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Eine Reise in die Vergangenheit

Demente Menschen haben eigene Bedürfnisse. In modernen Pflegeheimen nimmt man darauf auch baulich Rücksicht.

Ältere Menschen im Memory Garten des Heimes Der Memory-Garten ist abwechslungsreich gestaltet und lässt Natur wieder spürbar werden. DruckenSendenLeserbrief
Sie leben nicht in einer anderen Welt, sie leben in der Vergangenheit - Die Zahl der älteren Menschen mit Demenzen (z.B. Alzheimer) wächst rapide. Orientierungslosigkeit, Verlust des Gedächtnisses und unbändiger Bewegungsdrang stellen Pflegende und Heim-Architekten vor neue Herausforderungen. Die Grundsätze: "Den dementen Bewohnern möglichst wenig Barrieren entgegenstellen, individuelle Betreuung und sanfte Überwachung aber nie vernachlässigen", sagt Werner Bernreiter, Leiter des Sozial- zentrums Grafenwörth in NÖ.

Die von der Heim- und Kliniken-Gruppe SeneCura dort seit drei Jahren betriebene Demenzstation sucht ihresgleichen in ganz Europa. Noch sind die Gestaltung des Lebensraums der 30 Demenz-Patienten und die Art der Betreuung (Validation) für viele Neubauten unerreichtes Vorbild. Das Konzept dafür stammt von der US-Altenswissenschafterin Naomi Feil.

Erlebniswelten

Ältere Frau mit Zwerghasen Streicheln, um alte Erinnerungen zu wecken.Im Grafenwörther Sozialzentrum (insgesamt 110 Bewohner, 70 Betreuer) umfasst die Demenzabteilung drei farblich und mit Symbolen gekennzeichnete Wohngruppen für je zehn Patienten. Ein heller freundlicher Rundweg mit Erlebniswelten verbindet sie: Etwa eine alte Busstation samt Ticketautomat oder ein wie echt wirkender Waldwanderweg mit Bankerl für eine Rast bei Vogelgezwitscher. Waldgerüche oder an anderer Stelle aromatisches Almheu sind zu riechen. "Eine unserer Damen ist zwölf Stunden täglich auf den Beinen. Mit viel Einfühlsamkeit haben wir es geschafft, dass sie sich mittags eine Stunde im Snoezelen-Raum (ein angenehm gestalteter Ruheraum, Anm. ) bei ihrer Lieblingsmusik entspannt", erzählt Bernreiter. Neben solchen emotionalen Erinnerungsstücken sind auch persönliche wichtig für das Betreuungskonzept. In den Zimmern finden sich Bilder der Familie und vertraute Möbelstücke von daheim.

Ohne Hürden können die Bewohner auch jederzeit den 4300 m² großen Memory-Garten besuchen. Endlosschlaufen auf mit Handläufen gesicherten Wegen führen immer zum Hauptgebäude zurück. Obstbäume, Gemüse- und Kräuterbeete, Blumen, im Wind rauschende Klangspiele oder ein seichtes Wasserbecken wechseln sich ab. Selbst einen kleinen Weingarten betreibt das Heim aus Therapiegründen. "Die Erinnerung soll mit allen Sinnen wachgerüttelt werden", so Bernreiter. Dabei hilft auch der nahe Kindergarten. Beliebig oft Sichtkontakt zu den Kleinen, aber auch Besuche sind jederzeit möglich. Bei jedem Geburtstag marschieren die Kinder mit selbst Gebasteltem und einem Liedchen auf.


Artikel vom 09.04.2009 18:52 | KURIER | Wolfgang Atzenhofer

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