SPD sieht aber finanziellen Spielraum, um Abwanderung von Personal entgegenzuwirken
Der Berliner Senat will sich nicht erneut zur Verbeamtung von Lehrern drängen lassen. Da sie keine hoheitlichen Aufgaben erfüllten, sehe er keinen Grund, von der jetzigen Linie abzugehen, sagte am Montag der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Christian Gaebler, dem Tagesspiegel. Das Problem mit der Lehrerabwerbung müsse mit anderen – finanziellen – Mitteln gelöst werden. Ähnlich hatte sich zuvor Steffen Zillich von der Linkspartei geäußert.
Wie berichtet, drohen über 120 Nachwuchslehrer aktuell mit ihrer Kündigung, wenn sie nicht verbeamtet werden. Die Bildungsverwaltung fürchtet schon seit Monaten, dass es ab dem Sommer zu akutem Lehrermangel kommen könnte.
Dass die Berliner Sorgen berechtigt sind, wurde am Wochenende deutlich: Es häufen sich die Meldungen über aggressive Abwerbemethoden der anderen Bundesländer. Sie locken längst nicht mehr nur mit der sofortigen Verbeamtung, sondern auch mit Zulagen, so dass das Nettogehalt in Hamburg oder Baden-Württemberg inzwischen bis zu einem Drittel über dem Berliner Gehalt eines angestellten Lehrers liegen kann – je nach Mangelfach. Beispielsweise zahle Stuttgart jetzt angestellten Berufsschullehrern, die Metallverarbeitung unterrichten können, einen Zuschlag von 800 Euro brutto, berichtet die Tarifexpertin und Verhandlungsführerin der Bundes-GEW, Ilse Schaad. Selbst Referendare würden geködert – mit Zuschlägen von rund 50 Prozent.
Berlin bezahlt aber nicht nur die angestellten Lehrer vergleichsweise schlecht, sondern auch die verbeamteten. Seitdem sich die Bundesländer im Jahr 2006 von einer gemeinsamen Beamtenbesoldung verabschiedet haben, fällt Berlin auch hier immer mehr ab. „Berlin belegt den letzten Platz“, berichtet Schaad. Die Tarifexpertin, die lange Zeit für die Berliner GEW tätig war, ärgert sich darüber, dass Berlin bei der Personalpolitik im Schulbereich „kein Konzept hat und immer nur unter dem Druck der Verhältnisse agiert“.
Tatsächlich hat kein anderes Bundesland einen vergleichbaren Zickzackkurs hingelegt: 1995 beschloss der damalige schwarz-rote Senat den Verbeamtungsstopp für Lehrer, machte 1999 aber eine Kehrtwende. Grund waren Klagen wegen Ungleichbehandlung: Aufgrund des Einigungsvertrages hatten Lehrer aus dem Ostteil Anspruch auf den Beamtenstatus, was der Senat wohl aus den Augen verloren hatte. Die Westlehrer wollten dem nicht nachstehen, erinnert sich der damalige Landesschulamtsleiter Wilfried Seiring. Die Gerichte erzwangen die Gleichbehandlung, also das Zurück zur Verbeamtung für alle. Rund 25 Millionen Euro, die in der Zwischenzeit an Rentenbeiträgen gezahlt worden waren, flossen zurück an die Lehrer und das Land.
Erst 2004 entschied der rot-rote Senat erneut einen Verbeamtungsstopp. Damals setzte allerdings noch keine massive Abwanderung von Berlins Junglehrern ein, da bundesweit kein Pädagogenmangel herrschte. Deshalb behandelte Berlin selbst Nachwuchkräfte mit absehbaren Mangelfächern gleichgültig und bot ihnen nicht nur keinen Beamtenstatus, sondern noch nicht einmal volle Stellen an. Die GEW warnte schon damals davor, dass der Lehrermangel wegen der Pensionierungswelle unweigerlich komme.
