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Ab der Mitte des 13. Jahrhunderts gab es im heutigen Bereich Viehmarktgasse-Landstraßer Hauptstraße-Rennweg das Siechenhaus St. Lazar, das vom Lazarusorden (1) betreut wurde. Zu dieser Zeit war es üblich, an den Einfallstraßen der Städte solche Anstalten zu errichten, um hier Personen mit ansteckenden Krankheiten vor Betreten des Stadtgebietes aufzunehmen. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts wird hier eine dem hlg Markus geweihte Kapelle erwähnt, die sehr bald als St. Marks bezeichnet wurde. Ab 1394 wird die Einrichtung anlässlich einer Stiftung als Bürgerspital zu St. Marks bezeichnet. Das dort betriebene Brauhaus wurde im selben Jahr durch Herzog Albrecht III. vom "Umgeld" (= Getränkesteuer) befreit. In Berichten über die 1. Türkenbelagerung 1529 wird die Institution als St. Markser Spital bezeichnet, das völlig zerstört wurde. Übrigens soll sich das Zelt von Sultan Soliman in dieser Gegend befunden haben. 1545 ist das Spital aber bereits wieder aufgebaut; in diesem Jahr erhält es das Tafernrecht (2). 1629 wurde ein neuer Trakt erbaut, in dem Sieche, Irre und Findlinge - von letzteren starben damals allerdings 22 % - untergebracht wurden. Zu dieser Zeit gab es im Spital 200 Betten, 1400 Aufnahmen pro Jahr standen 1000 geheilte Entlassungen gegenüber, und das Personal bestand aus 1 Arzt, der auch medizinische Vorlesungen zu halten hatte, 1 Wundarzt, 1 Wehmutter, 1 Geistlichen und mehreren Knechten. Vor Beginn der 2. Türkenbelagerung wurde die Anlage von den Verteidigern zerstört, um den Türken die Möglichkeit zu nehmen, sich hier zu verschanzen. Schon bald nach 1683 wurde das St. Markser Bürgerspital, wie es nun hieß, wieder errichtet |
Die Baulichkeit - heute Madersperger-Hof, Landstraßer Hauptstraße 173-175 - hat sich bis 1870 nicht wesentlich verändert. Auch das dem hlg Markus geweihte gotische Kirchlein blieb bis ins 20. Jahrhundert unverändert. |
1784 übersiedelten die Kranken und Gebärenden ins damals neue Allgemeine Krankenhaus, die Irren kamen in den "Guglhupf", wie die für diese bedauernswerten Menschen im Areal des Allgemeinen Krankenhauses geschaffene Baulichkeit bald allgemein genannt wurde (3); die Findlinge - 104 Buben und 63 Mädchen - wurden ins Pamersche Waisenhaus am Rennweg gebracht. 1785 kamen erst einmal 87 arme, alte und gebrechliche Männer und Frauen aus dem aufgelassenen Bürgerspital am damaligen Schweinemarkt (= heute Lobkowitzplatz) ins Versorgungshaus St. Marks, wie von nun an bis zur Absiedlung solcher Menschen im Jahr 1861 das Haus in St. Marx bezeichnet wurde. Der "prominenteste" Insasse war der 1850 in einem Schachtgrab des St. Marxer Friedhofs beigesetzte Erdfinder der Nähmaschine Josef Madersperger. 1802 gab es hier einen Physikus namens Lorenz Nowak, der nur insofern interessant ist, dass sein lediger Sohn hier geboren wurde, der noch heute als der Biedermeierautor Eduard von Bauernfeld bekannt ist. Schon einige Jahre zuvor hatte Adolf Ignaz Mautner die hier befindliche Brauerei gepachtet. Nun kaufte er den gesamten Komplex, vergrößerte seinen Betrieb und erzeugte sein berühmtes St. Marxer-Abzug-Bier. |
Nach Zentralisierung des Mautnerschen Brauereibetriebes in Schwechat wurden die Gebäude in St. Marx als Wohnungen genutzt. Im Zweiten Weltkrieg, als hier ein Lager für weibliche "Fremdarbeiterinnen" bestand, erlitt der Bau derartige Schäden, dass er zu Beginn der 50er Jahre abgebrochen werden musste. In unserem Museumsheft 1986/2 finden Sie nicht nur die Geschichte des Versorgungshauses sondern auch die des St. Marxer Schlachthauses.
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Anmerkungen (1) Als Ritterorden, der sich der Pflege Leprakranker widmete, im 11. Jhdt. in Jerusalem gegründet. Das Ordensiegel zeigt die Auferweckung des Lazarus. Unser Wort "Lazarett" hängt damit zusammen. (2) Erlaubnis, alkoholische Getränke in Trinkstuben an stehende Gäste auszuschenken. Der Ausdruck erinnert an unser Wort "Taverne". (3) Trotz aller fortschrittlichen Ideen Joseph II. waren die Irren in der eigens für sie geschaffenen Anlage im Areal des Allgemeinen Krankenhauses angekettet und blieben es bis 1839. |
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