Interviews

The Ark

The Ark

 

18.05.05 - Kalkscheune / Berlin

Interview:  Mathias & Jan

Foto: Pressefoto

 

 

 

Prolog -

Leari: In welcher Sprache wollen wir denn das Interview machen? Englisch, Schwedisch oder Deutsch? (Soll wohl ein Witz sein. Anm. d. Red.)

Soundmag: In Hindi wäre gut.

Leari: Auf indisch? Kann ich nicht.

(Mathias auf Deutsch) Okay, wie issit denn so?

Leari: Wir können kein Deutsch.

Soundmag: Du hast uns doch Deutsch angeboten...

Leari: Aber ich versteh` doch kein Deutsch...

Interview:

Soundmag: Warum mussten wir so lange auf Euch warten? Ihr seid oft in München aufgetreten aber bis auf einige Vorbandgeschichten mit Zoot Woman und Reamonn habt Ihr noch nicht in Berlin gespielt.

Sylvester: Das ist eine gute Frage. Ich weiß es auch nicht. Es stimmt, dass wir einige Male als Vorband auftraten. Aber wir hatten noch nie einen eigenen Gig hier. Es ist auch nicht unsere Entscheidung. Wenn es nach uns ginge, wären wir viel öfter in Berlin. Das gehört wohl zur Promotion-Politik, von der ich nichts verstehe. Natürlich liegt es auch oft daran, dass wir in anderen Teilen dieser Welt unterwegs sind und dort viel zu tun haben.

Soundmag: Was zum Beispiel?

Sylvester: Wir sind durch Schweden getourt, haben Promotion für unser Album in Skandinavien und Italien gemacht. Ausserdem waren wir in Amerika. Wir waren sehr beschäftigt. Es ist eine Kombination aus verrückten Entscheidungen der Promoter und unserem vollgepackten Zeitplan.

Soundmag: Es ist schon komisch, dass Italien das einzige Land neben Skandinavien ist, in dem Ihr so sehr bekannt seid.

Leari: Stimmt. Das liegt zum Teil an diesem Mädchen in Italien, das sehr von unserer Musik begeistert ist. Sie hat unsere Platten zu den Radiosendern gebracht und TV-Auftritte für uns organisiert.

Sylvester: Natürlich haben die Italiener auch einen großartigen Geschmack.

Soundmag: Italien ist schon sehr patriarchalisch...

Sylvester: Ja, das ist wirklich verrückt. Wir sind keine Macho-Band. Vielleicht ist es eine Erleichterung für viele Italiener, eine Band wie The Ark in dieser sehr männlich geprägten Kultur zu sehen. Vielleicht sehnen sie sich nach so etwas. Ich weiß es nicht.

Leari: Ich glaube, dass es die Dramatik ist, die uns umgibt. Unsere Musik ist sehr dramatisch. Voller Leidenschaft und Kraft.

Sylvester: The Ark ist sehr Pavarottiesque. Es gibt da einige Verbindungen, würde ich sagen. Wir könnten die Drei Tenöre sein oder die Fünf Baritons.

Soundmag: Weil wir gerade über Dramatik und Glamour reden...Wenn ich mir Euer neues Album State of The Ark anhöre, finde ich weniger Glamour als auf Euren ersten beiden Alben.

Sylvester: (entrüstet) Weniger Glamour?!

Soundmag: Ja. Weniger Dramatik und ein abgespeckterer Sound.

Sylvester: Es ist ein einfacherer Sound. Ich weiß nicht ob es weniger oder mehr glamourös ist. Unser Sound ist minimalistischer. Und das war unser Ziel. Wir wollten die Essenz von The Ark nehmen und zum Kern vordringen, in diesem Sinne also weniger bombastisch und theatralisch sein. Es sollten nicht so viele Instrument zum gleichen Zeitpunkt zu Hören sein.

Soundmag: Warum?

Sylvester: Wir wollten es simpler und effektvoller halten. So ist unsere Musik auch einfacher zu erfassen. Vielleicht ist es eine Reaktion auf unser letztes Album. Da hatten wir eine ausschweifende Produktion mit vielen Streichern, Chören und verschiedenen Instrumenten. Und jetzt wollten wir dieser Größe etwas ganz Kleines entgegensetzen. Etwas, das den Hörer sofort erfasst.