Berlin blieb auch in anderer Hinsicht untätig: Obwohl das Land aufgrund des gestrichenen Beamtenstatus schon eine extrem ungünstige Konkurrenzsituation erzeugt hatte, wurde nichts getan, um die Lage zu verbessern:. Im Gegenteil: Die Gehälter wurden abgesenkt, Stellen spät ausgeschrieben und zudem nur einmal im Jahr. Zum Vergleich: Hamburg stellt vier Mal ein. Das ärgert vor allem Mieke Senftleben, die bildungspolitische Sprecherin der FDP, die bereits vor zwei Jahren gefordert hatte, auch zum Schulhalbjahr einzustellen. Erst jetzt war der Senat dazu bereit.
Angesichts der auseinanderdriftenden Besoldungen in den Bundesländern hat Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) angekündigt, bei seinen Kollegen für ein einheitliches Vorgehen zu werben. Die Resonanz ist bisher dürftig.
(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 03.02.2009)
Kommentare [ 17 ] Kommentar hinzufügen »
Wenn dann endlich noch eine praxisnahe Lehrerausbildung durchgesetzt wird, könnten die Schüler bald eine bessere Schulbildung erhalten.
Ein Gymnasiallehrer mit Korrekturfächer wie Deutsch, Geschichte oder Fremdsprachen arbeitet in Berlin im Schnitt etwa 50 bis 52 die Woche. Während der Ferien werden Klausuren oder ähnliches korrigiert. Wenn man von eine Arbeitswoche von ca. 40 Std. ausgeht, sieht man, dass Lehrer mehr arbeiten und weniger Ferien haben. Und noch was... in kein Land in Europa müssen die Lehrer soviel arbeiten wie in Berlin.....fragen Sie sich mal warum
Lehrer haben in der Woche ca. 29 Unterrichtsstunden (Vollzeitstelle) - Das sind dezimal 21,75 Arbeitsstunden (um es vorwegzunehmen : Es gibt auch Aufssichtszeiten). 18,25 Stunden könnten zu Vorbereitungen genutzt werden. Ebenso Zeiten in den Schulstunden, wenn Schüler Stillarbeiten erledigen. Es gibt 13 Wochen Schulferien. Ein Teil sollte dann zur Arbeiten genutzt werden, muss aber nicht.
Unterrichtsvorbereitung : Schulsport? Realschule = binomische Formeln lernen?
Machen Sie sich nicht lächerlich und gehen sie an die Arbeit.
Der gesetzlich Mindesturlaub in Deutschland beträgt 24 Werktage = 4 Wochen. Es gibt immer noch die 48 Stundenwoche.
Was glauben Sie, was andere Berufsgruppen eigentlich machen?
Die Entscheidung der Versetzung/Nichtversetzung eines Schülers sowie etliche weitere Eingriffe, die Lehrer täglich vornehmen, sind keine hoheitlichen Aufgaben gem. Art. 33 Abs. 4 GG? Ich halte diesen Ansatz zumindest für diskussionswürdig. Mich würde hier mal die herrschende Meinung interessieren.
die rechtfertigung vor der politik, den eltern und letztendlich
vor den schülern macht für mich den lehrer an sich zum statisten.
machtlose, hilflose und dank der jahrelang vorgegaukelten "bildungpolitik" eine am ende der kette auch ideenlose berufsidentifikation.
das geld solle doch lieber in die schon längst geforderten sprachkurse für lehrer(für die verständigung), selbstverteidigungsangebote, juristisches grundwissen (mein recht als lehrer vor dem schüler) und der "sichere heimweg" gesteckt werden.
ob der lehrer dann nach hessen oder hamburg zieht- oder sich
mit der verbeamtung sein leben in der frühverrentung veredelt ist den wenigen steuerzahlern in berlin schlichtweg wurscht.
Daher folgendes 5-Punkte-Programm (weiteres später):
1) Fortsetzung der "Berliner Linie", weitere Absenkung der Lehrergehälter. Ziel: Hartz-IV-Niveau. Begründung: Da wahre Lehrer den Mammon verschmähen und den Beruf ausschließlich um seiner selbst willen ausüben, sind sie bei Sicherung der existentiellen Grundbedürfnisse wie Ernährung, Kleidung, Wohnen immer noch privilegiert: Denn sie DÜRFEN Lehrer sein.
2) Gesetzliche Festschreibung der 7-Tage-Arbeitswoche für Lehrer! Ein echter Lehrer ist immer für seine Schüler da!
