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“Multikulturalismus führt in den Bürgerkrieg” - Gespräch mit Prof. Flaig III PDF Drucken E-Mail
Montag, 09 Juni 2008
img_0245.jpgAm 30. April 2008 trafen wir uns mit Prof. Flaig in Rostocks Weinwirtschaft, um über zentrale Aspekte hiesiger Erinnerungskultur und Geschichtspolitik zu diskutieren. Im Folgenden veröffentlichen wir den dritten Teil des Gesprächs unter dem Titel "Multikulturalismus führt in den Bürgerkrieg".

ENDSTATION RECHTS.: Das rechte Denken hat sich in den letzten Jahrzehnten fundamental verändert. An die Stelle eines Wertigkeitsdiskurses im Gewande der biologischen Rasse ist der so genannte Ethnopluralismus getreten, also ein “Sprachspiel”, das Wertungen ablehnt und stattdessen für ein Lob der Differenz plädiert, wie man es seit Jahrzehnten auf Seiten der Linken kennt. Diese Verschiebung können Sie von der neuen Rechten bis zur NPD feststellen. Demnach sollen die Völker und Kulturen in Vielfalt koexistieren - aber jeweils in nationaler Abgeschiedenheit. Muss vor dem Hintergrund des sich ausbreitenden Relativismus der Ethnopluralismus als postmodernes Phänomen, als Einbruch der Rechten in das ideologische Feld der relativistischen Linken angesehen werden?

Prof. Flaig: Mir scheint, die Klassifizierung ‚links-rechts’ stimmt schon lange nicht mehr. Die Linke war traditionell, seit der französischen Revolution, universalistisch ausgerichtet und auf ‚Gerechtigkeit’ und ‚Freiheit’ orientiert. Das ist längst vorbei. Einerseits vertritt die Postmoderne ziemlich genau die Positionen der menschenrechtsfeindlichen Reaktionäre des 19. Jahrhunderts; daher ist Nietzsche auch ihr Kronzeuge. Anderseits hat sich die Linke mit dem Zusammenbruch des ‚proletarischen’ oder wenigstens ‚sozialistischen’ Internationalismus verabschiedet vom Universalismus. Ihr ‚Internationalismus’ ist zusammengeschrumpft zu einer emotionalisierten ‚Solidarität’ mit den ‚Unterdrückten’, diese kakophone Begleitmusik des ‚Antikolonialismus’, der mit anti-universalistischem Pathos die eigene Kultur ‚verteidigt’. Dieses ‚Verteidigen’ führte nicht nur bei Frantz Fanon zu faschistoiden Konsequenzen, sondern fast überall in der so genannten ‚Dritten Welt’. Daher die verblüffende Verwandtschaft der Sprache der ‚antikolonialischen’ Ideologie mit der Sprache des Nationalsozialismus. Daher auch die Nähe entschiedener Linken zum Antisemitismus, in der Israel-Frage täglich zu sehen.

ENDSTATION RECHTS.: Dann wäre es also nicht die ethnopluralistische Rechte, die vom linken Multikulturalismus Ideen borgt, sondern es wäre die Linke, die sich auf ein sehr sumpfiges ‚rechtes’ Gelände begeben hätte?

Prof. Flaig: Genau das behaupte ich; ich folge darin Alain Finkielkraut und anderen. Mein Kronzeuge ist kein geringerer als der größte Anthropologe des 20. Jahrhunderts, nämlich Lévi-Strauss, der 1971 die Verteidigung der kulturellen Vielfalt zum Programm erhob und darauf hinwies, dass damit selbstverständlich die Xenophobie – der Fremdenhass - ein notwendiges und gerechtfertigtes Verhalten sei, und zwar nicht nur gegen die Europäer, sondern zwischen allen Kulturen überhaupt. Die entsetzliche Konsequenz, zu der Lévi-Strauss gelangt, lautet schlicht: Nur durch Feindschaft und Abwertung des ‚Anderen’ lässt sich eine Kultur überhaupt verteidigen. Der ‚Kulturrassismus’ ist damit in jeder Kultur angelegt und aktualisiert sich, sobald sie sich bedroht sieht.

