Berlin

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Schülergewalt

Alltägliche Übergriffe

Berlins Schulen melden pro Jahr rund 1700 Gewaltvorfälle. In Neukölln sind die Zahlen leicht rückläufig.
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Die Zahl der gemeldeten Gewaltdelikte an Berlins Schulen hat sich offenbar auf hohem Niveau eingependelt, ist aber im vergangenen Jahr in den meisten Bezirken nicht weiter gestiegen. Das geht aus Angaben der Schulverwaltung sowie einer Umfrage unter den Bezirken hervor.

1735 Gewaltvorfälle zählte die Senatsschulverwaltung im letzten bislang komplett ausgewerteten Schuljahr 2006/07. Das waren mehr als viermal so viele wie im Schuljahr 2002/03, als 422 Delikte von Schülern gegen Lehrer oder Mitschüler registriert worden waren. Dies geht aus einer Aufstellung hervor, die die Schulverwaltung auf eine Kleine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Özcan Mutlu hin zusammengestellt hat. Den größten Sprung gab es zwischen den Schuljahren 2005/06 und dem Folgejahr: Da stieg die Zahl der registrierten Gewalttaten an Schulen von 894 auf 1573.

Auch wenn die Schulverwaltung noch keine abschließenden Zahlen für 2007/08 sowie für das laufende Schuljahr herausgeben will, verrät man zumindest, dass die Gewaltmeldungen nach dem kräftigen Anstieg der Vorjahre zuletzt nicht mehr stark gestiegen sind. „Die Zahl ist im vergangenen Jahr nahezu konstant geblieben“, sagt Kenneth Frisse, Sprecher der Senatsschulverwaltung.

Die Behörde warnt davor, die Zahlen als Ausdruck einer generell hohen Gewalttätigkeit an den Schulen zu interpretieren: Dass die gemeldeten Fälle in der Vergangenheit so stark stiegen und nun auf dem Niveau geblieben sind, sei auch dadurch zu erklären, dass die Schulen der Verwaltung schneller Bericht erstatten als früher. Der Begriff Gewaltvorfall umfasse allerdings viele Vorgänge, sagt Frisse – von Beleidigungen bis zu Messerattacken. Die häufigsten Delikte sind laut Statistik Körperverletzung (rund zwei von drei Fällen) und Bedrohung (jeder fünfte Fall).

In den Bezirken bestätigt man die Einschätzung der Schulverwaltung, dass die Zahl der Gewaltvorfälle sich mehr oder weniger stabilisiert hat. In Neukölln wurden in den vergangenen eineinhalb Jahren sogar weniger Gewaltdelikte an den Schulen registriert, sagt Bildungsstadtrat Wolfgang Schimmang. Im Schuljahr 2007/08 meldeten die Schulen seines Bezirkes 249 Vorfälle – 14 weniger als im Vorjahr. Und in der ersten Hälfte des laufenden Schuljahres hat das Bezirksamt bislang 123 Fälle ermittelt – was aufs Jahr hochgerechnet dem Stand des Vorjahres entspricht. Schimmang führt den leichten Rückgang gegenüber 2006/07 auf den Einsatz von Wachschützern an 16 besonders schwierigen Schulen zurück. An diesen Schulen habe es zuletzt keine Gewaltvorfälle mehr gegeben, sagt er. Deswegen hat das Bezirksamt Neukölln vor kurzem beschlossen, die Wachschützer, deren Einsatz jährlich 600 000 Euro kostet, auch im nächsten Schuljahr einzusetzen. Lars von Törne

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 18.02.2009)
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Kommentare [ 6 ] Kommentar hinzufügen »

Comment
von   dazzle | 18.02.2009 09:12:54 Uhr
„Die Zahl ist im vergangenen Jahr nahezu konstant geblieben“, sagt Kenneth Frisse, Sprecher der Senatsschulverwaltung.
Herlich, wie wieder einmal rumgeeiert wird.

