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Frauenfreundschaften misst die Schriftstellerin Christa Wolf besondere Bedeutung zu. Als ihr wichtigstes Vorbild bezeichnet sie die dreißig Jahre ältere Schriftstellerin Anna Seghers. Mitte der 50er Jahre sind sich die beiden Frauen zum ersten Mal begegnet. Zwischen der älteren und der jüngeren Schriftstellerin entwickelte sich eine lebenslange Freundschaft. Anna Seghers und Christa Wolf
  Anna Seghers und Christa Wolf (1973)

Über ihre Beziehung zu Anna Seghers sagte Christa Wolf:
"Es ist der seltene Glücksfall, dass ein anhaltendes, eindringliches Interesse an einem von Grund auf anderen Lebensmuster mir erlaubt hat, Genaueres über mich selbst zu erfahren."

Aus: Ein Satz. Bremer Rede, in Christa Wolf, Die Dimension des Autors. Essays und Aufsätze, Reden und Gespräche 1959 - 1985, Frankfurt/M. 1990, Band 1, S. 343.

Immer wieder betont Christa Wolf die stärkende Kraft von Frauenfreundschaften. Über Karoline von Günderode und ihre Freundinnen schreibt sie:

"Es ist wohl sonderbar, weil es neu ist; Frauen fühlen sich heftig zueinander hingezogen und widersetzen sich der Anziehung nicht, die keine Vermittlung und Sanktionierung durch Männer braucht - wenn sie auch enge Bindungen und Liebesverhältnisse mit Männern nicht ausschließt. Diese jungen Frauen haben einander etwas zu geben, was ein Mann ihnen nicht geben kann, eine andre Art Liebe. Als könnten sie, allein miteinander, mehr sie selbst sein; sich ungestörter finden, freier ihr Leben entwerfen - Entwürfe, die denen der Männer nicht gleichen werden."

Christa Wolf: Der Schatten eines Traumes. Karoline von Günderrode - ein Entwurf, in: Karoline von Günderode: Der Schatten eines Traumes. Gedichte. Prosa. Briefe, herausgegeben und mit einem Essay von Christa Wolf, Berlin 1979, S. 34.

Im Vorwort zu Maxie Wanders "Guten Morgen, Du Schöne" schreibt Christa Wolf darüber, wie Frauen bei ihren Selbstfindungsprozessen zueinander finden und neue Formen der Liebe und Freundschaft erfahren:

"Obwohl es sehr schwierig ist, finden sie heraus, dass auch Frauen einander lieben, miteinander zärtlich sein können. Dass sie den Rückzug des im Außendienst starken Mannes auf infantiles Verhalten in ihren Armen nicht mehr decken wollen. Also fliehen sie das 'enge Schlafzimmer', in das sie mit ihrem Mann 'verbannt' sind, finden sich mit der Gefühlsverkümmerung nicht mehr ab, an der viele Männer durch generationslangen Anpassungszwang an 'zweckmäßige' Verhaltensweisen leiden, verweigern die Mutterrolle und lassen sich scheiden."

Christa Wolf, Berührung. Ein Vorwort, in: Maxie Wander, Guten Morgen, Du Schöne, München 1993, S. 18.

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