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Rilo Kiley

Rilo Kiley

 

17.07.05 - Roter Salon / Berlin

Interview:  Nicky

Foto: Pressefoto

 

 

 

Rilo Kiley scheint in letzter Zeit, jedem ein Begriff zu sein. Spätestens nach der Veröffentlichung ihrer Platte „The Execution Of All Things“, welche bei Saddle Creek erschien, machten sie sich einen Namen in der kleinen aber feinen Indie-Pop-Welt. Nun ist ihr neues Album „More Adventurous“ erschienen und der Hype um die Band scheint zu wachsen und zu wachsen.

Bassist Pierre ist der Einzige der für das Interview bereit steht. Der Rest der Band treibt sich irgendwo in Berlin herum um Nahrung zu suchen. Also macht man es sich im Tourbus gemütlich, legt das Aufnahmegrät auf den Tisch, schmeißt es an, stellt die erste Frage und dann realisiert man 5 Minuten später, das hier gar nichts funktioniert. Also wird 3 mal aufs Gerät gehauen, bis es läuft und siehe da: Es funktioniert doch! (auch wenn weiter kleine Dinge passieren)

Pierre: Also hat das jetzt vorher nicht funktioniert? (lacht)

Soundmag: Nein aber du kannst gern noch einmal von vorn anfangen meine Frage zu beantworten: Als ich das erste Mal eure neue Platte „More Adventurous“ in den Händen hielt, fragte ich mich, ohne sie vorher gehört zu haben, ob die neue Platte denn „Mehr Abenteuerlich“ als die letzten Alben wäre. Was hättest du mir in der Situation geantwortet?

Pierre: (macht witzige Geräusche als ob man ein Tonband zurück spulen würde). Also zurück zum Anfang. Wahrscheinlich hätte ich gesagt: „Super! Du hast die Aussage verstanden!“. Ich glaube, dass wir mit jedem Album versuchen mehr abenteuerlich zu sein, einen besseren Job zu vollbringen. Aber ich kann dir auf jeden Fall zustimmen, dass wir gerade mit ‚More Adventurous’ mehr abenteuerlich geworden sind.

Soundmag: In wie fern?

Pierre: Ich weiß nicht genau. Wir sind viel selbstsicherer und zuversichtlicher geworden und wussten, dass wir ein besseres und ein ganz bestimmtes Album aufnehmen wollten. Wir haben erreicht, was wir uns als Ziel gesetzt hatten. Dadurch sind wir viel selbstsicherer und ambitionierter geworden.

Soundmag: Aber ist das nicht immer so, dass man mit der Zeit sicherer wird?

Pierre: Ja das stimmt. Bei jedem Album, das wir aufnahmen, hatten wir einen bestimmten Grad an Erfahrungen und an Selbstsicherheit. All das fließt zusammen. Du versuchst somit bei jedem Album dein Bestes zu geben. Also ist immer wieder eine Ähnlichkeit von Album zu Album da. Dieser Albumtitel ‚More Adventurous’ ist wohl daran am meisten angelehnt, wie wir beide gerade schon festgestellt haben.

Soundmag: Euer letztes Album erschien bei Saddle Creek, ein Label, dass sich gerade über die letzten Jahre einen Namen gemacht hat. Dieses Label und all die Leute die dort unter Vertrag stehen, scheinen wie eine riesige Familie zu sein. Jeder spielt in mehreren Bands etc. Wie war es, ein Teil von diesem Label zu sein?

(auf einmal geht die Belüftung im Bus an, die auf Grund ihrer Lautstärke sehr auffällig ist)

Pierre: Here comes the air! (lacht) Ähm….Es ist toll. Wir lieben Saddle Creek und die Leute dort. Wir sind immer noch gute Freunde. Es war toll ein Teil einer Gruppe zu sein, der so viele Musiker und Gleichgesinnte angehören. Wir hatten das vorher nicht. Wir kommen aus Los Angeles. Wir hatten dort nur sehr kleine und sehr gespaltene Gruppen gleichgesinnter Leute. Saddle Creek kam uns da sehr nah, auch wenn wir geographisch getrennt waren. Sie sind alle in Omaha, wir sind in Los Angeles. Aber es ist toll! Es ist, wie du schon gesagt hast, eine Familie voller Musiker und jeder spielt in des anderen Band. (Lüftung geht aus und Pierre ist so irritiert, dass er anfängt zu stottern.) ....es.....war.....toll.....ein Teil davon zu sein. Wir haben Freundschaften geschlossen, die bis heute anhalten.

