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TSUNAMI–BESTANDSAUFNAHME IN INDONESIEN, SRI LANKA UND SüD-INDIEN

13.06.05

Ernst Strasser: Österreichische Projekte "auf einem guten Weg"

"Wir sind im Vergleich mit anderen Ländern ebenso wie in der Qualität und in der Geschwindigkeit der Umsetzung auf einem guten Weg." Diese Bilanz über österreichische Projekte in Tsunami-Gebieten durfte Dr. Ernst Strasser, Koordinator für die Katastrophen-Hilfe in Südost-Asien, nach einer Bestandsaufnahme in Indonesien (Banda Aceh), Sri Lanka (Ost- und Süd-Küste) sowie in Süd-Indien ziehen. Bereits in den kommenden Tagen werde ein weiterer Zwischenbericht fertig gestellt und an Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel übergeben.

Den Schwerpunkt der Arbeit für das dritte Quartal 2005 sieht Strasser in der Unterstützung der heimischen Organisationen bei der "Implementierung der Projekte". Darüber hinaus bestehe "großer Handlungsbedarf im Bereich Resettlement", dem Wiederaufbau auf neuem Grund. Hier gehe es auch um Unterstützung der Projektträger - etwa durch das Außenministerium - "bei der endgültigen Fixierung der Grundstücke für Bauten".

Krankenhaus für Banda Aceh – Strasser bei Bürgermeister
Der Wiederaufbau des durch den Tsunami völlig zerstörten Meurexa General Hospital stand im Mittelpunkt von Gesprächen, die Ernst Strasser, Koordinator für die Katastrophenhilfe Österreichs in Südostasien, am Wochenende in Banda Aceh geführt hat. Bürgermeister Mawardy Nurdin sagte dabei den Ankauf eines geeigneten Grundstücks zu, der in den kommenden Tagen erfolgen soll.

Erstes Ziel der Asien-Reise im Rahmen der Bestandsaufnahme war Banda Aceh. Im Mittelpunkt der Gespräche in der vom Tsunami schwer in Mitleidenschaft gezogenen inonesischen Küstenstadt stand der Wiederaufbau des völlig zerstörten Meurexa General Hospital. Bürgermeister Mawardy Nurdin sagte dabei den Ankauf eines geeigneten Grundstücks zu, auf dem das Krankenhaus errichtet werden soll.

Als Projektträger für das Spital fungiert das Hilfswerk Austria. Die Vamed AG hat sich bereit erklärt, das Haus mit 70 Betten schlüsselfertig herzustellen, so Vorstandsmitglied Wolfgang Nölscher. Das Projektvolumen beträgt fünf Millionen Euro.

Bei dem Gespräch mit Nurdin machte Strasser ebenso wie Heidi Burkhart vom Hilfswerk Austria klar, dass "Zeitpläne wichtig" seien. Die Vamed benötigt laut Nölscher drei Monate für die Planung und danach ein Jahr bis zur Inbetriebnahme. Ein weiteres Jahr später soll das Krankenhaus der Stadt Banda Aceh übergeben werden. Strasser zu Nurdin: "Wir brauchen auch die Garantie, dass das Spital nach der Übergabe in Betrieb bleibt."

Der Bürgermeister berichtete, dass die Stadt durch den Tsunami 65.000 Menschen verloren habe. Außerdem seien in Banda Aceh etwa 30.000 Häuser zerstört worden. 21.000 müssten neu gebaut werden. In der Region Aceh hat die Flutkatastrophe vom 26. Dezember 2004 vermutlich 150.000 Menschenleben gefordert. Noch immer werden Leichen geborgen. Strasser: "Wir haben geradezu die Verpflichtung, den Menschen hier eine Chance auf eine bessere Zukunft zu geben."

