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Vorgeschichte u. frühe Massaker

Die früheste Vorgeschichte des armenischen Volkes liegt im Dunkeln. Archäologische Funde belegen lediglich, dass das Armenische Hochland bereits während der Steinzeit von Menschen besiedelt war. Erst einige Jahrhunderte vor der Zeitenwende begannen die indoeuropäischen Armenier allmählich erste Königreiche im Gebiet um den Berg Ararat und um den Vansee zu bilden und damit dem heutigen Historiker einigermaßen gesicherte und vor allem auch schriftliche fixierte Daten zu hinterlassen.

Inmitten ihrer mächtigen Nachbarn konnte jedoch keines dieser Reiche lange bestehen. So geriet das frühe Armenien nach der hellenischen Expansion zunächst unter den Einfluss Alexander des Großen; daraufhin wurde es von den Seleukiden erobert, welche das Reich um den Vansee jedoch schon bald an das aufstrebende römische Reich verloren. 640 n. Chr. wurden diese Gebiete von den Arabern erobert und als Provinz dem Kalifat einverleibt.

Trotz der wechselnden Fremdherrschaft konnten die Armenier eine relative Unabhängigkeit für sich bewahren, die erst gegen Ende des elften Jahrhunderts endete, als mit den Seldschuken ein innerasiatisches Turkvolk in das Gebiet der heutigen Türkei vordrang.

Mit ungeheuerer militärischer Kraft gelang es den von Osten eindringenden Seldschuken ihr Gebiet nachhaltig auszudehnen. 1453 eroberten die Osmanen Konstantinopel. Gegen Mitte des 17. Jahrhunderts erreichte das Osmanische Reich den Höhepunkt seiner Ausdehnung: es umfasste nun große Teile der arabischen Halbinsel, reichte auf der Südseite des Mittelmeeres fast bis zur Meerenge von Gibraltar und grenzte im Osten an Persien. Eine weitere Ausdehnung in Richtung Mitteleuropa konnte nur knapp vereitelt werden, als Wien im Jahre 1529 mit viel Glück dem einfallenden Türkensturm standhalten konnte.

Wie fast alle Großreiche der Geschichte entwickelte sich auch das Osmanische Reich wegen seiner immensen Ausdehnung zu einem Vielvölkerstaat. Seine Untertanen gehörten nicht nur verschiedenen Ethnien, sondern auch unterschiedlichen Religionen an: nebst den muslimischen Türken und Arabern gab es auch christliche Minderheiten wie Albaner, Bosniaken, Bulgaren und Griechen. Wohl keine dieser Minoritäten lebte jedoch so sehr im Herzen des Reiches wie die ebenfalls christlichen Armenier. Eine weitere nicht zu unterschätzende Minderheit stellten die Juden dar. Sie siedelten in verschiedenen Städten des ganzen Reiches – vor allem aber in der wichtigen Hafenstadt Saloniki, wo die Untertanen jüdischen Glaubens mit 55 Prozent sogar die Mehrheit stellten und damit die Stadt am Ägäischen Meer vermutlich zur größten jüdische Metropole der Welt machten.

Um dieser komplizierten, multireligiösen Struktur des Osmanischen Reiches gerecht zu werden, gliederten die Sultane den Staat schon früh in so genannte Millets. An der Spitze eines Millets stand mit dem Patriarchen das jeweilige Oberhaupt einer Religionsgemeinschaft. Im Falle der Armenier war das der Katholikos, welcher im Kloster Etschmiadsin, nahe der Stadt Jerewan, residierte. Der Katholikos musste, genauso wie seine Kollegen anderer Religionen oder religiöser Abspaltungen, vom Sultan bestätigt werden und diesem dafür bürgen, dass seine Schäfchen ihre Abgaben termingerecht lieferten. Im Gegenzug wurde den Millets eine beträchtliche Autonomie zugesagt: so konnten die Christen und Juden ihre Religion frei ausüben und sich in geistlichen Angelegenheiten selbst verwalten. Das bedeutete vor allem eine große Freiheit im Schulwesen und in der Rechtsprechung, sofern sie sich auf persönliche Angelegenheiten wie Heirat, Scheidungen und Erbschaftsfragen beschränkte. Selbst ein eigenes Gefängnis konnten die Orthodoxen in ihrem Konstantinopler Patriarchat einrichten.