In den beiden letzten bereits ausgewerteten Schuljahren stiegen die Fälle um 10 % gegenüber dem Vorjahr auf 1735 und führend sind , auch wie immer, die gleichen üblich verdächtigen Bezirke. Trotz Wachschutz belegt Neukölln immer noch den 2. Platz...ohne, läge wohl Neukölln auf dem Spitzenplatz

25 % der gemeldeten Gewaltvorfäle in ganz Berlin richten sich gegen die Lehrer...in den drei "führenden" Bezirken wird diese Zahl wohl erheblich höher liegen.

Mich persönlich würde interessieren, wie hoch die Zahlen der Vorfälle an der "Vorzeigeschule" Campus Rütli sind...dort soll ja jetzt angeblich alles besser sein.

Mich wundert nichts mehr...eine weitere Statistik, die wie andere immer zu ähnlichen Ergebnissen kommen.
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von   blume44 | 18.02.2009 15:45:25 Uhr
Ein
Verfall der menschlichen Werte.
Na und?
Wen interessiert das denn scheinbar??
Körperverletzung??
Ist halt so.
Comment
von   einbeutedeutscher | 18.02.2009 17:30:33 Uhr
@blume44
Sie wissen oder wollen es nicht mehr wissen, wie es früher an Schulen - auch an Gymasien - zuging! Auch da waren Rageleien bis hin zu dem, was man heute als Körperverletzung tituliert, Alltag. Kinder und Jugendliche testen sich nun mal gegenseitig aus. Damals schritten die Lehrer mit pädaggischen Mitteln ein! Heute ruft man die Polizei oder die Presse. Die Jugendlichen von heute sind nicht brutaler als früher.
Das Problem ist eher unsere Gesellschaft und ihre Medien, die keine Ahnung mehr davon haben, wie Jungendliche "ticken".
Ähnliches trifft auf Komasaufen zu. Früher (und teilweise noch heute) besoff sich die deutsche Elite in Sudentenverbindung bis zur Bewußtlosigkeit und hieb mit scharfen Degen auf einander ein.
Darüber liest man in den Zeitungen aber nichts.
Comment
von   dazzle | 18.02.2009 19:50:33 Uhr
Ach ja @ beutedeutscher
mal abgesehen, daß ihre Aussage so nicht im geringsten stimmt...wurden früher auch bei jedem 4. Fall ein Lehrer angegriffen?
Comment
von   dazzle | 18.02.2009 20:27:47 Uhr
@beutedeutscher
Ach ja...waren früher auch Messer im Spiel, wurde auf die am Boden Liegenden eingetreten und wurde in jedem 4 Fall ein Lehrer angegriffen?

Ihre Auusage negiert die alltägliche Gewalt in Schulen...mehr nicht
Comment
von   ul | 18.02.2009 23:22:16 Uhr
Wen wundert´s?
Mich nicht. Eine Gesellschaft, in der Mord und Totschlag die Hauptform der Unterhaltung in Fernsehen, Kino und Spielen geworden ist, braucht sich nicht zu wundern, wenn ihre Zöglinge sich konform verhalten. Eine Gesellschaft, in der es keine Betriebsfeier ohne Besäufnis gibt, braucht sich nicht zu wundern, wenn immer mehr Kinder mit 4 Promille in die Notaufnahme kommen (wenn sie es noch schaffen). Eine Gesellschaft, die über die Medien und Werbeindustrie eine perfekte, geile, Konsumwelt propagiert, braucht sich über das Ergebnis, nämlich eine desinteressierte, nicht lesende, Jugend nicht zu wundern und schon überhaupt nicht zu empören. Einserseits sollen alle die Handies, die Klamotten, die CDs, die MP3-Player, all den überflüssigen Dreck, kaufen und dann tut man so, als würden sich die lieben Kinder unartig der Bildung und dem guten Benehmen verweigern. Entweder, unsere Losungen lauten: "Geiz ist geil" und "Ich will alles, und ich will es jetzt", oder ... was?
Die Kinder tun genau das, was ihnen von den Großen vorgemacht wird.


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