3) Aufhebung von Arbeitszeiten und sonst üblicher Anstandsgrenzen! Eltern und Schüler sollten "ihre" Lehrer rund um die Uhr anrufen dürfen. Lehrer haben sich zu allen Tages- und Nachtzeiten zu persönlichen Gesprächen in Wohnortnähe von Eltern und Schülern einzufinden. Ein echter Lehrer ist immer für seine Schüler da!
4) Reform des Grundgesetzes, Ergänzung zu Art. 7: "Abitur ist Grund- und Menschenrecht. Auf Verlangen von Schülern und Eltern ist es widerspruchslos auszuhändigen." Begründung: In einer guten Schule darf keiner beschämt werden (außer den Lehrern). Daher gilt per definitionem: Alle Schüler sind intelligent, alle wollen lernen. Eltern wollen immer nur das Beste für ihre Kinder, wissen auch, was das ist, und setzen sich mit aller Kraft dafür ein. Somit bleibt als einzige Fehlerquelle der Lehrer. Da dieser aber als Staatssklave unter der Kuratel der staatlichen Gemeinschaft steht, darf aus seinem Versagen kein Nachteil für die Schüler erwachsen. Ergo: Abitur für alle!
5) Fortbildungen tragen zur persönlichen Entwicklung von Lehrern bei. Daher sind sie Privatsache und finden nach Unterrichtsschluss, an Wochenenden und während der Schulferien statt. Die anfallenden Kosten sind von den Lehrern zu tragen, denn: "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein!
Der Knackpunkt ist doch, dass Berlin einfach deutlich schlechter bezahlt als die anderen Bundesländer und ihre Lehrerschaft und das darin steckende Potenzial nicht pflegt. Das ist nur am Rand eine Debatte über den Beamtenstatus wert und übrigens auch nicht über die immer wieder beliebte Frage, ob der Lehrerberuf durch die wenigen Unterrichtsunden und die vielen Ferien erstrebenswert sei.
fontane
(kein Lehrer)
Das ist zutiefts zu bedauern. Ich wäre unbedingt für ein einheitliches Vorgehen, und Herr Zöllner sollte es nicht bei einer "dürftigen Resonanz" belassen. Warum so stur? Wie heißt es doch im pädagogisch-korrekten Neusprech so schön? Teamfähigkeit beweisen!
Also: Berlin - der Ausreißer innerhalb der Gemeinschaft - passt sich in puncto Lehrerbesoldung schnellstmöglich an Bayern an, läge damit relativ dicht bei Baden-Württemberg, Hamburg und Hessen: Problem gelöst!
80% meiner (Ex-)Kommilitonen haben so wie ich gar kein Interesse, in dieser Stadt als Lehrer zu arbeiten. Es geht dabei schon gar nicht mehr um Verbeamtung. Die Aussicht, in einem total desolten Bildungssystem anzufangen, in welchem die eigene Arbeitsleistung weder von der Politik, noch von der Senatsverwaltung für Bildung, noch in finanzieller Hinsicht anständig gewürdigt wird, ist nicht im geringsten attraktiv.
Nach ca. 7-8 Jahren Ausbildung (Hochschulstudium inklusive 2 Jahren Referendariat) fange ich mit Ende 20 zum ersten Mal an, Geld zu verdienen. Ich bin kein romantisch-verklärter Weltverbesserer, der singend durch die Klasse springt. Ich habe, wie viele meiner Kommilitonen auch, klare Vorstellungen davon, wie bei Heranwachsenden Leistungsbereitschaft, Aufstiegswille, Kreativität, Wissens- und Kompetenzerwerb gefordert und gefördert werden können. Die Lehr-Lernforschung, Psycholgie, die Fachdidaktiken sind in den letzten 15 Jahren weit vorangekommen -und wir sind auf diesen Gebieten gut ausgebildet.
Es besteht, wie in jedem anderen Studiengang auch, Konsens darüber, dass ich mir entsprechend meiner Ausbildung und meines Könnnes den Arbeitgeber aussuche, der mir die besten Bedingungen (das Finanzielle ist da nur ein Aspekt) bietet. Und da ist Berlin, wie in vielen anderen Bereichen auch, im Bundesvergleich weit abgeschlagen.