Allerdings waren die Christen und Juden des Osmanischen Reiches trotz der erwähnten Teilautonomie in letzter Instanz der Scharia unterstellt. Konkret bedeutete dies, dass in einem juristischen Konfliktfall zwischen Muslimen und Nichtmuslimen, das Wort letzterer kaum wog und in solchen Fällen Christen und Juden oft stark benachteiligt wurden. Zudem waren den Angehörigen der Millets eine strikte Kleiderordnung und ein bescheidenes Auftreten anempfohlen. So durften sie keine Zeichen des Luxus tragen und ihre Bauten mussten niedriger sein als die der rechtsgläubigen Muslime.

Darüber hinaus mussten bloß die Angehörigen der Millets Steuern bezahlen. Das war freilich Fluch und Segen zugleich. Denn da stets ein bedeutender Teil der Steuergelder aus den christlichen Haushalten stammte – um die Wende zum 16. Jahrhunderts immerhin mehr als die Hälfte des gesamten Steuervolumens – verwundert es kaum, dass es zu Zeiten, als das Millet-System noch uneingeschränkte Gültigkeit hatte, kaum zu rigorosen Islamisierungen gekommen ist.

Gerade in der beschriebenen, faktisch fehlenden Gleichberechtigung sehen viele Historiker eines der Hauptprobleme des Osmanischen Reiches im tumultreichen 19. Jahrhundert. So schreibt beispielsweise der türkische Historiker Taner Akçam, dass die europäischen Großmächte die Benachteilung der Nichtmuslime als einen Vorwand haben nutzen können, um sich in die inneren Angelegenheiten der Osmanen einzumischen und auf diese Weise ihre Einflusssphäre auszuweiten. Dies habe innerhalb der politischen Elite des Reiches zur Einsicht geführt, dass der weitere Zerfall des Staates nur vermeidbar sei, wenn man sich vom Millet-System verabschiede und den ganzen Staat von Innen her erneure.

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Als 1839 mit dem erst sechzehnjährigen Abdul Medschid ein neuer Sultan an die Macht kam, war die oben beschriebene Modernisierung voll im Gange. So ließ der neue Sultan bereits am 3. November desselben Jahres einen von seinem Vorgänger vorbereiteten Erlass verkünden, der allen Untertanen Freiheit und Gleichheit zusicherte. Dieses Edikt, das unter dem Namen Hatt-ı scherif von Gülhane (nach dem Namen eines kaiserlichen Pavillons vor dem Top-kapu) bekannt wurde, gilt als Beginn der so genannten Tanzimat-Periode, während der das militärisch und theokratisch geführte Reich in einen modernen bürgerlichen Staat europäischer Art umgebaut werden sollte. Die wichtigsten Neuerungen, die in dem Dekret genannt wurden, waren der Schutz des Lebens, der Ehre und des Vermögens für alle (Muslime wie Nichtmuslime); die Öffentlichkeit des Strafverfahrens; die Verteilung der Steuerlast aufgrund von Vermögen und Einkommen; die Beseitigung der Verpachtung der Staatseinkünfte und die Reduktion des bisherigen lebenslänglichen Militärdienstes auf 4-5 Jahre.

Der vor allem auf Druck Englands und Frankreichs zustande gekommene Erlass wurde jedoch nur halbherzig umgesetzt. Denn obwohl viele Osmanen gerade in der Verwaltung und im militärischen Bereich die Notwendigkeit sahen, sich westlich zu modernisieren, wurde die Gleichberechtigung doch von vielen Muslimen der Zeit als eine Abweichung von der Tradition gesehen, nach der Christen nur „geduldet“ waren. Gleichzeitig wehrten sich aber auch die Angehörigen bestimmter Millets, die spezielle Steuervergünstigungen und Extrajurisdiktion genossen, gegen die Reformen.

