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c't 20/2008, S. 20: Prozessoren
Prozessorgeflüster
Von Indern, Iren und Texanern
Design Center allerorten, sei es für normale oder für
Mikroprozessorkünstler. Als neuer Häufungspunkt wächst in
Indien Bangalore heran – Taipeh ist ohnehin einer und in den USA
ballen sich solche Center vor allem in Austin, Texas. Dort in Texas feiert
man jetzt außerdem den 50. Geburtstag einer der wichtigsten
Erfindungen der Szene überhaupt: die integrierte Schaltung.
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Verkehrte Welt: In Bangalore, im indischen Bundesstaat Karnataka,
designen Intel-Entwickler gigantische Serverprozessoren mit 1,9 Milliarden
Transistoren, während das Intel Design Center in Austin, Texas,
atomare Kleinst-Prozessoren für aufstrebende (emerging) Märkte
entwickelt, umrundet von den großen Serverschmieden wie IBM,
Hewlett-Packard – mit den ehemaligen Compaq-Werken in Houston –
und Dell. Letztere Firma will zwar laut einem Bericht im Wall Street
Journal einen Großteil der PC-Produktion nach Asien outsourcen und
die heimischen Fabriken verkaufen – Server aber sollen wohl weiterhin
in Nord-Austin produziert werden. Die angeblichen Outsourcing-Pläne
sind natürlich ein Alarmsignal für das irische Städtchen
Limerick, das nicht nur für seine Fünfzeiler berühmt ist,
sondern inzwischen auch als größter europäischer
Dell-Standort eine Bedeutung hat. Zufällig verlässt zudem
nächsten Monat der langjährige Chef Nicky Hartery das schwankende
Dell-Schiff – aber sturmfeste irische Politiker sehen keine
unmittelbare Gefahr.
Zusammenwachsen …
In Texas ist, wie man unschwer dem Namen entnehmen kann, auch der
IT-Konzern Texas Instruments beheimatet. Die Headquarters sind allerdings
nicht in der beschaulichen Hauptstadt Austin, sondern 200 Meilen
nördlich in der eher hektischen Millionenstadt Dallas angesiedelt.
Dieser Tage hat Texas Instruments einen besonderen Grund zum Feiern: Eine
ihrer wichtigsten Erfindungen, die integrierte Schaltung des TI-Ingenieurs
Jack St. Clair Kilby, wurde am 12. September 50 Jahre alt. Dafür bekam
der 2005 gestorbene Ingenieur im Jahre 2000 verdientermaßen den
Physik-Nobelpreis. Kilbys auf einer Glasplatte zusammengeklebtes Flip-Flop
aus Germanium-Plättchen war allerdings von einer „echten“
monolithischen integrierten Schaltung mit „Direct Connect
Architecture“ noch weit entfernt, anders als die wenige Monate
später eingereichte Entwicklung von Robert Noyce, der seine
Silizium-Chips damals noch bei Fairchild buk.
Fairchild und TI einigten sich bezüglich Urheberschaft erst nach
jahrelangem, teurem Rechtsstreit – da hatte Noyce schon Fairchild
verlassen und zusammen mit Gordon Moore die Firma Intel gegründet. Mit
dieser raufte sich dann TI weiter um dies und das, etwa um die Frage, wer
denn nun den ersten Mikroprozessor erfunden hat. Auch hierbei obsiegte
letztlich TI, sodass, anders als Intel es gerne darstellt, nicht den
Intel-Ingenieuren Hoff und Faggin, sondern ihrem TI-Kollegen Gary Boone
diese Ehre zugesteht.
So ganz glücklich über den Ablauf der 50 Jahre Kilby
dürfte die Firma TI indes nicht sein, konnte sie doch über
Jahrzehnte hinweg für das im Februar 1959 beantragte und 1965 erteilte
US-Patent mit Nummer 3,138,743 die Hand aufhalten – in Japan sogar
bis Anfang dieses Jahrtausends, denn dort wurde es als umstrittenes
„257“-Patent nach langer Prüfung erst 1989 erteilt.
