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Hondas Insight

Lasst Blumen sprechen

Hondas Insight prunkt nicht nur mit Hybridtechnik, sondern auch mit einem Erziehungskonzept: Das Armaturenbrett zeigt Pflanzenbilder, wenn der Fahrer die Umwelt schont.
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Nintendo macht es vor. Bei deren Spielekonsole wii kommt der ganze Körper ins Spiel, während Branchenprimus Sony bei seiner Playstation 3 auf herkömmliche Daddelei setzt, bei der der Bauch dick und der Hintern breit wird. Warum wir das erzählen, wo es hier doch eigentlich um Autos gehen sollte? Honda geht mit dem Insight einen ähnlichen Weg. Das Hybrid-Mobil der Japaner bindet den Fahrer aktiv ins Erreichen des Klassenziels ein.

Und hier beginnen die Unterschiede zu den Konsolen. Denn das Elektro-Konzept im Insight hat nichts mit Rennspielen à la Grand Turismo zu tun. Statt brettern ist Vernunft angesagt. Deswegen fährt Big Brother Honda-san stets mit im Insight und ermahnt den Piloten per farbigen Tacho-Balken, die Lust am Gasgeben zu zügeln. Ist der rechte Fuß zu schwer, verfärbt sich die Anzeige in tiefes Blau. Sobald man wieder ökologisch korrekt unterwegs ist, strahlt dem Fahrer ein sattes Grün entgegen.

Doch damit nicht genug: Nach jeder Fahrt wird dem Schüler unerbittlich ein Zeugnis ausgestellt – per Öko-Tamagochi und in Form von Blumen, die graphisch im Cockpit angezeigt werden. Ist Honda-san zufrieden, gedeihen die Pflanzen. Erst wachsen Blätter, dann blühen Blumen. Wurde das Klassenziel allerdings verfehlt, dann welkt die virtuelle Flora. Aber ist man immer schön artig, dann winkt nach etlichen Kilometern sogar ein Pokal, der im Tacho-Display angezeigt wird. Wie bei einem Videospiel. So wollen die Japaner den Fahrer zum umweltbewussten Umgang mit dem Gaspedal erziehen.

Das Strebertum in Sachen Gas fällt einem im Insight allerdings auch leicht. Denn das 1201 Kilogramm schwere Sparmobil ist von Haus aus kein Temperamentsbündel. Das liegt nicht zuletzt an der stufenlosen CVT-Automatik, die einen Teil der Motorleistung tief in ihrer Mechanik zu verstecken scheint. Immerhin reichen die insgesamt 102 PS (88 vom Verbrennungsmotor plus 14 vom Elektro-Triebwerk) für das entspannte Dahinrollen mit Landstraßengeschwindigkeit. Aber bei ambitionierten Überholvorgängen – etwa an Autobahnsteigungen – tut der Insight laut heulend seinen Unmut kund. Und: Solche waghalsigen Manöver wirken sich natürlich negativ auf die Öko-Bilanz aus. Das ist schlecht für das Blümchen.

Das Fahrgefühl im Insight ist recht ordentlich und nicht so synthetisch wie im Toyota Prius. Das Fahrwerk ist straff, aber gerade noch kommod und hat einen ausgeprägten Hang zum Übersteuern, der aber durch ein früh eingreifendes ESP souverän unterdrückt wird.

Drückt man den grünen (logisch!) ECON-Knopf links neben dem Lenkrad, geht auch der letzte Rest Temperament des Hybrid-Autos verloren. Dann werden unter anderem die Leistung und das Drehmoment des Verbrennungsmotors um jeweils vier Prozent zurückgenommen. Auch der rechte Fuß des Piloten wird eingebremst: Das Ansprechverhalten auf Gaspedal-Befehle ist träger und die CVT-Automatik forciert einen verbrauchsgünstigen Drehzahlbereich. Steht das Auto, wird außer dem Motor auch die Klimaanlage abgeschaltet. Diese Start-/Stopp-Automatik funktioniert – anders als bei BMW – auch bei Temperaturen unter drei Grad plus.

Nur eines kann der Insight nicht: längere Strecken rein elektrisch zurücklegen. Trotzdem hält er sich an der Zapfsäule zurück. Bei der ersten, zum größten Teil zurückhaltend absolvierten Testfahrt liefen lediglich 5,6 Liter pro 100 Kilometer durch die Benzinpumpe des Honda-Hybriden. Nicht ganz die vom Hersteller angegebenen 4,6 Liter, aber trotzdem recht ordentlich.

Dass sich die Fahrt kommod absolvieren lässt, liegt an den komfortablen Vordersitzen. Zwar geben die recht wenig Seitenhalt, aber andererseits: Wozu auch? Die Querbeschleunigung des Insight ist so exorbitant hoch nicht. Hinten heißt es dafür Kopf und Beine einziehen. Ein Tribut an das strömungsgünstige Design mit stark abfallender Dachlinie. Die Linie ähnelt der des Toyota Prius, ist aber gewagter, als die des in die Jahre gekommen Konkurrenten des Hybrid-Honda. Und dass ein störender Balken im Heckfenster die Sicht nach hinten beschränkt, ist bei Honda seit dem Civic wohl Dogma.

Auch im Cockpit gibt es Ähnlichkeiten zum großen Bruder. Der Anblick der Schaltzentrale erfreut Videospieler. Viele andere dürfte sie allerdings verwirren: Im Kombiinstrument wimmelt es nur so von Anzeigen und farbenfrohen Diagrammen. Captain James T. Kirk, Spock und der Rest des Raumschiff Enterprise lassen grüßen. Doch das Hartplastik-Ambiente, die billige Materialanmutung und die lieblose Verarbeitung dürften selbst hartgesottenen Star-Trek-Fans sauer aufstoßen. Doch Trekkies stehen ja sowieso mehr auf Technik. Und die funktioniert im Insight prächtig. So gut, dass auch eine Hybrid-Version des Honda Jazz kommen wird.

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 21.02.2009)
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