ENDSTATION RECHTS.: Ist es nicht eher umgekehrt? Sehen Sie sich den postmodernen Philosophen Lyotard an. Er rechnet sich eindeutig der politischen Linken zu. Sein denkerischer Grundimpuls ist wie in der Kritischen Theorie der Fall Auschwitz. Wir haben es also mit einem Konzept der Gegenidentität zu tun. Und dann beginnt im Rahmen der Gegenidentität diese einfältige binäre Logik: Weil Hitler Wertunterschiede in das Feld des Politischen eingeführt hat, muss ein Anti-Hitlerist das Gegenteil tun, also auf Wertungen gänzlich verzichten. Während Hitler ein einziges Modell von „Zivilisation“ der gesamten Welt überstülpen wollte, muss der Anti-Hitlerist dann wertfrei die Vielfalt als Selbstzweck feiern, alles andere führe angeblich in den Totalitarismus.

Prof. Flaig: Hat Lyotard tatsächlich gemeint, was er geschrieben hat? Es passiert ja den ‚penseurs mineurs’ nicht selten, dass sie nicht schreiben, was sie meinen. Denn dieser Schwachsinn ist gigantisch: Weil Hitler geatmet hat, müssen wir aufhören zu atmen…

ENDSTATION RECHTS.: Mag sein, dass das schwachsinnig ist, aber so ist das Leben nun einmal manchmal. Der gesellschaftliche Durchbruch des Relativismus ist ganz eindeutig als eine gut gemeinte, aber verheerende Reaktion auf den „Fall Auschwitz“ im Rahmen gegenwärtiger Erinnerungskultur zu interpretieren. Und in diesem postmodernen Gesamtklima beginnt nun die Rechte in Frankreich und Deutschland in den 1960er und 1970er Jahren Autoren wie Wittgenstein oder die Autoren des Wiener Kreises zu rezipieren und ein postmodernes, kulturrelativistisches Weltbild von rechts zusammen zu basteln. Jedenfalls im Feld des Politischen bedient sich die „Neue Rechte“ also, das wäre die Gegenthese, der vermeintlichen Errungenschaften der postkritischen Linken, um diese faktisch mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Während Hitler also noch gegen die Moderne anrannte, beruft sich die zeitgenössische Rechte auf den Relativismus, um sich so unangreifbar zu machen. Noch einmal zugespitzt: Sie haben damit Recht, dass der Relativismus lange vor dem Zweiten Weltkrieg um sich greift, auch in der Antike gab es ja bereits entsprechende Debatten. Selbst der Marxismus ist durch und durch wahrheitsrelativistisch, dazu muss man nur die einschlägigen Texte von Marx und Engels zur Hand nehmen. Aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg kommt es quasi durch einen katalytischen Prozess zu dessen gesellschaftspolitischem Durchbruch.

Prof. Flaig: Beide Haltungen sind Zwillinge. Sie sind Abkömmlinge des Kulturrelativismus des 19. Jahrhunderts. Dabei scheint mir die Verarbeitung der Shoah zweitrangig, denn die war zunächst ein sehr deutsches Problem. Wichtiger sind die Debatten um das Eigenrecht der Kulturen bei der Gründung der UNESCO, als eine ‚deutsche Ideologie’ – nämlich das Eigenrecht der Kulturen – 1949 bis 1951 in die Gründungstexte hineinwanderte, forciert von der American Anthropological Association, motiviert durch den ‚Antikolonialismus’, gerichtet gegen die universelle Geltung der Menschenrechte, zum Dogma erhoben mit der UNESCO-Erklärung von Mexico 1986. Lévi-Strauss hat mit seinem Vortrag ‚Race et Culture’ vor der UNESCO 1971 ein regelrechtes Manifest des Ethnopluralismus vorgelegt. Die UNESCO trägt letztlich eine Mitschuld an der neuen Gestalt der neuen Rechten.

ENDSTATION RECHTS.: Dies wirft unweigerlich die Frage nach dem Verhältnis von Rasse und Kultur auf: Lyotard hält die Kultur, in der ein Mensch aufgewachsen ist, ebenso wie die Nazis die biologische Rasse letztlich für ein Gefängnis, aus dem er nicht mehr ausbrechen kann. Versuchte er es, so schleppte er doch seine Kultur unentwegt mit sich, weil sie sich in seine Psyche eingeschrieben hat. Damit werden die kulturellen Grenzen wie seinerzeit die „biologische Rasse“ zu absoluten Schranken, die einen transkulturellen Übertritt nicht zulassen und schon gar keinen Universalismus.

