ZDF : Breiter Rücken
21.02.2009 00:00 UhrNikolaus Brender soll Chefredakteur des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) bleiben. Intendant Markus Schächter jedenfalls hat am Freitag bekundet, dass er den 60-Jährigen dem Verwaltungsrat offiziell vorschlagen werde. Dies bestätigte ZDF-Sprecher Walter Kehr. Das Aufsichtsgremium kommt am 27. März in Mainz zusammen. Gegen die Verlängerung des Vertrags haben sich nach Informationen des Tagesspiegels Politiker von CDU/CSU ausgesprochen. Die Konservativen haben im Verwaltungsrat die Mehrheit. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch soll die Fraktion der Brender-Skeptiker anführen, aus parteipolitischen Gründen. Der Vertrag von Nikolaus Brender läuft bis April 2010. Er hat das Recht, ein Jahr vor Ablauf zu erfahren, ob der Vertrag verlängert wird.
Dass sich Markus Schächter jetzt für Brender ausspricht, könnte auf eine Vorentscheidung hindeuten. Schächter ist ein viel zu umsichtiger Senderchef, als dass er seinen Vorschlag bei den Wahlmännern und Wahlfrauen nicht vorgesprochen hätte. Anders herum: Würde die Personalie Brender scheitern, dann hätte der Intendant ein Misstrauensvotum bei seinem Gremium kassiert – und das ZDF eine Intendanten-Diskussion am Hals. Schächter steht nicht alleine da. Der Chef des „Heute-Journals“, Claus Kleber, sagte dem „Spiegel“, eine Abberufung von Brender wäre „ein verheerendes Signal nach innen und nach außen“. „Es darf nicht sein, dass parteipolitische Seilschaften wieder versuchen, nach parteipolitischen Kriterien Journalistenposten im ZDF zu bestimmen.“ Brender habe die journalistische Unabhängigkeit des Senders stets „mit breitem Rücken verteidigt“ und die Unsitte beendet, Pöstchen nach Parteinähe zu verteilen. „Das hatten wir hier hinter uns. So muss es bleiben“, forderte Kleber. Allerdings ist es nach wie vor Sitte im öffentlich-rechtlichen ZDF, dass Spitzenposten nach der Arithmetik der großen Koalition vergeben werden. Sollte der Programmdirektor Thomas Bellut eher konservativ sein, dann sollte der Chefredakteur eher den Sozialdemokraten zuneigen dürfen. Dieser Abzählreim hat Tradition im ZDF und endet nicht auf der Chefebene.
Nikolaus Brender, der seit neun Jahren im Amt ist, gehört keiner Partei an. Er bezeichnet sich als politisch unabhängig, sein politischer Standort wird als „eher links“ eingeschätzt. Über die Chancen seiner Wiederwahl wollte Brender am Freitag nicht spekulieren. „Ich freue mich über die Aussage des Intendanten, mache meinen Job gerne“, sagte der ZDF-Chefredakteur dem Tagesspiegel. Er sei aber auch Realist und kenne die Gegebenheiten. Laut „Spiegel“ hatte Brender in einer Schaltkonferenz der Redaktionsleiter von einem „Aufstand der Schranzen“ gesprochen. Unabhängig vom Votum des Verwaltungsrates werde er seinen Vertrag zu Ende erfüllen und damit auch während des Bundestagswahlkampfs Chefredakteur bleiben. „Alle, die glauben, sie könnten hier unter dem Schutzschirm der Parteien wachsen, werden nicht reüssieren“, sagte Brender auch in den eigenen Sender hinein. Mitarbeiter aus dem ZDF-Hauptstadtbüro berichten, Einmischungsversuche der Politik seien unter Brender seltener geworden. Das liege auch daran, dass er Politiker immer gebeten habe, ihr Anliegen doch schriftlich vorzutragen.