Behindertenarbei in Banda Aceh nur durch Hilfswerk Austria
Strasser und seine Delegation machten sich in Banda Aceh auch ein Bild über die Behindertenarbeit, die "außer uns niemand betreibt“, wie Sumiko Morino, Südostasien-Koordinatorin beim Hilfswerk Austria, betonte. So wird das durch den Tsunami teilweise zerstörte Kinderheim "Desa Santan" nicht nur wieder aufgebaut, sondern auch erweitert. Bis zu 160 Kinder mit verschiedenen Behinderungen sollen künftig neben der Schule auch Lehrwerkstätten – z.B. für Nähen, Sticken oder Holzverarbeitung - zur Verfügung stehen.

Zahlreiche Österreich-Projekte in Sri Lanka
Ein umfassendes Bild machte sich Strasser von den Österreich-Projekten in Sri Lanka. Der Katastrophenhilfe-Koordinator bereiste sowohl die Ost- als auch die Südküste der Insel. Erste Station war Komari, wo SOS Kinderdorf 750 neue Heime für Tsunami-Opfer errichtet. Die „gegossenen Häuser", eine Technologie aus Südafrika, „stehen" binnen fünf bis sieben Tagen. Alle Objekte befinden sich außerhalb der nach dem Tsunami definierten Schutzzone. An der Ostküste sind das 200 Meter vom Meer, so SOS Kinderdorf-Repräsentant Cedric P. de Silva. Die künftigen Bewohner sind – wie bei fast allen österreichischen Projekten – in den Wiederaufbau eingebunden.

Finanziert aus Spenden der Aktionen "Nachbar in Not" und "Wir bauen Leben" errichtet das Hilfswerk Austria in Pottuvil, wenige Kilometer südlich von Komari, 60 Häuser. Die ersten Objekte sind bereits übergeben. Außerdem wurden fünf Brunnen gebohrt, wie Projektmanager Günther Thaler berichtete. Bereits angekauft sind außerdem sechs Motorboote und 50 Kanus für die Fischer von Pottuvil. Letztlich sollen es 50 bzw. 200 sein.

Wiederaufbau auch Beschäftigungsprogramm – Kurier Aid Austria und „Salzburg Dorf“
"Der Wiederaufbau ist auch ein Beschäftigungsprogramm", sagte Max Santner, Projektmanager von Kurier Aid Austria (KAA) in Sri Lanka, bei einem Besuch der Delegation Strassers. Auf den KAA-Baustellen fänden aktuell etwa 180 Menschen Arbeit. Mit einem Volumen von 10,2 Mio. Euro sollen u.a. etwa 450 Häuser samt technischer Infrastruktur, Sozial- und Bildungseinrichtungen errichtet werden.

Bei den Projekten in Kathaluwa (150 bis 200 Heime) und Ahangama (etwa 100) ist die Besiedelung laut Santner für Anfang 2006 vorgesehen. In Weligama (rund 200 Häuser) sind dem Projektmanager zufolge Grundstücke zwar "von der Regierung zugesprochen, aber noch im Besitz Privater". Alle Heime werden für Tsunami-Opfer gebaut, die in der 100 Meter-Zone gewohnt haben, die nun im Süden Sri Lankas gilt.

In Walahanduwa in unmittelbarer Nähe von Galle wird auf Initiative der Salzburger Nachrichten, des Roten Kreuz und des Landes Salzburg das „Salzburg Dorf“ errichtet. Die Arbeiten für das Projekt mit 78 Häusern samt Gemeindezentrum, Kindergarten, Spiel- und Sportplatz sowie Ambulanzstation sind voll im Gang. In zwei bis drei Monaten sollen die ersten Objekte laut Projektleiterin Ursula Saleh bezugsfertig sein.

Praktisch fertiggestellt ist außerdem der Tageshort "Daycare" für etwa 50 Tsunami-traumatisierte Kinder in Weligama. Die Eröffnung steht unmittelbar bevor, betonte "Salzburg Dorf"-Gesamtkoordinator Gerhard Huber im Gespräch mit Strasser.

In der Budgetplanung der Initiative sind 1,1 Mio. Euro bis 2007 vorgesehen. Der aktuelle Spendenstand betrug mit 1. Juni 723.042,02 Euro. Auch das "Salzburg Dorf" bringt etwa 50 Singhalesen Beschäftigung.