Soundmag: Warum habt ihr dann beschlossen, euch von Saddle Creek zu trennen und „More Adventurous“ auf eurem eigenen Label heraus zu bringen?

Pierre: Wegen „Rilo Gründen“, die auf Logik und Business zurück zu führen sind. Wir wollten schon immer ein eigenes Label gründen und hatten nun mit „More Adventurous“ die Möglichkeit. Also haben wir die Chance ergriffen . Außerdem läuft all das darauf hinaus, die meiste Kontrolle über deine Musik zu haben. Ein eigenes Label zu haben, bedeutet auch die meiste Kontrolle zu besitzen, die du bekommen kannst.

(Auf einmal startet jemand den Bus. Wir fangen an zu lachen)

Was ist denn hier los?...Ich will nicht sagen, dass man uns bei Saddle Creek eingeschränkt hat aber wenn man sein eigenes Label hat, kann man sich so weit ausstrecken, wie man will.

Soundmag: Dort draußen gibt es mittlerweile viele Bands, die den Sprung von der kleinen Indie-Band zur Pop-Attraktion geschafft haben und ich habe einmal gelesen, dass ihr es eigentlich sehr liebt, eine kleine Indie-Band zu sein. Ihr habt euch jedoch dazu durchgerungen, dass WARNER, ein Major Label, euer neues Album heraus bringt. Jetzt scheint es als würdet ihr überall immer mehr Aufmerksamkeit bekommen. Stört euch das oder bereut ihr das mittlerweile?

Pierre: Nein! Auf keinen Fall. Es ist immer gut sich vorwärts zu bewegen. Wir haben sehr bewusste und auch bedachte Schritte getan. Warner ist der Indieszene sehr aufgeschlossen und somit eine der letzten großen Plattenfirmen, die sich mit Indie auseinander setzt. Deswegen haben wir uns auch dafür entschieden. Jetzt haben wir einfach Repräsentanten von Warner überall wo wir hin gehen und das ist toll, somit werden wir auch bekannter. Bei kleinen Labels ist man einfach auf eine kleine Zahl von Leuten beschränkt, die für einen arbeiten. Warner ist also wie ein Indie-Label, jedoch auf einer größeren Skala. Somit bekommen wir von jeder Welt das Beste und das ist toll! Natürlich bereuen wir nichts, weil wir einfach so viele Leute wie möglich mit unserer Musik erreichen wollen. Wir stehen also gerade erst am Anfang von dieser Reise und werden sehen was passiert.

Soundmag: Jedes mal, wenn man eine Plattenkritik zu „More Adventurous“ liest, schreiben die Leute, dass ihr „The Next Big Thing“ seid. Was haltet ihr von diesem ganzen Rummel? Wie reagiert ihr auf so etwas?

