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Jenny Owen Youngs

Jenny Owen Youngs

 

25.05.08 - Lido / Berlin

Interview:  Andreas

Foto: Andreas

 

 

 

Sie könnte deine kleine Schwester sein. Aber wünschen würdest du es dir nicht, denn Jenny Owen Youngs hat das, was der Amerikaner schlicht und einfach „attitude“ nennt. Mutig ist die 27jährige aus Montclair, New Jersey außerdem, tourt sie doch ganz allein mit ihrer Gitarre im Vorprogramm von Kevin Devine zum ersten Mal durch Deutschland. Auch wenn ihr Albumdebüt „Batten The Hatches“ schon ein oder zwei Jahre auf dem Buckel hat, ist es doch vor allem die daraus stammende Single „Fuck Was I“, die Owen Youngs durch den Einsatz in verschiedenen TV-Serien zu anschaulicher Bekanntheit verholfen und sie nun in den Außenbereich des Berliner Lidos verschlagen hat.

Soundmag: Jenny, tourst du das erste mal durch Europa?

Jenny Owen Youngs: Nicht das erste Mal in Europa, aber es ist meine Deutschlandpremiere und sie fühlt sich gleichzeitig irgendwie anders und gut an.

Soundmag: Zumindest das Wetter ist heute viel besser als – sagen wir mal – in Paris!

Jenny: Oh ja. In Paris gab es einen furchtbaren Sturm und anschließend regnete es eigentlich den kompletten Tag durch. So blieb es bis gestern. Aber heute: fantastisches Wetter, das all das Warten wert war.

Soundmag: Hast du bis hierhin so etwas wie ein Lieblingsland?

Jenny: Auf dieser Tour habe ich mich bis jetzt im Leipzig am wohlsten gefühlt. Allerdings waren wir auch fast ausschließlich in Deutschland unterwegs. Heute sind wir auch etwas herumgelaufen, eine schöne Gegend rund um den Club hier. Wien war auch fantastisch.

Soundmag: Hast du dein Schnitzel gegessen?

Jenny: Nein, ich hatte noch keins! Ehrlich gesagt bin ich unsicher, was ein Schnitzel tatsächlich ist. Ich habe das Gefühl, dass es in etwa der Hot Dog Europas ist: jede Menge Fleisch zusammengemischt. Stimmt das?

Soundmag: Nicht ganz.

Jenny: Ich werde es noch rausfinden. Gestern hatte ich eine Bratwurst, was ein großer Schritt für mich war. Das Schnitzel ist dann wohl die nächste Stufe, die ich erklimmen muss.

Soundmag: Hier in Berlin musst du allerdings eine Currywurst essen.

Jenny: Eine was?

Soundmag: Eine Wurst mit scharfer Soße.

Jenny: Das klingt super, hohlen wir uns nachher eine?

Soundmag: Gern, aber vorher noch ein paar Fragen. Ich habe mir deinen letzten Podcast angehört, der zugegebenermaßen schon etwas älter ist. Darin erzählst du stolz, dass du jetzt wieder Single bist und eine Weile in diesem Zustand verweilen möchtest. Hat das geklappt?

Jenny: (überlegt) Ich bin Single genug für eine lange Nacht in Berlin. Ansonsten: nein. Ich habe mein Ziel nicht erreicht. Weißt du, Menschen sind manchmal wie Magneten. Man kann ihnen nicht entgehen. Aber danke der Nachfrage! (lacht)

Soundmag: Zumindest kannst du mir jetzt sagen, ob irgendwas an dem Musikermythos dran ist, dass man allein die besseren Songs schreibt.

Jenny: Ich würde sagen, dass es einfacher ist, in dieser Situation zu schreiben. Aber über die Qualität sagt das noch nichts aus. Die Songs fließen schneller aus dir raus, wenn du nur am jammern bist und findest, dass alles um dich herum furchtbar läuft. Außerdem bist du eben allein und hast mehr Zeit, um zu schreiben.

Soundmag: Eines deiner ersten Instrumente war die Tuba. Warum hast du damit aufgehört?

Jenny: Erstens habe ich nie eine Tuba besessen, sie gehörte immer der Schule. Wenn ich selbst eine hätte, würde ich die auch noch spielen. Außerdem sind sie furchtbar schwer. Ich habe auch mal Sousaphon in einer Marching Band gespielt und dieses Mistding hat quasi meine Schultern zerstört. Es tut so weh! Da kommen mir einige Dinge wieder in den Kopf, wenn du von der Tuba sprichst.

Soundmag: Außerdem hast du einen Abschluss in Studio-Komposition!

Jenny: Richtig, aber so aufregend das auch klingt, am Ende lernt man dort nur Popsongwriting und an ein paar Knöpfen im Studio zu drehen. Aber es reicht gerade so um irgendwie zurechtzukommen. Wirklich gut wird man damit nicht.