Soundmag: Ist es wichtig für eine Band, nach einigen Alben ihren Sound zu verändern?

Sylvester: Für einige Bands ist es das wohl. Für uns ist es wichtig, das zu bewahren, was uns ausmacht und zur gleichen Zeit einen Schritt nach vorne zu machen. Für eine Band wie AC/DC ist es nicht so wichtig sich zu verändern. Für Andere hingegen ist es sehr wichtig. Wir waren irgendwann von uns gelangweilt und mussten uns weiterentwickeln.

Soundmag: Aber ihr mögt Eure alten Songs noch?

Sylvester: Ja klar. Besonders wenn wir sie live spielen. Wir haben schon großartige Songs. Ich denke, dass unsere ersten beiden Alben wirklich gut sind. Aber es ist auch interessant sich zu verändern.

Soundmag: Ich habe mich vor dem Konzert heute gefragt, ob Ihr den neuen Sound mit auf die Bühne nehmt und Eure alten Hits umarrangiert. Aber wir haben Euren Soundcheck vorhin gesehen und festgestellt, dass dem nicht so ist.

Leari: Es ist ein Unterschied, ob man auf der Bühne ist oder eine Platte aufnimmt. Wenn man ein Album produziert, hat man millionen Möglichkeiten, Sounds für die Platte zu verwenden. Bei einem Konzert ist es wichtig, Kontakt mit dem Publikum zu halten und die Energie `rüber zu bringen. Es sind zwei völlig verschiedene Welten.

Sylvester: Wir waren nie daran interessiert, dass die Lieder auf der Bühne genauso klingen wie auf dem Album. Auf der Bühne muss man neue Herausforderungen finden. Manche Songs werden zweimal so lang, manche viel kürzer als auf Platte. Manche schneller, manche langsamer. Du machst einfach das, was dir gefällt. Das ist auch der Grund, warum wir bei Konzerten eine gewisse Stringenz erreichen, weil die alten Songs mit den Neuen live gut harmonieren.

Soundmag: (Mathias: Jan, du hast doch bestimmt einige spezielle Fragen zu den Songs.) Ja. Könnt Ihr ein Lied nennen, das Eurer Meinung nach das Wichtigste Eurer Karriere ist?

Leari: Ich würde It takes a fool to remain sane sagen.

Soundmag: Weil es Euer Durchbruch war?

Leari: Ja, auch deshalb...

Sylvester: (unterbricht ihn) Der Text ist fantastisch. Und die ganze Struktur des Songs ist einzigartig. Auf der einen Seite sehr progressiv und auf der Anderen ganz simpel. Der Song ist sehr schwierig arrangiert und klingt dabei doch so einfach. It takes a fool to remain sane war ein sehr wichtiger Song. Vielen hat er Kraft gegeben, ihnen über Depressionen hinweg geholfen. Er ist sozusagen die Hymne für alle Außenseiter auf der Welt.

Soundmag: Ich dachte das wäre Creep von Radiohead.

Sylvester: (macht eine wegwerfende Handbewegung) Nein, nein. Creep ist Geschichte. Das waren die Neunziger.

Soundmag: Vor zwei Jahren habt ihr den Song Father of a son veröffentlicht, der für das Recht aller Homosexuellen eintritt, Kinder zu adoptieren. Wenn ihr jetzt zurückschaut, würdet ihr sagen, dass dieser Song etwas bewirkte, vielleicht die Ansicht einiger Menschen verändert hat?

Leari: Father of a son kam heraus, als diese Frage in Schweden sehr aktuell war. Inzwischen dürfen Schwule und Lesben bei uns Kinder adoptieren. Wir haben uns entschieden, diesen Song zu veröffentlichen, weil die Menschen ihre Ansichten nicht ändern, nur weil es die Politiker sagen. Vielleicht brauchen manche Leute einen anderen Input. Vielleicht hilft ein Popsong manchmal mehr als alle Entscheidungen der Politiker.

Sylvester: Es ist möglich, dass dieses Lied die Ansicht einiger Menschen verändert. Vielleicht hat es auch einige Leute dazu gebracht, über dieses Thema zu reden. Es war sehr interessant, Father of a son in Italien als Single zu veröffentlichen. Die Menschen dort stehen diesem Thema sehr konservativ gegenüber. Es war unglaublich großartig, im Kolosseum...also nicht wirklich...also an einem anderen Ort zu stehen...

