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Seachange

Seachange

 

31.05.04 - Knaack / Berlin

Interview:  Nicky

Foto: Pressefoto

 

 

 

Soundmag: Ihr seid vor zwei Tagen auf dem Immergut Festival aufgetreten. Wie war es?

Johanna: Fantastisch! Es war eine sehr entspannt Stimmung. Die Sonne schien zum ersten Mal seit Tagen wieder.

Dan: Außerdem waren eine Menge Leute dort. Vor allem richtige Musik-Fans. Gestern spielten wir in München im „Olympic Parc“, was auch sehr gut war.

S: War das auch ein Festival?

J: Ja. Es war eine Veranstaltung, die einen Tag lang draußen statt fand.

D: Es war eine ziemlich große Veranstaltung. Es waren viele Jugendliche und Kinder dort. Ganze Familien teilweise. Es war toll.

S: Ich habe vor kurzem eine Plattenkritik über euer Album „Lay Of The Land“ gelesen. Der Autor beschrieb eure Musik als „Perfekte Balance zwischen Melancholie und Wut“. Ich finde, das trifft den Punkt. Was haltet ihr davon und wie würdet ihr eure Musik beschreiben?

D: Ich denke, dass ist eine gute Beschreibung. Generell ist unsere Musik immer eine Balance zwischen bestimmten Gefühlen. Melancholie und Wut passt da ziemlich gut. Das Album beinhaltet das definitiv.

S: Ich denke, eure Songs sind gerade deswegen manchmal auch sehr kantig und schwierig. Sie sind nicht, wie ein Popsong, glatt und direkt. Wie entstehen eure Songs, denn ich kann es mir nicht wirklich vorstellen?

D: Die meisten Songs der Platte sind schon älter, schließlich machen wir schon seit 5 Jahren Musik. Deswegen gibt und gab es immer wieder verschiedene Herangehensweisen. Manche Songs, wie „Superfuck“, sind von einer Minute auf die andere entstanden.

J: Ja, wir haben uns einfach hingestellt und es gespielt. Bei anderen Songs hat das schon länger gedauert. Manchmal ist es auch einfach so, dass jemand von uns eine Idee im Kopf hat und uns fragt, wie wir den Song finden. Ein anderes Mal ist es dann so, dass ich zum Beispiel einfach zwei Akkorde habe, die mir gefallen und darauf hin ein anderer zwei Akkorde schreibt. Es gibt viele verschieden Herangehensweisen.

D: Wir schreiben alle zusammen an den Songs, wie zum Beispiel „Carousel“. Manchmal fügen wir einfach verschieden Dinge zusammen. Ich bin froh, dass es so klingt, wie du es beschrieben hast, denn genau so ist es.

J: Ich denke wir klingen nicht langweilig, weil wir so viele verschieden Ideen haben. Wir nähern uns den Songs von so vielen verschiedenen Seiten.

D: Wir sind im Moment an einer ziemlich interessanten Stelle angelangt. Denn schließlich haben wir jetzt unsere bisherigen Songs aufgenommen und rausgebracht. Jetzt heißt es neue Songs zu schreiben und vielleicht wird sich auch wieder ein wenig ändern.

J: Wir sind auch bessere Musiker geworden und bekommen immer mehr ein besseres Verständnis dafür, wie wir als Band zusammenarbeiten und funktionieren.

S: Ich habe gehört, dass ihr zusammen ein Haus bewohnt habt. Könnt ihr mir etwas darüber erzählen?

J: Das war zu einer Zeit, in der alles sehr intensiv war und ich denke es stand symbolisch dafür, dass wir zusammen Musik machen und uns als Band zusammen fügen wollten. Wir standen alle an dem Punkt an dem wir entweder die Möglichkeit hatten uns von einander los zu reißen und unser Leben wie gewohnt weiter zu leben oder zusammenzukommen. Und ich denke auch, dass unsere Musik das ein wenig reflektiert. Es hätte natürlich auch anders kommen können.

D: Wir leben in Nottingham. Wir schrieben schon bevor wir in das Haus zogen Songs, die aber eher in die Richtung Folk gingen.

J: Ja wir schrieben über den Himmel, das Meer, ...

D: Dann zogen wir alle in das Haus und fingen an Konzerte zu geben und Dinge zu organisieren und ins Rollen zu bringen. Unser Sound hat sich sehr verändert. Wir klangen am Anfang sehr aufgewühlt. Das ganze Garage-Dinge halt.

J: Das hatte auch was mit dem Haus zu tun, denn es war ziemlich runtergekommen und es stank und du wolltest dort einfach keine Folk-Songs spielen.

D: Das Zusammenleben an sich war auch voller Spannungen und Emotionen. Aber wenn wir dort länger gewohnt hätten, wären wir jetzt wahrscheinlich gar nicht hier.

S: Welche Bedeutung hat der Name „Seachange“? Es gibt meiner Meinung nach kein deutsches Wort dafür.

J: Mann kann es nicht wirklich übersetzen. Es bedeutet ...(fängt auf einmal an deutsch zu sprechen)...wenn etwas passiert und sich darauf hin deine Weltanschauung verändert.

S: Dein Deutsch ist sehr gut! Besser als mein Englisch...

J: Du machst dich gut! Shakespeare hat das Wort ursprünglich benutzt.

D: Es hat auch damit etwas zu tun, dass wir eine Weile an der Küste gelebt haben. Der Name schien dann einfach zu passen.

S: Euer Name ist also Seachange, auf eurem Album Cover kann man Sterne und Bäume sehen und Dave (euer Gitarrist) sagte einmal dass es wie eine Reise durch eine Landschaft ist, wenn man sich euer Album anhört. Es scheint also viel Natur in eurem Album zu stecken. War das ein wichtiger Punkt für euch?