Prof. Flaig: Auch nicht den kleinen Schmuggelverkehr an den Grenzen? Ich muss gestehen, ich habe Lyotard nicht in dieser Weise verstanden.

ENDSTATION RECHTS.: Ich halte diese Konsequenz für zwingend. In „Das postmoderne Wissen“ bestreitet Lyotard die Möglichkeit einer „Metasprache“, also eines transsubjektiven Verständigungshorizontes. In „Der Widerstreit“ degradiert er das Subjekt in sprachphilosophischer Tradition zu einem Durchlaufposten der sprachlich vermittelten Kultur. In „Postmoderne für Kinder“ stellt er als Konsequenz dann schließlich die These auf, dass die Unterschiedlichkeit der Kulturen unüberwindbar sei. Lyotard muss also alles im Zusammenhang betrachtet, ob er dies nun ausspricht oder nicht, letztlich von einem mentalen Gefängnis der Kultur ausgehen und genau deshalb die universale Geltung der Menschenrechte bestreiten.

Prof. Flaig: Das hieße dann aber, die Kultur zu einer quasi-biologischen Entität zu machen. Das haben die deutschen Romantiker und auch Herder nicht getan; sie hielten die jeweilige Kultur für ein Gehäuse, welches der einzelne Mensch auch verlassen kann, um in einem anderen Gehäuse zu wohnen. Bei Lyotard scheint mir etwas geistig Katastrophales passiert zu sein: Wenn die Kultur uns innerhalb einer gewissen Frist so prägt wie das bei Graugänsen passiert - während der berühmten ‚prägenden Phase’ - , wo ist dann noch der Unterschied zwischen Kultur und Rasse?

ENDSTATION RECHTS.: Diese Frage müssen diejenigen beantworten, die sich positiv auf die Postmoderne berufen. In der Tat scheint dieser Zusammenhang jedoch bei Autoren wie Balibar und Taguieff zur Rede vom „kulturellen Rassismus“ geführt zu haben. Ethnopluralisten wie Alain de Benoist attackieren nun genau wegen des angeblichen mentalen Gefängnisses die Menschenrechte als normativen „Neo-Imperialismus“, als eine eurozentristische Überheblichkeit. Warum kann Europa seinen Menschenrechtsdiskurs nicht auf seinen Kulturraum beschränken?

Prof. Flaig: Weil wir die Sklaverei wieder einführen können, wenn die Menschenrechte keine universale Geltung haben sollen. Vergessen wir nicht, dass die Sklaverei ein weltweites Übel war und überall existierte, dass aber nur die westliche Kultur die Sklaverei bekämpfte und abgeschafft hat, meistens gegen den massiven Widerstand der einheimischen Eliten, insbesondere in den islamischen Gegenden der Welt. Die schlimmste institutionalisierte Entwürdigung des Menschen ist also nur dann ein Verbrechen, wenn man diese westliche Errungenschaft – die Menschenrechte - übernimmt. Wer sie nicht anerkennt, darf seelenruhig weiter versklaven, Sklaven kaufen und Sklaven halten.

ENDSTATION RECHTS.: Europa muss also an seiner Menschenrechtskultur festhalten, auch um einen sinnvollen Unterschied zwischen Maria Theresa auf der einen und Adolf Hitler auf der anderen Seite machen zu können – auch dann, wenn Länder wie China den Menschenrechtsdiskurs als Fremdeinmischung klassifizieren? Oder anders: Während es Zeiten gab, in denen sich die Linke für das „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ eingesetzt hat, ist dies heute ein Forderung der politischen Rechten, die letztlich auf die Aushebelung der Menschenrechte abzielt?

