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Interview mit Aditiana Dewi Erdani
Gleichberechtigung als Bildungsmission



"Rahima" ist eine muslimische NGO in Indonesien, die sich für die Gleichberechtigung der Frau auf der Grundlage moderner und demokratischer Ideen einsetzt. Arian Fariborz hat sich mit ihrer neuen Direktorin, Aditiana Dewi Erdani, unterhalten.

| Bild: Aditiana Dewi Erdani; Foto: Arian Fariborz
Rahima will in den Islamschulen Indonesiens über Frauenrechte und Gleichberechtigung aufklären, so Aditiana Dewi Erdani
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Was sind die Schwerpunkte und Ziele von "Rahima"?

Aditiana Dewi Erdani: Eines unserer wichtigsten Aufgaben besteht darin, Netzwerke zu islamischen Internatsschulen ("pesantren") und öffentlichen islamischen Institutionen aufzubauen, wo wir unsere Vorstellungen von Demokratie und Gleichberechtigung umsetzen können. Das ist insofern wichtig, da diese religiösen Einrichtungen einen beachtlichen Einfluss auf den islamischen Diskurs in der Öffentlichkeit haben. Wir können den Muslimen in Indonesien so unsere moderaten, demokratischen Ideen und Vorstellungen von Gleichberechtigung nahe bringen.

Aber nicht jede dieser "pesantren" akzeptiert unsere "Mission" und möchte mit uns kooperieren – vor allem Schulen, die patriarchalischen Traditionen verhaftet sind. Deshalb arbeiten wir nur mit solchen Schulleitern ("Qiay") zusammen, die progressivere Vorstellungen haben. Unsere Strategie besteht darin, dass wir zu diesen Schulleitern Kontakt aufnehmen, und wenn uns dann die Tür geöffnet wird, unternehmen wir innerhalb der "pesantren" bestimmte Bildungsaktivitäten.

So führen wir zum Beispiel Trainingskurse für Lehrer und andere Verantwortlich im Erziehungswesen durch, um sie für "Gender"-Fagen zu sensibilisieren, mit dem Ziel, dass sie sich unsere Inhalte aneignen und später dann selbst als Vermittler auftreten, indem sie diese Inhalte an ihre Schüler in den "pesantren" weitergeben – und zwar nicht nur an Mädchen, sondern auch an Jungen.

Worin besteht Ihr Verständnis von einem liberalen, progressiven Islam für Indonesien?

Dewi Erdani: Im Zusammenhang mit der Scharia versucht "Rahima" den Zugang zu Bildung und das politische Mitspracherecht von Frauen in insgesamt vier Regionen im Westen Javas zu verbessern und zu stärken. Wir glauben, dass Frauen selbstbestimmt und aktiv handeln müssen, da vor allem diejenigen Frauen zur Zielscheibe der Scharia werden, die nur zuhause leben, weil es ihne nicht gestattet ist, am öffentlichen Leben voll teilzuhaben.

| Bild: Frauenrechtsdemonstration in Jakarta; Foto: © www.rahima.or.id
Bild vergrössern Für politische Mitspracherechte von Frauen in der indonesischen Gesellschaft - "Rahima"-Demonstration in Jakarta
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Zwar ist die Scharia Teil des islamischen Selbstverständnisses, aber wir lehnen die Deutung der Scharia durch einen patriarchalischen Blickwinkel der Männer ab. "Rahima" wendet sich also gegen einen patriarchalischen Diskurs, und das ist auch der Grund, weshalb wir die Scharia-Bestimmungen in Indonesien ablehnen – weil sie nicht die echte islamische Scharia darstellt, sondern nur eine politisch instrumentalisierte.

Aufgrund des wachsenden Drucks ultrakonservativer Islamisten sind in 16 der 32 Provinzen Indonesiens bereits Teile der Scharia eingeführt worden. Auf Aceh oder in der Stadt Tangerang, westlich von Jakarta, ist die Islamisierung auf dem Vormarsch. Glauben Sie, dass dieses Phänomen zum Teil von außen in die indonesische Gesellschaft getragen wurde, zum Beispiel durch den wahabitischen Islam aus Saudi-Arabien?

Dewi Erdani: Nun, ich denke, da spielen viele Faktoren eine Rolle: Der Kern ist wohl, dass die indonesische Gesellschaft gegenwärtig eine vielseitige Krise erfährt – in ökonomischer, politischer und auch religiöser Hinsicht. Dies ist im wesentlichen die Ursache dafür, weshalb sich einige wieder auf ihren religiösen Glauben besinnen. Und so kam es auch, dass wahhabitische Glaubensinhalte dann auch zunehmend akzeptiert wurden.

Aber die Fundamentalisten stießen ja nicht allein wegen ihrer Vorstellungen und Praktiken auf Resonanz, sondern weil sie vieles unternahmen, was den Gemeinschaften sehr fehlte: Sie boten wirtschaftliche Hilfe und medizinische Versorgung umsonst an. Und ich denke, das man damit auch viele andere Gesellschaften erreicht, die sich in einer vielseitigen Krise befinden.

Interview: Arian Fariborz

© Qantara.de 2007


Aditiana Dewi Erdani, 1967 in Jakarta geboren, studierte Jura an der rechstwissenschaftlichen Fakultät der Diponegoro University in Semarang. Bis 2001 arbeitete sie für die "Indonesische Gesellschaft für Pesantren und Gemeinschaftsentwicklung". Seit 2007 ist sie Direktorin der Frauenrechtsorganisation "Rahima".


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