D: Ja bei dieser Platte war es das. Eigentlich ist es generell so. Wir leben zwar in Nottingham, sind aber teilweise auch außerhalb aufgewachsen und haben viel von der Natur mitbekommen. Das bedeutet mir sehr viel.

J: Ein Journalist fragte uns vor kurzem ob unsere Musik eventuell eine Spannung zwischen Stadt und Land beinhaltet. Ich glaube, da ist etwas wahres dran. Auf dieser Platte kann man es hören.

D: Die Platte handelt davon etwas zu verlassen, hinter sich zu lassen und aus einer Situation ausbrechen zu wollen, in der man sich befindet. Die Landschaft war somit ein Symbol für einen Ort, an den man gehen kann um Beständigkeit zu finden. England, und ich denke in Deutschland ist das genau so, hat teilweise eine wunderschöne Landschaft, die sich spektakulär verändert kann.

S: Nottingham hat euch also auch beeinflusst?

D: Ja! Ich denke jedoch, dass Nottingham uns mehr von den Menschen her beeinflusst hat. Es ist auch eine sehr gute Stadt für eine junge Band. Es gibt viele Clubs und ähnliches, in denen man auftreten kann.

J: Wenn wir in London gewesen wären, hätten wir wahrscheinlich nicht die gleichen Chancen gehabt, wie in Nottingham.

S: Was war euer schmerzvollster Moment (auf der Bühne)?

D: Wenn man anfängt zu spielen, macht man viele Fehler. Gerade dann, wenn man sich in der Phase befindet, in der man erst heraus finden muss, wie man klingen und was für Musik man machen möchte. Man lernt kontinuierlich.

J: Ja. Unsere ersten Auftritte und Aufnahmen waren manchmal sehr schmerzhaft (lacht).

D: Ja! Manchmal macht man einfach Fehler auf der Bühne, auch wenn es der Fehler ist zu sehr betrunken zu sein.

Ich denke, dass das Publikum es trotzdem mag, wenn die Band Fehler macht.

D: Exakt! Die Leute lieben das! Du fühlst dich dabei jedoch überhaupt nicht wohl. Die Leute lieben es und du denkst dir nur „oh mein Gott...“. Wir spielten einmal einen Gig in Lester. Dave, unser Gitarrist, hatte Geburtstag und wir hatten ziemlich viel getrunken. Am Ende benahmen wir uns auf der Bühne ein wenig daneben. Ich sprang zum Beispiel ins Schlagzeug. Das ist eigentlich nicht unser Ding. Wir haben daraus gelernt. Bei „...Trail of Dead“ gehört das hingegen schon fast zu ihrer Show. Wenn du für drei Monate tourst und jeden Abend alles zerschlägst, erwarten die Leute das auch weiterhin von dir. Wenn du dann einen Abend keine Lust darauf hast dein ganzes Equipment zu zerschlagen, sind die Leute gleich enttäuscht.

S: Und was war bisher euer bester Moment?

J: Für mich persönlich, war es das Immergut Festival. Wir bekamen eine so positive Reaktion, es war eine tolle Atmosphäre, es hat einfach alles gepasst.

D: Es gibt viele Momente, an die man sich aus verschiedenen Gründen gern zurückerinnert.

J: Genau. Wir haben zum Beispiel in einem sehr legendärem Club in New York gespielt. Das war auch ein besonderer Moment.

D: Ja, es gibt bestimmte Schlüsselmoment und diese Woche war definitiv einer davon.

S: „News From Nowhere“ ist mein Lieblingssong auf der Platte. Was ist eurer?

J: Ich mag es sehr „Anglokana“ zu spielen. Ich weiß nicht warum. Es ist einfach schön es zu spielen. Wenn ich mir das Album anhöre, mag ich „News From Nowhere“ und „Fog“.

D: Es gibt wirklich einen Unterschied darin, ob man sich die Songs anhört, oder ob man sie spielt. Es stimmt, dass es im Moment toll ist „Anglokana“ zu performen, wo auch immer die Gründe dafür liegen.

S: Es gibt eine Zeile in Glitterball: „Drunk on a Future that makes you sick“. Seid ihr wirklich so pessimistisch gegenüber der Zukunft eingestellt und wo seht ihr Seachange in 10 Jahren?

D: Hoffentlich sind wir nicht betrunken (alle lachen). Diese Zeile ist mehr aus der Sicht von jemand anderen geschrieben. Es geht um jemanden der allein gelassen wurde. Er trinkt viel, weil er nicht dort sein möchte, wo er sich gerade befindet. Er versucht wahrscheinlich clever zu sein. Man kann im wahrsten Sinne des Wortes auch davon reden, dass jemand „von einer Idee betrunken wird“. Eigentlich sind wir nicht so pessimistisch. Jemand ist es nur in diesem bestimmten Moment.

S: Die letzte Frage: Ich habe euch vorher noch nie live gesehen, bin aber sehr gespannt. Viele Leute haben mir erzählt, dass eure Show voller Energie ist. Wie würdet ihr euch live beschreiben? Was können die Leute heute Abend erwarten?

D: Das hängt wirklich von dem Publikum ab. Ich denke wir spielen sehr interessante Shows. Man kann es nicht wirklich voraussagen, was passieren wird. Und das ist auch gut so. Ich denke heute Abend fangen wir eher langsam an, damit die Leute sich einfühlen können. Später werden wir sehr laut und direkt werden.

J: Ich denke es ist heftig und intensiv uns zuzusehen. Es passiert eine Menge auf der Bühne.

D: Leute haben uns schon oft erzählt, dass es den Anschein hat, als würden wir auf der Bühne in unserer eigenen Welt leben. Es ist interessant unseren Schlagzeuger spielen zu sehen. Er ist wirklich gut!


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