Pierre: Ehrlich gesagt haben wir das schon immer gehört, eigentlich seit dem wir angefangen haben, als Band zu spielen. „Ihr werdet nächsten Monat riesig sein“ oder „Nächstes Jahr...“....das kann man sicherlich machen und man kann sicherlich auch diesen Weg gehen. Wir hätten bereits vor 5 oder 6 Jahren bei einem großen Label unter Vertrag stehen können. Aber dann wären wir sehr unglücklich gewesen. Wie ich schon sagte, nehmen wir unsere Schritte sehr bedacht. Und gerade weil wir das tun, sagt man automatisch „Nein“ zu vielen Vermarktungsdingen. Du willst einfach Dinge tun, so wie du sie tun möchtest. Für uns steht die Musik einfach an erster Stelle. Das ist wie ein Motto für uns. Und wenn wir das irgendwie einschränken müssten, nur um groß und berühmt zu werden, dann tun wir das einfach nicht. Natürlich wollen wir Fortschritte machen, aber nur solange uns die Musik dazu verhilft und nicht der ganze Medienrummel. Und jetzt hab ich die Frage vergessen (lacht) Ach ja. Nein. Wir halten nichts von dem ganzen Rummel. Man sollte nicht alles für bare Münze nehmen. Wer weiß denn schon, was am Ende passiert? Natürlich ist es Toll, wenn die Leute so reagieren, denn das zeigt doch nur, dass sie unsere Musik mögen. Das ist großartig! Wundervoll! Ich weiß nicht, ob wir ‚The Next Big Thing’ sind. Es wäre uns schon genug, wenn wir einfach nur so weiter machen könnten, einfach Musik weiter machen könnten.

Soundmag: Ihr alle arbeitet an mehreren Projekten. Jenny, eure Sängerin arbeitet mit Postal Service zusammen etc. Tut das auch Rilo Kiley als Band gut?

Pierre: Ja, das denke ich schon. Es ist sehr ‚gesund’. (checkt noch einmal das Aufnahmegerät, ob auch alles funktioniert und lacht) Viele Bands tun das nicht, weil sie sich dann von der Möglichkeit der Auflösung bedroht fühlen. Wir sind schon seit so viele Jahren zusammen. Und in jeder Band die existiert gibt es immer verschiedene Leute, die künstlerisch gesehen immer andere Dinge ausdrücken und umsetzen wollen. Wir sind also an einem sehr gesunden Punkt angekommen, wo wir einfach unser eigenes Ding durchsetzen können. Wir würden uns entweder alle blockieren und explodieren oder wir lassen es raus. Wir unterstützen uns sehr gegenseitig mit dem was wir tun. Und wenn wir alle wieder am gleichen Punkt ankommen, wenn wir es zulassen, alle wieder am gleichen Punkt anzukommen, dann scheint alles wieder ganz natürlich. Jeder bringt einfach neue Erfahrungen mit sich und das macht diese Band um einiges reicher.

Soundmag: Also beeinflusst das Rilo Kiley auch?

Pierre: Natürlich beeinflusst das die Band. Das tut es immer. Es ist einfach, was die Menschen ausmacht. Die Leute lassen sich nun mal von den verschiedensten Dingen inspirieren. Somit muss es die Band einfach beeinflussen. Und nach meiner Erfahrung, sind diese Einflüsse immer sehr gut gewesen.

Soundmag: Ich habe gehört, das Elvis Costello ein großer Fan von euch ist. Ist das eine Ehre?

Pierre: (ist dahin geschmettert) Ja! Absolut! (Pause) Oh ja! Absolut! (Pause) Ja! Natürlich ist das eine Ehre! Wir sind alle große Fans von ihm.

Soundmag: Wie kann man sich das vorstellen? Wie schreibt ihr eure Songs zusammen?

Pierre: In dieser Band schreiben Jenny und Blake die Songs. Sie kommen dann mit den Ideen zu uns und wir, als Band, machen dann das beste daraus. Ziemlich simpel eigentlich.

Soundmag: Auffällig ist doch, das Blake viel mehr Songs auf den anderen Alben gesungen hat. Auf „More Adventurous“ findet man kaum Lieder, auf denen er singt. Ich habe mal jemanden sagen hören, dass Jenny’s Sexappeal seine Position als Co-Frontmann einfach überschattet. Ich wette du hast da eine bessere Erklärung für mich, oder?

