Seit
der Tourismus auf Kap Verde zunimmt,
liest man im Internet Berichte von
Diebstählen und Überfällen.
Wie
an anderen Touristenorten auch, konzentrieren
sich die Täter auf Strände und Städte.
Aus Sal und Praia wird
berichtet, daß erwachsene Einzeltäter
Touristen an abgelegene Plätzen oder
nachts berauben. Während von den
anderen Wanderinseln noch keine Überfälle
auf Wanderer berichtet werden, sehen
sich Wanderer (im Norden) Santiagos immer
wieder maskierten und bewaffneten Tätern
gegenüber. Die Polizei von Tarrafal
de Santiago empfiehlt, nur in Gruppen
mit kapverdianischem Guide loszuziehen.
In São
Vicente kommen Gruppen sogenannter
Straßenkinder hinzu, die auch tagsüber
aktiv sind.
Die Situation hat sich für die Reisenden verbessert, nachdem die Polizei
deutlich mehr Druck auf sie ausübt. Auch ist das erste Pilotprojekt zur Resozialisierung
von Strassenkindern recht erfolgreich abgeschlossen worden und es werden
vermehrte Anstrengungen auf den anderen Inseln folgen.
Hoteliers
wissen von Beischlafdiebstählen durch
Gelegenheitsprostituierte. Die
doppelt erleichterten Sextouristen
beschweren sich nur selten bei der
lokalen Polizei und nie im Internet.
Von
den Seglern geht die Mär, daß sie sich
gegenseitig stärker beklauen als sie
von außen bedrängt werden. Auch die
melden sich selten.
Der
persönliche Rückblick:
Ich
selbst habe bisher, glücklicherweise,
keine negativen Erfahrungen aus Kap
Verde.
Da ich aber seit 40 Jahren in Afrika reise und arbeite, ist mir unvermeidbar Ähnliches
an anderem Ort passiert.
Als
wir in Lissabon lebten, wurden die
Schlösser unseres Autos wöchentlich
durch Einbruchsversuche zerstört. Dabei
liessen wir die alte Karre absichtlich
offen, um die Schlösser zu schonen!
Kommen wirklich auf einen schlauen
Autodieb vier, die einfältig genug
sind, auch ein offenes Schloß knacken
zu wollen?
Dann
sehe ich noch meine Kreditkarte in
der Hand eines als Banker gekleideten
freundlichen Herrn verschwinden. In
Wirklichkeit hätte ich es gerne
gesehen - so jedoch merkte ich erst
Minuten später, daß ich eine andere,
gestohlene Karte in meiner Hand hielt.
Dank online-Zugriff auf die Zentralbank
waren die Herren schneller als jeder
Bankautomat. 10_000 $US haben sie in
weniger als 15 Minuten abgehoben.
Eine gewisse Hochachtung vor der technischen Perfektion der Südafrikaner
in diesem Metier kann ich nicht verbergen.
Eher
dumpf ist die Erinnerung an drei einfältige
Raubüberfälle mit vorgehaltener Waffe
- allesamt in Lissabon.
In
Moçambique hat uns eine Gruppe
RENAMO-Gangster mit langen Gewehren
aus dem Auto des Regionalarztes gezogen
und als Geiseln einbehalten. Ob sie
einfach zu bekifft waren oder weshalb
sonst sie uns noch am gleichen Tag
wieder laufen ließen, bleibt unklar.
Als
Höhepunkt meiner Opferkarriere gilt
mir jedoch eine rasante Flucht vor
Verfolgern, die aus einem alten Lada
heraus auf uns ballerten. Es waren
Polizisten im Räuberzivil, die uns
dank eines Rucksackes voller Fragebögen
mit Drogen-Dealern verwechselt hatten
- auch das in Lissabon.
Was
kann man aus der ganz persönlichen
Erfahrung schließen?
- Daß Südafrika
sicherer ist als Portugal?
- Daß wir
nie wieder nach Moçambique fahren?
Warum denn? Das Land ist faszinierend!
- Daß Kap
Verde ein Hort des himmlischen Friedens
ist?
Verständlicherweise
ist man als Verbrechensopfer im ersten
Moment geschockt und verstört.
Die
am wenigsten geeignete Zeit, analytischen
Gedanken nachzuhängen und Empfehlungen
zu geben, sind die ersten Tage nach
einem Überfall. Man schwebt in einem
psychischen Ausnahmezustand, im Wechselbad
von Demütigung, Wut und unbandigem
Glück, weil man wider Erwarten noch
lebt. Nachts habe ich James-Bond Autos
durch Träume gelenkt und mit Laserkanonen
alle Bedrohungen weggefetzt. Nur, wenn
die Elektronik versagte, bin ich schweißgebadet
aufgewacht.
Wenn
wir die Kriminalität in Entwicklungsländern
im Allgemeinen und in Kap Verde im
Besonderen bewerten wollen, kommen
wir mit den emotionalisierten Fallstudien
nicht weiter - genausowenig mit der
frischen Wut wie mit dem bestenfalls
blauäugigen Argument, es sei doch "alles
soo schööön" und "mir
bisher nie etwas passiert".
