Die Immobilienpreise sinken, aber die Mieten steigen. Häuser verlieren dramatisch an Wert, in einfachen Lagen bis zu 50 Prozent. Wohnungsunternehmen werfen dem Senat vor, indirekt Leerstand zu fördern.
Die Finanzkrise hat den Berliner Immobilienmarkt fest im Griff: Von „Marktstarre“ spricht der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, weil die Zahl der verkauften Immobilien sank und sich der Umsatz im vergangenen Jahr halbierte. Wegen der geringen Nachfrage fallen auch die Preise – um bis zu 50 Prozent. Für die Mieter in der Stadt gibt es deshalb aber keine Entwarnung.
Denn nach Angaben des Immobilienverbandes Deutschland (IVD) steigen die Mieten unaufhaltsam: um 2,5 Prozent im vergangenen Jahr. Die durchschnittliche Nettokaltmiete in Berlin betrage 5,75 Euro je Quadratmeter im Monat – fast einen Euro mehr als im Jahr 2001.
Wegen der stark steigenden Mieten in der Innenstadt werden oft auch junge Familien aus ihren Vierteln verdrängt: „Selbst wenn sie gut verdienen, können sich viele die Wohnungen nicht mehr leisten“, sagt Werner Oehlert. Der Chef von Asum ist im Auftrag des Bezirks zuständig für 4500 Wohnungen in Sanierungsgebieten von Friedrichshain. Oehlert zufolge gebe es sogar „massive Probleme“, solche Wohnungen an Haushalte mit geringeren Einkommen zu vermieten, deren Sanierung mit Steuergeldern subventioniert wurde. Dabei habe das Land bei solchen Objekten ein Recht darauf, bei der Auswahl der Mieter mitzureden.
„Die Stadt zerfällt immer stärker in trendige Kieze und absteigende Viertel“, sagte der Chef des Berliner Mietervereins, Hartmann Vetter. Diese Entwicklung werde sich in diesem Jahr weiter verschärfen. Es sei ein „Hirngespinst“, weiterhin anzunehmen, dass es genügend bezahlbare Wohnungen in Berlin gebe.
In schlechten Lagen geraten die Preise von Wohnhäusern besonders stark unter Druck: „In einfachen Lagen sind die Preise um bis zu 50 Prozent gefallen“, sagte Roman Döbele, Vorstandsvorsitzender des Berliner Immobilienunternehmens Grüezi Real Estate. Das gelte etwa für Wohnhäuser in Neukölln, die vor eineinhalb Jahren für 1000 Euro pro Quadratmeter gehandelt wurden – und heute nur noch für 500 bis 700 Euro. In guten Innenstadtlagen seien die Preise „nur um etwa zwanzig Prozent“ gesunken. Stefan Kiehn von der Fondsgesellschaft Herkules Grundbesitz beobachtet, dass auch „intakte Mietshäuser“ teilweise für weniger als 400 Euro pro Quadratmeter auf den Markt geworfen werden.
Der Chef des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, Ludwig Burkardt, forderte den Senat dazu auf, „nicht länger eine Wohnungspolitik nach Kassenlage zu machen“. Von den landeseigenen Wohnungsunternehmen verlange der Finanzsenator hohe Renditen, die Umweltsenatorin hohe Investitionen in regenerative Technik und die Stadtentwicklungssenatorin Hilfen bei der Stabilisierung sozialer Brennpunkte. Dies könnten die Unternehmen wegen der finanziellen Lasten etwa durch den vorzeitigen Abbau öffentlicher Förderungen nicht leisten.
Als Beispiel für die verfehlte Wohnungspolitik nannte der Verbandschef den Leerstand von 12 000 Sozialwohnungen, die mit Millionen an Steuergeldern errichtet wurden. Wegen des Abbaus von Förderungen seien deren Mieten zu hoch für Geringverdiener, für Normalverdiener aber sei ihre Lage nicht attraktiv. Diese Situation verschärfe sich, falls wie geplant weitere Förderungen gestrichen würden. Bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung weist man die Kritik zurück: „Es gibt keine Wohnungsnot“, sagte Sprecherin Manuela Damianakis. Berlin stehe als Mieterstadt sehr gut da.
(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 21.02.2009)
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Dies wird aber nichts an der langfristigen tendenz der sozialen Entmischung in dieser Stadt ändern, die für unsere Gesellschaft gefährlich werden kann, wenn man nicht gegensteuert.
Ob städtische Wohnungsbaugesellschaften die Antwort bieten können ist bei den bei ihnen anfallenden Nebenkosten fraglich - teilweise 4 € pro Quadratmeter.
Da müssen die Mieter für einen bürokratischen Wasserkopf und Wunschlisten der Politik aufkommen, kein Wunder, daß sie das Weite suchen.
Eine mögliche Lösung wäre hier der Verkauf von städtischen Wohnungen an Mietergenossenschaften, welche im allgemeinen sparsamer und verantwortungsvoller wirtschaften.