Prof. Flaig: Richtig: Wenn jede Kultur das absolute Recht hätte, zu bestimmen, was ein Verbrechen ist und was nicht, ohne Rücksicht auf universale Werte, dann wäre Auschwitz kein Verbrechen mehr. Denn die NS-Kultur hätte demnach das uneinschränkbare Recht gehabt, selber zu bestimmen, wer ihr Feind war und wie sie mit diesem Feind verfahren wollte. Nach dem absoluten Eigenrecht einer Kultur kann es Völkermorde gar nicht geben, sondern nur legitime Vernichtung von Feinden. Nur durch das Beharren auf der universalen Geltung der Menschenrechte sind solche Verbrechen überhaupt als Verbrechen benennbar. Daher die Hilflosigkeit der Linken und das jämmerliche Gestammel angesichts der Genozide, vor allem in Afrika. Keiner dieser Genozide ist vom Kolonialismus verursacht. Dort werden alte Rechnungen beglichen und neue aufgemacht – in der Sahelzone zwischen den Versklavern und den ewigen Versklavten, anderswo zwischen Nomaden und Ackerbauern, anderswo zwischen den Herrschaftsgewohnten und den Unterworfenen, so etwa in Darfur. Zwar soll es ein Verbrechen sein; aber die Mörder sollen nicht verbrecherisch gehandelt haben. Daher die dümmlichen Versuche, überall nach der Schuld des Westens zu suchen. Ein Sündenbock-Denken der primitivsten Art.

ENDSTATION RECHTS.: Sie behaupten also eine ideologische Konvergenz zwischen (linkem) Multikulturalismus und (rechtem) Ethnopluralismus. Und Sie halten beide für Geschwister, die den Relativismus zum Vater haben. Besteht nach Ihrer Auffassung der einzige Unterschied zwischen beiden darin, dass der Multikulturalismus die Vielfalt in einem Gemeinweisen preist, während der Ethnopluralismus ihn auf eine globale Ebene heben will?

Prof. Flaig: So könnte man das sagen. Der Multikulturalismus wird nur von der so genannten Linken in den liberalen Gesellschaften vertreten. Außerhalb dieser Gesellschaften gibt es keinen Multikulturalismus und hat es nie einen gegeben. Historisch finden sich entweder homogenisierte staatliche oder parastaatliche Verbände oder aber rigorose Parallelgesellschaften mit oft brutalsten Hierarchien; der Islam bietet dafür Kostproben. Zwischen diesen ‚Parallelgesellschaften’ herrscht – bei aller touristisch wahrgenommenen Nettigkeit - Verachtung, Diskriminierung, Fremdenhass, um es noch sehr vorsichtig auszudrücken. Der Ethnopluralismus hat – im Gegensatz zum Multikulturalismus – begriffen, dass ein multikulturalistischer Zustand langfristig in den Bürgerkrieg einmündet.

ENDSTATION RECHTS.: Das ist starker Tobak, Herr Professor! Aber bevor ich mich aufrege, würde ich Sie um eine präzise Definition von “Multikulturalismus” bitten.

Prof. Flaig: Unter “Multikulturalismus” verstehe ich eine Theorie, nach der völlig unterschiedliche Kulturen in ein und demselben Gemeinwesen friedlich zusammen leben können, ohne dass sie über eine gemeinsame und verbindliche ethische und politische Grundlage verfügen. Diese Position halte ich für hochgradig naiv und fatal. Und in der gemeinsamen ethischen Basis, die von uns nicht zur Disposition gestellt werden darf, sehe ich die Menschenrechte.

ENDSTATION RECHTS.: Es geht Ihnen also mit Ihrer Kritik am “Multikulturalismus” nicht um kulturelle Vielfalt, nicht um Alltagskultur etc.?

Prof. Flaig: (lacht) Nein, mir geht es nicht um die Bratwurst. Ich halte es für problemlos möglich, dass in einem politischen Gemeinweisen ganz unterschiedliche Kulturen friedlich zusammen leben. Von mir aus kann Deutschland aus allen “Völkern” dieser Welt gespeist
werden. Aber das funktioniert nur, wenn die hier lebenden Menschen die Menschenrechte und unseren demokratischen Rechtsstaat akzeptieren. Und dies ist in vielen großen Städten auch in Deutschland nicht der Fall. Mir ist klar, dass da in Mecklenburg-Vorpommern die Uhren etwas anders ticken. Aber mit Verlaub: Dieses Land ist für die Bundesrepublik nicht repräsentativ. In Berlin erleben Sie in manchen Stadtteilen objektiv alltäglichen Rassismus gegen Deutsche. Natürlich ist dies auch ein Spiegelbild der Unfähigkeit der deutschen Mehrheitsgesellschaft, den Integrationsprozess erfolgreich zu organisieren. Aber wir entschuldigen den Rassismus von Deutschen ja auch nicht mit deren sozialer Lage, warum sollten wir das dann umgekehrt bei Türken tun? Rassismus, also die ethnisch motivierte Abwertung von Menschen, bleibt Rassismus, egal welcher Nationalität der Rassist ist.