Soundmag: Bringt dich diese akademische Ausbildung als Künstlerin weiter?

Jenny: Absolut. Man lernt viel Musiktheorie und trainiert sein Ohr. Und man beschäftigt sich ausgiebig mit Songstrukturen. Das alles hat meine Herangehensweise an Musik verändert - hoffentlich hin zum Guten.

Soundmag: Selbst wenn du nur an ein paar Knöpfen drehen kannst, diskutierst du manchmal mit deinem Produzenten und Toningenieur?

Jenny: Ich habe natürlich meine eigene Meinung, arbeite aber in der Regel mit Menschen, denen ich vertraue. So richtige Konfrontationen gab es darum noch nicht. Aber das kann ja noch kommen.

Soundmag: Jetzt gerade bist du mit Kevin Devine auf Tour. Was ist das Schlimmste, das du von ihm sagen kannst?

Jenny: (lacht laut) Er sieht einfach zu gut aus! Es ist wirklich hart, ständig mit ihm in einem Van zu sitzen.

Soundmag: Wie glaubst du würde er dieselbe Frage mit Blick auf dich beantworten?

Jenny: Vielleicht dass ich eine große Klappe habe und viel zu sarkastisch bin. Sprichst du gleich mit ihm? Es wäre toll, das zu überprüfen.

Soundmag: Nein, leider nicht. Außerdem wollen wir doch dann eine Currywurst essen gehen. Also weiter. Deine erste Single hieß „Fuck Was I“. Musstest du dein Label wegen des Textes lange davon überzeugen, es auszukoppeln? Von Deutschland aus hat man das Gefühl, dass solche Worte im amerikanischen Radio nicht auftauchen.

Jenny: Richtig, es gibt auch eine Version, aus der all die „Fucks“ herausgeschnitten wurden. Das klingt dann wie ein Schweizer Käse voller Löcher. Für mein Label war es logisch, diesen Song zu veröffentlichen. Denn es war das Stück, auf das die Hörer am stärksten reagierten. Und es war zum damaligen Zeitpunkt bereits in einer TV-Serie gelaufen. Aber ich kann dir sagen: ich werde so schnell keinen Song mehr schreiben, in dem 27-mal das Wort „Fuck“ auftaucht.

Soundmag: Wundert es dich manchmal, dass von all deinen Songs ausgerechnet dieser die Tür aufstieß?

Jenny: Ich kann nichts schlechtes darüber sagen, dass den Leuten dieses Stück gefüllt. Es ist grandios, dass sie dieser Song auf mich aufmerksam gemacht hat. Ich fluche gern und wenn die Menschen damit klarkommen und mit mir dazu auch noch feiern wollen, bin ich vollkommen davon begeistert.

Soundmag: Auf deiner „Take Off All Your Clothes“-EP gibt es einen vorsichtig elektronischen Remix. Magst du diesen Stil?

Jenny: Ich mag eigentlich jede Version des Songs. Remixe sind jetzt keine Leidenschaft von mir, aber was sie in dieser Version aus dem Original gemacht haben, ist definitiv toll.

Soundmag: Kennst Du Sam Duckworth von Get Cape. Wear Cape. Fly?

Jenny: Wir kennen wohl gemeinsam viele Leute, ihn selbst habe ich aber noch nie getroffen. Warum?

Soundmag: Ich habe ihn vor einigen Wochen hier interviewt und als er die Plakate mit deinem Namen drauf sah, sagte er: „Jenny Owen Young ist so emo wie es ein Songwriter überhaupt nur sein kann.

Jenny: Huch, ist das ein Kompliment oder eher eine Beleidigung? Ich werte es einfach mal als Kompliment. (denkt länger nach) Irgendwie stimmt es ja auch.

Soundmag: Wenn man deinen Namen auf YouTube eingibt, bekommt man eine Menge Coverversionen von Songs von Beyonce, Kelis, Jay-Z und Boyz2Men. Bist du ein verkappter Hip Hop- und R’n’B-Fan?

Jenny: Ich mag viel davon, plus Kelly Clarkson und Britney Spears, bevor sie komplett abdrehte. Es gibt etwas, das man von solchen Songs lernen kann. Und es macht Spaß ohne all zu viel darüber nachzudenken. Die Musik, die ich normalerweise höre, ist ziemlich heavy. Nicht im Sinne von Heavy Metal, aber nachdenklich und ein wenig fordernd. Darum brauche ich auch Songs, zu denen ich einfach wie verrückt abdrehen und tanzen kann.

Soundmag: Dein Album ist inzwischen schon verdammt lange draußen. Wie sehen deine Zukunftspläne aus?

