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US-Präsidentschaftswahlkampf

Hillary schlägt zurück

Bei den Vorwahlen im US-Bundesstaat New Hampshire hat überraschend Hillary Clinton triumphiert. Barack Obama, der als klarer Favorit in diese Etappe um das Rennen aufs Weiße Haus gestartet war, unterlag denkbar knapp.
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Überraschungscoup: Bei der Vorwahl in New Hampshire gewinnt Hillary Clinton. Foto: dpa
Die ehemalige First Lady und New Yorker Senatorin Hillary Clinton kam nach Auszählung von rund 90 Prozent der Wahlkreise auf 39 Prozent der Stimmen, Obama auf 37 Prozent. Bei den Republikanern gewann der Senator und Vietnamveteran John McCain unangefochten mit 37 Prozent.

Clinton zeigte sich optimistisch, nach der Präsidentenwahl am 4. November ins Weiße Haus einzuziehen. "Wir sind hier in einem langen Rennen", sagte sie vor jubelnden Anhängern am Dienstagabend in Concord, der Landeshauptstadt von New Hampshire. "Ich möchte eine Präsidentin werden, die das Volk an die erste Stelle setzt...Lasst uns zusammen Amerika zu einem Comeback verhelfen, so wie New Hampshire mir zu einem Comeback verholfen hat", sagte sie mit Blick auf die schlechten Umfragen vor dem Urnengang.

US-Medien äußerten sich überrascht über den Wahlausgang. "Clinton ist zurück", kommentierte der US-Fernsehsender CNN ihr unerwartet starkes Abschneiden. "Es ist eine echte Schlacht zwischen den beiden im Gange", meinte der Kommentator. Experten gehen davon aus, dass sich erst nach weiteren Vorwahlen Anfang Februar herausstellt, wer letztlich als Kandidat antritt.

Der 46-jährige Obama, der die erste parteiinternen Abstimmung der Demokraten vor einer Woche in Iowa gewonnen hatte und nach Umfragen in New Hampshire klar vorn lag, gestand seine Niederlage ein. Er werde aber weiterhin um den Einzug ins Weiße Haus kämpfen. "Wir sind bereit, das Land in eine fundamental andere Richtung zu steuern. Es gibt kein Problem, das wir nicht lösen können." Eine seiner ersten Ziele sei es, die US-Truppen aus dem Irak nach Hause zu bringen. Auch der demokratische Ex-Senator John Edwards machte klar, dass er trotz seines enttäuschenden dritten Platzes (17 Prozent) im Rennen bleiben will.

McCain gewinnt bei den Republikanern

McCain erklärte sich bei den Republikanern zum unangefochtenen Wahlsieger. "Wir haben dem Land gezeigt, wie ein echtes Comeback aussieht", sagte er mit Blick auf sein schwaches Abschneiden in Iowa. Der Sieg in New Hampshire sei «ein erster Schritt ins Weiße Haus." Er zeigte sich überzeugt, am 4. November als Kandidat der Republikaner anzutreten. "Wir werden die Nominierung gewinnen."

Zweiter bei den Republikanern wurde den vorliegenden Ergebnissen zufolge mit 32 Prozent der Exgouverneur von Massachusetts, Mitt Romney. Dritter wurde Mike Huckabee (11 Prozent), der vergangene Woche noch klar in Iowa gewinnen konnte. Beide versicherten aber, sie wollten bei der Kandidaten-Kür weitermachen. Der ehemalige New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani, der sich in New Hampshire kaum engagiert hatte, kam auf neun Prozent. Experten sprachen von einer Rekordbeteiligung von rund 500.000 Wählern in New Hampshire.

Über New Hampshire ins Weiße Haus

Die Wähler in New Hampshire haben sich schon oft als zuverlässiger Gradmesser für die politische Stimmung in den ganzen USA erwiesen. Die meisten Sieger der  Vorwahlen wurden in den vergangenen drei Jahrzehnten tatsächlich Spitzenkandidat ihrer Partei für die Präsidentschaft. Bei den Demokraten waren dies Jimmy Carter (1976 und 1980), Michael Dukakis (1988), Al Gore (2000) und zuletzt John Kerry (2004). Deutlich daneben lagen die Wähler in New Hampshire allerdings 1994, als Bill Clinton hinter Gouverneur Paul Tsongas aus Massachusetts nur auf  den zweiten Platz kam. Clinton wurde später Präsident.