In den 70er und 80er Jahren waren TIs LS- und CMOS-Bausteine, aber auch
Taschenrechner wie der legendäre TI30 das Maß der Dinge. Nur bei
den Mikroprozessoren hat sich TI zurückgehalten, stattdessen bei den
Analog- und Signalprozessoren vorne mitgemischt und im Embedded-Markt.
Böse Zungen behaupten jedoch, TI habe dank sprudelnder
Patenteinkünfte zu lange faul in der texanischen Sonne gelegen und
dabei versäumt, neue Entwicklungen voranzutreiben. So ging man mit dem
einst groß angelegten Versuch, auf den x86-Prozessorzug
aufzuspringen, sang- und klanglos unter. Die Chipherstellung – etwa
als Schmiede für Suns SPARC-Prozessoren – holperte zuweilen
ebenfalls. Im letzten Jahr hat man sich dann überraschend von der
eigenen Weiterentwicklung der Prozesstechnologie ab 32 nm und kleiner
verabschiedet und verlässt sich in Zukunft auf Kooperationen mit den
taiwanischen „Foundries“ TSMC und UMC.
… und auseinandergehen
Das Microprocessor Development Center von TI ist aber
„natürlich“ wie die vielen Design Center anderer Firmen
(AMD, Intel, IBM, VIA, Freescale …) in Austin. Es wird von Mike
Johnson geleitet, der viele Jahre lang bei AMD für
Prozessorentwicklung zuständig war, wenn auch zum Teil ohne die
nötige Fortüne. Sein K5 floppte und spä-tere K-xy-Designs
versanken zumeist in irgendeiner Schublade. Stattdessen wurden recht
erfolgreich Fremd-Designs samt ihrer Entwickler eingekauft, etwa der K6 von
Nexgen oder der K7-Athlon, den der ehemalige DEC-Chefarchitekt und heutige
AMD-CEO Dirk Meyer aus dem Alpha-Prozessor zauberte. Johnsons alte
AMD-Heimstatt in Austin gibts bald auch nicht mehr. Die Werke wurden schon
vor längerer Zeit an die Flash-Tochter abgegeben und die meisten
Abteilungen sind zum schicken neuen LoneStar-Campus umgezogen, wo im Sommer
die Einweihungsparty stattfand.
Und da man sich in der Stadt am Colorado mit Umzug und Umbau offenbar
am besten auskennt, stammen auch die neusten Spekulationen über die
Restrukturierung des Hauses AMD von hier, aus der Feder des Journalisten
Kirk Ladendorf des Austin American-Statesman. In seinem Blog zitiert er den
Chip-Analysten John Lau der Investment-Firma Jefferies & Co, demzufolge
die Aufteilung von AMD in einen Design- und Verkaufs- sowie einen
Herstellungszweig unmittelbar bevorstehe. Vielleicht wird man mit
Erscheinen dieser c't-Ausgabe schon die Pläne im Rahmen der
sogenannten Asset-Smart-Strategy veröffentlicht haben. Asset-Smart,
das war das nebulöse Lieblingswort von Ex-CEO Hector Ruiz, dessen
Aufgabe als Chairman des Board of Directors es wohl ist, diesen Deal
zustande zu bringen.
Lau sieht zudem einen liquiden Partner aus Nahost, der mit viel Cash
den Riesenschuldenberg von AMD von geschätzt fünf Milliarden
US-Dollar reduzieren könnte. Die taiwanische Chipschmiede TSMC
erwähnt er nicht, die derzeit anderswo als potenzieller Partner
kursiert (die Firma hat immerhin schon ein Design Center in Austin
…). Vom defizitären Digital-TV-Bereich hat sich AMD
kürzlich schon getrennt, Broadcom blätterte fast 200 Millionen
Dollar dafür hin. Er umfasst die via ATI zu AMD gekommenen Xilleon-
und Theater-300-Prozessoren für digitale Fernsehempfänger und die
Receiver-ICs der Baureihe NXT sowie 530 Mitarbeiter. Dieser Verkauf und die
Aufteilungsgerüchte machen AMD-Anlegern offenbar wieder Mut, die
Aktienkurse legen jedenfalls seit ein paar Wochen wieder kräftig zu.
(as)
Kommentare:
c't-Artikel zu den Neuigkeiten bei Intel (Matt Drayton 13.9.2008 15:38)
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