Soundmag: Sag doch einfach, ihr habt im Kolosseum gespielt...

Sylvester: Also es war großartig, im Kolosseum zu stehen und Father of a son zu spielen...

Leari: Am besten noch mit dem Papst auf der einen Seite der Bühne und Pavarotti auf der Anderen.

Sylvester: Ja genau. Aber die Italiener sprechen so schlechtes Englisch. Für sie war es nur ein Rocksong. Eigentlich war es die Musik des Teufels. Aber dem Papst hat es gefallen, nehme ich an. Es war interessant, dieses Lied als Single in Italien und auch in anderen Teilen der Welt zu veröffentlichen.

Soundmag: Wurdet ihr dafür verdammt?

Sylvester: Leider nicht. Wir sind traurigerweise nicht stigmatisiert. Eigentlich wollten wir stärkere Reaktionen auf den Text hervorrufen.

Soundmag: Seid ihr mit Sänger Ola Salo, der die Texte schreibt, diesbezüglich immer einer Meinung?

Sylvester: Meistens gibt es darüber Diskussionen. Er kann natürlich seine Meinung ausdrücken. Das ist okay für uns. Aber es ist wichtig, dass wir über die Themen reden, über die er singt. In den meisten Fällen stimmen wir ihm auch zu.

Soundmag: Was kommt bei euch zuerst? Der Text oder die Musik?

Leari: Bei den ersten beiden Alben waren die Texte zuerst da. Aber diesmal haben wir es umgekehrt. Ola wollte die Musik zuerst schreiben und dann den Text. Und es hat wirklich gut funktioniert.

Soundmag: Das hatte aber nichts damit zu tun, dass ihr euch entschieden habt, mit diesem Album gerade musikalisch mehr Personen zu erreichen?

Leari: Ja, wir wollten mit diesem Album...Also der Hauptgrund war, dass dieses Album wie ein Debütalbum klingen sollte.

Soundmag: Ihr habt ja auch beim Rock am Ring Festival auf der Talent Stage gespielt...

Sylvester: Wir haben das schon zweimal vorher gemacht. Und wir sind immer noch ein Talent.

Soundmag: Ist es nicht komisch, in Skandinavien vor 5000 Menschen zu spielen und hier als Talent gehandelt zu werden?

Leari: Nein, es macht Spaß. Es ist schön, dieses große Publikum in Skandinavien zu haben. Und dann kommst du nach Deutschland, England oder Frankreich...

Sylvester: Es ist für uns eine große Herausforderung, in einem kleinen Klub, wie vor sechs Jahren in Schweden, zu spielen. Meistens sind die Gigs die Interessantesten, bei denen die Leute wenig bis nichts über dich wissen. Wir haben vor einigen Monaten in Amerika gespielt und die Bühnen waren verdammt klein. Das waren die besten Konzerte, die wir jemals gegeben haben. Wir haben uns wie eine ganz junge Band gefühlt. Zu sehen, dass die Leute nicht wissen wer du bist, du sie aber komplett überzeugst ist unglaublich. Es ist aber auch fantastisch vor 5000 Hardcore-Fans in Skandinavien zu spielen.

Soundmag: (Mathias zu Jan) Hast du noch spezielle Fragen zu den Liedern?

(Jan) Er fragt mich immer ob ich spezielle Fragen zu den Songs habe.

(Mathias) Du wirfst mir nach Interviews immer vor, dass ich dich unterbreche. Also habe ich jetzt gewartet.

(Jan) Nein, ich habe keine weiteren Fragen zu den Songs.

(Mathias) Ich habe dir ja vertraut, dass du dich gut vorbereitest. Ich werde jetzt fünf Minuten warten, bis mir eine Frage einfällt. Vielen Dank.

(Jan) Wo sind eigentlich deine ganzen Fragen?

(Mathias) Ich muss doch fünf Minuten warten bis mir eine einfällt.


Sylvester: Lass uns doch einfach entspannen. Vielleicht fällt dir dann eine ein.

Soundmag: (Jan) Mir fällt jetzt doch eine spezielle Frage zu einem Song ein.