Auf Seiten der Republikaner erhielten Gerald Ford (1976), Ronald Reagan (1980 und 1988) sowie George Bush senior (1988 und 1982)  Auftrieb durch einen Sieg in New Hampshire. Bemerkenswerte Ausnahme in dieser Serie ist John McCain, der bereits 2000 die Vorwahl gewann, dann aber im Rennen um die Nominierung gegen George W. Bush unterlag. Ein solches Ende will er nach seinem neuen Sieg am Dienstag vermeiden. Zu den weitgehend vergessenen Siegern von New Hampshire zählen der Demokrat Gary Hart (1984) und der Republikaner Pat Buchanan (1996). (jam/dpa/AFP)




Kommentare [ 7 ] Kommentar hinzufügen »

Comment
von   stefan | 09.01.2008 08:03:51 Uhr
Medien stehen blamiert da
Mir kann es eigentlich egal sein, ob am Ende Clinton oder Obama das Rennen macht. Aber ich kann mir eine gewisse Genugtuung über den gescheiterten Opportunismus der Medien nicht verkneifen. Es war schon unheimlich, wie sich bei den Journalisten innerhalb weniger Tage, wenn nicht gar Stunden, eine massive Anti-Stimmung gegen Hillary Clinton aufbaute, die schon teilweise bizzare Züge annnahm. Typisch für diesen Kampagnenjournalismus ist das gegenseitige Hochputschen von Journalisten und Demoskopen, die zu immer extremeren Vorhersagen führt. Jede noch so kleine Nachricht wurde extrem aufgebauscht, sofern sie nur gegen Clinton sprach, der Sieg von Obama geradezu herbeigesehnt und herbeigeschrieben, als sei dies die Offenbarung.

Die Realität hat die Medien jetzt wohl wieder eingeholt. Willkommen im wirklichen Leben !
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von   l_renner | 09.01.2008 11:22:36 Uhr
ein vielschichtiges Phänomen
Die Reduktion und damit Konstruktion von Realität durch Medien ist in der Tat bei großen Wahlen immer wieder gut zu beobachten.
Das 'Phänomen' Obama auf einen Hype der klassischen Medien zu reduzieren, greift zu kurz. In dem Maße, in dem die Dominanz klassische Leitmedien zurückgeht, werden Online-Kommunikationsstrukturen zu einem Seismographen für Meinungsbildung (zumal nicht wenige Journalisten Online-Recherche betreiben dürften).
Nimmt man allein die quantitativ unterschiedliche Beteiligung an den Blogs der Kandidaten (die in diesem Ausmaß nicht gefakt sein kann) zur Kenntnis, lässt sich die Stimmung um Obama nicht auf einen Hype ohne Substanz reduzieren.
Dass dies noch keine zwangsläufig zutreffenden Voraussagen ermöglicht, ist allerdings eine weitere Erkenntnis dieser Nacht.
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von   erwinkoester | 09.01.2008 11:03:51 Uhr
Dass die Medien...
...bestimmte Kandidaten bzw. Parteien pushen sollte uns Deutsche nun wirklich nicht wundern. Man bedenke die fast "gleichgeschaltete Presse" vor der Bundestagswahl 2005, als fast alle Angela Merkel als Kanzlerin herbeisehnten! Barack Obama wäre wirklich mal was Neues, trotzdem glaube ich an ein Duell McCain vs. Clinton! Da bin ich Realist!
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von   andimann59 | 09.01.2008 16:00:51 Uhr
Richtigstellung
Ich möchte nur kurz für interessierte Leser darauf hinweisen, daß die Landeshauptstadt von New Hampshire CONCORD heißt und nicht Manchester...
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von   honken | 09.01.2008 16:10:34 Uhr
Richtigstellung
Vielen Dank, ist korrigiert! (Henning Onken, Redaktion)
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von   klaus_weiss | 09.01.2008 17:38:28 Uhr
@stefan
Was fälschlicherweise (?) von den Medien auch gestern abend noch als "tearing-up", als den Tränen nahe zu sein, bezeichnet wurde, dürfte (1) dazu geführt haben, daß mehr Frauen zur Wahl gegangen sind und (2) die übergroße Mehrheit der Frauen auch HC ihre Stimme gegeben haben.
Obama ist ein brillanter Redner, das bewies er heute morgen wieder. Inwiefern er wirklich Konzepte hat, die die ihn per Spende bezahlenden Hedge Fonds und Großbanken gestatten, weiß ich nicht. Aber im Vergleich zu ihm war Hillarys Rede absolut schwach.
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von   besserwisser | 09.01.2008 19:46:40 Uhr
eine weitere blamage
für die meinungsforscher, die uns auch hier ständig die stimmung vorschreiben wollen. es gibt mittlerweile viele menschen, die bei befragungen absichtlich falsche angaben machen. nichts ist kurzlebiger als die umfrage von heute.


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