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Korrekte Entsorgung

Matthias Feilhauer 17.07.2008

Im Westen scheint die Welt bald wieder in Ordnung. Etwa drei Viertel aller bisher konsumierten elektronischen und elektrischen Geräte warten auf eine gesetzlich vorgeschriebene und damit "saubere" Entsorgung

Stoffe wie Blei, Cadmium und Quecksilber, welche bei der Produktion dieser Geräte verwendet wurden, sind toxisch und bedürfen einer besonderen Verwertung und Entsorgung. Jedoch werden nach einer Schätzung der [extern] United Nations University in der EU derzeit nur 25% des zum Recycling abgegebenen Elektronikschrotts wie vorgeschrieben wiederverwertet.

Was passiert mit dem Rest? Im schlimmsten Fall wird dieser E-Schrott in "ressourcen-hungrige" Länder wie Indien, China und Thailand [extern] verschifft. Dort ist die Entsorgung trotz der höheren Transportkosten um ein Vielfaches [extern] günstiger. Jedoch geschieht die Verwertung und Entsorgung oftmals unter Bedingungen die für Mensch und die Umwelt schädlich sein können

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Es ist schwierig, die Menge der E-Schrott-Exporte in Entwicklungs- und Schwellenländer zu bestimmen, da diese meist illegal durchgeführt werden. Die [extern] Basler Konvention, die eigentlich auch international den Export von E-Schrott in Entwicklungsländer verbietet, hat bisher nur wenig Wirkung bewiesen. Ein Trick, sie zu umgehen, ist, E-Schrott als funktionierende Ware für einen Spendenzweck zu deklarieren. Auch wurde die Konvention von dem wohl stärksten Exporteur, den Vereinigten Staaten, nicht ratifiziert.

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Für Indien begann ab dem Jahr 2002 die Menge von importiertem E-Schrott drastisch anzusteigen. Greenpeace schätzt die jährlich importierte Menge von E-Schrott auf etwa 150.000 Tonnen. Nicht zu vergessen ist die Menge von E-Schrott, welche in Indien selbst entsteht: In einer Studie der Deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit wurde sie für das Jahr 2007 auf 330.000 Tonnen bestimmt.

So wie zum Beispiel in Delhi ist die Verwertung zu einem wichtigen Wirtschaftszweig geworden: Nahe dem Stadtzentrum in Richtung Osten kann man die ersten Werkstätten der E-Schrott-Verwerter finden. Es wird geschätzt, dass alleine in Delhi 25.000 Arbeiter mit dem Recycling von E-Schrott beschäftigt sind. Ein Großteil dieser Arbeiter, deren Tageslohn oft bei etwa 50 Rupie (ca. 80 Cent) liegt, sind Zuwanderer aus ländlichen Regionen. Diese informelle Verwertung wird von der Regierung weitgehend toleriert. Um die verschieden Materialien des E-Schrotts zu trennen, werden meist primitivste Methoden angewendet: So werden zum Beispiel Platinen über dem offenen Feuer erhitzt, um danach das Lötzinn abzuschlagen.

Die Gummi-Isolierung von verschieden Kabeltypen werden in Säurebädern abgelöst oder einfach abgebrannt, um an das Kupfer zu gelangen. Bei der Verbrennung können giftige Dämpfe (z.B. Dioxine und Furane) entstehen, welche äußerst gesundheitsschädlich für die oftmals unwissenden Arbeiter sein können. Meist werden Abfallprodukte des Recyclings, wie verbrannte Kabelreste, Säureschlacken oder zerbrochene bleihaltige Monitorröhren auf ungesicherten Müllkippen entsorgt.

Kind hantiert mit Kathodenstrahlröhren (Neu-Delhi). Foto: Matthias Feilhauer)

Aber noch ein Schritt zurück: Was könnten wir mit einem defekten oder langweilig gewordenen Mobiltelefon tun? Es verschenken, verkaufen, spenden, im Hausmüll entsorgen oder ganz neu in Deutschland (und in den meisten EU-Staaten): Es in einem der E-Schrott-Container auf dem nächsten Müllplatz entsorgen. Dies wird ermöglicht durch die neue EU-Richtlinie WEEE ([extern] Waste from Electrical and Electronical Equipment). Diese Regulierung soll die Hersteller dazu verpflichten, verkaufte Hardware zurückzunehmen und umweltgerecht zu verwerten. Auch für die Produktion von elektronischen und elektrischen Geräten gibt es seit Juli 2006 eine EU-Regulierung die vorschreibt, dass nur noch Hardware produziert und vertrieben werden darf, welche keine oder nur wenige der Gefahrenstoffe enthält.

