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"Ich bin doch nicht verrückt"

Menschen mit psychischen Erkrankungen werden noch immer stigmatisiert. Eine Info-Kampagne soll Abhilfe schaffen, denn die Zahl der Erkrankungen ist explodiert.

hermann wakolbinger Menschen mit psychischen Erkrankungen fühlen sich oft als Menschen zweiter Klasse DruckenSendenLeserbrief
Irgendwann war es da. Dieses Gefühl, dass die Welt über einem zusammenbricht, die Angst, seinen Alltag nicht mehr bewältigen zu können. Diese unglaubliche Schwermütigkeit. "Reiß dich doch endlich zusammen", meinten die verständnislosen Angehörigen, die nichts von den schweren Depressionen ahnten.



Während die Burgenländer körperlich immer gesünder werden, sind die psychischen Erkrankungen in den vergangenen 6 bis 7 Jahren explodiert. "Durch die Belastungen im Job haben Erkrankungen wie Burn Out enorm zugenommen", sagt Eva Melchart, Präsidentin des Landesverbandes für Psychotherapie (BLP). Und dennoch: Psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angsterkrankungen & Co. seien in der Gesellschaft noch immer mit einem Stigma belegt.




Betroffene würden daher weitaus seltener den Arzt aufsuchen als Menschen mit körperlichen Leiden. Die Diagnosezeiträume sind oft enorm. "Laut einer deutschen Studie dauert es oft bis zu elf Jahren bis eine psychische Erkrankung als solche erkannt wird", sagt Gesundheits-Landesrat Peter Rezar.



Außerdem, so Melchart, würden Hausärzte den Patienten dann zwar Psychopharmaka zur Behandlung der Symptome verschreiben, "die nötige Psychotherapie zur Behandlung der Ursache bleibt aber sehr oft aus", kritisiert Melchart.



Um die Öffentlichkeit nun verstärkt für diese Erkrankungen zu sensibilisieren, starten die Psychotherapeuten nun eine Informationsoffensive. Psychisch Kranke sollen sich nicht länger als Menschen zweiter Klasse fühlen müssen.



Dass Handlungsbedarf herrscht, zeige sich auch an der öffentlichen Kommunikation. "Es wird einfach nicht unterschieden zwischen Psychiatern, Psychologen und Psychotherapeuten", sagt die Geschäftsführerin des BLP, Jutta Mikats. Betroffene würde oft in einer ersten Abwehrhaltung sagen: "Ich bin doch nicht verrückt."



Störungen

Dabei haben psychische Erkrankungen nichts mit Verrücktheit zu tun. Depressionen etwa seien Stoffwechselstörungen im Gehirn. "Bildlich gesprochen bedeutet dies, dass im Gehirn vor allem jene Areale aktiv sind, die für das negative Denken verantwortlich sind", weiß Mikats. Auslöser für Depressionen können etwa die Mehrfachbelastungen unserer Zeit, aber auch dramatische Erlebnisse sein.



Auffallend sei auch, dass Frauen und Männer Depressionen unterschiedlich erleben. Letztere würden in solchen Fällen häufig zum Alkohol greifen, der vordergründig eine entspannende Wirkung hätte.



Doch nicht nur Depressionen stellen ein wachsendes gesundheitliches Problem in unserer Gesellschaft dar.



Gerade die derzeitige angespannte wirtschaftliche Lage würde bei vielen Burgenländern zu generalisierten Angststörungen führen. Die Menschen hätten Existenzängste. "In manchen Fällen sind die Menschen mit ihren Gedanken kaum noch im Hier und Jetzt, sondern beschäftigen sich nur noch mit ihren Ängsten", sagt Therapeutin Mikats.



www.blp.at



Artikel vom 24.03.2009 17:40 | KURIER | Heike Kroemer

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