Eine Antwort für den privaten markt könnte z.B. sein, das neuvermietungen nicht mehr als 30 % über dem mietspiegel liegen dürfen, was auch nach abschluß des Mietvertrages noch einklagbar sein müsste.
Möglichkeiten, zu verhindern, dass wohnraum als spekulationsobjekt mißbraucht wird gibt es, man muß sie nur politisch wollen !
Die Alternative lesen wir im Artikel:
"Als Beispiel für die verfehlte Wohnungspolitik nannte der Verbandschef den Leerstand von 12 000 Sozialwohnungen, die mit Millionen an Steuergeldern errichtet wurden."
Merken Sie den Unterschied? Man kann also nicht sagen, dass Beamte, die versuchen den Wohnungsmarkt ZENTRAL zu steuern, GRUNDSÄTZLICH eine glüchere Hand haben.
Daher erscheint es doch wesenlich sinnvoller, den MARKT hier walten zu lassen (auch wenn er von überhasteten Analysen sozialistischer Systemkritiker in Misskredit gebracht wird).
Überlegen Sie mal, was passiert, wenn die Mieten steigen. Das hatten wir in Westdeutschland ab ca. 1986.
Ein Bau-Boom war die Folge, der bis ca. 1994 anhielt, mit der Folge, da i.d.R. jede Phase übertrieben wird, dass wir seitdem (außer Ballunsggebiete wie Köln, München) jahrelang ein Überangebot haben an Wohnungen haben.
Na, und wohhin DAS führt, das wissen Sie doch auch, zu sinkenden Mieten, weil ein im Verhältnis zur Nachfrage überhöhtes Angebot eben dieses bewirkt.
Seit Jahren wird übrigens von Bausparkassen und Mieterverbänden gewarnt, dass zu wenig neuer Wohnraum neu gebaut wird und zu Engpässen führen wird. Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass die derzeitigen und gerade die Berliner Mieten nicht ausreichend sind, einen Neubau rentabel zu rechtfertigen.
Zum anderen dürften in Berlin immer noch ca. 100.000 Wohnungen leerstehen.
Aber schauen Sie noch mal, wohin es führt, wenn Beamte sich mit unserem Steuergeld dieses Problems annehmen:
"... für Normalverdiener aber sei ihre Lage nicht attraktiv."
Denn einer der 3 wichtigsten Regeln bei Immobilien wurde hier offensichtlich nicht beachtet und die 3 wichtigsten Regeln kennen wir ja:
1., 2. und 3. - DIE LAGE!
Das hat wohl eher nichts mit der Finanzkrise zu tun.
Oder liegt es vielleicht gar nicht an den Preisen?
Da werden wohl andere Faktoren ausschlaggebend sein!
Sanierung wurde trotz massiver Proteste durchgezogen, die Miete stieg letztendlich um 22% und einer nach dem anderen zieht hier aus. Es stehen reichlich Wohnungen leer.
Die Sanierung ist Pfusch³, billigste Plastikfenster aus butterweichem ABS, alles schief und krumm. Neue 'Mietanpassungen' nach oben sind bereits angekündigt. Der Investor schöpft seine Möglichkeiten zu 100% aus.
Es hat übrigens mehrere Wochen gedauert um raus zu bekommen, wem die Häuser eigentlich gehören. Das wird schön versteckt. Für jeden Block wird eine eigene GmbH gegründet, dann werden mehrere GmbH in einer übergeordneten zusammen gefasst. Diese wiederum dann alle in einer weiteren und letztendlich findet mann dann den Fond raus, dem das alles gehört.
Sozialer Wohnungsneubau findet nicht mehr statt. Aus der Anschlussförderung ist Berlin ausgestiegen(= minus 27.00 Sozialwohnungen). Im verbliebenen Sozialwohnungsbau ist die Kappungsgrenze bei mittlerweile 5,75 EUROR/m² angekommen. Das ist ein EURO mehr als der Durchschnitt des Mietspiegels.
Der soziale Wohnungsbau mit seinen sozial ausgleichenden und stabilisierenden Funktionen für die Kieze ist systematisch zerstört worden. Grund: Es wird Fiskalpolitik gemacht statt Wohnungspolitik.
Geht es nach dem gerade noch Finanzsenator soll 2009 auch die letzte Kappungsgrenze bei den Mieten des Sozialen Wohnungsbaus fallen, um 2,5 Mio. EURO zu sparen. Das Geld geben wir dann wohl demnächst für die nächsten Quartiersmanagement-Gebiete aus.
Ich kann nur hoffen, dass sich die SPD-Fraktion mit ihrem klugen Beschluss die Kappungsgrenzen beizubehalten, gegen den Finanzsenator durchsetzt.
Eine Wohnung gibt Sicherheit und Geborgenheit. Sie ist ein Mittel die verfassungsgeschützte Menschenwürde "unantastbar" zu machen. Daher darf mit Wohnungen kein Geschäft gemacht werden wie mit Autos oder Büroimmobilien.