1856 wurden in einem zweiten Erlass die sehr allgemein gehaltenen Erklärungen des Vorgängers überwunden; der Islam als Staatsreligion blieb aber weiterhin bestehen. In den folgenden Jahren traten weitere Erlasse hinzu, welche zu einer Gleichheit unter den Bürgern führen sollte, letztlich aber nur begünstigten, dass das bestehende gesellschaftliche Gefüge ins Wanken geriet, was laut Akçam bei der Herausbildung der osmanischen Oppositionsbewegung eine entscheidende Rolle gespielt habe. Doch nicht nur urban geprägte oppositionelle Gruppierungen wie beispielsweise die „Jungosmanen“, welche die Vorstellung an einen Verlust der muslimischen Vormachtstellungen nicht ertragen konnten, standen den Reformen negativ gegenüber. Vor allem auf dem Land stieg die Unzufriedenheit. Da dort die gewünschte Zentralisierung des Staates nicht wirksam durchgeführt werden konnte, kam es allzu oft zu chaotischen Zuständen und einer groben Verschlechterung der Lebensumstände. So gerieten insbesondere die armenischen Bauern in den Ostprovinzen unter eine Art Doppelbesteuerung: plötzlich mussten sie neu auch dem Zentralstaat Abgaben entrichten, während die herkömmlichen Steuerempfänger, meist kurdische Beys, auf die Einnahmen nicht verzichten wollten.

Auf diese Weise legten wohl gerade die bürgerlichen Reformen den Grundstein dafür, dass die seit langem unterschwellig bestehende Konkurrenz oder Feindschaft im Lande plötzlich offen ausbrach. Tatsächlich kam es während des gesamten 19. Jahrhunderts immer wieder zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Christen.

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Die Politik der Tanzimat endete im Jahre 1878 mit einem Schlag, als Sultan Abdülhamid II das Parlament auflöste und die gerade erst geschaffene Verfassung suspendierte, welche eigentlich die Krönung des Reformwerkes hätte sein sollen. Die offizielle Begründung für diese Suspension lieferte der Krieg mit Russland, der durch die so genannte Orientkrise 1875 ausgelöst worden war, als sich Bosniaken und Herzegowinaer gegen die osmanische Herrschaft erhoben und daraufhin Russland eingegriffen hatte. Der Konflikt endete mit einer vernichtenden Niederlage und größeren Gebietsabtretungen für die Osmanen. Davon betroffen waren vor allem der Balkan und der Nordosten des Osmanischen Reiches. Mit dieser neuen Grenzziehung wurde das traditionellerweise von Armeniern besiedelte Gebiet auf zwei, beziehungsweise drei Staaten aufgeteilt: die Provinzen Kars, Ardahan und Batum wurden Russland zugeschlagen, während die Städte Eleşkirt und Dogubayazit im Osmanischen Reich blieben. Die relativ kleine armenische Minorität im Nordwesten des Irans blieb von den Grenzänderungen unberührt.

Während des Berliner Kongresses, auf dem über eine Friedenslösung des Konflikts verhandelt und die oben erwähnte Grenzziehung beschlossen worden war, kam auch die Lage der Armenier, die im Osmanischen Reich verblieben, zur Sprache. Im Artikel 61 des Berliner Vertrages steht: „Die Hohe Pforte verpflichtet sich, ohne weiteren Zeitverlust die Verbesserungen und Reformen ins Leben zu rufen, welche die örtlichen Bedürfnisse in den von Armeniern bewohnten Provinzen erfordern, und für die Sicherheit derselben gegen die Tscherkessen und Kurden einzustehen. Sie wird in bestimmten Zeiträumen von den zu diesem Zwecke getroffenen Maßregeln den Mächten, welche die Ausführung derselben überwachen werden, Kenntnis geben.“ In der Folge dieses Vertrages begannen sich die Armenier vermehrt auf Russland hin auszurichten, das eine Art Schutzmacht für die Armenier darstellen sollte.