ENDSTATION RECHTS.: Ich glaube nicht, dass Ihre These, dass Multikulturalismus zum Bürgerkrieg führe, sprachlich hilfreich ist. So, wie Sie zwischen zwei Formen des Revisionismus unterscheiden, würde ich auch zwischen zwei Formen des Multikulturalismus unterscheiden wollen. In der ersten geht es um die Bereitschaft zu kultureller Vielfalt auf der Grundlage eines unverrückbaren ethischen und rechtlichen Konsenses. In der zweiten dann um Vielfalt als Selbstzweck, bei der alle ethischen Überzeugungen als gleichwertig und zumindest als gleichermaßen legitim gelten. Diese Position ist in der Tat inakzeptabel, wird aber doch kaum vertreten.

Prof. Flaig: Das sehe ich nicht so optimistisch. Ein Ausdruck dieser Ideologie ist doch der jüngste Vorschlag des Erzbischofs von Canterbury, dass in Großbritannien für Muslime die Scharia anstelle der nationalen Gesetze gelten solle. Ich halte den Scharia-Islam für unvereinbar mit den Menschenrechten. Nicht bloß die Stellung der Frau zeigt das, sondern auch der entwürdigende Zustand der Dhimmi, der Ungläubigen. Eine Koexistenz der Rechte kann es gar nicht geben, weil sich sehr schnell die Frage stellen müsste: Gilt bei uns die Scharia oder gelten die Bürger- und Menschenrechte?

ENDSTATION RECHTS.: Wie dem auch sei. Ihre Kritik am Multikulturalismus zweiter Art ist jedenfalls nicht völkisch motiviert…

Prof. Flaig: Nein.

ENDSTATION RECHTS.: … sondern folgt eher einem republikanischem Modell.

Prof. Flaig: Selbstverständlich.

ENDSTATION RECHTS.: Wenn wir das jetzt einmal von der theoretischen Ebene auf die politische herunter brechen, stellt sich automatisch die Frage: Brauchen wir eine politische Leitkultur?

Prof. Flaig: Ja, natürlich benötigen wir die. Diese Forderung stellte ja seinerzeit Bassam Tibi auf. Er sprach sich damit für die Verteidigung der europäischen Werte der Aufklärung aus. Die CDU griff dieses Schlagwort auf und versuchte daraus eine “deutsche Leitkultur” zu machen. Das war eher die Abteilung Bratwurst. Die politische Linke in Deutschland hat aber auf diese Debatte geradezu mit bösartigem Stumpfsinn reagiert. Anstatt die Frage zu stellen, welche Leitkultur unsere demokratische Gesellschaft benötigt, hat sie eine Debatte um eine Leitkultur diffamierend und denunziatorisch abgewürgt. Aber genau das öffnet dem „Multikulturalismus zweiter Art“ – wie Sie es nennen - Tür und Tor. Es ist doch absurd, dass ausgerechnet die politische Linke für sich keine Leitkultur reklamiert. Was denn sonst soll der Humanismus der europäischen Aufklärung, was sonst sollen die Menschenrechte sein wenn nicht eine Leitkultur?

ENDSTATION RECHTS.: Hätte also die Linke nach Ihrer Meinung aus der „deutschen“ eine “humanistische Leitkultur” machen müssen?

Prof. Flaig: Das wäre sinnvoll gewesen. Stattdessen hat sie dem Kulturrelativismus gehuldigt. Der Relativismus erweckt dabei zunächst den Eindruck der Vielfalt und der Toleranz: Alle Kulturen und kulturellen Ausdrücke sind angeblich gleich viel wert und gleichberechtigt. Aber damit geraten wir genau in das oben angesprochene Dilemma: Wenn das auf alle zutreffen soll, dann natürlich auch auf menschenrechts-feindliche Strömungen, Religionen und Bewegungen. Wenn es keine unverrückbaren ethischen Normen gibt, die für alle gelten, wenn alles erlaubt ist, dann kann auch niemand mehr sinnvoll gegen den Nationalsozialismus argumentieren. Und was gibt es Blamableres, als dass die Linke keinerlei Argumente mehr gegen Nazis hat, weil ihr ihre eigenen ethischen Kriterien abhanden gekommen sind – durch eine radikale ‚Toleranz’, die grundsätzlich kultur-relativistisch und somit menschenrechtsfeindlich ist?


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