Pierre: (überlegt sehr lang) Es ist einfach das, was es ist. Wir spielen viele Songs, die vom letzten Album sind und, wie du schon sagtest, singt Blake leider nur einen Song darauf. Das hat vielleicht einfach damit zu tun, dass er gerade erst mit seiner Band Songs aufgenommen hatte und die meisten seiner Songs sind dann einfach auf deren Platte gelandet. Das letzte Rilo Kiley Album ist somit mehr eine Jenny-Platte. Es hat sich einfach so entwickelt, dass sie mehr singt. Und sicherlich bekommt man mehr Aufmerksamkeit, wenn man singt. Somit ist das nur ein natürlicher Fokus, der auf Jenny liegt, da sie nun mal die Sängerin ist und die Songs schreibt.

Soundmag: Was wolltest du werden, als du ein kleiner Junge warst?

Pierre: Als ich 4 oder 5 Jahre alt war, hab ich mir das erste Mal über so etwas den Kopf zerbrochen und ich glaube, dass ich damals ein Trapez-Künstler werden wollte. (lachen)

Soundmag: Warum?

Pierre: Ich weiß nicht. Ich war im Zirkus und das sah alles so toll aus. Die waren alle so lächerlich angezogen: Lange Unterhosen und all das Geglitzer.

Soundmag: Hast du es mal ausprobiert?

Pierre: Nicht wirklich. Nein. Ich mein ich hab mal ein bisschen Gymnastik gemacht und so. Aber mal im Ernst. Als ich klein war, gab es halt ein paar Berufswünsche und ich wollte immer entweder Musiker oder Schauspieler werden. Das hier wollte ich also immer irgendwie machen, seit dem ich 10 oder 11 Jahre alt war.

Soundmag: Wie ist es für dich ein Konzert zu geben und auf der Bühne zu stehen? Und hat sich dieses Gefühl über die 10 Jahre Rilo Kiley verändert?

Pierre: Ja es verändert sich. Es verändert sich von Tag zu Tag. Im Moment treten wir jeden Abend irgendwo auf und es gibt dir manchmal ein Gefühl der Gewohnheit. Aber dadurch, dass wir unsere eigene Musik spielen, ist es doch immer etwas anderes. Wir verändern uns und wir machen immer andere Dinge auf der Bühne. Die Show und die Städte in denen du spielst sind so verschieden von Tag zu Tag. Es verändert sich also immer. Das kann manchmal sehr aufregend sein oder nur mittelmäßig oder heiß und verschwitzt oder es kann einfach normal sein. Es ist so verschieden, jedoch ist es immer aufregend. Das Gefühl auf der Bühne kann man nicht wirklich beschreiben. Man lässt sich einfach auf die Musik ein. Das stimmt wirklich. Du wirst einfach Teil der Musik und Teil dieses kleinen Orchesters, dass du zusammen stellst. Es ist toll und macht Spaß! Du balancierst das irgendwie aus: Das Gefühl der Gewohnheit und den Spaß, den du dabei hast.

Soundmag: Ihr seid schon seit Monaten auf Tour. Ist das nicht ermüdend?

Pierre: Wir fliegen in 3 Tagen nach Hause. Also ist das alles halb so schlimm. Wir sind nicht wirklich müde vom touren, aber manchmal bist du doch sehr geschafft.

Soundmag: Und was war euer bester und schlechtester Moment auf dieser Tour?

Pierre: Ich weiß nicht. Manche Festivals waren wirklich toll. Wir sind zum Beispiel in Glastonbury und T in the Park aufgetreten. Meine Familie und meine Tochter sind auch rüber gekommen. Das war toll. Manchmal hast du technische Problem auf der Bühne, das würde ich zu den schlimmsten Momenten zählen, aber nichts im Speziellen.

Soundmag: Was steht als nächstes an? Wie sieht die Zukunft im Moment aus?

Pierre: Erst mal gehen wir nach Hause. Dann gehen wir in den USA für einen Monat auf Tour im September. Dadurch, dass wir im Moment so viel touren, werden wir wohl erst einmal entspannen für eine Weile und dann Anfang oder Mitte nächsten Jahres anfangen ein neues Album aufzunehmen.

Soundmag: Also wird es auf jeden Fall ein neues Album geben?

Pierre: Ja natürlich. Ich weiß noch nicht wann, aber es wird ein neues Album geben!

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