Ich finde man sollte Wohnraum vom Markt sonstiger Wirtschaftsgüter trennen und einen strengen und regulierten Markt für Wohneigentum schaffen, der bspw. nur von Genossenschaften bedient werden dürfte. Es darf einfach nicht sein, dass (neue) Wohnhauseigentümer ehrliche Mieter von einem Tag auf den anderen mit Mieterhöhungen vor den Kopf stoßen und deren Geld aus der Tasche ziehen, um irgendeinen Pensionsfonds zu finanzieren.
Das ist ja, als ob ein ungebetener Gast in die Wohnung einbricht, Geld verlangt, türmt und man kann nichts dagegen tun! (Obwohl es eine verfassungsrechtliche "Unverletzlichkeit der Wohnung" gibt)
Man soll nur nach Paris oder London schauen... zu welch' unangenehm sozialer Entmischung ein rein kapitalistischer Wohnungsmarkt führt mit ein paar "Corbusier"-Sozialblocks in der Banlieue und 1000 Euro Miete für unsanierte Innenstadt-35 Quadratmeter mit Schimmel an den Wänden. Es ist widerlich! und dann diese Leute: "HAch... du wohnst also gleich am Rosenthaler Platz! Wie aufregend! Gott, ich würde ja jede Summe zahlen, um dort auch zu wohnen!" *KLATSCH* (Ohrfeige von mir)
Die DDR hatte hier ganz erstaunliche Ergebnisse erzielt.
Ich bin sehr dafür, das Gewaltmonopol beim Staate zu belassen, aber wenn er es nicht nach 2 Monaten oder meinetwegen einem halben Jahr einsetzt sondern erst nach mindestens einem, anderthalb oder gar 2 Jahren - je nach Cleverness des Schmarotzers - habe ich für mein Vorgehen - auch angesichts der bis dahin aufgelaufenen immensen Kosten - vollstes Verständnis, wobei ich selbstverständlich bereit bin, die Konsequenzen für den praktizierten Hausfriedensbruch (im wahrsten Sinne des Wortes) demütig zu tragen.
Immer noch besser, als die Alternative.
Wenn aber bei den wohnungsangeboten immer mehr angebote erscheinen die den straftatbestand der "wuchermiete" erfüllen (50% über vergleichsmiete), dann ist das etwas anderes.
Und anstatt alle wohnungen die frei werden für 15.000 Euro mit Rauhfasertapeten und Laminat auszustatten, versucht es doch einfach mal mit eigenrenovierung durch den neuen mieter und bietet dafür günstigere mieten an - davon profitieren beide seiten.
Das der städtische soziale Wohnungsbau nicht die Antwort ist ,stelle ich auch fest und schlage Genossenschaften als Alternative vor. schauen sie sich zum beispiel den beamtenwohnungsverein an, der einen so geringen leerstand aufweist von dem andere nur träumen können - warum ? weil die Mieter sich als Teil der Genossenschaft fühlen und die Mieten fair und die nebenkosten überschaubar sind.
Abgesehen davon, wiedersprechen Sie sich selbst:
Einerseits propagieren Sie steigende Mieten um den Wohnungsbau anzukurbeln, stellen aber gleichzeitig fest das 100.000 Wohnungen leerstehen, andererseits aber auch nur die Lage zählt.
Da müssen Sie eigentlich nur noch die richtigen Schlüsse ziehen: Der Leerstand besteht dort wo keiner wohnen will, Hellersdorf oder Marzahn z.B. , während die brauchbaren Innenstadtlagen äußerst begehrt sind- und da hilft auch kein Wohnungsbau mehr, weil es keine Baulücken mehr gibt.
das die Nachfrage das Angebot bestimmt funktioniert ja nur wenn das Angebot nicht begrenzt ist, also muß hier der Staat regulierend eingreifen, um Spekulation und Verdrängung zu verhindern.
Und DESWEGEN muss der Staat regulierend eingreifen ...
Schönen Abend noch.
Keine innerstädtischen Baulücken? Aber Sie kennen schon Berlin?
Berlin hat gigantische innerstädtische Brachen. Wenn die alle bebaut würden ... . Derzeit wird gerade wie der Teufel gebaut, alles Eigentumswohnungen. Wenn die mal alle bezogen sind, sind genausoviel Wohnungen anderswo leergezogen, also frei für neue Mieter. Und das entspannt den Markt. Angebot und Nachfrage. So einfach ist das. Selbst der Käufer, welcher kein Selbstnutzer der Wohnung ist, also Kapitalanleger, wird also Vermieter. Nochmal: Berlin ist ein Wohnungs-mieter-paradies, einzig in Europa. Ab einer Einwohnerzahl von 3,6 Mio Einwohner könnte sich das vielleicht ändern, aber wirklchen Zuzug setzt Ansiedlung von Großfirmen für die Schaffung von Jobs voraus - und da ist bekanntermaßen unser SPD/SED-Senat überfordert.
Gute Nacht.