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Josef Prölls doppelter Befreiungsschlag Zum Hauptartikel

Mit Neugebauers Sturz als ÖAAB-Boss hat sich der VP-Chef viel Luft gemacht.

Josef Votzi Josef Votzi DruckenSendenLeserbrief
Meine Kollegin Daniela Kittner hatte es am Dienstag im KURIER als Erste vermeldet: Fritz Neugebauer, Prototyp des Betonkopfes, steht als Chef des ÖVP-Arbeitnehmerbundes ÖAAB vor dem Sturz. Es passt zum Funktionärstyp postsowjetischer Prägung, dass er die Insider-Meldung ohne auch nur mit einer Wimper zu zucken glatt dementierte: "Alles eine Ente, keine Nachfolgedebatte im ÖAAB, alles auf Schiene." Drei Tage später ist Fritz Neugebauer als ÖAAB-Chef Geschichte, er gibt den Vorsitz "von sich aus" ab. Neugebauer tritt die Flucht nach vorn an und kommt damit dem Sturz durch die mächtigen Länderorganisationen Ober- und Niederösterreich zuvor.

Der Sturz des Betonschädels ist für Josef Pröll gleich ein doppelt willkommener Befreiungsschlag. Die jahrelange Doppelrolle Neugebauers als Chef der Beamtengewerkschaft und ÖAAB-Chef zementierte das Bild, der ÖAAB sei der politische Arm der Beamtengewerkschaft. Eine Verengung auf den "geschützten Sektor" blockiert für eine politische Kraft, die sich als "Volkspartei" versteht, politische Wachstumschancen – eine wenig aussichtsreiche Perspektive für den ehemaligen Chef der Perspektivenkommission Josef Pröll, die nun wieder breit eröffnet ist.

Verlust-Verteilungskampf

Der Sturz Neugebauers ist auch ein Befreiungsschlag für den Finanzminister Josef Pröll. Denn auf die Staatsdiener kommen eiserne Sparzeiten zu. Auf der Agenda steht nicht die Verteilung von Wahlzuckerln, sondern ab sofort ein harter Verteilungskampf der Verluste: Wer kann am ehesten "Fett lassen" und den Gürtel enger schnallen.

Unter den Spitzen der Republik macht deshalb dieser Tage hinter vorgehaltener Hand ein Spar-Zauberwort die Runde: Null-Lohnrunde für Beamte. Gestern war es noch der unerschrockene ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf, der eine Null-Lohnrunde bei den Beamten als "Notmaßnahme" nicht mehr ausschloss. Morgen kann es schon sein, dass der Finanzminister diese Notbremse fürs Budget tatsächlich ziehen will und muss. Josef Prölls Gegenüber als Verhandlungspartner heißt in diesem Fall Fritz Neugebauer, Beamtengewerkschaftsboss und ÖAAB-Chef in einer Person. ÖVP-Chef Josef Pröll erspart sich künftig das politische Dilemma, dem eigenen ÖVP-Arbeitnehmerchef unter größtmöglicher öffentlicher Anteilnahme als Finanzminister einen Gehaltsverzicht abringen zu müssen – oder gar, wenn es hart auf hart geht, als Parteichef den eigenen Bünde-Obmann als Streikführer gegenübersitzen zu haben. Denn der Dauerstreit um die Lehrer-Gagen war erst die Ouvertüre im Verteilungskampf der Verluste.

Artikel vom 20.03.2009 16:49 | KURIER | Josef Votzi

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