Wagen
wir einen Blick in internationale Statistiken.
Als übliches Maß krimineller Agression
in einer Gesellschaft werden die Morde
pro Jahr pro 100 000 Einwohner gesehen.
Morde werden recht zuverlässig erfaßt
und gehen erfahrungsgemäß parallel
zur Häufigkeit von Körperverletzung,
Raub und schwerem Diebstahl, so daß dieser
Indikator Sinn gibt. Die Ausnahme sind
die Australier, die klauen zwar wie
die Raben aber sie morden sehr selten.
In
Kap Verde steht die Mordrate bei etwa
5 Fällen pro 100000 Ew/Jahr.
Das entspricht dem Welt-Durchschnitt.
Den
Finnen (0.6), Österreichern (2.1) und
Amerikanern im ländlichen Vermont (0.7)
erscheint es zu Recht sehr hoch.
Die
Bundesrepublikaner gehören auch zu
den Glücklichen mit vergleichsweise
geringer Mordrate (1.2). Dabei sind
die regionalen Unterschiede, wie in
anderen Ländern auch, erstaunlich groß und
reichen in Deutschland von 0.4 (Aachen)
bis 2.8 (Berlin).
Den
US Amerikanern (6.7), Bürgern von New
York (1991 noch 33, jetzt 13) ist ein
Gefährdungspotential wie in Kap Verde
bekannt , und Bürger des ehemaligen
Ostblocks (30) und Lateinamerikaner
(30) fühlen sich - zu Recht - viel
sicherer als zuhause.
Ersparen
wir uns den Vergleich mit den traurigen
Spitzenreitern unter den Großstädten,
die es auf allen Kontinenten gibt:
Washington DC (50), Johannesburg
(57), Nairobi oder Bogotá (80). Auch
ohne das wird klar, daß weder Kap Verde
noch irgend ein anderes Land der Welt
unseriösen Werbeversprechen nach Art
eines "www.Das-letzte-Paradies.com" entsprechen
kann.
Die
Reaktionen des Staates.
Mit
der Schaffung einer Nationalpolizei,
verstärkten Patroullien durch
Beamte zu Fuss und per Mountainbike
an touristischen Zentren, insbesondere
auf Sal, wird versucht, der Lage Herr
zu werden. Im Februar 2007 wurden auf
Sal empfindliche Strafen von 4 bis
9 Jahren Gefängnis für Raubüberfälle
auf Touristen ausgesprochen. Die Täter
stammten allesamt aus Santiago mit
Ausnahme eines Angolaners. In der Regel
wiederholen Täter ihre Angriffe
auf Touristen mehrmals am gleichen
Ort, bis sie in eine Falle tappen oder
selbst im Suff auf sich aufmerksam
machen. Die Aufklärungsrate ist
kurzfristig niedrig aber langfristig
hoch, was die Bitte an Touristen, die
belästigt oder überfallen
wurden, genaue Mitteilung an die Polizei
zu machen, unterstreicht. Dass die
Beamten die Hinweise nicht besonders
enthusiastisch entgegennehmen und nicht
sofort alles liegen und stehen lassen,
um auf Langfingfang zu gehen, entsetzt
so manches Opfer, verhindert aber nicht
die langfristige Konsequenz.
Der
in der internationalen Presse weltweit
beachtete Mord an zwei Italienerinnen
im Januar 2007, die von einem ehemaligen
Liebhaber in einen Hinterhalt gelockt
und mit Steinen erschlagen wurden,
ist noch vor Gericht anhängig.
Die Täter sind in Haft. Es scheint
nicht abwegig, hinter der vom Täter
und der Presse als "Beziehungsdrama" dargestellten
aber minutiös geplanten, von zwei
Tätern gemeinsam begangenen ausnehmend
brutalen Tat, einen Raubmord zu vermuten.
Wer
den Reisenden das Bild vom exotischen,
armen und dennoch völlig sicheren
Urlaubsort vorgaukelt, ist entweder
naiv oder er will die Gäste für dumm
verkaufen - oder beides!
Urlaubsreisende
verhalten sich nicht selten kritikschwach
und vertrauensseelig bis zur
völligen Fahrlässigkeit. Dem liegt
ein Wunschdenken und Harmoniesüchtigkeit
zugrunde, die das positive Urlaubserleben
steigert.
Ein schöner Aspekt der Urlaubs-Fernreise liegt darin, in unbekannte Landschaften
und Gesellschaften zu führen und nur kurz zu dauern. Der Mangel an Zeit rechtfertig,
daß man Örtlichkeiten und Kultur nicht wirklich kennen lernen muß - insbesondere
nicht die negativen Seiten. Man erlaubt sich, durch einen mitgebrachten romantischen
Traum zu reisen, abzuschalten von den Sorgen zu hause und die Probleme und
Nöte rings um einen her nicht wirklich wahrzunehmen.