Nach dem Trauma des verlorenen Krieges gegen Russland und wohl auch wegen des schmählichen Artikels 61 änderten sich die ideologischen Grundlagen der Innenpolitik von Abdülhamit. Hatte er anfänglich noch versucht, mit der Opposition zurechtzukommen, gab er dies nun auf: „Ich machte den Fehler, meinen Vater zu imitieren, der Reformen mit liberalen Institutionen vorantreiben wollte. Ich habe begriffen, dass das Volk nur mit Gewalt zu bewegen ist“, soll er, gemäß dem Historiker Wolfgang Gust, die Bilanz seiner ersten Regierungsjahre gezogen haben. In der Folge richtete der an Verfolgungswahn leidende Sultan einen für die osmanische Geschichte beispiellosen Polizei- und Überwachungsstaat auf.

Da indes die internationalen Mächte der Umsetzung der im Artikel 61 aufgezwungenen Reformen kein allzu großes Gewicht beimaßen (es wurden lediglich einige britische Beobachter in die Gegend geschickt), verbesserte sich die Lage in den Ostprovinzen kaum. Im Gegenteil: infolge der Grenzverschiebung kam es zu größeren Migrationsbewegungen. Aus den nun russischen Gebieten strömten rund zweihunderttausend Tscherkessen und andere Muslime ins Osmanische Reich zurück. Dadurch und durch eine geschickte Neueinteilung der Wilajets, also der kleinflächigen administrativen Unterteilung des Reiches, wurden die Armenier plötzlich in allen Ostprovinzen zu einer Bevölkerungsminderheit. Bei der armenischen Gemeinschaft, die sich von den Reformen eine wesentliche Verbesserung ihrer Lebensumstände erhofft hatte, war die Enttäuschung groß.

Zu jener Zeit wurden verschiedene armenische Parteien gegründet. Die Partei mit den weitreichendsten Forderungen war die 1887 in Genf gegründete Hintschaken-Partei. Die Gründer, die fast alle aus dem von Russland besetzten Teil stammten, sahen vor allem die Unabhängigkeit in den türkischen Provinzen als primäres Ziel an. Von dort sollte der revolutionäre Funken auf das russische und iranische Armenien übergreifen. Es zeigte sich jedoch bald, dass diese Partei mit ihren Maximalforderungen kaum genügend Anhänger mobilisieren konnte. Deshalb vereinigte sie sich mit anderen armenischen Parteien zu einer neuen, gemäßigten Gruppierung: den „Daschnaksutiun“, deren Anhänger kurz Daschnaken heißen.

Die Bedeutung dieser neu gegründeten armenischen Parteien, wird in der wissenschaftlichen Literatur je nach Argumentationsziel sehr unterschiedlich beurteilt. So schreibt beispielsweise Hans-Lukas Kieser, dass die revolutionären Aktionen und Gewaltakte sehr begrenzt gewesen seien und nie eine ernsthafte militärische Bedrohung dargestellt habe. Der amerikanische Turkologe Stanford Shaw hingegen sieht in den Aktionen den Beginn eines armenischen Terrorismus mit dem Ziel, dem Ausland einen Vorwand zum Eingreifen zu liefern. Dieses „Revoluzzertum“ erscheint ihm durchaus als gefährlich genug, um die Massaker zu rechtfertigen, welche das osmanische Militär spontan und bemerkenswerterweise ohne zentralen Befehl in der Folge angerichtet haben soll.