Beschleunigung der Bahnstrecke Colombo-Matara finanziell größtes Projekt
Das finanziell größte österreichische Projekt – Bundesregierung und ÖBB – in Sri Lanka ist die Instandsetzung und Beschleunigung der Bahnverbindung von Colombo nach Matara. Fünf Mio. Euro sind bereits geflossen, insgesamt 25 Mio. Euro vorgesehen. Von dem Projekt machte sich auch Vizekanzler Infrastrukturminister Hubert Gorbach ein Bild, der in Galle mit Strassers Delegation zusammentraf.

Bei einer Besichtigung an der Bahnstrecke erläuterte Dipl.Ing. Dr. Alexius Vogel, Leiter Forschung und Entwicklung bei den ÖBB, das Vorhaben. Durch den Tsunami waren u.a. 160 Kilometer Schienen weggespült, Gleise um Meter verschoben, Brücken beschädigt sowie der komplette Unter- und Oberbau von der Flut zerstört worden.

Nur sieben Wochen nach dem Tsunami waren dank ÖBB-Hilfe im Abschnitt Colombo - Galle bereits wieder Züge unterwegs. Auch der Verkehr bis Matara läuft. Die Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt derzeit freilich nur 35 km/h. In ein bis zwei Jahren sollen es 80 km/h sein, so das ehrgeizige Ziel der ÖBB, die auch mit der Unterstützung der chinesischen Bahn rechnen dürfen.

Gorbach: Schienenprojekt ein großes Anliegen
Ziel sei es gewesen, "schnell und erfolgreich zu helfen", sagte Gorbach. In der Küstenregion Sri Lankas sei ein funktionierendes Schienennetz von hoher wirtschaftlicher Bedeutung. Der Bundesregierung sei das Projekt in Zusammenarbeit mit den ÖBB daher ein großes Anliegen.
nach Matara auch einen voll besetzten Expresszug erfasst und von den Schienen geschleudert.

2.500 Häuser in Süd-Indien zerstört
Zum Abschluss seiner Bestandsaufnahme besuchte Strasser mit seiner Delegation vom Tsunami getroffene Dörfer in Süd-Indien. Im Bezirk Cuddalore wurden laut dem lokalen Wiederaufbau-Verantwortlichen M.S. Shanmugam etwa 2.500 Häuser zerstört. Der Wiederauf- bzw. Neubau seien demnach vorrangig.

Strasser: Hilfe „schnell und professionell“
„Die österreichische Hilfe in den Tsunami-Gebieten läuft schnell und professionell. Sie erfolgt durch die NGOs in hohem Einvernehmen mit der örtlichen Bevölkerung und den Behörden", durfte Strasser nach seiner Bestandsaufnahme feststellen. „Wo Klarheit in Grundstücksfragen besteht, sind die Projekte voll im Zeitplan. Gut auf dem Weg ist auch die Förderung von Wirtschaftskreisläufen, etwa mit der Übergabe von Fischerbooten.“

Verzögerungen gebe es dort, wo Grundstücksfragen von den Behörden erst unter Dach und Fach gebracht werden müssten, so Strasser. "Völlig richtig" sei, "dass Eigenleistung der Betroffenen und Behörden notwendig ist". Die NGOs würden "zu Recht verlangen, dass Grundstücke zur Verfügung zu stellen sind und nicht aus Spendengeldern angekauft werden müssen".

Projektabwicklungsphase von drei Jahren voll ausschöpfen

"Die Projektabwicklungsphase von drei Jahren wird voll auszuschöpfen sein", betonte Strasser. "Durchaus denkbar" sei, dass manche Infrastrukturprojekte "auf einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren ausgedehnt werden könnten". Aus österreichischer Sicht sei ein knappes halbes Jahr nach dem Tsunami "sehr viel Gutes geschehen". Bisher seien 30 Millionen Euro für Projekte gebunden. Zur Verfügung stehen 50 Mio. öffentliche Gelder und 36 Mio. Euro aus der Aktion „Nachbar in Not“.