

Neue Interviews

 

Neue Reviews

 

Suche in soundmag.de