Jenny: Ich habe für ein paar Monate an der neuen Platte gearbeitet. Dann unterbrach ich die Sessions, um hierher zu kommen und ein paar Konzerte zu spielen. Wahrscheinlich werden die neuen Songs nicht vor Anfang 2009 erscheinen, aber es wird passieren.

Soundmag: Ich las in einem Interview über deine Verehrung für Max Martin, der für Britney Spears und viele andere Superstars Hits scheibt.

Jenny: Oh ja, er ist unglaublich, wie eine unzähmbare Naturgewalt. Ich liebe ihn.

Soundmag: Würdest du gern mit ihm zusammenarbeiten?

Jenny: Es würde mich wahrscheinlich nicht wirklich weiter bringen, aber wenn sich die Möglichkeit auftut, wäre ich sofort dabei. Klar!

Soundmag: Aber am Ende scheitert es wohl am Geld. [/b]

Jenny: Wer weiß, wenn sich alles zusammenfügt und ich ihn beispielsweise in einer Bar treffe, betrunken mache und zu etwas überreden kann. Das wäre doch fantastisch!

Soundmag: Wenn es um neues Material geht, müssen wir auch über The Robot Explosion sprechen – ein Seitenprojekt von Dir. Gibt es dort konkrete Pläne für neue Songs?

Jenny: Wir haben eigentlich alles in die Ecke gestellt als „Batten The Hatches“ rauskam. Das ist inzwischen schon wieder zwei Jahre her. Vor einer Weile sprachen wir aber darüber, bald wieder ins Studio zu gehen. Nachdem mein zweites Album fertig ist, werden wir also hoffentlich auch mit The Robot Explosion weitermachen können. Denn dieses Projekt macht mir jede Menge Spaß.

Soundmag: Unterscheidet es sich sehr von deinen eigenen Songs?

Jenny: Naja, es ist viel elektronischer. Bis jetzt waren es eigentlich fast immer Elektropopversionen meiner eigenen Songs. Aber jetzt beginnen wir damit, zusammen neue Songs zu schreiben, die so tanzbar wie möglich sein sollen. Jetzt nicht unbedingt verrückte Drum’n’Bass-Club-Music, aber anders als all das, was wir in unseren Hauptprojekten tun. Es geht dabei vor allem um den Spaß.

Soundmag: Ein paar kurze Fragen am Ende. Du hast geweint als du den „Simpsons“-Film gesehen hast. Warum?

Jenny: Weil diese eine Stelle verdammt traurig war. Homer sagt nach ungefähr der Hälfte des Films etwas wirklich Schlimmes zu Marge und sie verlässt ihn daraufhin. Da musste ich weinen, ich bin da wirklich empfindlich. Jetzt gerade könnte ich auch weinen, nur weil ich daran denke. Also nächste Frage, bitte.

Soundmag: Du liebst Haie. Deine Meinung zu „Der Weiße Hai“?

Jenny: Ich muss dir etwas sagen, dass noch niemand weiß. Ich habe „Der Weiße Hai“ noch nie komplett gesehen. Aber es ist eines meiner persönlichen Ziele und wenn ich es erreicht habe, werden wir uns nochmal darüber unterhalten.

Soundmag: Ich habe ihn auch noch nicht komplett gesehen.

Jenny: Gut, dann treffen wir uns hier in einem Jahr wieder! Abgemacht.

Soundmag: Dann gibt es da diese Legende, dass Aimee Mann dir an den Po gefasst hat.

Jenny: Das war meine Schuld. Irgendwie schlang ich mein Bein um ihr Knie und hätte sie sich nicht an mir festgehalten, wäre sie einfach umgefallen. Es ging also nur um Selbstschutz, nichts Anzügliches. Fertig. Falls doch Gefühle im Spiel gewesen sein sollten, hat sie sie hinter einem knallharten Pokerface versteckt.

Soundmag: Was fällt dir schwerer: deinen eigenen Auftritte oder andere Menschen, die deine Songs „covern“ auf YouTube zu sehen?

Jenny: Puh! Meine eigenen Auftritte würde ich mir liebend gern weniger oft ansehen. Ich plädiere für die Coverversionen.

Soundmag: Was ist dein aktueller Ohrwurm?

Jenny: (denkt nach) Seit Paris haben wir nur zwei CDs im Auto: das neue Album von Sun Kill Moon und die neue Death Cab For Cutie. Uns allen schwirrt definitiv dieser eine Death-Cab-Song durch den Kopf, in dem Ben Gibbard ständig „No Sunlight“ singt. Diesen Song krieg ich nicht mehr aus dem Kopf.

Soundmag: Letzte Frage: was hältst du von den Pet Shop Boys?

Jenny: Das würde ich dir gern sagen, aber ich kenne nichts von ihnen. Ich weiß nicht viel mehr als dass sie existieren. Keine Ahnung, wie sie klingen.

Soundmag: Vielen Dank für das Interview.

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www.jennyowenyoungs.com

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