Beginn politischer Beziehungen
Beginn politischer Beziehungen  
Deutsches politisches und diplomatisches Engagement in Äthiopien entwickelte sich nur zögerlich, weil Deutschland keine eigentlichen kolonialen und ökonomischen Interessen in der Region besaß. Die Kontaktaufnahmen von Kaiser Yohannes IV. mit dem Deutschen Reich seit 1872 waren insbesondere Gesuche um Unterstützung bei seinen Rückforderungen „verlorener“ Territorien. Die Mission des deutschen Gesandten Gerhard Rohlfs, die Kaiser Wilhelm als Antwort auf Yohannes’ Briefe nach Äthiopien sandte, brachte keine Resultate. Erst 1905 kam es zum Abschluss eines Freundschafts- und Handelsvertrag zwischen Kaiser Menelik II. und dem deutschen Gesandten Friedrich Rosen. Eine permanente deutsche Gesandtschaft wurde daraufhin in Addis Abeba eingerichtet. Ein weiteres Ergebnis der deutsch-äthiopischen Staatsfreundschaft war die von Enno Littmann geleitete Deutsche-Aksum-Expedition 1906. 1907 empfing Kaiser Wilhelm II. die von dejazmach Meshesha geleitete Gesandtschaft in Berlin. Ein wichtiger Verhandlungserfolg dieser Mission war die Vereinbarung über Waffenexporte des deutschen Reiches nach Äthiopien. Kaiser Menelik II. förderte nun bewusst deutsches Engagement in Äthiopien – sowohl auf offizieller als auch auf individueller Ebene. Auf Anfrage Meneliks sandte der Wirtschaftsattaché der Rosengesandtschaft Carl Bosch eine Gruppe technischer und handwerklicher Experten nach Äthiopien. Unter ihnen waren auch der Architekt Karl Haertel, der zu einem wichtigen Berater am äthiopischen Hof wurde und unter anderem auch das Mausoleum Meneliks baute. Konzessionen wurden an deutsche Investoren vergeben. Der erste, der eine Bergwerkskonzession erhielt, war der Abenteurer Arnold Holtz.

Die Ankunft der deutsch-äthiopischen Familie Hall am Hofe Meneliks II. kann als Scheitelpunkt der deutsch-äthiopischen Beziehungen gewertet werden. Welette-Iyesus Hall, die Tochter des oben erwähnten Zander, wurde Hofdame Kaiserin Taytus, und ihr Sohn Jakob kaiserlicher Berater und Übersetzer. Später wurde ein weiterer Sohn David Hall zu einem wichtigen deutsch-äthiopischen Kontaktträger insbesondere während der 1930er und der 1950er Jahre. Die zunehmend pro-deutsche Haltung der letzten Regierungsjahre Meneliks war Ausdruck seiner Bemühung der kolonialistischen Herausforderungen Frankreichs, Groß- Britanniens und Italiens zu entgegnen. Nach dem Ausscheiden des Schweizers Alfred Ilg als kaiserlicher Berater wurde der Deutsche Zintgraff als dessen Nachfolger berufen. Der Kronprinz Lij Iyasu wurde von Deutschen unterrichtet, dem Mediziner Steinkühler und Pinnow. 1910 als Iyasu schließlich an die Macht kam, verfolgte er eine Bündnispolitik mit dem Deutschen Reich. Im 1. Weltkrieg führte dieses Bündnis zu dramatischen Entwicklungen, indem Iyasu antikoloniale Aufstände in den Nachbarstaaten unterstützte. Der Coup d’ Ètat 1916 beendete dann diese außenpolitische Ausrichtung Äthiopiens.