Sagen wir mal, das sei gut so, weil es erholsam ist. Der gewollte Realitätsverlust darf
aber nicht so weit gehen, daß der Reisende nicht mehr wahrnimmt, daß mangelnde
Orts-, Sprach- und Kulturkenntnis ihn zusätzlich gefährden.
Man
muß auf Reisen bewußter auf sich aufpassen
als zu hause!
Abschließend
habe ich den Eindruck, daß die Statistiken
mit persönlichen Eindrücken und daraus
abgeleiteten Verhaltenregeln recht
gut übereinstimmen.
In
einsamen Berglandschaften des Allgäus
genauso wie in Santo Antão hegt man
keinen Grundverdacht - ohne dabei dümmlich
distanzlos zu werden.
Im
städtischen Umfeld Kap Verdes, einschließlich
Sal und insbesondere bei Nacht,
muß man ähnlich vorsichtig sein wie in einer unbekannten europäischen Großstadt.
In
Dakar oder Dar es Salaam bestellt man
ab Einbruch der Dunkelheit ein Taxi,
kontrolliert zweimal, ob es wirklich
ein Taxi ist und steigt niemals in
ein Fahrzeug, in dem mehr Leute als
nur der Fahrer sitzen.
Und
in Johannesburg oder Nairobi setzt
man auch am vermeintlich ruhigen Sonntag
Morgen freiwillig keinen Fuß in die
Innenstadt. Das sind die Orte, wo man
viel Zeit hat zum Lesen, Schreiben
und, in meinem Fall, um sehnsüchtig
Wanderkarten von stillen Bergen Kap
Verdes zu zeichnen.
Praktische Hinweise:
Zu
einem Diebstahl oder Raub
gehören zwei:
Ein Täter und ein geeignetes Opfer. Sie können Ihre Attaktivität
als Opfer, die Aussichten auf lohnende Beute und den eventuell eintretenden
Schaden weitestgehend einschränken, wenn Sie unangepasstes Verhalten
meiden:
- Nehmen
Sie nur einen kleinen Teil
ihres Urlaubsgeld in bar mit.
- Holen
Sie ihr Geld in kleinen Portionen
von der Bank.
- Kreditkarten
sind gut, Reiseschecks sind
besser.
In CV gilt bisher nur die VISA-card.
- Registrieren
Sie die Seriennummern wertvoller
Geräte (Laptop, Kamera
etc.), um ggf. Ihr Eigentum
wiedererhalten zu können.
- Tauschen
Sie die typische Kamera-tasche
gegen eine "normale",
einfache Tasche
- Deponieren
Sie Geld, Kreditkarte, Reiseschecks,
Pass und Reisedokumente im
Hotel-Safe und tragen Sie nur Fotokopien bei
sich. Selbst die Küchenschublade
der Wirtin einer einfachen
Pension ist sicherer als ein
Rucksack!
- Wenn
Sie abgelegene Luxushotels
bevorzugen, verlassen Sie diese
im Taxi und nicht zu Fuss.
- Besuchen
Sie einsame Plätze in
und um Praia, Tarrafal
de Santiago, Mindelo und
auf Sal nur
tagsüber und nicht alleine
auf.
- Wandern
Sie im Norden Santiagos nur
mit einheimischem Führer.
- Fahren
Sie nach einem nächtlichen
Disco- oder Restaurantbesuch
auch kurze Strecken mit dem
Taxi.
- Tragen
Sie keinen wertvoll erscheinenden
Schmuck.
- Zeigen
Sie sich reserviert und resolut
gegenüber sich rasch aufdrängenden „amigos“,
auch Europäern.
- Binden
Sie keine bettelnden Kinder
und Jugendliche an sich, indem
Sie ihnen Münzen, Bonbons,
Kugelschreiber oder sonstigen
Tant schenken. Sie tun Ihnen
langfristig keinen Gefallen
und Sie werden sie nur schwer
wieder los. Der Trubel der
kleinen Fische macht die Haie
erst aufmerksam!
- Schliessen
Sie keine wesentlichen Geschäfte
ab ohne Rechtsberatung und
Beglaubigung durch einen einheimischen
Anwalt / Notar.
- als
Segler melden Sie
sich unverzüglich beim
Hafenmeister.
- Lassen
Sie das Boot nie unbewacht.
Versuchen Sie einen Platz in der bewachten Marina zu bekommen.
- Vertrauen
Sie nicht dümmlich-distanzlos
ihren Bootsnachbarn.
Auch im Kreise der Segler darf ein schwarzes Schaf durchaus weiss sein.
- als
Drogen-Konsumenten oder -dealer:
Steigen Sie um auf Harmloseres oder fahren Sie woanders hin.
- Melden
Sie jeden versuchten oder erfolgreichen Übergriff
bei der Polizei.
Auch wenn dies Ihnen Ihr Eigentum vielleicht nicht zurückbringt,
ist es wichtig, weil die Polizei in einem kleinen Land ihre Pappenheimer
recht gut überschaut und sich aus mehr Information rascher das
Puzzle der Beweise schließt und die Aufmerksamkeit der uniformierten
- und nicht uniformierten - Beamten auf besondere Gefahrenzohnen lenkt.
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