Mit der Einführung der Gesetze war die EU nicht besonders schnell. So richtete beispielsweise die Schweiz schon 1994 ein landesweites System zur E-Schrott-Verwertung ein. Und seit 2005 werden bei der Produktion von elektronischen und elektrischen Geräten giftige Substanzen eingeschränkt. Eine Rücknahme von E-Schrott gibt es auch in einigen asiatischen Ländern wie Japan (2001), Süd-Korea (2003) und Taiwan (1998). China verbietet seit dem 1. Januar 2007 gefährliche Substanzen in elektronischen und elektrischen Geräten und adaptiert damit eine in einigen Punkten strengere Regulierung als die der EU. In den [extern] USA und Kanada gibt es zumindest Bestrebungen entsprechende Gesetze einzuführen.

Elektronikschrott-Container auf einem deutschen Müllplatz. Foto: Matthias Feilhauer)

Gerade kleine elektronische Geräte, wie MP3-Player oder Mobiltelefone, verführen dazu, diese schnell in den gewöhnlichen Hausmüll zu werfen. Diese enden dann entweder auf einer Mülldeponie oder, wie es heutzutage immer häufiger vorkommt, in einer Müllverbrennungsanlage. Die Gefahrenstoffe (z.B. in Nickel-Cadmium-Akkus), welche besonders in den alten Geräten (produziert vor 2006) noch ausreichend vorhanden sind, könnten dann aus der Deponie sickern und ins Grundwasser gelangen. Bei der Müllverbrennung bleiben so genannte Schlacken übrig, welche als Sondermüll entsorgt werden müssen.

Spenden wir ein gebrauchtes Gerät, ist es nicht unwahrscheinlich, dass es irgendwo in einem Entwicklungsland endet. Karitative Organisationen übernehmen die Sammlung und den Transport dorthin ("Bridging the Digital Divide"). Beispielsweise wurde eine der erfolgreichsten Mobiltelefon-Sammelaktionen im Jahr 2006 in Österreich [extern] durchgeführt: Innerhalb von nur zwei Monaten konnten durch verschenkte Versandtaschen rund 400.000 Mobiltelefone (ca. 136 Tonnen) eingesammelt werden. Etwa die Hälfte der Geräte war nicht mehr verwendbar. Für den verwendbaren Rest wurden durch die Vermittlung von "Handy-Brokern" Abnehmer in Entwicklungs- oder Schwellenländern gefunden ([extern] Kapitel 4.2.3).

Für diesen "karitativen" Zweck sind weltweit zahlreiche Initiativen entstanden. Diese kümmern sich um die Wiederinstandsetzung der Geräte und die Organisation des Transports. Eine der größten Initiativen dieser Art, [extern] Computer Aid, hat nach eigenen Angaben bisher über 100.000 Computer nach Afrika, Lateinamerika und Asien transportiert (Februar 2008). An Hardware-Nachschub mangelt es nicht: Es wird geschätzt, dass alleine in britischen Unternehmen jährlich 3 Millionen Computer ausgemustert werden.

Aber gerade in Entwicklungsländern können können gespendete Computer schnell zu Schrott werden, wenn diese alten Geräte wegen eines Defekts oder aus Performance-Gründen nicht mehr benutzbar sind. Ebenso sind Ersatzteile oftmals nur schwer zugänglich. Man kann davon ausgehen, dass ein gebrauchter Computer etwa fünf, maximal jedoch 10-12 Jahre verwendet werden kann. Es ist zu hoffen, dass diese Organisationen schnell begreifen, dass sie auch in den Empfängerländern für den anfallenden Müll verantwortlich sind. Noch wird mit dem "guten Zweck" und einer Konformität zur EU-WEEE-Direktive geworben.

Um in Entwicklungs- und Schwellenländern eine einfachere Handhabung und eine nachhaltige Benutzung zu gewährleisten, nehmen sich derzeit einige Initiativen vor, für den Zweck der Entwicklungshilfe speziell ausgelegte Computer anzubieten. Eine davon ist die [extern] One Laptop per Child-Initiative, welche plant, hohe Stückzahlen von Lerncomputern (Modell "OX") u.a. an Entwicklungsländer abzugeben. Auch diesen Initiativen ist dringend zu empfehlen, Strategien für das Vorgehen nach der Benutzung der Computer zu erarbeiten, wie z.B. ein organisierter Austausch der Geräte oder die Bereitstellung von Recycling-Zentren vor Ort.

Massenproduktion des "OX". Foto: laptop.org

Niemand ist böse, aber alle sind Schuld. Wieder einmal geht es um die moralische Selbstverantwortung aller Beteiligten. Lösungen für solche Probleme müssen in globalen Netzwerken erarbeitet werden (wie z.B. [extern] Good Electronics oder [extern] PC Global). Zu hoffen ist, dass sich der Konsument in Zukunft vermehrt für [extern] Hersteller entscheiden kann, welche ihre Hardware "grün" produzieren und zugleich versichern können, dass sie abgegebene alte Hardware "ethisch korrekt" verwerten und entsorgen.

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