Der Anfang von You, who stole my solitude klingt sehr nach einem Sample von Thunderstruck von AC/DC...


Sylvester: Wir wussten eigentlich nicht, dass dieses Intro von AC/DC war. Wir waren auf Tour mit Kent...

Leari: (ganz überrascht) Ahh, stimmt.

Sylvester: ...und einer der Mixer hatte diese Melodie als Klingelton. (Mathias lacht effektheischend) Ola hat das gehört und als Grundlage für einen Song genommen. Es ist also kein Sample. Jepson spielt das auf seiner Gitarre.

Soundmag: Es ist so typisch für Roadies, AC/DC Riffs zu spielen.

Leari: Man sollte niemals die Musik hören, die Roadies spielen.

Soundmag: Viele spielen auf der Bühne Smoke on the water.

Leari: Das will ich auch hoffen.

Soundmag: Wartest du immer darauf?

Leari: Klar.

Sylvester: Aber eigentlich wissen wir zu viel über die Rock-Geschichte um uns davon beeinflussen zu lassen.

Leari: Vielleicht auch nicht.

Soundmag: Obwohl One of us is gonna die young sehr nach Teenage kicks von The Undertones klingt.

Sylvester: Wenn du das sagst...Teenage kicks ist ein guter Song. One of us is gonna die young auch. Vielleicht sogar besser. (lacht)

Soundmag Wie ist es für euch, mit einer noch jungen und frischen Band wie Sugarplum Fairy unterwegs zu sein und ihren Enthusiasmus zu sehen?

Leari: Die Songs die sie machen sind sehr erfolgreich. Es ist schon gut, mit ihnen auf Tour zu sein. Eigentlich habe ich aber keine Empfindungen für sie. Wir lassen uns gegenseitig in Ruhe und kümmern uns nicht um den jeweils Anderen.

Sylvester: Es ist schön, junge Menschen rocken zu sehen. Sie sind irgendwie "süß". (Leari lacht)

Soundmag: Sehr diplomatisch...

(beide lachen)

Sylvester: Ich habe ihre Show gestern gesehen. Sie waren ziemlich gut und sehr "süß".

Soundmag: Zwischen In lust we trust und Eurem neuen Album lagen zwei Jahre. Was habt ihr in der Zwischenzeit gemacht?

Leari: Wir haben Pina Coladas getrunken, Spaß gehabt und hin und wieder aufgelegt. Wir konnten nicht schon wieder ein Album machen, touren und danach wieder direkt ins Studio gehen. Die ganze Band brauchte einfach mal Urlaub.

Soundmag: (Mathias: Jetzt da wir gleich Schluß machen müssen, fallen mir Fragen ein.) Könnt ihr Euch noch an Euren ersten Tag im Proberaum erinnern? Wusstet ihr schon welchen Sound ihr später haben werdet?

Leari: Als The Ark das erste Mal probte, konnten wir unsere Instrumente noch nicht spielen.

Sylvester: Du hast die ganze Zeit No woman no cry gespielt.

Leari: Stimmt. Vier Stunden lang. Das war der einzige Song, den ich kannte. Unsere erste richtige Bandprobe fand am 1.1.2000 statt. Da hatten wir schon einige Songs für unser ersten Album fertig.

Sylvester: Wir haben It takes a fool to remain sane und Joy surrender gespielt. Alle waren so verkatert. Ich weiß nicht mehr, wie sich das angehört hat.

Leari: Vorher haben wir aber schon unsere erste EP aufgenommen, die eher psychedelisch war und sehr nach Progressive Rock klang. Da waren wir 16 und hatten David Bowie noch nicht für uns entdeckt.

Sylvester: Wir waren nur 16 Jahre alt? 1996?

Leari: (überlegt) Nein. Als wir die Songs aufnahmen.

Sylvester: Ah...

Epilog:

Wir müssen das Interview jetzt leider beenden. Von meiner Freundin Kathrin soll ich Euch noch fragen, ob ihr Joy surrender spielt?


Sylvester: Nein, leider nicht. Auf der ganzen Tour nicht. Wir wollen die Konzerte eher etwas rockiger halten. Und da passt Joy surrender nicht ins Konzept.

Vielen Dank.

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