Der ADFC tritt für die Rechte und Belange der nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmer — insbesondere der Radfahrer — ein.
Grundsätze/Ziele:
Um die Lebensqualität in der Stadt und deren Erreichbarkeit zu erhalten, die Unfallzahlen, die Flächenversiegelung, Lärm- und Schadstoffemissionen, Krankheitsstand und Ressourcenverbrauch zu senken, aber auch, um die Stadtkasse zu entlasten, ist es dringend geboten, den Umweltverbund gegenüber dem MIV zu bevorteilen — in Hinblick auf die Verteilung von Geldern als auch in bezug auf die Rechte. Der Umweltverbund muss so gefördert und attraktiviert werden, dass ein Umstieg freiwillig erfolgt. Wichtig dabei ist eine systematische, konsequente langfristige Förderung des Umweltverbundes bei gleichzeitigem Verdrängen des MIV durch restriktive Maßnahmen. Dabei ist zu beachten, dass der Radverkehr aufgrund geringerer Kosten und größerer Flexibilität und Schnelligkeit gegenüber dem ÖPNV verstärkt zu fördern ist. Eine Neuverteilung der Verkehrsflächen zugunsten des Umweltverbundes ist notwendig, Flächenentsiegelungen aufgrund des geringeren Flächenverbrauchs durch den Umweltverbund werden dadurch möglich. Grundsätzlich sollen Verkehrskonzepte und -systeme entwickelt werden, die die Nutzung des MIV nur in Ausnahmefällen vorsehen und statt dessen auf die Möglichkeit des alleinigen Benutzen der Verkehrsmittel des Umweltverbundes abgestellt sind (z.B. Bike+Ride). Dafür sind die notwendigen politischen und finanziellen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Ziel der Verkehrsplanung und -politik muss es sein, die ursprünglichen Qualitäten des Straßenraumes wie Aufenthalt, Verweilen, Spielen, Kommunizieren wiederherzustellen, die im Laufe der Zeit zugunsten der Funktion Durchgangsraum für den MIV verloren gegangen sind. Die Straße muss wieder zum Lebensraum und -mittelpunkt werden, möglichst frei von Lärm und Schadstoffemissionen, Geruchsbelästigungen sowie Verkehrsunfällen. Dies führt zu einer Aufwertung des Straßenraumes und ganzer Stadtquartiere und macht das Wohnen an solchen Straßen mitten in der Stadt und selbst an Hauptverkehrsstraßen auch für wohlhabendere Bevölkerungsschichten attraktiv. Die Stadtflucht wird verringert und Urbanität sowie soziale (Durch)Mischung gefördert.
Ein wichtiges und vorrangiges Ziel ist die Sicherung der Mobilität für alle Menschen — auch für die, die über kein Auto verfügen. Die mangelnde Verfügbarkeit über ein Auto führt bei den betroffenen Personen zu einer zunehmenden Entkopplung vom sozialen und gesellschaftlichen Leben und somit in die Isolation. Die Sicherung der Mobilität muss daher vom Besitz eines Autos unabhängig sein. Nur der öffentliche Verkehr gemeinsam mit dem Fahrrad ist in der Lage, Mobilität für alle Menschen sicher und umweltverträglich zu gewährleisten. Deshalb muss der Umweltverbund gefördert und vor allem im Umland ausgebaut werden. Eine Versorgung muss nahezu rund um die Uhr erfolgen. Gleichzeitig müssen restriktive Maßnahmen gegen den MIV getroffen werden, um eine Konkurrenz gegenüber dem ÖPNV zu vermeiden, gegen die der ÖPNV keine Chancen hat.
Eine gute Erreichbarkeit der Oldenburger Innenstadt ist eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren der Innenstadt. Diese Erreichbarkeit wird am besten durch den Umweltverbund erreicht, ergänzt durch einen Lieferservice der Geschäfte (Einkauf nach Hause bringen), sowie einer City–Logistik (Transport vom Hersteller zum Einzelhandel erfolgt zentral und gebündelt). Durch Restriktionen des MIV — Parkraumverknappung, Verkehrsberuhigung soll einerseits die Innenstadt aufgewertet, andererseits der Umweltverbund und damit der Umstieg vom Auto auf den Bus/das Fahrrad gefördert werden. Desweiteren ist ein gut funktionierender ÖPNV in der Region notwendig, um auch Kunden von außerhalb Oldenburgs ohne den Zwang zur Benutzung eines Kfz in die Oldenburger Innenstadt zu bekommen.
