Razorlight werden – vor allem im UK – häufig zwei Dinge vorgeworfen: Erstens besäßen sie in Johnny Borrell einen ebenso arroganten wie egomanischen Frontmann, der sich für von der Muse geküsst hält wie kaum ein zweiter Mensch auf diesem Planeten. Zweitens hätten sie ihre rauen Garagenrock-Wurzeln des Debüts „Up All Night“ mit dem selbstbetitelten Nachfolger zugunsten eines sich dem Mainstream anbiedernden Sounds verraten. Das Ersteres stimmt, lässt sich durch ungezählte Interviews belegen. Das Zweite allerdings entspringt wohl eher kleingeistigen Gehirnen, die ein über Pub-Musik hinausgehendes Popverständnis reflexartig als „Verrat“ titulieren. Denn ein vor klaren, sich der Vergangenheit (von den Beatles über David Bowie und die Talking Heads bis zu The Clash und Motown) bewusst seienden Melodien und großartigen Songs strotzendes Album wie „Razorlight“ war im Erscheinungsjahr 2006 schwerlich ein zweites Mal zu finden. Wobei der hierzulande größte Hit „America“ noch zu den schwächeren Songs zählte.
Der Weg scheint also vorgegeben, die Gefahr besteht vielmehr in einer Wiederholung des Casus Coldplay, die nach einem großartigen zweiten Pop-Album ein überambitioniertes, zugekleistertes, Soundflächen kotzendes Drittwerk ablieferten. Ist „Slipway Fires“ also Razorlights „X&Y“? Nach dem ersten Song müsste man sagen: nein. „Wire To Wire“ ist vollkommen Razorlight-untypisch. Mit seiner reduzierten Instrumentierung, die das Piano exponiert, und dem mehrstimmigen Refrain erinnert es in erster Linie an einen Gospelsong. So ungewohnt, so gut Aber leider geht es so nicht weiter. Dass Mr. Borrell bei seinem Gesang gerne mal ins Pathetische abgleitet, ist nichts Ungewöhnliches. Aber für die Exaltiertheit bei „Tabloid Lover“ möchte man abwechselnd ihn und sich selbst würgen. Und diese übertriebene Phrasierung hält er auch auf einigen anderen Songs durch, besonders bei „Blood For Wild Blood“. „You And The Rest“ versucht, Bruce Springsteens „I’m On Fire“ zu zitieren und scheitert grandios, „North London Trash“ will die eigene Arbeiterklasse-Herkunft im Celebritytum betonen und langweilt doch nur. Manchmal fragt man sich, ob der Band bei den Aufnahmen die Gitarren und Bässe gestohlen wurden, so unaufregend plätschert das Album teilweise vor sich hin. „Slipway Fires“ ist nicht Razorlights „X&Y“, es ist schlimmer. Johnny, where do you want to go from here?
1. Wire to Wire
2. Hostage of Love
3. You and the Rest
4. Tabloid Lover
5. North London Trash
6. 60 Thompson
7. Stinger
8. Burberry Blue Eyes
9. Blood for Wild Blood
10. Monster Boots
11. House
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