Angesichts
der besonderen Belastung des Justizapparates durch die nationalsozialistische
Vergangenheit war die Frage der "Laienrichter" in westlichen
wie östlichen Besatzungszonen eine zentrale organisatorische
Aufgabe und bot Möglichkeiten, Frauen in Führungspositionen
zu bringen. Die Oberstaatsanwältin Hilde
Benjamin vertrat das Konzept der "Volksrichter
mit demokratischer Haltung", die nach sowjetischem Vorbild
in Schnellverfahren ideologisch geschult werden sollten. Am 14.5.1946
erläuterte sie in der "Tribüne der Frau",
dem erweiterten Hauptfrauenauschuss Berlin, ihr Konzept:
"(...) Daher wird die Lösung der Nachwuchsfrage noch nicht
von den Universitäten aus möglich sein, sondern sie
wird, jedenfalls für die sowjetische Besatzungszone Deutschlands,
ihre Lösung finden auf dem Weg über die Richterschulen,
wo in fortlaufenden Kursen als Antifaschisten bewährte Männer
und Frauen ohne besondere schulische Voraussetzungen in etwa sechs
Monaten so mit den grundlegenden Sätzen des Rechts und seiner
Handhabung bekannt gemacht werden, daß sie dann als Richter
eingesetzt werden können. Es ist selbstverständlich,
daß die Auswahl sorgfältig erfolgen muß (...). Auch
hier ist die Beteiligung der Frauen noch zu gering - sie übersteigt
nicht 25 Prozent. Trotzdem ist das Interesse der Frauen sehr rege,
und es ist gerade eine Aufgabe der Frauen-Ausschüsse, mit
dafür zu sorgen, daß diese Zahl laufend gesteigert wird."
Aus: Arendsee, Martha: Über Sozialpolitik/ Benjamin, Hilde:
Die Frau im Rechtsleben, in: Schriften zur ideologischen und kulturellen
Arbeit der Frauenauschüsse, hg. v. d. Abteilung Frauenausschüsse
bei der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung in der Sowjetischen
Besatzungszone, Berlin/Leipzig 1946, S. 19-24
Lotte Leßig, Mitglied des Bundesvorstandes
des Demokratischen Frauenbundes Deutschlands, berichtet über
ihre Erfahrung als Volksrichterin:
"Ich wurde Richterin in einer schweren Zeit. Bedeutende Strafprozesse
gegen Nazi-, Kriegs- und Wirtschaftsverbrecher, Schieber und Spekulanten
warteten auf uns Volksrichter. Es war nicht leicht, sich als Richterin
zu behaupten, zumal das Richteramt bisher erstrangig Männern
vorbehalten war. Von Häftlingen wurde manchmal gesagt: 'Ich
möchte nicht von Ihnen, sondern dem Richter vorgeführt
werden.' (...)"
Lotte Leßig in: Bundesvorstand des Demokratischen Frauenbundes
Deutschlands (Hg.): Geschichte des DFD, Leipzig 1989, S. 75.
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