Verkehrsplanung findet nicht im luftleeren Raum statt, sondern steht immer im direkten Zusammenhang zum Umfeld, bestehend aus Mitwelt und Gesellschaft. Die Interessen beider müssen auch bei der Verkehrsplanung berücksichtigt und deren Belastungen minimiert werden. So soll die Verkehrsplanung ökologische Aspekte, wie Flächenversiegelung, Schadstoff- und Lärmemissionen genauso beachten wie soziale Belange: niemand soll ausgegrenzt werden, jeder soll die gleichen (Mobilitäts-)Chancen haben. Die durch den Verkehr erzeugten sozialen Segregationen sollen zugunsten einer sozialen Durchmischung beseitigt werden: Hauptverkehrsstraßen sollen nicht weiterhin Wohnort nur für sozial benachteiligte, kinderreiche Familien und Personen bleiben, sondern für alle sozialen Schichten. Eine gesunde soziale Mischung fördert Urbanität, verhindert Segregationen, verhindert die Stadtflucht mit der damit verbundenen Zunahme des MIV und minimiert damit Flächenversiegelungen durch das Wohnen auf dem Land, das auf jeden Fall vermieden werden sollte.
Um diese Ziele zu erreichen, muss das Wohnen in der Stadt gefördert und attraktiviert werden. Neben der Schaffung von innerstädtischen Grünflächen zur Naherholung und Freizeitgestaltung und verdichtetem Bauen zwecks geringer Flächenversiegelungen gilt es, einen sozial und ökologisch verträglichen Verkehr zu fördern (lärm-, emissions- und schadstoffarm). Für diese Anforderungen ist der Umweltverbund prädestiniert und damit zu fördern, da nur er eine ökologisch und sozial verträgliche Abwicklung des Verkehrsaufkommens ermöglicht.
Generell gelten folgende Grundsätze:
In der Fachdiskussion und -literatur setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass unter Berücksichtigung der Aspekte Sicherheit und Komfort das Führen des Radverkehrs an Straßen des Vorbehaltsnetzes auf der Fahrbahn im Mischverkehr geeigneter ist als auf Sonderflächen. Der Fahrradfahrer auf der Fahrbahn befindet sich auf der gleichen Spur und daher im direkten Blickfeld des Autofahrers. Dadurch wird die Situation an Knotenpunkten — Einmündungen von Straßen, Grundstücksausfahrten —, wo die Trennung zwischen auf Radwegen geführten Radfahrern und Autos aufgehoben ist, entschärft. Grundsätzlich sollten Fahrzeugverkehr nach Richtung und nicht nach Geschwindigkeit getrennt werden. Eine generelle Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht auf Bundesebene durch eine entsprechende Änderung der StVO würde dazu führen, dass Autofahrer jederzeit mit Radfahrern auf der Fahrbahn rechnen müssen und entsprechend vorsichtig fahren. Die "die Straße gehört mir"–Mentalität der Autofahrer wird beseitigt. Zudem wäre eine Abschaffung der Benutzungspflicht verkehrssicher, rechtsicher, klar und gerecht.
Zudem ermöglicht das Fahren auf der Fahrbahn im Gegensatz zu Radwegen o.ä. ein zügiges direktes, weitgehend hindernisfreies (Schnee, Laub, Dreck, Möblierungen, parkende Kfz, Masten, Linksfahrern etc.) und vibrationsarmes Fahren, ein gefahrloseres Überholen, längere Grünphasen, bessere Querungs- und Abbiegemöglichkeiten sowie einen übersichtlichen Verkehrsablauf. Die Verkehrsführung ist stetig, klar erkennbar und stellt daher weniger Anforderungen an den Radfahrer als ein Radweg. Separate Führungen des Radfahrers bedeuten also immer Einschränkungen für den Radfahrer — egal ob Bordsteinradwege, Radfahrstreifen oder Suggestivstreifen. Zudem bergen sie das Problem, dass Radfahrer von der Straße gedrängt werden mit dem "Argument", sie hätten die eigens für sie vorgesehenen vorhandenen Radverkehrsanlagen zu benutzen, ohne dabei zu berücksichtigen, in welchem baulichen Zustand diese sich befinden (z.B. zugeschneit, schlechter Untergrund, zu schmal) oder ob sie überhaupt benutzungspflichtig sind.
Objektive Sicherheit und subjektives Sicherheitsgefühl differieren aber häufig — v.a. bei älteren Menschen, die sich nicht trauen, die Fahrbahn zu benutzen. Aufgrund der rechtlichen Bestimmungen dürfen diese Personengruppen diese sog. "anderen" Radwege weiterhin benutzen.
Autor: Stephan Popken.