Ich nehme die steigende Besorgnis der Eltern überall wahr und erhalte fast wöchtendlich Anfragen wegen Nachhilfe-Stunden. Der Nachhilfe-Markt explodiert gerade in Berlin. Es ist nur einer Frage der Zeit, bis die Eltern sich das Original, nämlich die Privatschule, einkaufen. Die soziale Spaltung der Berliner Bürgerschaft und die Entwertung des öffentlichen Abschlusses werden unweigerlich Folge der aktuellen Politik sein.
Berlin
Welches Bundesland bezahlt seine Landesangestellten schlechter als Berlin ?
Keines
Wer fordert das alle anderen Bundesländer auf seine "schlimme Situation" Rücksicht zu nehmen ?
Nur Berlin !
Wer fordert das alle anderen Bundesländer jeden "Schwachsinn" übernimmt ?
Berlin
Gibt es ein Bundesland in dem es dem Menschen schlechter geht als in Berlin ?
Nein !
Rot/Roter als Landesregierung, einfach nur noch lächerlich !!!
Warum haben sich die Bürger in Hessen denn für eine Regierung unter Herrn Koch endschieden ?
Herr Koch ist das kleinere Übel.
da hat man in Stuttgart real nicht mehr in der Tasche als in Berlin.
Miete höher, Lebensmittel teurer, VVS kostet auch mehr und die Junglehrer sollten sich doch bitte noch die Kitapreise und - zeiten ihres Nachwuchses ansehen.
Und wenn man Pech hat, bleibt man nicht in Stuttgart, sondern landet in Hintertupfingen.
1) Sie beschreiben zutreffend, was gute, was schlechte Lehrer kennzeichnet. Lassen Sie mich raten: Ihre Kinder haben zwar keine Probleme mit ihren Schulnoten, aber auch nicht hervorragende Zeugnisse? Die Haltung Ihrer Kinder gegenüber ihren Lehrern ist typisch für intelligente und leistungswillige junge Menschen, die nicht unbedingt in das System Schule passen.
2) Da es - entgegen dem allgemein verbreiteten Irrglauben - nur theoretisch möglich ist, Lehrer (egal ob verbeamtet oder angestellt) wegen Unfähigkeit aus der Schule zu entfernen, hängt gegenwärtig alles davon ab, die Unfähigen erst gar nicht einzustellen. Ist ein Lehrer erst einmal in der Schule und begeht keine Straftat, ist er de facto nicht mehr zu entfernen. Auch wenn man z.B. als Fachleiter genau weiß, dass ein(e) Kollege(/in) fachlich inkompetent (z.B. - Schülerfrage: "Wieviele Staaten hat die EU?" - Lehrer: "Ungefähr 20." - Wohlgemerkt: PW-Unterricht der Oberstufe, also keine Frage an einen fachfremden Lehrer!), faul (nie vorbereitet, Klausuren werden in den Pausen korrigiert!) und unfähig ist (Abiturprüfungen, da offenbart sich das Grauen) und auch einen entsprechenden Ruf bei den Schülern hat (die abgebrühteren nehmen es mit "die kann nichts, da kriegt man leicht gute Noten") - Sie können nichts machen!
Aber dieses Gefühl der Ohnmacht in Anbetracht einer unfähigen Lehrerin ist das gleiche Gefühl der Ohnmacht im Fall der ungerechten Spaltung der Lehrerschaft in eine Zwei-Klassengesellschaft: Das eine wie das andere ist Unrecht.
Die derzeitige Debatte ist (fast) ausschliesslich ein Streit um die Bezahlung. Die Übertragung der Brutto-Bezahlung von Beamten ohne Sozialversicherungspflicht auf Angestellte, die Sozialabgaben leisten, kommt einer Gehaltskürzung um gut ein Drittel gleich.
Davon zu trennen sind Probleme der Qualitätssicherung. Da hilft nicht der Angestelltenstatus für Junglehrer, sondern nur die konsequente Anwendung des Beamtenrechts in der Praxis.