Man mag diese Ereignisse am Vorabend der Jahrhundertwende historisch werten wie man will; doch zweifellos haben diese armenischen Parteigründungen dazu geführt, dass der allgemein an Verfolgungswahn leidende Sultan nunmehr an allen Ecken armenische Verschwörungen sah. Es erstaunt daher auch kaum, dass etwa zur gleichen Zeit die so genannten Hamidiye-Regimenter gegründet wurden. Akçam schreibt über die Regimenter: „In vielen türkischen Darstellungen wird offen gesagt, dass diese Einheiten gegründet wurden, um die armenische Bevölkerung ‚in Schach’ zu halten. Diese Regimenter, die aus Angehörigen staatstreuer kurdischer Stämme gebildet wurden, deckten ihre Ausgaben durch die Beute bei Überfällen, Raubzügen und Massakern. Mitglieder dieser Einheiten waren außerdem von der Steuerpflicht befreit, und die Stämme erhielten Grundbesitz.“

Als sich im Sommer 1894 die Armenier in Sassun weigerten, Steuern sowohl an die Kurdenstämme, die ihnen früher Schutz boten, wie auch an die türkischen Regierungsvertreter zu bezahlen, griff das osmanische Militär gemeinsam mit den oben erwähnten Regimentern an und plünderte das Dorf. In der Folge kam es zu grausamen Massakern an dessen Bewohnern.

Von nun an begannen sich die Ereignisse gegenseitig hochzuschaukeln. Am 30. September 1895 organisierten die Hintschaken eine Demonstration in Konstantinopel, die jedoch nach ihrem Verbot in eine blutige Straßenschlacht ausartete.

Kurz darauf setzten im Osten weitere Massaker ein, die sich über längere Zeit hinweg zogen. In wenigen Wochen wurden rund 100'000 Menschen umgebracht. Die meisten von ihnen waren Männer und Jünglinge. Obwohl die Ereignisse in Westeuropa bekannt waren, kam von dort auf politischer Ebene kein nennenswerter Druck. Auf einer nichtpolitischen Ebene tat sich allerdings einiges: so begannen zu dieser Zeit erste Geldsammlungen zu Gunsten der Opfer der Pogrome im Osmanischen Reich. In der Schweiz wurde von verschiedenen Pfarrern im Jahre 1896 die unglaubliche Summe von Fr. 689’444.-- für die Armenierhilfe gesammelt. In Deutschland wurde von Pastor Dr. Johannes Lepsius etwa zeitgleich die Deutsche Orient-Mission gegründet, die sich ab 1896 für armenische Waisenkinder einsetzte und sich bemühte, die deutsche Öffentlichkeit über die Vorgänge im Osmanischen Reich zu informieren.

Um neben der anlaufenden humanitären Hilfe doch noch eine europäische Intervention für Armenien zu erreichen, entschlossen sich nun ein paar Mitglieder der Daschnaken die „Osmanische Bank“ am 31. August 1896, dem Geburtstag des Sultans, zu überfallen. Der Plan war ausgesprochen einfach: man wollte internationale Geiseln nehmen, um mit ihnen internationales Aufsehen zu erregen und so die Reformen im Osten endlich zu erpressen. Der Coup misslang jedoch, da das Komplott dem Polizeiministerium verraten worden war und deshalb um ein paar Tage vorgezogen werden musste. Zudem kam der Anführer gleich zu Beginn der Aktion durch die Explosion einer Handgranate ums Leben. Den Besetzern gelang es daher nicht, Zugeständnisse zu erpressen. Nach mehrtägigen Verhandlungen gaben sie auf und konnten sich dank ausländischer Hilfe nach Frankreich absetzen. Sultan Abdülhamit reagierte auf diese Provokation auf gewohnte Weise: er ließ die Massaker im Osten weiter ausweiten.

Ab Ende 1896 ließen die Armenierverfolgungen allmählich wieder nach. Die heiße Phase der Massaker schien vorüber zu sein. Der Sultan sprach eine Amnestie für ein paar Armenier aus und ließ sogar 60 Türken für die grausamen Massaker hinrichten. In der türkischen Apologie wird dies oftmals als Beleg dafür angeführt, dass die Massaker nicht zentral geplant, sondern in einer Phase der inneren Unruhe von einem rasenden Mob verübt worden seien. Da jedoch diese wenigen türkischen Soldaten vor allem aus unteren Chargen stammten, lässt sich der Verdacht nicht ganz beseitigen, dass diese Bestrafungen in erster Linie als politisches Kalkül interpretiert werden müssen, mit dem sich die Führung gegenüber dem Ausland rein waschen wollte.

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